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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 01.04.2003
Aktenzeichen: VII B 276/02
Rechtsgebiete: FGO, LuftVG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 155
LuftVG § 70
LuftVG § 70 Abs. 1
LuftVG § 70 Abs. 1 Satz 1
LuftVG § 70 Abs. 1 Satz 2
LuftVG § 70 Abs. 2
LuftVG § 70 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Halter des Kleinflugzeugs ..., das erstmals 1992 aus den USA in die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) verbracht worden war. Nach den vom Zollfahndungsamt (ZFA) bei der Flughafen X-GmbH getroffenen Feststellungen befand sich das Flugzeug in dem Zeitraum vom 1. Februar 1995 bis zum 22. Februar 1996 im Zollgebiet der Gemeinschaft. Auf Nachfrage des ZFA teilte der Kläger mit Schreiben vom 1. September 1997 u.a. mit, das Flugzeug sei nur vorübergehend für Tage oder Wochen in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden.

Das Hauptzollamt ... (HZA) ging davon aus, dass eine Zollschuld nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 302/1) entstanden sei, weil das Flugzeug entgegen Art. 722 Abs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (Zollkodex-Durchführungsverordnung) der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABlEG Nr. L 253/1) innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten mehr als sechs Monate im Zollgebiet der Gemeinschaft verwendet worden sei. Deshalb setzte das HZA gegen den Kläger mit Steuerbescheid vom ... November 1997 Einfuhrabgaben von ... DM fest. Auf den Einspruch des Klägers setzte das HZA die Einfuhrabgaben auf ... DM herab und wies den Einspruch im Übrigen zurück.

Das Finanzgericht (FG) wies die vom Kläger erhobene Klage ab. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen für eine vorübergehende Verwendung seien nicht mehr erfüllt gewesen, weil sich das Flugzeug in dem Zeitraum vom 1. Februar 1995 bis zum 22. Februar 1996 ununterbrochen auf dem Flughafen X befunden habe. Die Einfuhrabgaben seien auch nicht deshalb verjährt, weil sie zu einem früheren Zeitpunkt entstanden seien. Der Kläger habe seine Behauptung, das Flugzeug sei viel früher endgültig in die Bundesrepublik verbracht worden, nicht bewiesen. Der bereits 1992 abgeschlossene Mietvertrag über einen Standplatz für das Flugzeug und die Versicherungsverträge könnten keinen Aufschluss über die Flugbewegungen geben. Der Kläger verfüge nach eigenem Bekunden nicht über ein Bordbuch, aus dem sämtliche Flugbewegungen ersichtlich seien. Dem schriftsätzlich angekündigten Beweisantrag des Klägers, die Zeugen A und B zu vernehmen, habe nicht nachgegangen werden müssen, weil die vollständigen Namen und Anschriften dieser Zeugen nicht mitgeteilt worden seien. Darüber hinaus habe der Kläger einen früheren Halbjahreszeitraum, der durch das dauernde Verbleiben des Flugzeugs im Zollgebiet der Gemeinschaft überschritten worden sei, nicht näher konkretisiert. Der Anregung des Prozessbevollmächtigten des Klägers, bei dem Flugplatz Y eine Auskunft über die Flugbewegungen in den Jahren 1992 und 1993 einzuholen, müsse gleichfalls nicht entsprochen werden. Der Kläger habe vorgetragen, der Flugplatz Y existiere seit längerer Zeit nicht mehr. Es sei daher nicht ersichtlich, wie eine offizielle Auskunft über die Flugbewegungen zu erlangen sei. Ferner sei der Kläger der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, zumal er in seinem Schreiben vom 1. September 1997 einen abweichenden Sachverhalt vorgetragen habe.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers. Er macht geltend, das Urteil des FG leide an einem Verfahrensmangel. Nach Auffassung des FG sei es auf die Flugbewegungen des Flugzeugs nach seiner Überführung aus den USA in die Bundesrepublik angekommen. Diese Flugbewegungen hätte das FG von Amts wegen durch die Einholung einer Auskunft der Luftfahrtbehörde des Landes Z feststellen müssen. Bei dieser Behörde hätten auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen auch nach der Schließung des Flugplatzes Y sämtliche Daten über die Flugbewegungen auf diesem Flugplatz zur Verfügung gestanden. Die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte sich dem FG aufdrängen müssen, weil sämtliche Umstände für die Richtigkeit seiner Behauptung gesprochen hätten. Das Flugzeug sei seit 1992 ununterbrochen versichert gewesen. Des Weiteren sei zunächst auf dem Flugplatz Y und sodann auf dem Flughafen X ein Standplatz für das Flugzeug angemietet worden. Hätte das FG eine Auskunft von der Luftfahrtbehörde des Landes Z eingeholt und die von ihm benannten Zeugen vernommen, hätte sich ergeben, dass das Flugzeug nach seinem Verbringen in die Bundesrepublik im Oktober 1992 --bis auf ganz kurze Unterbrechungen-- im Zollgebiet der Gemeinschaft verblieben sei. Der Klage hätte deshalb stattgegeben werden müssen, weil die Festsetzung der Einfuhrabgaben wegen Verjährung unzulässig gewesen sei.

Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil in der Beschwerdeschrift ein Grund, der zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) führen könnte, nicht schlüssig dargelegt ist, wie dies § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert.

1. Die schlüssige Verfahrensrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), das FG hätte den Sachverhalt auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen näher aufklären müssen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), erfordert u.a. einen substantiierten Vortrag dazu, aus welchen (genau bezeichneten) Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung (Beweiserhebung) auch ohne entsprechenden Antrag aufdrängen musste (vgl. Senatsurteil vom 6. Juni 2000 VII R 72/99, BFHE 192, 390; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Juni 2002 X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332).

a) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger macht geltend, die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte sich dem FG aufdrängen müssen, weil sämtliche Umstände für die Richtigkeit seiner Behauptung gesprochen hätten. Das FG hat indessen darauf hingewiesen, dass das Vorbringen des Klägers im Klageverfahren dem Inhalt seines an das ZFA gerichteten Schreibens vom 1. September 1997 widersprochen habe und hinsichtlich eines früheren Halbjahreszeitraums, der durch das dauernde Verbleiben des Flugzeugs im Zollgebiet der Gemeinschaft überschritten worden sei, nicht näher konkretisiert worden sei. Dies beruhte insbesondere darauf, dass sich der Kläger nicht in der Lage sah, ein Bordbuch vorzulegen, aus dem frühere Flugbewegungen ersichtlich gewesen wären.

Darüber hinaus hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt, warum es sich für das FG hätte aufdrängen müssen, die Flugbewegungen in den Jahren 1992 und 1993 durch eine Auskunft der Luftfahrtbehörde des Landes Z von Amts wegen zu ermitteln, nachdem der Flugplatz Y bereits seit längerer Zeit geschlossen worden war. Der Kläger verweist lediglich auf die "gesetzlichen Bestimmungen", auf Grund derer derartige Daten gespeichert und verfügbar gewesen sein sollen, ohne diese Bestimmungen näher zu bezeichnen.

b) Anders als der Kläger meint, besteht in der Bundesrepublik keine Registerpublizität über Flugbewegungen von Luftfahrzeugen, die vergleichbar den Eintragungen in einem Grundbuch einem FG ohne weiteres zugänglich wären. Nach § 70 Abs. 1 Satz 1 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) darf die Luftaufsichtsstelle oder auf Flugplätzen ohne Luftaufsichtsstelle die Flugleitung zwar Daten über den Start und die Landung von Luftfahrzeugen erheben, verarbeiten und nutzen, wobei diese Daten u.a. das Eintragungszeichen des Luftfahrzeugs sowie den Start- und Zielflugplatz umfassen können. Diese Bestimmung ist jedoch erst durch Art. 1 Nr. 45 des Elften Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 25. August 1998 (BGBl I, 2432) mit Wirkung ab dem 1. März 1999 (Art. 12 Abs. 1 dieses Gesetzes) neu in das LuftVG eingefügt worden (BTDrucks 13/10530, S. 61). Auf die hier in Rede stehenden Flugbewegungen in den Jahren 1992 und 1993 ist § 70 LuftVG daher unbeschadet des Ablaufs der vorgesehenen Frist für die Löschung der Daten (§ 70 Abs. 3 LuftVG) nicht anwendbar. Zudem dürfen die nach § 70 Abs. 1 Satz 1 LuftVG erhobenen und nach § 70 Abs. 1 Satz 2 LuftVG im Hauptflugbuch gespeicherten Daten an die in § 70 Abs. 2 LuftVG genannten Stellen, zu denen auch die Strafverfolgungs- und Justizbehörden sowie die Luftfahrtbehörden der Länder gehören, nur übermittelt werden, wenn dies für die in § 70 Abs. 1 LuftVG genannten Zwecke im Einzelfall erforderlich ist. Die Durchführung eines finanzgerichtlichen Verfahrens fällt nicht hierunter.

2. Soweit der Kläger sinngemäß rügt, das FG habe seinen Beweisantrag übergangen, die Zeugen A und B zu den Flugbewegungen zu vernehmen, hat er auch insoweit einen Verfahrensmangel nicht schlüssig dargelegt.

a) Zur Darlegung des Verfahrensmangels eines übergangenen Beweisantrags gehört insbesondere der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. BFH-Beschluss vom 17. November 1997 VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608; Senatsbeschluss vom 15. November 2001 VII B 40/01, BFH/NV 2002, 373, 376). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter --ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge-- verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust, so z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, zur Folge.

b) Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem FG das Unterlassen der Vernehmung der von ihm benannten Zeugen durch seinen fachkundigen Prozessbevollmächtigten gerügt hat, obgleich nach seinem Vorbringen in der Beschwerdebegründung die Vernehmung dieser Zeugen mit dem FG erörtert worden sein soll. Es sind auch keine Gründe dafür erkennbar, dass die rechtzeitige Rüge des behaupteten Verfahrensfehlers auf Grund des Verhaltens des FG nicht möglich gewesen wäre. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 27. Juni 2002 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert, ohne dass der Kläger einen Beweisantrag gestellt hat. Der Vorsitzende des Senats des FG hat die mündliche Verhandlung daraufhin geschlossen. Der Kläger hat zu diesem Zeitpunkt das Übergehen seines schriftsätzlich angekündigten Beweisantrags nicht gerügt und damit auf eine Rüge wirksam verzichtet.

Ende der Entscheidung

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