Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.04.2005
Aktenzeichen: VI R 6/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 12 Nr. 1
EStG § 12 Nr. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
VI R 6/03 VI R 122/01 Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist als Flugbegleiterin bei einer Fluggesellschaft beschäftigt. In ihrer Einkommensteuererklärung für 1998 machte sie Werbungskosten in Höhe von 4 493 DM für einen Spanischkurs an einer Sprachschule in Spanien geltend, an dem sie in der Zeit vom 5. Oktober 1998 bis zum 16. Oktober 1998 teilgenommen hatte, nämlich die Kursgebühr von 1 175 DM sowie insgesamt 3 318 DM für einen 17-tägigen Aufenthalt in Spanien (16 Hotelübernachtungen zu je 140 DM, Spesen für 15 Tage zu je 66 DM und für zwei Tage zu je 44 DM). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah in diesen Aufwendungen einen durch private Beweggründe mitveranlassten sog. "Mischaufwand", den er unter Berufung auf § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowohl bei der Veranlagung der Klägerin als auch bei der Entscheidung über den Einspruch unberücksichtigt ließ.

Mit der hiergegen erhobenen Klage trug die Klägerin unter Vorlage einer Arbeitgeberbescheinigung vor, dass Flugbegleiter, die sich für eine Förderung zum Purser I (Chef der Kabinenbesatzung Kurzstrecke) bewerben möchten, neben der englischen Sprache u.a. auch eine zweite gut verwertbare Fremdsprache beherrschen und dies durch eine innerbetriebliche Sprachprüfung nachweisen müssten. Dass die Zielsetzung des besuchten Sprachkurses den von der Fluggesellschaft gestellten Sprachanforderungen entsprochen habe, ergebe sich aus einer ebenfalls überreichten Bescheinigung der Sprachschule. Die entstandenen Kosten seien daher beruflich veranlasst.

Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) entschied unter weitgehender Übernahme der Gründe des Bundesfinanzhofs (BFH) in dessen Urteil vom 22. Juli 1993 VI R 103/92 (BFHE 171, 552, BStBl II 1993, 787), trotz des Werbungskostencharakters der streitigen Aufwendungen lägen im Hinblick auf § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG abziehbare Aufwendungen nicht vor. Da es sich um einen Sprachgrundkurs gehandelt habe, hätte ein Kurs im Inland einen im Wesentlichen vergleichbaren Lernerfolg vermitteln können. Das Erlernen einer gängigen Fremdsprache in ihren Grundzügen stelle eine persönliche Bereicherung und Erweiterung der Bildung dar und betreffe damit die allgemeine Lebensführung, so dass auch die reinen Kursgebühren steuerlich nicht abziehbar seien.

Gegen das Urteil des FG hat die Klägerin am 29. September 2001 sowohl Revision (VI R 122/01) als auch Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der Senat hat durch Beschluss vom 27. Januar 2003 VI B 219/01 die Revision zugelassen. Der Beschluss ist der Klägerin am 6. Februar 2003 zugestellt und das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren VI R 6/03 fortgesetzt worden. Am 28. Februar 2003 hat die Klägerin eine Revisionsbegründung eingereicht, mit der sie Verfahrensmängel geltend macht und eine Verletzung materiellen Rechts rügt.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und der Einspruchsentscheidung den Einkommensteuerbescheid abzuändern und weitere Werbungskosten von 4 493 DM bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen.

Das FA tritt der Revision entgegen.

II. Die am 29. September 2001 eingelegte Revision (VI R 122/01) und die nach dem Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde im selben Verfahren (§ 116 Abs. 7 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) mit fristgerechter Begründung weiterverfolgte Revision (VI R 6/03) sind ein Rechtsmittel, über das einheitlich zu entscheiden ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1995 I R 78/93, I R 86/94, BFH/NV 1996, 383; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 120 Rz. 35 am Ende, m.w.N.). Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

1. Die Kursgebühren zum Erwerb von Grundkenntnissen in einer Fremdsprache sind als Werbungskosten abziehbar, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht. Ob dies zutrifft, ist durch eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BFH-Urteil vom 10. April 2002 VI R 46/01, BFHE 198, 563, BStBl II 2002, 579).

2. Handelt es sich bei dem Sprachkurs um einen Lehrgang, der nicht am Wohnort des Steuerpflichtigen oder in dessen Nähe stattfindet (auswärtiger Sprachkurs), so ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu bestimmen, ob auch die Aufwendungen für die mit dem Sprachkurs verbundene Reise beruflich veranlasst und demzufolge als Werbungskosten abziehbar sind. Dabei kann die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen nicht allein deshalb versagt werden, weil der Sprachkurs im Ausland stattgefunden hat (BFH-Urteil vom 13. Juni 2002 VI R 168/00, BFHE 199, 347, BStBl II 2003, 765; BFH-Beschluss vom 19. Mai 2004 VI B 101/02, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2004, 933).

3. Nach den insoweit geänderten Maßstäben des Senats zur Abziehbarkeit von Aufwendungen für einen (Auslands-)Sprachkurs kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.

a) Zu Unrecht hat das FG die von der Klägerin gezahlten reinen Kursgebühren unter Hinweis auf die mit dem Sprachkurs zugleich verbundene Förderung von Belangen der allgemeinen Lebensführung unberücksichtigt gelassen. Nach den Feststellungen des FG waren die Aufwendungen für die Kursteilnahme beruflich veranlasste Werbungskosten, weil sie für die von der Klägerin erstrebte berufliche Weiterentwicklung zwingend erforderlich waren. Das FG hätte daher jedenfalls diese Aufwendungen von den Einnahmen der Klägerin aus nichtselbständiger Tätigkeit in Abzug bringen müssen.

b) Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Es fehlen hinreichende tatrichterliche Feststellungen dazu, ob (und gegebenenfalls in welchem Umfang) auch die mit der Teilnahme an dem Sprachkurs verbundenen Unterkunfts- und Verpflegungskosten beruflich veranlasst waren. Das FG hätte es insoweit nicht als entscheidungserheblich ansehen dürfen, dass ein Kurs im Inland einen im Wesentlichen vergleichbaren Lernerfolg hätte erbringen können. Die erforderliche Gesamtwürdigung ist unter Berücksichtigung der Ausführungen des Senats im Urteil in BFHE 199, 347, BStBl II 2003, 765 im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

Ende der Entscheidung

Zurück