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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.01.2008
Aktenzeichen: VII B 14/07
Rechtsgebiete: BO, FGO


Vorschriften:

BO § 116a Abs. 1 Nr. 8
FGO § 76 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Schwiegervater der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb auf seinem Anwesen ein landwirtschaftliches Unternehmen mit Abfindungsbrennerei (Abfindungsbrennerei A). Nach Abtrennung einer bestimmten Parzelle (Parzelle C) dieses Brennereigrundstücks, die dem Ehemann der Klägerin im Nießbrauch für die Dauer von zehn Jahren überlassen wurde, genehmigte das Hauptzollamt X am 27. Dezember 1996 die Übertragung einer weiteren Abfindungsbrennerei (Abfindungsbrennerei B) auf die Parzelle C.

Mit Schreiben vom 6. August 1999 zeigte der Ehemann der Klägerin dem Hauptzollamt X an, dass sein Vater ihm das Anwesen mit dazugehöriger Abfindungsbrennerei A zum 1. Juli 1999 übertragen habe. Gleichzeitig teilte die Klägerin dem Hauptzollamt X ihre Übernahme der Parzelle C sowie der dazugehörigen Abfindungsbrennerei B zum 1. Juli 1999 mit.

Mit Bescheid vom 28. August 2001 verfügte das Hauptzollamt X gegenüber der Klägerin, dass deren Abfindungsbrennerei B gemäß § 116a Abs. 1 Nr. 8 der Brennereiordnung (BO) die Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, mit Wirkung vom 1. Juli 1999 verloren habe. Einspruch (Einspruchsentscheidung des Beklagten und Beschwerdegegners --Hauptzollamt, HZA--, auf den die Aufgaben des Hauptzollamts X mit Ablauf des 31. Dezember 2001 übergegangen sind) und Klage der Klägerin blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) urteilte, die der Klägerin übertragene Parzelle C habe nach § 116a Abs. 1 Nr. 8 BO den Zusammenhang mit dem Brennereigrundstück, von dem sie ursprünglich abgespalten worden sei, zum 1. Juli 1999 verloren. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang liege insbesondere dann nicht vor, wenn der Brennereibetrieb B nicht mehr eigenständig sei. Durch die Übernahme des väterlichen Betriebs mit dazugehöriger Abfindungsbrennerei A durch den Ehemann der Klägerin zum 1. Juli 1999 sei ein gemeinsam geführter Familienbetrieb mit dem der Klägerin übertragenen Grundstück entstanden. Betriebs- und Brennereigrundstück der Klägerin seien Teil des vom Ehemann der Klägerin übernommenen väterlichen Betriebs geworden und hätten dadurch ihre Selbständigkeit verloren.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) begehrt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat den Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt; die behaupteten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind ebenfalls nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor.

1. Soweit die Klägerin sinngemäß rügt, das FG habe das Verfahrensrecht verletzt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), weil es entschieden habe, ohne "sich ein eigenes Bild der Lage des Grundstücks durch Augenscheinstermin gemacht" zu haben, hat sie den Verfahrensmangel eines vom FG übergangenen Beweisangebots nicht hinreichend dargelegt.

Zur schlüssigen Darlegung dieses Verfahrensmangels gehört nach ständiger Rechtsprechung (u.a.) auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727; vom 30. August 2007 VII B 46/07, BFH/NV 2008, 125; vom 6. August 2007 VII B 6/07, BFH/NV 2008, 71, und vom 17. November 1997 VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter --ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge-- verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust zur Folge (Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597). Das Übergehen eines Beweisantrags oder eine unterlassene Zeugeneinvernahme können deshalb im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen Verhandlung selbst anwesende oder fachkundig vertretene Beteiligte, dem die Nichtbefolgung seiner Beweisanträge erkennbar war, den Verfahrensverstoß nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat (vgl. Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2000, 597, und in BFH/NV 2008, 71).

Im Streitfall hat die Klägerin hierzu, obwohl dies erforderlich gewesen wäre, nichts vorgetragen. Ferner ergibt sich aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem FG kein Hinweis, dass die Klägerin das Übergehen zuvor schriftsätzlich gestellter Beweisanträge gerügt hat.

2. Sollte sich dem Vorbringen der Klägerin eine Verfahrensrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) wegen eines Verstoßes gegen die sich aus § 76 Abs. 1 FGO ergebende Pflicht des Gerichts zur Sachaufklärung entnehmen lassen, ist diese nicht hinreichend dargelegt. Gründet sich der behauptete Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht darauf, dass das FG auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter hätte aufklären müssen, bedarf es der Darlegung, welche Fragen tatsächlicher Art aufklärungsbedürftig waren, welche Beweismittel zu welchem Beweisthema das FG ungenutzt ließ und warum der Beschwerdeführer nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat. Ferner ist auszuführen, warum sich die Notwendigkeit der Beweiserhebung dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (BFH-Beschlüsse vom 17. September 2003 XI B 220/02, BFH/NV 2004, 345, und vom 8. November 2000 XI B 38/00, BFH/NV 2001, 478).

Im Streitfall fehlt es bereits an entsprechenden Darlegungen, welche Tatfrage aus der Sicht des FG noch der Aufklärung bedurft hätte. Vielmehr erschöpfen sich die Ausführungen der Klägerin darin, die bereits vom FG festgestellten und in Erwägung gezogenen Tatsachen, wie etwa die von der Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt beabsichtigte Übertragung ihres Teilbetriebs auf eines der Kinder, die Lebensfähigkeit des Betriebs, sowie dessen räumliche Lage und Größe, rechtlich anders zu würdigen.

3. Mit dem Vorbringen der Klägerin, die "Beweiswürdigung des Erstgerichts über die Vereinbarung über die Nutzung von landwirtschaftlichen Maschinen vom 19. August 1999" sei unrichtig, wird kein Verfahrensmangel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO bezeichnet. Die Grundsätze der Tatsachen- und Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Verfahrensrüge entzogen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Entscheidungen vom 14. August 2006 III B 187/05, BFH/NV 2006, 2252; vom 14. Februar 2007 VII B 106/06, BFH/NV 2007, 1157).

4. Mit ihrem Vorbringen, die Abspaltung eines Betriebsteils mit dazugehöriger Abfindungsbrennerei komme sehr häufig beim Generationswechsel im Familienbetrieb vor, die "Auslegung des Finanzgerichts für die Bewertung der Kriterien der Eigenständigkeit eines Betriebes" sei zu eng bemessen, das Gericht müsse vielmehr die "Eigenständigkeit der Betriebe unter Ausnutzung der Synergieeffekte bei familiären Zusammenhängen" berücksichtigen, wirft die Klägerin keine allgemein klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, was für die Darlegung des von der Klägerin in Bezug genommenen Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) erforderlich gewesen wäre (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527). Sie rügt mit ihren Darlegungen lediglich die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Rechtsanwendung durch das HZA und FG. Mit der Rüge einer fehlerhaften Rechtsanwendung wird die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage jedoch nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (vgl. BFH-Entscheidungen vom 30. Januar 2007 VII B 3/06, BFH/NV 2007, 1324; vom 15. Juni 2004 VI B 220/00, BFH/NV 2004, 1419).

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