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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.01.2004
Aktenzeichen: VII B 125/03
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) teilte dem Zollfahndungsamt im Oktober 1994 mit, dass mit den in Österreich zugelassenen Fahrzeugen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) im April 1994 drei unzulässige Binnentransporte durchgeführt worden seien. Der Beklagte und Beschwerdegegner (Hauptzollamt) setzte daraufhin die auf die Fahrzeuge der Klägerin (Sattelzugmaschinen und Sattelauflieger) entfallenden Einfuhrabgaben gegen die Klägerin fest.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass die Einfuhrabgaben im Streitfall nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften --ZK-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 302/1) entstanden seien, da die Fahrzeuge bei ihrer Einfuhr in das Zollgebiet zur vorübergehenden Verwendung abgefertigt und die sich aus diesem Zollverfahren ergebende Pflicht, die Fahrzeuge nicht für Binnentransporte zu verwenden, nicht erfüllt worden sei. Die Verwendung der Fahrzeuge der Klägerin für Binnentransporte in drei Fällen ergebe sich aus dem Bericht des BAG über die Prüfung der X sowie aus der Aussage der Prokuristin der Klägerin in dem gegen sie eingeleiteten Strafverfahren und ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung. Die Klägerin sei gemäß Art. 204 Abs. 3 ZK Schuldner der Einfuhrabgaben, da sie die Fahrzeuge verwendet habe. Die Fahrzeuge seien nach der Übernahme der Fa. Y durch die Klägerin Anfang 1994 im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Einfuhr auf die Klägerin zugelassen und in ihrem Besitz gewesen, die streitigen Transporte seien, wie sich aus den Frachtbriefen ergebe, in ihrem Namen durchgeführt worden. Bei der Anmeldung der Fahrzeuge zur vorübergehenden Verwendung hätten die jeweiligen Fahrer somit für die Klägerin gehandelt, so dass diese jeweils Inhaber des Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie allein auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Sie macht geltend, dass das FG seine Sachaufklärungspflicht verletzt habe.

Das FG hätte die mit Schriftsatz vom ... gestellten Beweisanträge nicht ablehnen dürfen und hätte auch auf die Anhörung der Inhaberin der Fa. Y, Frau A, nicht verzichten dürfen. Die Aussage des benannten Zeugen B hätte ergeben, dass

- er die Klägerin über Frau A mit den Transporten im April 1994 von ... (Inland) nach ... (Inland) beauftragt habe, weil die Fa. Y schon im Januar 1994 gleichartige Binnentransporte durchgeführt habe,

- die streitigen Transporte mit Einfuhren im Zusammenhang gestanden hätten, die für die X in ein Zolllager verbracht worden seien,

- es sich bei den streitigen Transporten um Retourware gehandelt habe, für die bei ähnlichen früheren Transporten keine Einfuhrabgaben erhoben worden seien.

Die Aussagen der Frau A und der benannten Zeugin C, Disponentin der Fa. Y, hätten ergeben, dass

- die für die Binnentransporte verwendeten Fahrzeuge nach der Firmenübernahme auf dem früheren Firmengelände verblieben seien,

- auch die Fahrer dieser Arbeitsstätte zugeordnet gewesen seien und die Frachtbriefe in gleicher Weise wie früher ausgefertigt hätten,

- die verbliebenen Transportverpflichtungen in dem Büro der Fa. Y disponiert worden seien,

- gegen dieses Unternehmen weder ein Strafverfahren durchgeführt noch Einfuhrabgaben erhoben worden seien.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht schlüssig dargelegt ist, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt.

Zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels eines übergangenen Beweisantrages gehört nach ständiger Rechtsprechung auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und BFH-Beschluss vom 17. November 1997 VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter --ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge-- verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust, so z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, zur Folge. Das Übergehen eines Beweisantrags kann nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen mündlichen Verhandlung anwesende oder fachkundig vertretene Beteiligte, dem die Nichtbefolgung seines Beweisantrags erkennbar war, den Verfahrensverstoß nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597).

Die Klägerin hat weder substantiiert dargelegt noch ist es aus dem Sitzungsprotokoll des FG ersichtlich, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem FG das Übergehen ihrer Beweisanträge gerügt hat oder weshalb ihr die Erhebung einer solchen Rüge nicht möglich war. Ausweislich des Sitzungsprotokolls des FG hat der fachkundige Vertreter der Klägerin sich zunächst auf die mit Schriftsatz vom ... gestellten Beweisanträge bezogen und hat danach weiterhin rügelos zur Sache verhandelt und den Klageantrag gestellt. Das FG hat daran anschließend festgestellt, dass das Wort zu weiteren Ausführungen nicht gewünscht werde, hat die mündliche Verhandlung geschlossen und hat nach Beratung das Urteil verkündet. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat nicht zu diesem Zeitpunkt die Aufmerksamkeit des FG auf den Beweisantrag gelenkt bzw. das Übergehen gerügt. Auf die Rüge ist damit wirksam verzichtet worden, so dass die Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben kann.

Sollte dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen sein, dass das FG den Sachverhalt auch unabhängig von Beweisanträgen von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 FGO) hätte weiter aufklären müssen, wären für eine schlüssige Verfahrensrüge Ausführungen dazu erforderlich gewesen, welche Tatsachen das FG hätte aufklären müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und aus welchen Gründen sich dem FG unter Berücksichtigung seines Rechtsstandpunktes die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhaltes auch ohne entsprechenden Antrag der Klägerin hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. Dezember 1998 VIII B 54/97, BFH/NV 1999, 802, m.w.N.; vom 7. Januar 1993 VII B 115/92, BFH/NV 1994, 37; vom 13. März 1995 XI B 160/94, BFH/NV 1995, 817; vom 22. März 1999 X B 142/98, BFH/NV 1999, 1236).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Die Klägerin trägt insbesondere nichts dazu vor, weshalb die ihrer Ansicht nach gebotene Vernehmung der benannten Zeugen A, B und C sich dem FG unter Berücksichtigung seines --insoweit maßgeblichen-- Rechtsstandpunktes hätte aufdrängen müssen. Das FG hat seine Entscheidung ausdrücklich auf die Ansicht gestützt, dass es für die Entstehung der Abgabenschuld nicht darauf ankomme, wer den Anlass bzw. die Weisung für die Binnentransporte gegeben habe, und dass es auch nicht entscheidungserheblich sei, welche Waren dabei transportiert worden seien, ob es sich also ggf. um Retourwaren aus einem Zolllager gehandelt habe. Somit erschließt es sich nicht, was für erhebliche Erkenntnisse die von der Beschwerde dargestellte voraussichtliche Aussage des benannten Zeugen B dem FG gebracht hätte. Das Gleiche gilt bezüglich der Angaben, welche die Zeugen A und C nach dem Vortrag der Beschwerde voraussichtlich gemacht hätten. Das FG hat geurteilt, dass die Klägerin Inhaber des jeweiligen Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung gewesen sei, da die Fahrzeuge im Zeitpunkt der Einfuhr in ihrem Besitz und auf sie zugelassen gewesen seien, da die Transporte ausweislich der Frachtbriefe in ihrem Namen durchgeführt worden seien und es deshalb auch nicht darauf ankomme, ob mit den streitigen Transporten noch von der Fa. Y eingegangene Verpflichtungen abgewickelt worden seien. Dem steht das, was die Zeugen A und C bei einer Vernehmung angeblich bekundet hätten, erkennbar nicht entgegen. Das FG hat im Übrigen eine in den Akten befindliche schriftliche Aussage der Zeugin A dahin gewürdigt, dass diese Erklärung der Annahme, dass die Anmeldungen zur vorübergehenden Verwendung im Namen der Klägerin abgegeben worden seien, nicht entgegen stehe. Demgegenüber begründet die Beschwerde nicht, weshalb es sich dem FG hätte aufdrängen müssen, dass eine Einvernahme der Zeugin A zu einer hiervon abweichenden Aussage geführt hätte.

Soweit die Beschwerde mit Schriftsatz vom ... weitere ihrer Ansicht nach klärungsbedürftige Tatsachenfragen bezeichnet, kann es offen bleiben, ob insoweit schlüssig dargelegt wird, dass sich dem FG unter Berücksichtigung seines Rechtsstandpunktes eine Sachverhaltsklärung hätte aufdrängen müssen, da dieses Beschwerdevorbringen erst nach dem Ablauf der Begründungsfrist erfolgt ist und deshalb nicht berücksichtigt werden darf (vgl. BFH-Beschluss vom 22. April 1997 IX B 2/97, BFH/NV 1997, 694).

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