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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.07.2005
Aktenzeichen: VII B 21/05
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 155
ZPO § 227
ZPO § 227 Abs. 1
ZPO § 227 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 227 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gegen den Widerruf ihrer Bestellung als Steuerberater wurde vom Finanzgericht (FG) auf Grund mündlicher Verhandlung vom 9. Dezember 2004, zu der die Klägerin nicht erschienen war, als unbegründet abgewiesen. Am Tag der mündlichen Verhandlung war dem FG ein Schriftsatz der Klägerin zugegangen und dem Senat während der auf 10.00 Uhr angesetzten Verhandlung übergeben worden, in dem die Klägerin um Vertagung bat, da sie "durch eine akute Erkrankung gesundheitlich nicht in der Lage" sei, an der Sitzung teilzunehmen; ein ärztliches Attest werde umgehend nachgereicht. Nachdem das Attest auch im Zeitpunkt der vorgesehenen Verkündung einer Entscheidung um 13.05 Uhr nicht eingegangen war (es ging erst am 17. Dezember 2004 beim FG ein), entsprach das FG aus den in dem angefochtenen Urteil dargelegten Gründen dem Vertagungsantrag der Klägerin nicht und entschied in der Sache.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, welche sie sinngemäß auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt, macht die Klägerin geltend, dass das FG ihrem Vertagungsantrag hätte entsprechen müssen, da wegen ihrer Erkrankung ein erheblicher Grund für die Vertagung vorgelegen habe. Sie habe am Morgen des Sitzungstages einen Kreislaufkollaps erlitten, weshalb es ihr nicht möglich gewesen sei, einen formgerecht begründeten Terminsänderungsantrag zu stellen oder Telefonate zu führen. Ihr in diesen Dingen nicht erfahrener Ehemann habe deshalb den Antrag formuliert, der dann von ihrem Sohn in den Briefkasten des FG eingeworfen worden sei.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der als Grund für die Zulassung der Revision geltend gemachte Verfahrensmangel nicht vorliegt.

Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann aus erheblichen Gründen ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Die erheblichen Gründe für eine Aufhebung oder Verlegung sind auf Verlangen glaubhaft zu machen (§ 227 Abs. 2 ZPO). Wenn erhebliche Gründe i.S. des § 227 ZPO vorliegen, verdichtet sich das in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen zu einer Rechtspflicht, d.h. der Termin muss in diesen Fällen zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verlegt bzw. vertagt werden (ständige Rechtsprechung, Senatsbeschlüsse vom 9. Januar 1992 VII B 81/91, BFH/NV 1993, 29, und vom 5. Juli 2004 VII B 7/04, BFH/NV 2005, 64, jeweils m.w.N.).

Erhebliche --und glaubhaft gemachte-- Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 ZPO, welche dem FG hätten Anlass geben müssen, den anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung zu vertagen, waren indes für das FG nicht erkennbar.

Zutreffend hat das FG ausgeführt, dass mit dem am Tag der mündlichen Verhandlung übermittelten Vertagungsantrag erhebliche Gründe für eine Terminsänderung nicht dargelegt worden sind, da die Begründung des Antrags weder die Art noch die Schwere der Erkrankung erkennen ließ (vgl. dazu: Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 16. Dezember 1994 III B 43/94, BFH/NV 1995, 890). Wird ein Terminsänderungsantrag erst kurz vor dem anberaumten Termin gestellt und mit einer plötzlichen Erkrankung begründet, ist der Beteiligte verpflichtet, die Gründe für die Verhinderung so anzugeben und zu untermauern, dass das Gericht die Frage, ob der Beteiligte verhandlungsfähig ist oder nicht, selbst beurteilen kann. Ein zu diesem Zweck vorgelegtes privatärztliches Attest oder jedenfalls die vom Beteiligten selbst gegebene Begründung seines Terminsänderungsantrags muss deshalb die Verhandlungsunfähigkeit eindeutig und nachvollziehbar ergeben. Würden diese Anforderungen an die Begründung des Antrags im Falle einer aus Krankheitsgründen kurzfristig begehrten Terminsänderung nicht gestellt, bestände die Gefahr, dass die Entscheidung über die Terminsverlegung allein vom Beteiligten abhinge. Dies wäre mit dem Ziel einer möglichst zügigen Durchführung des Verfahrens nicht vereinbar (Senatsbeschluss in BFH/NV 2005, 64, m.w.N.).

An solchen Angaben fehlte es aber im Streitfall. Lediglich die Angabe einer "akuten Erkrankung" erlaubte keinen Rückschluss auf Art und Schwere der Erkrankung der Klägerin und gab daher dem Gericht nicht die Möglichkeit, selbst zu beurteilen, ob die Klägerin verhandlungsfähig war oder nicht. Das angekündigte ärztliche Attest ging dem FG erst am 17. Dezember 2004 zu, hätte aber im Übrigen, wenn es in dieser Form noch vor der Urteilsverkündung vorgelegt worden wäre, ebenfalls keinen erheblichen Grund für eine Vertagung der mündlichen Verhandlung dargestellt, da es wiederum nur eine "akute Erkrankung" der Klägerin bescheinigte. Die Klägerin gemäß § 227 Abs. 2 ZPO zum weiteren Vortrag bzw. zur Glaubhaftmachung der geltend gemachten Gründe aufzufordern, kam nicht in Betracht, da weiteres Vorbringen der Klägerin wegen des bereits begonnenen Termins zur mündlichen Verhandlung zeitlich nicht mehr möglich gewesen wäre.

Angesichts der Beschwerdebegründung mag es zwar verständlich erscheinen, weshalb es seinerzeit versäumt wurde, den Vertagungsantrag in der erforderlichen Weise zu begründen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass dem FG zu dem Zeitpunkt, als es über den Antrag auf Terminsänderung zu entscheiden hatte, all diese Informationen nicht vorlagen, weshalb in der Ablehnung des Vertagungsantrags kein Verfahrensmangel gesehen werden kann.

Ende der Entscheidung

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