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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.02.2001
Aktenzeichen: VII B 279/00
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

-
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war im Mai 1994 eine aktive Veredelung nach dem Nichterhebungsverfahren zur Eigenveredelung von Kaffeeauszügen in Pulverform bewilligt worden. In dem Bewilligungsbescheid war festgelegt, dass die Veredelungserzeugnisse für die Beendigung der Veredelung zu gestellen und aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft auszuführen oder in ein sich an die Veredelung anschließendes Zollverfahren zu überführen seien. Im selben Jahre wurden auf Antrag der Klägerin mit mehreren Zollbelegen Kaffeeauszüge aus Brasilien in die aktive Veredelung übergeführt. Die Klägerin legte jeweils --mit Ausnahme eines Zollbelegs-- Ursprungszeugnisse nach Formblatt A vor, wonach die von ihr eingeführten Kaffeeauszüge aus Brasilien stammten. Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Klägerin wurde festgestellt, dass die Klägerin die in der aktiven Veredelung hergestellten Erzeugnisse jeweils ohne Gestellung in den freien Verkehr entnommen hat.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) setzte daraufhin gegen die Klägerin mit Steuerbescheid vom 8. Januar 1996 unter anderem Zoll in Höhe von ... DM fest. Dabei legte das HZA der Abgabenberechnung einen Zollsatz von 18 % auf den Zollwert zu Grunde. Die Klägerin erhob hiergegen Einspruch und meinte, es dürfe lediglich der Präferenzzollsatz von 9 % angewendet werden, weil das HZA die von ihr vorgelegten Ursprungszeugnisse nach Formblatt A (das in einem Fall ursprünglich nicht vorgelegte wurde nachgereicht) anerkennen müsse, so dass lediglich Zoll in Höhe von ... DM hätte festgesetzt werden dürfen. Der Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 1999) hatte ebenso wie die Klage keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) führte --zusammengefasst-- aus, der Steuerbescheid sei rechtmäßig. Die Zollschuld sei nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex --ZK--) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 302/1) entstanden und könne deshalb nicht nach dem Präferenzzollsatz bemessen werden. Eine Bemessung der Zollschuld nach dem Präferenzzollsatz sei nur möglich, wenn die Waren ordnungsgemäß in den freien Verkehr übergeführt würden. Aus den Vorschriften des Art. 900 Abs. 1 Buchst. o der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (ZKDVO) der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABlEG Nr. L 253/1) und Art. 121 ZK ergebe sich nichts anderes.

II. Die Beschwerde, mit der sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des FG wendet, ist nicht begründet. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob die in Art. 121 Abs. 2 ZK grundsätzlich gegebene Möglichkeit der Zollpräferenzbehandlung nur dann Anwendung finden kann, wenn eine ordnungsgemäße Überführung der Veredelungserzeugnisse in den freien Verkehr vorgelegen hat oder ob die Zollpräferenzbehandlung für jeden Fall der Zollschuldentstehung im Rahmen der aktiven Veredelung treffen soll, ist nicht in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig, weil sie offensichtlich nur so entschieden werden kann, wie das FG es getan hat (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Juli 1994 VII B 102/94, BFH/NV 1995, 229). Präferenzregelungen können danach im Rahmen des Art. 121 Abs. 2 ZK nur berücksichtigt werden, wenn die Waren zur Überführung in den freien Verkehr angemeldet werden, auch in Form einer Sammelanmeldung bei globaler Zulassung der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr (Art. 580 Abs. 2, 3 ZKDVO), und im Zusammenhang damit die Anwendung der Präferenzregelung beantragt wird. Die Präferenzregelungen können dagegen nicht angewendet werden, wenn eine Zollschuld nach Art. 203 Abs. 1 ZK oder wie im Streitfall nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK entsteht.

Die Einfuhrzollschuld entsteht nach den Vorschriften der Art. 201 bis 205 ZK jeweils unabhängig von der Höhe der in Betracht kommenden Einfuhrabgaben (vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 1. Februar 2001 Rs. C-66/99). Ist eine Zollschuld entstanden, wird der Betrag der Einfuhrabgaben in der Regel anhand der Bemessungsgrundlagen bestimmt, die für die betreffende Ware zum Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrzollschuld gelten (Art. 214 Abs. 1 ZK). Abweichend von dieser Regelung enthält Art. 121 ZK besondere Vorschriften hinsichtlich des maßgebenden Zeitpunkts, nach dem sich die für die Höhe der Zollschuld anzuwendenden Bemessungsgrundlagen richten, falls sie für Waren entsteht, die in einen aktiven Veredelungsverkehr übergeführt worden sind. Nach Abs. 1 der Vorschrift ist der Zeitpunkt entscheidend, in dem die Anmeldung zur Überführung der betreffenden Waren in den aktiven Veredelungsverkehr angenommen wurde. Art. 121 Abs. 2 ZK schränkt den in Abs. 1 festgelegten Grundsatz für Zollkontingente und Zollplafonds dahin ein, dass die Zollpräferenzbehandlung für solche Waren nur angewandt werden kann, wenn sie gegebenenfalls für die gleichen Waren auch noch in dem Zeitpunkt galt, in dem (für die ursprünglich zum aktiven Veredelungsverkehr abgefertigten Waren) die Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angenommen wurde. Über die Festlegung des maßgebenden Zeitpunkts für die Bemessungsgrundlagen hinaus regelt aber Art. 121 Abs. 2 ZK nicht, welche Voraussetzungen für die Anwendung von Präferenzmaßnahmen im Zusammenhang mit der Bemessung der Zollschuld erfüllt sein müssen. Dies bestimmt sich allein nach den für die Anwendung der Präferenzmaßnahmen geltenden Vorschriften.

Zwar ist es richtig, dass sich Art. 121 Abs. 1 ZK nicht nur auf die Entstehung einer Zollschuld nach Art. 201 ZK bezieht, sondern auch anzuwenden ist, wenn eine Zollschuld nach Art. 203 Abs. 1 oder Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK entsteht. Daraus lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, dass deshalb auch im Falle einer Zollschuldentstehung nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK gemäß Art. 121 Abs. 2 ZK die Präferenzregeln angewandt werden müssen. Denn die Anwendung dieser Regeln hängt nicht nur von dem maßgebenden Zeitpunkt, sondern auch davon ab, dass bestimmte formale Voraussetzungen erfüllt werden.

Präferenzmaßnahmen können nur im Zusammenhang mit einer Anmeldung der Waren zur Überführung in ein bestimmtes Verfahren angewendet und daher nur dann bei der Berechnung der Zollschuld berücksichtigt werden, wenn eine Zollschuld nach Art. 201 Abs. 1 ZK auf Grund einer entsprechenden Anmeldung entsteht. Denn in den übrigen Fällen der Entstehung einer Zollschuld fehlt es an der für die Anwendung der Präferenzmaßnahmen erforderlichen Anmeldung. Das folgt aus Art. 20 Abs. 4 Satz 1 ZK. Danach ist eine Vorzugsbehandlung, wie sie die Anwendung einer Zollpräferenzmaßnahme darstellt (Art. 20 Abs. 3 Buchst. e ZK), zu beantragen. Der Antrag wird grundsätzlich mit der Anmeldung der Waren zu dem betreffenden Verfahren gestellt (Art. 59 Abs. 1 ZK). Der in der Regel schriftlich abzugebenden Anmeldung sind alle Unterlagen beizufügen, deren Vorlage zur Anwendung der Vorschriften über das Zollverfahren, zu dem die Waren angemeldet werden, erforderlich ist (Art. 62 Abs. 2 ZK). Zu diesen Unterlagen gehören im Falle der Anwendung von Präferenzmaßnahmen die entsprechenden Ursprungszeugnisse, hier nach Formblatt A. Das folgt aus Art. 218 Abs. 1 Buchst. c ZKDVO i.V.m. Art. 87 Satz 1 ZKDVO (in der im Jahre 1994 maßgebenden Fassung), wonach das Formblatt A mit der Anmeldung vorzulegen ist. Davon geht im Übrigen auch Art. 121 Abs. 2 ZK aus, der den maßgeblichen Zeitpunkt für die Anwendung der Zollpräferenzbehandlung an die Annahme der Anmeldung der Ware zur Überführung in den freien Verkehr knüpft.

Der Antrag auf Gewährung der Vorzugsbehandlung kann nach Art. 20 Abs. 4 Satz 2 ZK auch nachträglich gestellt werden, solange die diesbezüglichen Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht mehr gegeben, wenn --wie im Streitfall-- eine Zollschuld nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK bereits entstanden ist, ohne dass die Waren zur Überführung in den freien Verkehr angemeldet wurden. Denn nach Art. 201 Abs. 1 ZKDVO kann die Zollanmeldung erst abgegeben werden, wenn die Waren gestellt worden sind. Sind die Waren wie im Streitfall nicht gestellt worden, kann auch keine Zollanmeldung mehr abgegeben werden, in der die Vorzugsbehandlung beantragt werden könnte. Eine globale Zulassung der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr unter Abgabe einer Sammelanmeldung mit Verzicht auf die Erfüllung von Förmlichkeiten (Art. 580 Abs. 2, 3 ZKDVO) lag im Streitfall nicht vor.

Der Umstand, dass die Waren davor zur Überführung in den aktiven Veredelungsverkehr angemeldet und mit einer Ausnahme zu diesem Zeitpunkt auch die Formblätter A vorgelegt worden waren, ist insoweit unbeachtlich, weil sich zu diesem Zeitpunkt die Frage der Anwendung einer Vorzugsbehandlung in Gestalt der Präferenzgewährung noch gar nicht stellen konnte. Sie spielt vielmehr erst bei der Überführung der Waren in den freien Verkehr eine Rolle, so dass die Präferenzgewährung auch erst mit der Anmeldung der Waren zur Überführung in den freien Verkehr nach Durchführung der aktiven Veredelung hätte beantragt werden können.

Von der Notwendigkeit einer Anmeldung als Voraussetzung für die Anwendung einer Präferenzmaßnahme geht auch Art. 900 Abs. 1 Buchst. o ZKDVO aus. Denn er behandelt ausdrücklich die Fälle, in denen eine Zollschuld anders als nach Art. 201 ZK entsteht, der Beteiligte aber durch Vorlage u.a. eines Ursprungszeugnisses nachweist, dass im Falle einer Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ein Anspruch auf eine Abgabenbegünstigung bestanden hätte. In diesen Fällen ändert sich die Höhe der entstandenen Einfuhrzollschuld nicht, es wird vielmehr nur unter den besonderen Voraussetzungen des Art. 239 ZK und Art. 899 ZKDVO nachträglich ein Erlass bzw. eine Erstattung des an sich entstandenen Einfuhrzolls gewährt. Darüber aber, ob im Streitfall Anlass für einen Erlass oder eine Erstattung besteht, war im Rahmen des finanzgerichtlichen Verfahrens, in dem es nur um die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids ging, nicht zu entscheiden (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 1999 VII R 6/99, BFHE 190, 507).



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