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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 22.07.2003
Aktenzeichen: VI R 15/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 3c
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Streitig ist, ob Aufwendungen für ein Erst- und Zweitstudium eines Zeitsoldaten als Werbungskosten anzuerkennen sind.

Der 1967 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) absolvierte von August 1985 bis Juni 1988 eine Ausbildung zum Kfz-Elektriker und von Oktober 1988 bis Juli 1990 eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Beide Ausbildungen schloss er mit dem Gesellenbrief ab. Ab Oktober 1990 verpflichtete er sich als Soldat auf Zeit für acht Jahre bei der Bundeswehr, mit Anspruch auf berufsfördernde Maßnahmen durch den Berufsförderungsdienst ab Juli 1997. Während der Bundeswehrzeit erwarb er u.a. den Meistertitel im Kfz-Elektrikerhandwerk. Von Juli bis September 1997 nahm er an einem Studienvorbereitungslehrgang an der Bundeswehr-Fachschule teil. Von Oktober 1997 bis September 1998 studierte er an einer Fachhochschule mit der Fachrichtung "European Product Engineering and Management". Zur Durchführung dieses Studiums war er auf Kosten des Bundes für die Zeit vom 15. September 1997 bis Ende August 1998 vom militärischen Dienst freigestellt worden. Die Dienstzeit bei der Bundeswehr endete am 30. September 1998. Ab Oktober 1998 nahm er ein Studium an der International Business School auf, um (voraussichtlich im September 2001) den Abschluss "Internationaler Betriebswirt" zu erlangen. Laut Schriftsatz vom 24. Oktober 2000 ist der Kläger derzeit bei der Firma X-GmbH als Vertriebsleiter tätig.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1998 machte der Kläger --bei Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit als Zeitsoldat in Höhe von 43 297 DM-- Aufwendungen in Höhe von 21 945 DM als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte lediglich Reisekosten und Kontoführungsgebühren in Höhe von 2 128 DM als Werbungskosten. Im Übrigen sah das FA die Aufwendungen als Berufsausbildungskosten i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an und ließ diese nur mit dem Höchstbetrag von 2 400 DM als Sonderausgaben zum Abzug zu. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit der Klage begehrte der Kläger die Anerkennung der gesamten Studienaufwendungen als Werbungskosten. Die Studien seien als Fortbildungsmaßnahmen im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses als Zeitsoldat zu beurteilen. Dies gelte nicht nur für das Erststudium, sondern auch für das im Anschluss daran absolvierte Zweitstudium. Dieses habe ausschließlich dazu gedient, die bereits zuvor erworbenen handwerklichen und technischen Kenntnisse und Fähigkeiten um betriebswirtschaftliches Wissen zu ergänzen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage unter Hinweis auf die seinerzeitige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1190 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die geltend gemachten Studienkosten seien jedenfalls als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen, weil ein hinreichend konkreter Zusammenhang der Aufwendungen mit späteren Einnahmen gegeben sei. Diese Beurteilung folge aus dem aktuellen BFH-Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01 (BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403).

Der Kläger beantragt sinngemäß, anstelle des gewährten Sonderausgaben-Höchstbetrages die gesamten Studienkosten in Höhe von 21 945 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Das FA tritt der Revision entgegen und beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es weist darauf hin, dass noch zu prüfen sei, ob der Kläger Kostenerstattungen vom Wehrgebührnisamt erhalten habe.

Die Revision des Klägers ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Bildungsaufwendungen können, sofern sie beruflich veranlasst sind, Werbungskosten sein. Liegt ein erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang vor, kommt es nicht darauf an, ob ein neuer, ein anderer oder ein erstmaliger Beruf ausgeübt werden soll. Zur Begründung im Einzelnen wird auf die Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 zur Umschulung), vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01 (BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407, zum berufsbegleitenden Erststudium) und vom 27. Mai 2003 VI R 33/01 (BFH/NV 2003, 1119, zur erstmaligen Berufsausbildung) verwiesen. Dies gilt erst recht für ein Ausbildungsdienstverhältnis, bei dem der Steuerpflichtige für die Teilnahme an einer Fachausbildung vom Arbeitgeber bezahlt wird und bei dem der BFH schon in der Vergangenheit den Werbungskostenabzug zugelassen hat (Urteil vom 15. April 1996 VI R 99/95, BFH/NV 1996, 804, m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze folgt aus den tatsächlichen Feststellungen des FG, dass der Kläger die beiden Studien mit der Fachrichtung "European Product Engineering and Management" bzw. dem Abschluss "Internationaler Betriebswirt" aus beruflichen Gründen betrieben hat, nämlich um bereits vorhandene Kenntnisse und Fähigkeiten insbesondere auf technischem Gebiet auszubauen und um neues Fachwissen zu erwerben. Darüber hinaus stand jedenfalls das Erststudium in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis bei der Bundeswehr, weil zur Durchführung dieser Fortbildung nicht nur eine Dienstfreistellung gewährt, sondern auch Bezüge weitergezahlt wurden. Da die Studien auf die Erzielung von gegenwärtigen und künftigen Einnahmen gerichtet waren, sind hiermit im Zusammenhang stehende Aufwendungen dem Grunde nach als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar (Ausbildungsarbeitsverhältnis; s. bereits BFH-Urteil vom 7. November 1980 VI R 50/79, BFHE 132, 49, BStBl II 1981, 216).

Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen; sein Urteil war deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, da das FG --aus seiner Sicht zu Recht-- keine Feststellungen zu den einzelnen vom Kläger geltend gemachten Bildungsaufwendungen getroffen hat. Außerdem wird zu ermitteln sein, ob der Kläger nach § 3c EStG zu verrechnende Kostenerstattungen durch eine Behörde erhalten hat.

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