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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.11.2005
Aktenzeichen: VII B 130/05
Rechtsgebiete: StBerG


Vorschriften:

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes --StBerG--) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) vom 16. Juni 2004 als unbegründet abgewiesen. Das FG hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater als gegeben angesehen, weil davon auszugehen sei, dass der Kläger in Vermögensverfall geraten sei. Er habe erhebliche Steuerschulden von über 265 000 € und Vollstreckungsmaßnahmen seien erfolglos bzw. nur mit teilweisem Erfolg durchgeführt worden, was den Schluss zulasse, dass der Kläger nicht in der Lage sei, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen; auch sei er nach den erkennbaren Umständen außer Stande, seine finanziellen Verhältnisse in absehbarer Zeit zu ordnen. Es habe sich auch nicht feststellen lassen, dass eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall des Klägers ausgeschlossen sei. Der Hinweis des Klägers, wonach seine Mandantschaft aus Klein- und Kleinstbetrieben bestehe und seine Tätigkeit überwiegend Buchführung, Abschlüsse und Einkommensteuererklärungen betreffe, reiche nicht aus, um eine Gefährdung von Auftraggeberinteressen ausschließen zu können. Vielmehr bestehe die Gefahr, dass die erheblichen Steuerschulden des Klägers Auswirkungen auf seine Unabhängigkeit bei der Ausübung seines Berufs als Steuerberater haben könnten. Auch könne eine Gefährdung von Auftraggeberinteressen nicht ausgeschlossen werden, wenn der Steuerberater in sonstigen geschäftlichen oder eigenen Angelegenheiten unzuverlässig sei und sich an gesetzliche Vorgaben nicht halte. Insoweit sei im Streitfall zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass er in der Vergangenheit die seinen Mandanten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt (FA) abgeführt, sondern diese ihm wirtschaftlich nicht zustehenden Beträge anderweitig verwendet habe.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Klärungsbedürftig sei, ob entgegen der vom FG vertretenen Ansicht § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG unter Berücksichtigung jüngerer Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht dahin ausgelegt werden müsse, dass die den Widerruf der Bestellung verfügende Steuerberaterkammer den Beweis der Gefährdung von Interessen der Auftraggeber zu erbringen habe.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ungeachtet der Mängel in der Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe liegen diese jedenfalls nicht vor.

Die von der Beschwerde bezeichnete Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie sich nur so beantworten lässt, wie es das FG --unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des beschließenden Senats-- getan hat.

Aus dem Wortlaut des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG folgt, dass im Regelfall die Bestellung zu widerrufen ist, wenn der Steuerberater in Vermögensverfall geraten ist. Nur in Ausnahmefällen ("es sei denn") kann von dem Widerruf abgesehen werden, wenn durch den Vermögensverfall die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet werden. Das Gesetz geht damit beim Vorliegen des Vermögensverfalls eines Steuerberaters grundsätzlich davon aus, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber potentiell gefährdet sind. Die Regelung lässt aber den Nachweis zu, dass trotz des Vermögensverfalls eine konkrete Gefährdung der Auftraggeberinteressen nicht vorliegt. Aus diesem gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis ergibt sich, dass die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand dem betroffenen Steuerberater obliegt (ständige Rechtsprechung, Senatsurteil vom 22. September 1992 VII R 43/92, BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203; Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2000 VII B 245/99, BFH/NV 2000, 992; vom 4. März 2004 VII R 21/02, BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016). Ob dem betroffenen Steuerberater dieser Nachweis gelungen ist, ist eine dem Tatrichter obliegende Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls, die einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich ist (Senatsbeschluss in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016).

Da bereits der Wortlaut der Vorschrift eindeutig für die dem betroffenen Steuerberater obliegende Darlegungs- und Feststellungslast bezüglich des gesetzlichen Ausnahmetatbestandes spricht, erscheint es zweifelhaft, ob § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG überhaupt einer gegenteiligen "Auslegung", wie sie die Beschwerde für erforderlich hält, zugänglich ist. Jedenfalls ist aber nicht schlüssig dargelegt --und im Übrigen auch nicht ersichtlich--, dass die von der Beschwerde angeführten Entscheidungen des BVerfG und des BGH für die "Auslegung", wonach bei vorliegendem Vermögensverfall des Steuerberaters der Beweis der Gefährdung von Interessen der Auftraggeber der Steuerberaterkammer obliegt, sprechen. Der BVerfG-Beschluss vom 3. Juli 2003 1 BvR 238/01 (BVerfGE 108, 150) befasst sich weder mit § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG noch mit einer entsprechenden berufsrechtlichen Vorschrift. Dem BGH-Beschluss vom 7. Dezember 2004 AnwZ (B) 40/04 (Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2005, 1271) lag ein Fall zugrunde, in welchem nach Ansicht des BGH nicht mehr vom Weiterbestehen des Vermögensverfalls des betroffenen Rechtsanwalts ausgegangen werden konnte; so liegt der Streitfall nach den Feststellungen des FG jedoch nicht. Soweit der BGH in dem mit Beschluss vom 18. Oktober 2004 AnwZ (B) 43/03 (NJW 2005, 511) entschiedenen Fall eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des betroffenen Rechtsanwalts als ausnahmsweise nicht gegeben angesehen hat, beruhte dies auf einer Gesamtwürdigung der Person jenes Rechtsanwalts sowie der weitgehenden beruflichen Beschränkungen, denen er sich arbeitsvertraglich unterworfen hatte; vom Vorliegen solcher Voraussetzungen kann aber im Streitfall nach den Feststellungen des FG nicht ausgegangen werden.

Da die mit der Beschwerde formulierte Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig ist, ist auch der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) nicht gegeben (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 12. Dezember 2001 III B 103/01, BFH/NV 2002, 652; Senatsbeschluss vom 27. Februar 2003 VII B 263/02, BFH/NV 2003, 835).

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