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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 16.01.1998
Aktenzeichen: VI R 5/96
Rechtsgebiete: EStG, BeamtVG, BBG a.F., GG


Vorschriften:

EStG § 3 Nr. 6
BeamtVG § 35
BeamtVG § 36
BeamtVG § 38
BBG a.F. § 181a Abs. 4
GG Art. 131 § 53 Abs. 1 Nr. 2
BUNDESFINANZHOF

Der Unterhaltsbeitrag nach § 38 BeamtVG ist ein Bezug, der "versorgungshalber" und nicht "auf Grund der Dienstzeit" i.S. des § 3 Nr. 6 EStG gewährt wird und somit nach dieser Vorschrift steuerbefreit ist (Änderung der dem Senatsurteil vom 15. Mai 1992 VI R 19/90, BFHE 168, 258, BStBl II 1992, 1035 stillschweigend zugrundeliegenden gegenteiligen Rechtsauffassung).

EStG § 3 Nr. 6 BeamtVG § 35, § 36, § 38 BBG a.F. § 181a Abs. 4 GG Art. 131 § 53 Abs. 1 Nr. 2

Urteil vom 16. Januar 1998 - VI R 5/96

Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 1996, 169)


Gründe

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erlitt im zweiten Weltkrieg einen Kriegsunfall, der eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 v.H. zur Folge hatte. Auf seinen Antrag hin bewilligte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (LBV) dem Kläger mit Bescheid vom 1. Dezember 1977 einen monatlich zahlbaren Unterhaltsbeitrag gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 2 des Bundesgesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes --G 131-- (BGBl I 1965, 1685) i.V.m. § 181a Abs. 4 des Bundesbeamtengesetzes (BBG a.F.) und § 38 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz --BeamtVG--) vom 24. August 1976 (BGBl I 1976, 2485).

Das LBV unterwarf diese Bezüge dem Lohnsteuerabzug. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) behandelte sie in den Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre 1982 bis 1984 als steuerfrei gemäß § 3 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Steuerbescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977). Das FA änderte die Steuerbescheide und erfaßte die Unterhaltsbeiträge unter Berücksichtigung des Versorgungsfreibetrages von jeweils 4 800 DM als steuerpflichtige Einnahmen i.S. des § 19 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 1 a EStG. Die Kläger waren demgegenüber der Ansicht, die Bezüge seien gemäß § 3 Nr. 6 EStG steuerfrei. Sie begehrten die Aufhebung der Änderungsbescheide und verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), nach der der Unterhaltsbeitrag nach § 38 BeamtVG (früher: § 142 BeamtVG) nicht dienstzeitbezogen zu verstehen sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es entschied, der Unterhaltsbeitrag i.S. des § 38 BeamtVG sei ein Bezug, der aufgrund der Dienstzeit gezahlt werde und daher nicht gemäß § 3 Nr. 6 EStG steuerfrei sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 169 veröffentlicht.

Die Kläger rügen mit der Revision Verletzung des § 3 Nr. 6 EStG. Sie sind der Ansicht, der Unterhaltsbeitrag sei entgegen der Auffassung des FG nicht "auf Grund der Dienstzeit gewährt" worden. Für die Frage, in welcher Höhe der Unterhaltsbeitrag geleistet werde, sei neben dem Grad der Erwerbsminderung die Höhe der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge maßgebend. Die Dauer der Dienstleistung sei jedenfalls für Unterhaltsbeiträge, die aufgrund von § 53 Abs. 1 G 131 gewährt würden, ohne jede Relevanz.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung und die angefochtenen berichtigten Einkommensteuerbescheide für 1982 bis 1984 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten. Es ist der Auffassung, daß der Unterhaltsbeitrag unter Berücksichtigung seines Sinns und Zwecks und der geschichtlichen Entwicklung des § 3 Nr. 6 EStG nicht steuerbefreit sei. Es handele sich nicht um eine Sonderform des steuerbefreiten Unfallausgleichs, sondern um eine Leistung eigener Art, die versorgungshalber gezahlt werde. Eine Aufteilung des Unterhaltsbeitrages in einen steuerfreien und in einen steuerpflichtigen Teil komme nicht in Betracht. Gegen eine Steuerbefreiung spreche auch, daß dann im Ergebnis Beamte, die aus dem Dienst ausgeschieden und nicht in den Ruhestand versetzt worden seien, steuerlich besser gestellt würden als die Beamten, die im Dienst verblieben oder in den Ruhestand versetzt worden seien.

Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der angefochtenen Änderungsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist der Unterhaltsbeitrag, der dem Kläger gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 2, § 29 G 131, § 181a Abs. 4 BBG a.F. i.V.m. § 38 BeamtVG gezahlt worden ist, gemäß § 3 Nr. 6 EStG von der Steuer befreit. Soweit dem Senatsurteil vom 15. Mai 1992 VI R 19/90 (BFHE 168, 258, BStBl II 1992, 1035) die Rechtsauffassung zugrunde liegt, daß der Unterhaltsbeitrag nach § 38 BeamtVG grundsätzlich steuerpflichtig und nur ausnahmsweise steuerbefreit ist, wird daran nicht festgehalten.

1. Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht kein Streit darüber, daß es sich bei dem an den Kläger gezahlten Unterhaltsbeitrag um eine steuerbare Einnahme i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 19 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG handelt. In § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG wird der Unterhaltsbeitrag, der aufgrund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften gezahlt wird, ausdrücklich als Versorgungsbezug bezeichnet.

2. Der somit steuerbare Unterhaltsbeitrag i.S. des § 38 BeamtVG ist jedoch nach § 3 Nr. 6 EStG von der Einkommensteuer befreit.

Nach dieser Vorschrift sind in ihrer für die Streitjahre 1982 bis 1984 gültigen Fassung des EStG 1981 (BGBl I 1981, 1249, BStBl I 1981, 666) Bezüge, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte und Zivildienstbeschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, steuerfrei, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die aufgrund der Dienstzeit gewährt werden.

a) Die Beteiligten gehen zutreffend und übereinstimmend davon aus, daß der Unterhaltsbeitrag nach § 38 BeamtVG i.V.m. § 53 Abs. 1 Nr. 2, § 29 G 131, § 181a Abs. 4 BBG a.F. ein Bezug ist, der "versorgungshalber" i.S. des § 3 Nr. 6 EStG gewährt wird. Denn er wird aufgrund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln gezahlt und ist eine Leistung, die der besonderen versorgungsrechtlichen Situation eines durch Dienstunfall verletzten Beamten, der aus dem Dienst ausgeschieden ist und dessen Beamtenverhältnis nicht durch Eintritt in den Ruhestand geendet hat, Rechnung trägt.

Da der Kläger als Kriegsbeschädigter auch zu dem in § 3 Nr. 6 EStG genannten Personenkreis gehört, ist der ihm gezahlte Unterhaltsbeitrag von der Einkommensteuer befreit, es sei denn, daß es sich um einen Bezug handelt, der "auf Grund der Dienstzeit gewährt" wird.

b) Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um anzunehmen, daß ein Bezug i.S. des § 3 Nr. 6 EStG "auf Grund der Dienstzeit gewährt" wird, ist nicht abschließend geklärt. Der Wortlaut ist schon deshalb mißverständlich und auslegungsbedürftig, weil auslösendes Moment und mithin "Grund" für die versorgungshalber geleisteten Zahlungen auf jeden Fall eine Beschädigung des Bezugsberechtigten ist und mithin nicht die Dienstzeit sein kann.

aa) Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. März 1957 VI 28/S5 U (BFHE 64, 467, BStBl III 1957, 174) ist für die Entscheidung der Frage, ob die Bezüge i.S. des § 3 Nr. 6 EStG "auf Grund der Dienstzeit gewährt" werden, maßgebend, wie der Bezug berechnet wird. Für das Unfallruhegehalt (§ 140 Abs. 2 BBG a.F., § 36 BeamtVG) hat er entschieden, daß dieses aufgrund der Dienstzeit gewährt werde, und zwar unabhängig davon, daß der Berechnung des Ruhegehalts ein Ruhegehaltsatz zugrunde liegen kann, der kraft des in § 140 Abs. 2 BBG a.F. (§ 36 Abs. 2 BeamtVG) angeordneten Zuschlags höher sein kann als der Ruhegehaltsatz, der sich bei Zugrundelegung der tatsächlich abgeleisteten Dienstzeit ergeben hätte (BFH in BFHE 64, 467, BStBl III 1957, 174; Urteil vom 3. März 1961 VI 23/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 61, 98).

Zwar ist die Dienstzeit auch bei der Berechnung des Unterhaltsbeitrages nach § 38 BeamtVG nicht bedeutungslos. Die tatsächliche Dienstzeit des Berechtigten wirkt sich bei der Berechnung der Höhe des Unterhaltsbeitrages jedoch nur mittelbar aus:

- Nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG (früher: § 142 BBG) beträgt der Unterhaltsbeitrag bei völliger Erwerbsunfähigkeit 66 2/3 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge nach Abs. 4 zuzüglich eines Betrages nach § 14 Abs. 2, nach Nr. 2 der Vorschrift bei Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v.H. den der Minderung entsprechenden Teil des Unterhaltsbeitrages nach Nr. 1. Ausgangspunkt für die Berechnung des Unterhaltsbeitrages sind danach --ebenso wie beim Unfallruhegehalt (§ 36 BeamtVG)-- die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge i.S. des § 5 Abs. 1 BeamtVG. Diese setzen sich aus dem Grundgehalt, das dem Beamten nach dem Besoldungsrecht zuletzt zugestanden hat, dem Ortszuschlag und sonstigen Dienstbezügen zusammen, die im Besoldungsrecht als ruhegehaltfähig bezeichnet sind. Dadurch, daß das Grundgehalt, das dem Beamten "zuletzt" zugestanden hat, Teil der Bemessungsgrundlage bildet, spielt bei der Berechnung des Unterhaltsbeitrages ebenso wie bei der Berechnung des Unfallruhegeldes der letzte Dienstgrad und insofern mittelbar auch die individuelle Dienstzeit eine Rolle.

- Für die Berechnung des Unterhaltsbeitrages ist in § 38 Abs. 2 Nr. 7. BeamtVG ein Ruhegehaltsatz von 66 2/3 v.H. bestimmt worden. Dieser Ruhegehaltsatz ist für den unter § 53 Abs. 1 Nr. 2 G 131 fallenden Personenkreis --u.a. also Berufsoffiziere mit einer Dienstzeit von weniger als zehn Jahren-- durch § 181a Abs. 4 BBG a.F. auf 55 v.H. festgelegt worden. Der Ruhegehaltsatz von 55 v.H. entsprach nach § 14 Abs. 1 BeamtVG a.F. einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 20 Jahren. Der Gesetzgeber hat damit für die Berechnung des Unterhaltsbeitrages dieser Personen anstelle der weniger als 10 Jahre betragenden tatsächlichen Dienstzeit einheitlich eine fiktive höhere ruhegehaltfähige Dienstzeit vorgeschrieben.

Des weiteren hängt die Höhe des Unterhaltsbeitrages i.S. des § 38 BeamtVG --ebenso wie die Höhe des Unfallausgleichs gemäß § 35 BeamtVG-- von dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit ab.

Nach alledem handelt es sich um eine Leistung, die zwischen dem Unfallausgleich (§ 35 BeamtVG) einerseits und dem Unfallruhegehalt (§ 36 BeamtVG) andererseits anzusiedeln ist. Denn es sind bei der Berechnung der Höhe des Unterhaltsbeitrages einerseits wie beim Unfallruhegehalt die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und andererseits wie beim Unfallausgleich der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen. Dabei ist --wie oben dargelegt-- das Unfallruhegehalt steuerpflichtig, während der Unfallausgleich gemäß § 3 Nr. 6 EStG steuerfrei ist (BFH-Urteile vom 14. Februar 1958 VI 127/56 U, BFHE 66, 424, BStBl III 1958, 166; in BFHE 168, 258, BStBl II 1992, 1035).

Für eine größere Nähe des Unterhaltsbeitrages zu dem Unfallruhegehalt könnte sprechen, daß nach § 63 Nr. 2 BeamtVG für die Anwendung des Abschnitts VII (Gemeinsame Vorschriften) ein Unterhaltsbeitrag nach § 38 --außer für die Anwendung des § 59-- als Ruhegehalt gilt. Demgegenüber verdeutlicht § 53 Abs. 4 BeamtVG, daß der Unterhaltsbeitrag auch Elemente des Unfallausgleichs enthält. Denn nach dieser Vorschrift ist bei der Ruhensberechnung für einen früheren Beamten oder früheren Ruhestandsbeamten, der Anspruch auf Versorgung nach § 38 BeamtVG hat, mindestens ein Betrag als Versorgung zu belassen, der unter Berücksichtigung seiner Minderung der Erwerbsfähigkeit infolge des Dienstunfalles dem Unfallausgleich entspricht.

bb) Das BVerwG hat den Unterhaltsbeitrag als eine Sonderform des Schadensersatzes charakterisiert, der die Aufgabe habe, Nachteile auszugleichen, die einem früheren Beamten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die Dauer einer dienstunfallbedingten Beschränkung der Erwerbsfähigkeit entstünden; außerdem sei er als Ersatz der durch den Dienstunfall erwachsenden echten Mehranforderungen gedacht. Ein Vergleich des materiellen Inhalts des Unterhaltsbeitrages mit dem Ruhegehalt ergebe, daß im Gegensatz zum Ruhegehalt die ruhegehaltfähige Dienstzeit nicht Bestandteil des Unterhaltsbeitrages sei (vgl. Urteile vom 19. Oktober 1965 VI C 119.63, BVerwGE 22, 243, 246 f.; vom 18. April 1991 6 C 56.88, Zeitschrift für Beamtenrecht 1991, 305, 306).

cc) Berücksichtigt man die Art der Berechnung des Unterhaltsbeitrages in Verbindung mit seinen vom BVerwG festgestellten Zwecken, nämlich Schadensersatz für dienstunfallbedingte Nachteile bei der künftigen Einnahmeerzielung einerseits und für einen dienstunfallbedingten Mehraufwand andererseits, so spricht nach Ansicht des Senats mehr dafür, den Unterhaltsbeitrag seinem Wesen nach nicht als einen Bezug zu verstehen, der "auf Grund der Dienstzeit gewährt" wird.

Die vom FG und vom BMF im einzelnen dargestellte Entstehungsgeschichte des § 3 Nr. 6 EStG legt ein anderes Verständnis nicht näher. Sie ist vielmehr für die Auslegung der Vorschrift unergiebig. Denn es läßt sich nicht feststellen, daß der Gesetzgeber beim Erlaß der Vorgängervorschrift des § 3 Nr. 6 EStG, des § 3 Nr. 5 EStG i.d.F. vom 28. Dezember 1950 (BGBl I 1951, 1, BStBl I 1951, 5), konkrete Vorstellungen über die Einordnung des Unterhaltsbeitrages hatte. Die Ausführung, es sei zweckmäßig erschienen, "ausdrücklich klarzustellen, daß Bezüge, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden, nicht nach dieser Vorschrift behandelt werden können" (vgl. BTDrucks I/317, S. 15), gibt keinen Aufschluß darüber, welche Art von Bezügen damit nach der Vorstellung des Gesetzgebers gemeint gewesen sind. Es erscheint zwar vorstellbar, daß die Formulierung in Anlehnung an § 3 Nr. 2 a EStG i.d.F. vom 27. Februar 1939 (RGBl 1939, 297, 299) gewählt worden ist. Danach waren Versorgungsgebührnisse nach den Vorschriften des Reichsversorgungsgesetzes steuerfrei, "soweit es sich nicht um Gebührnisse handelt, die nur auf Grund der Dienstzeit gewährt werden". Ob dann aber dem Wegfall des Wortes "nur" Bedeutung beizumessen wäre und ggf. welche, bliebe wiederum unklar.

Auch ein Vergleich mit den übrigen Befreiungsvorschriften des § 3 EStG ergibt keine Gründe dafür, den Unterhaltsbeitrag i.S. des § 38 BeamtVG als einen "auf Grund der Dienstzeit" gewährten Bezug einzuordnen. Allenfalls fällt im Gegenteil auf, daß die Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, die ausschließlich mit Beiträgen des Arbeitgebers finanziert sind, nach § 3 Nr. 1 a EStG steuerfrei sind; dabei wird die Höhe dieser Leistungen gemäß § 56 Abs. 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) auf eine Weise ermittelt, die mit der Berechnung des Unterhaltsbeitrages vergleichbar ist. Die steuerbefreiten Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wurden nach § 32b EStG in der für die Streitjahre 1982 bis 1984 gültigen Fassung auch noch nicht vom Progressionsvorbehalt erfaßt (vgl. aber nunmehr § 32b Abs. 1 Nr. 1 b EStG).

Soweit das BMF gegen die Annahme, der Unterhaltsbeitrag sei steuerfrei, eingewandt hat, daß dadurch die aus dem Dienst ausgeschiedenen Beamten besser gestellt würden als diejenigen, die im Dienst verblieben oder in den Ruhestand versetzt worden seien, ist einzuräumen, daß dies unbefriedigend ist. Jedoch würde die vom BMF bevorzugte Auslegung ebenfalls nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen. Sie hätte nämlich umgekehrt eine Benachteiligung der Empfänger von Unterhaltsbeiträgen zur Folge. Da --wie oben dargelegt-- durch den Unterhaltsbeitrag auch ein dienstunfallbedingter Mehraufwand abgegolten werden soll, dient er teilweise dem gleichen Zweck wie der in § 35 BeamtVG geregelte Unfallausgleich (vgl. auch § 53 Abs. 4 BeamtVG). Der Unfallausgleich, den ein Beamter gemäß § 35 Abs. 1 BeamtVG neben seinen Dienstbezügen oder seinem Ruhegehalt bezieht, ist bei diesem aber nach § 3 Nr. 6 EStG steuerfrei.

3. Die Vorentscheidung ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die angefochtenen Änderungsbescheide, in denen das FA die Unterhaltsbeiträge als steuerpflichtig behandelt hat, waren ersatzlos aufzuheben.

Ende der Entscheidung

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