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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 09.06.1999
Aktenzeichen: VI R 39/98
Rechtsgebiete: BKGG, EStG


Vorschriften:

BKGG § 2 Abs. 2 Satz 1
EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Beteiligten streiten im Hinblick auf die Kindergeldberechtigung der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) darum, ob sich ihre Tochter (T) während eines Auslandssprachaufenthaltes in England in Berufsausbildung befand.

Die im Jahre 1977 geborene T bestand im Juni 1996 ihr Abitur. Sie beabsichtigte, ab dem Wintersemester 1997/98 ein Medizinstudium aufzunehmen bzw. Englisch im Hinblick auf ein Lehramt zu studieren. Von September 1996 bis März 1997 hielt sie sich zu einem Sprachstudienaufenthalt in Coventry auf. Während dieser Zeit arbeitete sie im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses 25 bis 30 Stunden wöchentlich im Haushalt einer englischen Familie. Hierfür erhielt sie ein Taschengeld sowie freie Unterkunft und Verpflegung. Außerdem nahm sie als Vollzeitstudentin am Englischunterricht des Solihull College (S) teil, der wöchentlich 15 Unterrichtsstunden umfaßte. Seit dem Sommersemester 1997 studiert sie Medizin an einer Universität im Inland.

Das Arbeitsamt -Familienkasse- (Beklagter und Revisionskläger --Beklagter--) lehnte den Antrag der Klägerin, ihr ab September 1996 Kindergeld zu gewähren, mit Bescheid vom 1. November 1996 ab, weil der Auslandssprachaufenthalt nicht notwendige Voraussetzung für das angestrebte Berufsziel gewesen sei. Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 954 veröffentlichten Gründen statt.

Mit der dagegen erhobenen Revision trägt der Beklagte vor, eine Sprachausbildung im Rahmen eines Au-pair-Auslandaufenthaltes sei keine Berufsausbildung. Dies folge aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) a.F. (vgl. BSG-Urteile vom 22. November 1994 10 RKg 17/92, Monatsschrift für Deutsches Recht 1995, 395, und vom 23. August 1989 10 RKg 12/88, BSGE 65, 250, 251). Im vorliegenden Fall sei der Auslandssprachaufenthalt nach der geltenden Ausbildungsordnung für das von T angestrebte Studium weder formelle Zugangsvoraussetzung noch zwingender Ausbildungsinhalt. Eine gesonderte Prüfung, ob die fragliche Betätigung dem Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten diene, die für den angestrebten Beruf unverzichtbare Voraussetzung seien, sei nach der Rechtsprechung des BSG nur dann geboten, wenn es --anders als im vorliegenden Fall-- für den angestrebten Beruf keinen allgemein anerkannten oder üblichen Ausbildungsweg gebe, weil nur dann eine entsprechende Ausgestaltungsfreiheit beim Ausbildungsweg bestehe.

Aus Gründen der Rechtseinheit könne das Tatbestandsmerkmal der Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht anders ausgelegt werden. Zwar sei eine rechtsfortbildende Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe unter Anpassung an geänderte gesellschaftliche, wirtschaftliche und supranationale Verhältnisse jederzeit möglich, im vorliegenden Fall aber nicht geboten.

Der Beklagte beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt unter Bezugnahme auf die Begründung der Entscheidung durch die Vorinstanz ergänzend vor, der Auslandsaufenthalt habe der Vervollkommnung der englischen Sprachkenntnisse der T gedient. Diese seien angesichts der immer weiter fortschreitenden europäischen Integration "zwingender Bestandteil" einer zukünftigen Ausbildung im Rahmen einer europaweiten Betätigung.

Die Revision ist unbegründet.

Der Senat hat im Urteil vom 9. Juni 1999 VI R 33/98 eingehend dargelegt, wie das Tatbestandsmerkmal "für einen Beruf ausgebildet wird" (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) auszulegen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf dieses Urteil verwiesen.

Das FG hat die Sprachausbildung der T in England in der Zeit von September 1996 bis März 1997 zutreffend als Berufsausbildung angesehen. Allein der theoretisch-systematische Sprachunterricht, an dem T während ihres Auslandsaufenthaltes teilnahm, umfaßte wöchentlich 15 Stunden. Schon der zeitliche Umfang des Sprachunterrichts führt somit nach den Ausführungen in dem o.a. Urteil dazu, daß der Sprachaufenthalt der T als Berufsausbildung angesehen werden muß.

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