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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.01.2001
Aktenzeichen: VII B 177/00
Rechtsgebiete: FGO, ZPO, BFHEntlG


Vorschriften:

FGO § 62 Abs. 3 Satz 3
FGO § 142 Abs. 1
ZPO § 114
ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 117 Abs. 4
ZPO § 117 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 118 Abs. 2 Satz 2
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) begehrt die Aufhebung des Haftungsbescheides des beklagten Finanzamts (FA) vom 5. Juni 1997. Zugleich beantragte er unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse datiert vom 20. März 1999 für die Durchführung der Klage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH). Belege über die in der Erklärung gemachten Angaben waren nicht beigefügt.

Das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag ab, da der Antragsteller neben dem vorgeschriebenen Erklärungsvordruck nicht die gemäß § 117 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erforderlichen Belege über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt habe. Eines Hinweises auf die Unvollständigkeit der Unterlagen habe es bei dem anwaltlich vertretenen Antragsteller nicht bedurft.

Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Im Rahmen der Beschwerde reichte er eine weitere Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse datiert vom 3. April 2000 nebst entsprechender Belege ein.

Das FG hat der Beschwerde des Antragstellers insoweit abgeholfen, als es dem Antragsteller PKH bezüglich eines Teilbetrages von 37 % der Kosten der Prozessführung gewährte.

Die Beschwerde ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeschriftsatz vom 5. April 2000 nicht von der vom Antragsteller zur Prozessführung bevollmächtigten Rechtsanwältin, sondern von dem Rechtsanwalt T unterzeichnet worden ist. Zwar hat die Bevollmächtigte des Antragstellers keine ausdrückliche, auf den Rechtsanwalt T ausgestellte schriftliche (§ 62 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) Untervollmacht vorgelegt. Jedoch hat sie mit Schriftsatz vom 19. September 2000 mitgeteilt, dass T den Beschwerdeschriftsatz als Krankheitsvertreter gefertigt habe. Hierin ist jedenfalls konkludent eine mit Rückwirkung verbundene Genehmigung der Prozesshandlung des T, dessen Postulationsfähigkeit gemäß Art. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 des insoweit noch einschlägigen Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) außer Streit steht, zu sehen. Die Genehmigung konnte in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 132 Anm. 4) auch noch nach Ablauf der Beschwerdefrist (§ 129 Abs. 1 FGO) erteilt werden.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Das FG hat zutreffend den Antrag des Antragstellers auf Gewährung von PKH für das bei ihm anhängige Klageverfahren bereits deshalb abgelehnt, weil der Antragsteller im Bewilligungsverfahren der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die insoweit erforderlichen Belege nicht beigefügt hatte.

Die Gewährung von PKH setzt gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 ZPO voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und der Beteiligte nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse muss der Antragsteller eine Erklärung auf dem vorgeschriebenen amtlichen Vordruck abgeben (§ 117 Abs. 2 und 4 ZPO). Der durch die PKH-Vordruckverordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl I 1994, 3001) vorgeschriebene Vordruck ist gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 4 ZPO zwingend für die Abgabe der Erklärung zu verwenden. Durch ihn werden Inhalt und Umfang der dem Antragsteller obliegenden Mitwirkungs- und Erklärungspflicht konkretisiert. Gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind dem Vordruck Belege beizufügen.

Der Antragsteller hat die erforderlichen Belege im Bewilligungsverfahren vor dem FG jedoch nicht vorgelegt, so dass dieses die PKH zu Recht abgelehnt hat.

Im Streitfall hatte das FG auch keinen Anlass, den anwaltlich vertretenen Antragsteller auf das verfahrensrechtliche Erfordernis des § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO hinzuweisen. Das Gericht kann zwar gemäß § 118 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch selbst "Erhebungen anstellen". Es ist aber nicht verpflichtet, von sich aus auf die Vervollständigung einer in wesentlichen Punkten unvollständigen Erklärung hinzuwirken (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. November 1999 X B 51/99, BFH/NV 2000, 581, m.w.N). Insoweit hat das FG zutreffend ausgeführt, dass das Erfordernis der Belegvorlage dem --auch vom Antragsteller verwendeten-- amtlichen Vordruck durch deutliche Hervorhebung und ausdrücklichen Hinweis eindeutig zu entnehmen war und insoweit eine gerichtliche Hinweispflicht entfiel.

Die erst im Beschwerdeverfahren vorgelegte neue Erklärung des Antragstellers vom 3. April 2000 über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, der nunmehr erstmals die entsprechenden Belege beigefügt waren, kann, da sie dem FG im Zeitpunkt der Entscheidung nicht bekannt waren, nicht mehr berücksichtigt werden.

Zwar ist der BFH im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der PKH durch das FG nicht darauf beschränkt, auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vorbringens zu entscheiden; grundsätzlich ist auch neues Vorbringen zu berücksichtigen. Das gilt jedoch nicht, soweit im Beschwerdeverfahren erstmals die erforderliche mit Belegen versehene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt wird; denn die Bewilligung von PKH wirkt grundsätzlich nur für die Zukunft (BFH-Beschlüsse vom 23. November 1993 VII B 175/93, BFH/NV 1994, 734, und vom 28. Juli 1999 VII B 113/99, BFH/NV 2000, 436). Eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung wird ausnahmsweise dann zugelassen, wenn der Antragsteller beim FG einen formgerechten Antrag auf Bewilligung von PKH gestellt hat. Im Streitfall hat der Antragsteller die zwingend erforderliche Erklärung nebst Belegen jedoch erst im Beschwerdeverfahren vorgelegt. Die PKH konnte somit frühestens ab diesem Zeitpunkt bewilligt werden. Dieser Zeitpunkt war aber nicht Gegenstand des angefochtenen finanzgerichtlichen Beschlusses und kann somit unbeschadet des Abhilfebeschlusses des FG, das für das vorliegende Beschwerdeverfahren ohne Bedeutung ist, auch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sein (ständige Rechtsprechung, BFH-Beschlüsse vom 5. März 1997 X B 216/96, BFH/NV 1997, 436; vom 11. August 1998 VII B 3/98, BFH/NV 1999, 207; vom 4. Januar 1999 V B 153/98, BFH/NV 1999, 818; in BFH/NV 2000, 436, und in BFH/NV 2000, 581).



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