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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.05.1999
Aktenzeichen: VII B 221/99
Rechtsgebiete: StBerO, StBerG, AO 1977, FGO


Vorschriften:

StBerO § 70
StBerO § 19
StBerO § 19 Abs. 2
StBerG § 164 a
StBerG § 46 Abs. 1 Satz 2
StBerG § 40 a Abs. 1
StBerG § 46 Abs. 1 Satz 1
AO 1977 § 130
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 96
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bestand im August 1976 die Prüfung als Fachgehilfe in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen. Im Anschluß daran war er abwechselnd für Steuerberater und für Industrieunternehmen tätig, davon insgesamt acht Jahre und neun Monate als Fachgehilfe bei Steuerberatern. Nach seinen Angaben erörterte er bereits Mitte Juli 1990 mit einem Mitarbeiter der Bezirksverwaltungsbehörde Y (neue Bundesländer), sein Anliegen, als Helfer in Steuersachen zugelassen zu werden. Er habe dabei seinen Werdegang geschildert, Zeugnisse und sonstige Unterlagen vorgelegt und auch erwähnt, daß er aufgrund seiner Tätigkeit für ein in der DDR engagiertes Unternehmen bereits über gute Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR verfüge. Der Mitarbeiter der Bezirksverwaltungsbehörde habe nach Durchsicht der Unterlagen erklärt, er müsse den Antrag der Prüfungskommission vorlegen, jedoch sei mit der Befreiung von der Prüfung zu rechnen. Da er seinen Wohnsitz in der DDR habe, sei er auch als Bürger der DDR zu betrachten. Allerdings sei ihm von dem Mitarbeiter der Bezirksverwaltungsbehörde geraten worden, sich um den Erwerb der Staatsbürgerschaft der DDR zu bemühen, weil ein neues Gesetz in Vorbereitung sei und nicht bekannt sei, ob dieses weitere Anforderungen stelle. Im Verlauf des Gesprächs habe er, der Kläger, einen schriftlichen Antrag auf Zulassung als Helfer in Steuersachen formuliert und dem Mitarbeiter der Behörde übergeben. Er habe sich vergeblich bemüht, das neue Gesetz zu bekommen. Wegen einer Erkrankung habe er erst im September 1990 wieder nach Y kommen können. Am 28. September 1990 habe er vergeblich versucht, einen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft der DDR zu stellen. Am selben Tag habe er bei der Bezirksverwaltungsbehörde Y einen Antrag auf Bestellung als Steuerbevollmächtigter gestellt. Der Mitarbeiter der Bezirksverwaltungsbehörde habe ihm erklärt, daß er ihn in Kenntnis der Situation als eingebürgert betrachte.

Der Kläger ist mit Urkunde vom 2. Oktober 1990 "gemäß der Steuerberatungsordnung vom 27.06.1990 zum 1.11.1990" als Steuerbevollmächtigter bestellt worden.

Mit Bescheid vom ... Dezember 1991 nahm die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Oberfinanzdirektion --OFD--) die Bestellung gestützt auf § 164 a des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) i.V.m. § 130 der Abgabenordnung (AO 1977) zurück. Der dagegen eingelegte Rechtsbehelf war erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 1996); die OFD stützte ihre Entscheidung nunmehr auf § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG und führte aus, daß die Bestellung des Klägers rechtswidrig sei, weil er die Voraussetzungen des § 19 der Verordnung über Hilfeleistungen in Steuersachen (StBerO) vom 27. Juni 1990 (Gesetzblatt --GBl-- DDR Sonderdruck Nr. 1455) nicht erfüllt habe. Dies hätte der Kläger auch erkannt, wenn er die gesetzliche Regelung eingesehen hätte, was von ihm zu erwarten gewesen wäre. Die dagegen gerichtete Klage hielt das Finanzgericht (FG) für unbegründet, weil die OFD die gemäß § 40 a Abs. 1 StBerG vorläufige Bestellung mit Recht nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG zurückgenommen habe.

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, es seien rechtsgrundsätzliche Fragen zu klären, das Urteil sei verfahrensfehlerhaft ergangen und weiche von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, weil keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe für eine Zulassung der Revision vorliegt.

1. Die Sache hat entgegen der Darstellung des Klägers keine grundsätzliche Bedeutung.

a) Die aufgeworfene Frage (Erfordernis der DDR-Staatsangehörigkeit im Falle der Befreiung von der Eignungsprüfung) ist, soweit sie überhaupt eindeutig gestellt worden ist, nicht mehr klärungsbedürftig. Der Senat hat mehrfach entschieden, daß, sofern eine Bestellung als Steuerbevollmächtigter überhaupt nach § 70 StBerO i.V.m. der Anordnung über die Zulassung zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Helfer in Steuersachen und die Registrierung von Stundenbuchhaltern (MdF-AnO) vom 7. Februar 1990 (GBl DDR I Nr. 11, 92) möglich gewesen sein sollte, u.a. Voraussetzung für die Bestellung war, daß der Bewerber Bürger der DDR war (vgl. dazu BFH-Urteile vom 11. Mai 1993 VII R 98/92, BFH/NV 1994, 194; vom 4. November 1993 VII R 26/93, BFH/NV 1994, 663; vom 1. Februar 1994 VII R 27/93, BFHE 173, 471, BStBl II 1994, 822; vom 5. November 1996 VII R 36/96, BFH/NV 1997, 266). Er hat darüber hinaus erkannt, daß sich dies aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung im Lichte der StBerO so eindeutig ergab, daß Bewerber um eine Bestellung als Steuerbevollmächtigte dies bei der erforderlichen Befassung mit den Vorschriften ohne weiteres hätten erkennen müssen (vgl. u.a. Senatsurteil vom 19. Januar 1999 VII R 49/98, nicht veröffentlicht).

Der Umstand, daß der Kläger angeblich von der Eignungsprüfung befreit worden ist, ändert daran nichts (vgl. BFH-Urteil vom 19. Januar 1999 VII R 50/98, nicht veröffentlicht). Wenn überhaupt, hätte dieser Umstand nur in bezug darauf Auswirkungen haben können, daß neben der Staatsbürgerschaft der DDR auch praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR gefordert wurden, die der Kläger ebenfalls nicht besaß.

b) Keiner Klärung bedarf auch die Frage, ob der Kläger bei Beantragung der Bestellung als Steuerbevollmächtigter und seiner Bestellung nach dem 3. Oktober 1990 die DDR-Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Wiedervereinigung besessen haben mußte. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 5. Februar 1997 1 BvR 127/97 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1997, 336) die Meinung vertreten, daß sich die StBerO offenkundig nur auf Sachverhalte in ihrem Geltungsbereich, d.h. der DDR, beziehen konnte. Daran hat sich durch die Wiedervereinigung mit dem 3. Oktober 1990 nichts geändert. Im Gegenteil ist durch die Beschränkung der Geltungsdauer der StBerO durch den Einigungsvertrag bis zum 31. Dezember 1990 (Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 8 zum Einigungsvertrag vom 31. August 1990, BGBl II, 889, 970) ausdrücklich bestätigt worden, daß die Vorschriften nur aus der Sicht der besonderen Verhältnisse in der ehemaligen DDR zu sehen sind und nur Vergünstigungen zugunsten von Bürgern der ehemaligen DDR enthielten.

c) Soweit der Kläger ausführt, das FG habe die Grundsätze des Vertrauensschutzes falsch beurteilt, fehlt es bereits an der nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer konkret formulierten Rechtsfrage. Es reicht insoweit nicht aus, im einzelnen auszuführen, daß die Grundsätze des Vertrauensschutzes eine verfassungsrechtliche Schutzfunktion erfüllen und deswegen von rechtsgrundsätzlicher Art seien. Auch die den Ausführungen zu entnehmende Behauptung, das FG verstoße mit seiner Auffassung gegen Verfassungsrecht, vermag die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts) nicht zu begründen.

2. Soweit der Kläger rügt, das FG habe seiner Entscheidung insofern einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt, als es unter Verletzung von § 96 FGO davon ausgegangen sei, daß er weder eine Eignungsprüfung abgelegt habe noch behauptet habe, davon befreit worden zu sein, während seinem näher bezeichneten Vortrag eindeutig die Behauptung zu entnehmen gewesen sei, daß er von der Eignungsprüfung befreit wurde, führt ein insoweit denkbarer Verfahrensfehler nicht zur Zulassung der Revision. Denn auf die Befreiung von der Prüfung kam es nach der in diesem Zusammenhang allein erheblichen Rechtsauffassung des FG (vgl. dazu BFH-Urteil vom 26. November 1992 IV R 109/90, BFHE 170, 88, BStBl II 1993, 235; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 34) nicht an. Nach dessen Auffassung führte bereits der Umstand, daß der Kläger kein Staatsbürger der DDR war, dazu, daß seine Bestellung als Steuerbevollmächtigter rechtswidrig war und er dies hätte erkennen müssen. Den Umstand, daß der Kläger keine Eignunsprüfung abgelegt hatte und auch davon nicht befreit worden war, hat das FG nur als weiteres, ergänzendes, aber nicht die Entscheidung tragendes Argument für die Rechtswidrigkeit der Bestellung angeführt. Das angefochtene Urteil beruht daher nicht auf dem behaupteten Verfahrensfehler.

3. Auch die behauptete Divergenz zwischen dem angefochtenen Urteil und den Senatsurteilen in BFH/NV 1997, 266, und vom 7. März 1996 VII R 61, 62/95 (BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334) besteht nicht. Während es in den genannten Senatsurteilen um die Rücknahme einer nach § 19 Abs. 2 StBerO kraft Gesetzes erfolgten Umwandlung einer vorangegangenen Zulassung als Helfer in Steuersachen in eine Bestellung als Steuerbevollmächtigter ging, handelt es sich im Streitfall um die Rücknahme einer Bestellung als Steuerbevollmächtigter, der keine Zulassung als Helfer in Steuersachen vorangegangen ist und für deren rechtliche Beurteilung bereits die StBerO maßgebend war, aus der im Gegensatz zu der MdF-AnO zu entnehmen war, daß sie offenkundig nur Sachverhalte in der (ehemaligen) DDR betraf, also auch nur Bürger der DDR gegenüber Bürgern der Bundesrepublik (nach dem Stand von vor dem 3. Oktober 1990) begünstigte (vgl. Senatsurteile vom 19. Januar 1999 VII R 49/98 und VII R 50/98).

Ende der Entscheidung

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