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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.08.2008
Aktenzeichen: VII B 117/08
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 109 Abs. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 119 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Gegen die Ablehnung eines Antrags der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) auf Aussetzung der Vollstreckung rückständiger Kfz-Steuer durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) erhob die Klägerin nach erfolglosem Vorverfahren Klage, die das Finanzgericht (FG) aufgrund mündlicher Verhandlung abwies. In der mündlichen Verhandlung hatte die Klägerin ausweislich der Sitzungsniederschrift insgesamt 17 --fortlaufend nummerierte-- größtenteils vorformulierte Anträge gestellt (im Wesentlichen zur Feststellung der ordnungsgemäßen Besetzung des Gerichts und zur Gesetzgebungslegitimation der Bundesrepublik Deutschland - insbesondere hinsichtlich der Steuerpflicht, zur Feststellung der verfassungsrechtlichen Legitimation aller Richter und der speziellen Legitimation des Spruchkörpers als gesetzlicher Richter, zur Befangenheit des Spruchkörpers sowie auf Vollstreckungsschutz und Vorlage des Verfahrens an das Bundesverfassungsgericht). Den Befangenheitsantrag gegen die Berufsrichter lehnte der mit anderen Berufsrichtern besetzte Spruchkörper des FG ab. In dem schriftlichen Urteil ist der Antrag der Klägerin wie folgt gefasst:

"Die Klägerin beantragt,

vorläufigen Vollstreckungsschutz und Vorlage des Verfahrens an das Bundesverfassungsgericht zur Klärung der tatsächlichen Rechtsgrundlagen in der Bundesrepublik Deutschland,

hilfsweise beantragt sie sinngemäß,

den Beklagten ... zu verpflichten, die Vollstreckung der Kfz-Steuerrückstände ... einzustellen."

Nach Zustellung des Urteils beantragte die Klägerin gleichzeitig Berichtigung des Protokolls, Berichtigung des Urteilstatbestandes und Ergänzung des Urteils. Die Berichtigungsanträge wies die Senatsvorsitzende unter Hinweis auf die Unanfechtbarkeit der Entscheidungen ab. Den Ergänzungsantrag, mit dem die Aufnahme des von der Klägerin eingereichten Inhaltsverzeichnisses der Klagebegründung sowie die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung für alle nicht beschiedenen Anträge begehrt wurden, lehnte der Senat aufgrund mündlicher Verhandlung, an der für die Klägerin niemand teilgenommen hatte, durch Urteil ab. Über den Antrag habe das FG, da die Klägerin ihn nicht förmlich zurückgenommen habe, trotz Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil in der Hauptsache zu entscheiden. Die Voraussetzungen für eine Urteilsergänzung nach § 109 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) lägen nicht vor, da ausweislich der Entscheidungsgründe über die beiden im Tatbestand des Urteils aufgeführten Anträge entschieden worden sei.

Mit ihrer Beschwerde beantragt die Klägerin zunächst die Verbindung mit der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Hauptsacheentscheidung des FG, die beim Senat unter dem Aktenzeichen VII B 40/08 anhängig ist, da der Antrag auf Urteilsergänzung nach Ablehnung der Protokoll- und Tatbestandsberichtigung keinen Erfolg haben könne. Im Übrigen rügt sie die ungesetzliche Besetzung der Richterbank. Die Berufsrichter seien als befangen abgelehnt und lediglich in ungesetzlicher Besetzung einer Ersatzkammer im Wege der vollständigen Verweigerung des rechtlichen Gehörs nur scheinbar wieder zu Prozesshandlungen bevollmächtigt gewesen. Auch seien die Geschäftsverteilungspläne für 2007 und 2008 nichtig, da solche grundsätzlich nicht im Umlaufverfahren erlassen werden könnten und zu vermuten sei, dass es sich bei dem datierten Umlaufverfahren um Falschbeurkundungen handeln müsse, weil sie nicht am Tag des angegebenen Datums begonnen und auch abgeschlossen worden seien. Auch die ehrenamtlichen Richter seien keine gesetzlichen Richter gewesen, weil die manipulierte Schöffenliste ungesetzlich eine Beeinflussung des Einsatzes von Schöffen möglich gemacht habe. Schließlich sei das Urteil zwischen den falschen Beteiligten ergangen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin hat weder hinreichend dargelegt noch ist nach Aktenlage ersichtlich, dass das FG bei der Entscheidung über den Urteilsergänzungsantrag unvorschriftsmäßig besetzt war (§ 119 Nr. 1 und 2 FGO).

a) Der Einwand, die Geschäftsverteilungspläne 2007 und 2008, die überdies falsch datiert seien, seien nichtig, weil sie in Umlaufverfahren beschlossen worden seien, berücksichtigt nicht den in einem von der Klägerin selbst vorgelegten Schreiben des Präsidenten des FG gegebenen Hinweis, dass die Geschäftsverteilungspläne ordnungsgemäß durch das Präsidium des FG beschlossen worden sind und lediglich die technisch zutreffende Umsetzung in den jeweiligen Geschäftsverteilungsplan gegebenenfalls durch Umlaufbeschluss des Präsidiums bestätigt worden ist (S. 27 der Beschwerde). Der Senat hat keine Veranlassung, an der Richtigkeit dieser Darstellung zu zweifeln.

Soweit die Besetzungsrüge die dem Spruchkörper angehörenden ehrenamtlichen Richter betrifft, behauptet die Klägerin, ohne den konkreten Sachverhalt betreffende Anhaltspunkte vorzubringen, dass die "Schöffenliste" manipuliert sei und eine Beeinflussung des Einsatzes von Schöffen möglich gemacht habe. Damit ist dem Darlegungserfordernis des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht genügt. Die Klägerin hatte während der mündlichen Verhandlung im Hauptsacheverfahren Gelegenheit, die Geschäftsverteilungspläne in der Geschäftsstelle einzusehen, und vor der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren hat die Vorsitzende auf die Liste der ehrenamtlichen Richter sowie auf die gegebenenfalls anzuwendende Vertretungsregelung hingewiesen. Die Klägerin hatte demnach hinreichend Gelegenheit, konkrete Anhaltspunkte für die vermeintliche Vorenthaltung des gesetzlichen Richters aufzudecken und vorzutragen. Nach Aktenlage ist die ordnungsgemäße Heranziehung der ehrenamtlichen Richter nicht zweifelhaft.

b) Die Klägerin kann auch nicht mit der Rüge gehört werden, die Berufsrichter hätten wegen Befangenheit nicht an der Entscheidung mitwirken dürfen. Nach § 119 Nr. 2 FGO ist die Besorgnis der Befangenheit eines Richters nur dann ein absoluter Revisionsgrund, wenn der Richter wegen dieser Besorgnis mit Erfolg abgelehnt war. Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin, die dazu in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gehabt hätte, keinen Ablehnungsantrag gestellt. Der Befangenheitsantrag im Hauptsacheverfahren hat --abgesehen davon, dass er unanfechtbar abgelehnt worden ist-- über jenes Verfahren hinaus keine Rechtswirkungen.

2. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

Der Senat lässt dahingestellt, ob für die Beschwerde der Klägerin im Hinblick darauf, dass sie selbst die Entscheidung über die Urteilsergänzung nach Ablehnung der Protokoll- und Tatbestandsberichtigungsbeschlüsse für aussichtslos hält und mit ihren Einwendungen ausdrücklich auf die Zulassung der Revision im Hauptsacheverfahren abzielt, überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.

Ein Anspruch auf Urteilsergänzung besteht nicht. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 109 Abs. 1 FGO ist dafür Voraussetzung, dass ein im Tatbestand wiedergegebener Antrag in der Entscheidung übergangen worden ist. Aus dem mit der Beschwerde angefochtenen Urteil selbst ergibt sich, dass das FG über die Anträge, wie sie sich aus dem Tatbestand des Urteils ergeben, entschieden hat. Der Umstand, dass die übrigen, von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge im Tatbestand nicht im Einzelnen aufgeführt und auch nicht Punkt für Punkt in den Entscheidungsgründen behandelt worden sind, rechtfertigt einen Anspruch auf Urteilsergänzung nicht. Das hat auch die Klägerin erkannt. Den für ihr Begehren zutreffenden Antrag auf Tatbestandsberichtigung hat das FG unanfechtbar abgelehnt.

Das übrige Vorbringen der Klägerin betrifft nicht den vorliegenden Rechtsstreit, sondern die Rechtmäßigkeit der Entscheidung im Hauptsacheverfahren.

Ende der Entscheidung

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