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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.09.1999
Aktenzeichen: VII B 107/99
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 142 Abs. 1
FGO § 128 Abs. 1
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 567 Abs. 3
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) wurde durch Beschluß des Finanzgerichts (FG) vom ... Prozeßkostenhilfe (PKH) für ihre Klage gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des beklagten Finanzamts (FA) in dem Verfahren ... bewilligt, wobei von ihr auf die Prozeßkosten zu erbringende monatliche Raten in Höhe von 683 DM festgesetzt worden sind. Die von der Antragstellerin hiergegen eingelegte Beschwerde wurde von dem beschließenden Senat mit Beschluß vom 24. September 1998 VII B 54/98 als unbegründet zurückgewiesen. Auf die darin enthaltenen Ausführungen wird verwiesen. Bereits mit Urteil vom ... hatte das FG die von der Antragstellerin erhobene Klage rechtskräftig abgewiesen.

Mit Schreiben vom 3. November 1998 begehrte die Antragstellerin beim FG die Herabsetzung der verfügten Ratenzahlungen. Zur Begründung führte sie an, daß sie seit Mai 1998 an die A-Bank wegen dort bestehender Verbindlichkeiten monatlich 350 DM und an das FA wegen der dort bestehenden Steuerrückstände monatlich 500 DM erbringe.

Das FG lehnte diesen Antrag mit dem angefochtenen Beschluß ab und setzte mit Beschluß vom gleichen Tag den Beginn der Ratenzahlungen auf den 1. April 1999 fest. Zu erbringen sind von der Antragstellerin aufgrund der Kostenrechnung des FG vom 4. März 1999 fünf Raten à 683 DM und eine Abschlußzahlung in Höhe von 370,73 DM. Im angefochtenen Beschluß führte das FG aus, die Antragstellerin könne mit ihrem Vorbringen keine wesentliche Änderung der für die Bewilligung der PKH maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geltend machen, denn sie habe die Ratenzahlungen an die A-Bank und an das FA erst zu einem Zeitpunkt (Mai 1998) aufgenommen, als sie bereits Kenntnis davon gehabt habe, daß ihre Klage rechtskräftig abgewiesen worden sei und sie infolgedessen die festgesetzten Ratenzahlungen in Höhe von 683 DM monatlich an die Gerichtskasse abführen müsse. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt vom Bundesfinanzhof (BFH) über ihre Beschwerde noch nicht entschieden gewesen sei, habe sie sich auf diese Zahlungsverpflichtung einstellen und sie bei Abschluß der Ratenzahlungsverpflichtungen gegenüber der Bank, dem FA bzw. weiteren Gläubigern berücksichtigen müssen. Es könne nicht in das Belieben der Antragstellerin gestellt sein, die Höhe der von ihr an andere Gläubiger zu erbringenden Ratenzahlungen so zu bestimmen, daß für die Begleichung der Ratenzahlungen im PKH-Verfahren kein Raum mehr bleibe. Diesem Gesichtspunkt komme gerade bei den Ratenzahlungen an das FA besonderes Gewicht zu, da die Abgabenrückstände, auf die die Antragstellerin seit Mai 1998 die monatlichen Zahlungen leiste, durch die Forderungspfändung, deren Rechtmäßigkeit Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ... gewesen sei, "versichert" seien.

Hiergegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Sie meint, die Auffassung des FG sei dringend zu überprüfen. Ihre Bemühungen um den Ausgleich ihrer Schulden würden zu ihren Ungunsten ausgelegt. Ferner werde ihr unterstellt, sie verfolge unberechtigte Absichten.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist ohne Rücksicht darauf, daß das rechtskräftig abgeschlossene Hauptsacheverfahren (Klageverfahren ...) nicht mehr an den BFH gelangen kann, statthaft. Die nunmehr aus § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 127 Abs. 2 und § 567 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung (ZPO) abgeleitete Begrenzung des Beschwerdewegs auf den Rechtszug der Hauptsache (vgl. dazu die BFH-Beschlüsse vom 24. Juli 1992 VI B 6/92, BFH/NV 1992, 835, und vom 11. Januar 1994 VII B 233/93, BFH/NV 1994, 503) erfaßt nur die Sachfrage selbst, d.h. die Entscheidung darüber, ob für die beantragte PKH hinreichende Erfolgsaussichten bestehen oder nicht. Geht es hingegen um die Bedürftigkeit der Partei oder --wie im Streitfall-- um die Höhe der Ratenzahlungen, besteht diese Beschränkung nicht (vgl. Senatsbeschluß vom 31. Januar 1989 VII B 103/88, BFH/NV 1989, 452). Die Beschwerde ist auch im übrigen zulässig (§ 128 Abs. 1 FGO).

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 120 Abs. 4 Satz 1 erster Halbsatz ZPO kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden PKH-Zahlungen ändern, wenn sich die für die Bewilligung der PKH maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Hiernach hat der Hilfsbedürftige, wenn sich seine Einkommens- bzw. Vermögensverhältnisse nach dem Zeitpunkt der Bewilligung der PKH durch das FG derart ändern, daß sich daraus für ihn eine günstigere Anwendung der Tabelle in § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO ergibt, grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Anpassung der festgesetzten Ratenzahlungen durch das Gericht (vgl. Zöller/Philippi, Zivilprozeßordnung, 21. Aufl. 1999, § 120 Rz. 31; Reiche in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 142 FGO Rz. 117).

Allerdings löst nicht jede insoweit wesentliche Änderung den Anspruch auf Anpassung aus, wie auch das FG zutreffend erkannt hat. Die Vorschrift soll für den Hilfsbedürftigen sicherstellen, daß nachträglich eintretende Ereignisse, die zu einer Verschlechterung seiner finanziellen Verhältnisse führen, Berücksichtigung hinsichtlich der Höhe der PKH-Raten finden, so daß er entsprechend dem Gesetz belastet wird. Dies kann aber nur für solche nachteiligen Ereignisse gelten, die weitgehend vom Willen des Hilfsbedürftigen unabhängig sind, für ihn also zwangsläufig eintreten, z.B. wenn der Hilfsbedürftige arbeitslos wird oder sein bisheriges Einkommen auf andere Weise wegfällt, bei unabwendbaren Naturereignissen, die seine Vermögenssphäre treffen, oder bei unerwartet eintretenden Steuernachzahlungen aus "besseren" Zeiten (vgl. die Beispiele bei Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 142 FGO Rz. 177). Geht der Bedürftige hingegen aus eigenem Willen Verpflichtungen ein, auch wenn diese der Ordnung seiner finanziellen Verhältnisse dienlich sein mögen, so kann dies einen Anspruch auf Anpassung der PKH-Raten nicht auslösen, denn der Bedürftige kann es nicht in der Hand haben, die im zugrundeliegenden PKH-Bewilligungsbeschluß vom FG nach sorgfältiger Prüfung betragsmäßig festgelegte und nach der finanziellen Leistungsfähigkeit des Bedürftigen ausgerichtete Gläubigerstellung der Gerichtskasse durch finanzielle Dispositionen zum Nachteil der Gerichtskasse und zum Vorteil anderer gegenwärtiger oder künftiger Gläubiger zu entwerten. Das bei der PKH-Bewilligung maßgebliche Gläubigergefüge darf vom Bedürftigen aus eigenem Antrieb nicht zum Nachteil der Gerichtskasse grundlegend verändert werden.

Im Streitfall mußte die Antragstellerin seit Ende Januar 1998 damit rechnen, daß sie nach der rechtskräftigen Abweisung ihrer Klage monatliche PKH-Raten in Höhe von 683 DM zu erbringen hatte. Auf einen Erfolg ihrer gegen die Festsetzung der Raten eingelegten Beschwerde beim BFH durfte sie nicht ohne weiteres vertrauen. Vielmehr mußte sie in ihre Überlegungen einbeziehen, daß der BFH, wie denn auch geschehen, die angefochtene Entscheidung des FG bestätigen werde. Gleichwohl hat sie im Mai 1998 zur Regelung ihrer finanziellen Verhältnisse Vereinbarungen mit zwei Hauptgläubigern geschlossen, auf die sie sich nunmehr beruft, und ist darin monatliche Ratenzahlungsverpflichtungen in beträchtlicher Höhe (350 DM und 500 DM) eingegangen. Die Aufnahme dieser Zahlungen waren nach Auffassung des Senats keine zwangsläufigen Ereignisse, auch wenn die Antragstellerin damit zur allmählichen Abtragung ihrer Schulden eine geregelte Neuordnung ihrer finanziellen Verpflichtungen bezweckt haben sollte. Insbesondere die Aufnahme der monatlichen Raten in Höhe von 500 DM gegenüber dem FA war nicht zwingend geboten. Da die Abgabenrückstände durch den vom FA gepfändeten Anspruch der Antragstellerin auf Schadensersatzleistung gegenüber der Versicherung abgesichert waren, mußte das FA nicht notwendigerweise mit sofortigen Ratenzahlungen in der angegebenen Höhe bedient werden. Was die Aufnahme der monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von 350 DM gegenüber der A-Bank anbetrifft, ist aus den eingereichten Unterlagen die Zwangsläufigkeit dieser Zahlungen nicht ersichtlich. Die Antragstellerin hat dazu mit ihrer Beschwerde auch nichts vorgetragen. Der Senat muß daher davon ausgehen, daß es auch insoweit an der erforderlichen Zwangsläufigkeit der Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse der Antragstellerin fehlt.

Insgesamt hat es daher bei den vom FG festgesetzten monatlichen Ratenzahlungen zu verbleiben.

Ende der Entscheidung

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