Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 04.09.2008
Aktenzeichen: VII B 250/07
Rechtsgebiete: FGO, BRAO


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) als unbegründet abgewiesen. Das FG hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater als gegeben angesehen, da das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden sei und er die daraus folgende Vermutung des Vermögensverfalls nicht widerlegt habe. Der Kläger habe auch nicht den Nachweis erbracht, dass in seinem Fall ausnahmsweise eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall ausgeschlossen sei. Insoweit sei zu Lasten des Klägers insbesondere zu berücksichtigen, dass er laut Anklage der Staatsanwaltschaft und auch nach eigenem Eingeständnis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in 89 Einzelfällen Honorare seiner Mandanten über einen Gesamtbetrag von mehr als 60 000 € "an der Insolvenzmasse vorbei" für eigene Zwecke vereinnahmt und verbraucht habe, dass er in der Vergangenheit seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht nachgekommen sei, indem er Steueranmeldungen in der Regel nicht fristgerecht abgegeben habe, so dass Verspätungszuschläge festgesetzt worden seien, und er fällige Lohn- und Umsatzsteuer nicht abgeführt habe, und dass er erhebliche Steuerschulden habe.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund jedenfalls nicht vorliegt, weshalb der Senat auf die Mängel bezüglich der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen schlüssigen Darlegung des Zulassungsgrundes nicht näher eingehen muss.

Anders als die Beschwerde meint, ist das FG bei der Prüfung, ob dem Kläger der sog. Entlastungsbeweis gelungen ist, von der Rechtsprechung weder des beschließenden Senats noch des Bundesgerichtshofs (BGH) abgewichen.

Der Nachweis der Nichtgefährdung der Auftraggeberinteressen bezieht sich nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats auf die nach den Besonderheiten des Einzelfalls zu beurteilende konkrete Gefährdungssituation für die Mandanten des in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters, da ansonsten --beim Abstellen auf jede denkbare potentielle Gefährdung von Mandanten-- der Entlastungsbeweis nicht geführt werden könnte. Erforderlich ist insoweit ein substantiierter und glaubhafter Vortrag, aufgrund dessen mit hinreichender Gewissheit die grundsätzlich beim Vermögensverfall zu unterstellende Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird (Senatsurteil vom 4. Dezember 2007 VII R 64/06, BStBl II 2008, 401, BFH/NV 2008, 701, m.w.N.). Von dieser Rechtsprechung ist das FG im Streitfall erkennbar ausgegangen, wenn es an der von der Beschwerde beanstandeten Stelle der Urteilsgründe heißt, es müsse ganz allgemein ausgeschlossen werden können, dass der betroffene Steuerberater unter dem belastenden Druck seiner desolaten Vermögenslage seine Berufspflichten verletze. Anders als die Beschwerde meint, kann diesen Ausführungen des FG nicht entnommen werden, dass das FG für den Entlastungsbeweis den Ausschluss jeder nur theoretisch denkbaren Möglichkeit der Gefährdung von Auftraggeberinteressen gefordert hat.

Die Beantwortung der Frage, ob der Entlastungsbeweis gelungen ist, erfordert eine dem Tatrichter vorbehaltene zusammenfassende Beurteilung der komplexen Verhältnisse des Einzelfalls, bei der eine Reihe gesetzlich nicht abschließend festgelegter Kriterien zu berücksichtigen ist, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Möglichkeit einer Gefährdung von Auftraggeberinteressen sprechen können; diese Tatsachenwürdigung kann revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden, ob das FG von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen, seine Entscheidung insoweit nachvollziehbar begründet und nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil in BStBl II 2008, 401, BFH/NV 2008, 701, m.w.N.).

Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH hinsichtlich des von einem in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 der Bundesrechtsanwaltsordnung zu führenden sog. Entlastungsbeweises. Auch der BGH beurteilt die Frage, ob der Entlastungsbeweis geführt ist, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände (vgl. BGH-Beschlüsse vom 18. Oktober 2004 AnwZ (B) 43/03, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2005, 511; vom 25. Juni 2007 AnwZ (B) 101/05, NJW 2007, 2924). Wenn daher der BGH in einem zu entscheidenden Einzelfall eines Rechtsanwalts im Rahmen der Gesamtwürdigung bestimmte einzelne Umstände zu dessen Gunsten berücksichtigt hat, so stellt es keine Abweichung von dieser Entscheidung dar, wenn in einem anderen Fall diesen Umständen bei der Gesamtwürdigung ein geringeres Gewicht beigemessen wird und andere Umstände in den Vordergrund rücken.

Es ist daher entgegen der Ansicht der Beschwerde rechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG im Streitfall nicht entscheidend auf den konkreten Zugriff des Klägers auf Mandantengelder abgestellt hat, sondern auf dessen Unzuverlässigkeit, die deutlich geworden ist durch die unrechtmäßige Vereinnahmung von zur Insolvenzmasse gehörenden Geldern sowie durch die Verletzung steuerlicher Pflichten des Klägers in der Vergangenheit. Dies entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats, der wiederholt darauf hingewiesen hat, dass eine konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen nicht verneint werden kann, wenn festgestellt worden ist, dass der Steuerberater in sonstigen geschäftlichen oder auch eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält, denn in diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Steuerberater unter dem Druck seiner Vermögenslosigkeit auch Mandanteninteressen unter Missachtung vertraglicher Vereinbarungen verletzt, so groß, dass von einer konkreten Gefährdung von Auftraggeberinteressen auszugehen ist (Senatsurteil in BStBl II 2008, 401, BFH/NV 2008, 701, m.w.N.). Diese zutage getretene Bereitschaft des Klägers, sich an gesetzliche Vorgaben nicht zu halten, ist bereits für sich allein geeignet, den Entlastungsbeweis als nicht erbracht anzusehen, weshalb das FG die übrigen von der Beschwerde angeführten Gesichtspunkte als wahr unterstellen konnte, ohne --wie die Beschwerde meint-- verpflichtet zu sein, Interessen der Auftraggeber des Klägers als nicht gefährdet anzusehen.

Soweit die Beschwerde ergänzend vorträgt, dass inzwischen ein Insolvenzplan beschlossen und vom Insolvenzgericht bestätigt worden sei, handelt es sich um im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unzulässiges neues Tatsachenvorbringen.

Ende der Entscheidung

Zurück