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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.03.2007
Aktenzeichen: VII B 290/06
Rechtsgebiete: FGO, StBerG, InsO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
InsO § 291
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes --StBerG--) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) vom 14. März 2005 als unbegründet abgewiesen. Das FG hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater als gegeben angesehen, da über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Allein die Absicht des Klägers, einen Insolvenzplan einzureichen, und die Vermutung des Insolvenzverwalters, dass im Schlusstermin die Restschuldbefreiung angekündigt werde, rechtfertigten nicht die Annahme, dass die wirtschaftliche Situation des Klägers bereinigt sei. Es habe sich auch nicht feststellen lassen, dass eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall des Klägers ausgeschlossen sei. Vereinbarungen über die Art seiner Tätigkeit als freier Mitarbeiter bei einer Steuerberatungsgesellschaft habe der Kläger nicht vorgelegt.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf sämtliche Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

1. Die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Rechtsfrage, ob die Bestellung als Steuerberater auch dann gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG wegen Vermögensverfalls zu widerrufen ist, wenn über das Vermögen des Steuerberaters das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und eine Restschuldbefreiung in Aussicht steht, ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, weil sie durch die Rechtsprechung des Senats geklärt ist.

Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG wird ein Vermögensverfall des Steuerberaters u.a. dann vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden ist. Es liegt daher auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung, dass die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerberaters nach der Insolvenzordnung (InsO) eintretenden Rechtsfolgen nicht geeignet sein können, die Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen. Dementsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass das Inkrafttreten der InsO nichts an der gesetzlichen Grundentscheidung geändert hat, dass den Beruf des Steuerberaters nur ausüben dürfen soll, wer in geordneten Vermögensverhältnissen lebt (Senatsbeschlüsse vom 28. August 2003 VII B 79/02, BFH/NV 2004, 90; vom 28. August 2003 VII B 159/02, BFH/NV 2004, 91; vom 4. März 2004 VII R 21/02, BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016; Senatsurteil vom 30. März 2004 VII R 56/03, BFH/NV 2004, 1426). Allein die Möglichkeit, die wirtschaftliche Situation des in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu bereinigen, hat noch nicht zur Folge, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse nunmehr als geordnet zu betrachten wären (Senatsbeschluss in BFH/NV 2004, 90). Vielmehr muss die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse auch tatsächlich eingetreten sein. Ob dies in einer Weise geschehen ist, dass die Gefährdung von Auftraggeberinteressen nicht mehr zu besorgen ist, ist eine Frage des Einzelfalls und einer grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich. Jedenfalls ist es nicht rechtsfehlerhaft, die Wiederherstellung geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse zu verneinen, wenn --wie im Streitfall-- die Ankündigung der Restschuldbefreiung gemäß § 291 InsO noch aussteht.

Das FG hat insoweit auch nicht die Vertagung der mündlichen Verhandlung verfahrensfehlerhaft abgelehnt. Nach den Feststellungen des FG war es nicht absehbar, ob und wann es zum Abschluss des Insolvenzverfahrens mit einer Restschuldbefreiung, die noch nicht angekündigt war, kommen würde. Unter diesen Umständen war das FG nicht verpflichtet, die mündliche Verhandlung bis zu diesem ungewissen Zeitpunkt zu vertagen.

2. Der Umstand, dass der Kläger nunmehr als freier Mitarbeiter einer Steuerberatungsgesellschaft tätig ist, wirft ebenfalls keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf. § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG verlangt von jedem Steuerberater, gleich ob er freiberuflich oder in einem Dienstverhältnis tätig ist, die persönliche Eignung, die u.a. grundsätzlich voraussetzt, dass er in geordneten Vermögensverhältnissen lebt und nicht in Vermögensverfall. Die Widerlegung der Vermutung, dass durch den Vermögensverfall des Steuerberaters Interessen der Auftraggeber gefährdet sind, erfordert eine umfassende Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse, die in erster Linie dem Tatrichter obliegt und revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016).

Bei einem Vermögensverfall des Steuerberaters sieht § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG den Widerruf der Bestellung zwingend vor, es sei denn, die Interessen der Auftraggeber sind dadurch nicht gefährdet. Das Gesetz geht damit beim Vorliegen des Vermögensverfalls des Steuerberaters grundsätzlich davon aus, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind, und gestattet nur in Ausnahmefällen ("es sei denn") ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung. Aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt zugleich, dass die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand dem betroffenen Steuerberater obliegt (Senatsurteil vom 22. September 1992 VII R 43/92, BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203; Senatsbeschluss vom 8. Februar 2000 VII B 245/99, BFH/NV 2000, 992).

Erforderlich ist ein substantiierter und glaubhafter Vortrag, aufgrund dessen mit hinreichender Gewissheit die grundsätzlich beim Vermögensverfall zu unterstellende Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird (Senatsurteil vom 6. Juni 2000 VII R 68/99, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2000, 741; Senatsbeschluss in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016). Nach den Feststellungen des FG fehlte es im Streitfall an einem solchen substantiierten und glaubhaften Vortrag des Klägers; insbesondere war es für das FG nicht erkennbar, welche Vereinbarungen über die Art der Tätigkeit des Klägers als freier Mitarbeiter bei einer Steuerberatungsgesellschaft getroffen worden waren. Ohne solche konkreten Anhaltspunkte für eine die Gefährdung der Auftraggeberinteressen ausschließende Kontrolle des Klägers bei seiner Steuerberatertätigkeit war das FG aber auch nicht verpflichtet, den Niederlassungsleiter der Steuerberatungsgesellschaft hierzu als Zeugen zu hören.

Die von der Beschwerde für denkbar gehaltene Möglichkeit, dem Steuerberater die Berufszulassung unter der Auflage zu belassen, nicht mehr treuhänderisch tätig zu sein, sieht das Gesetz nicht vor.

3. Anders als die Beschwerde meint, ist es auch nicht klärungsbedürftig, ob "die finanzielle Überwachungspflicht des Insolvenzverwalters eine Gefährdung der Mandanteninteressen ausschließt". Der Insolvenzverwalter hat das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Schuldners zu verwalten und zu verwerten. Welche im Rahmen dieser Aufgabe bestehenden Befugnisse des Insolvenzverwalters die Gefahr ausschließen, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner schlechten Vermögenslage verletzt, zeigt die Beschwerde nicht auf. Im Übrigen verkennt die Beschwerde, dass nach dem Wortlaut des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerberaters der Vermögensverfall zu vermuten ist und dass --wie ausgeführt-- das Gesetz beim Vorliegen des Vermögensverfalls des Steuerberaters grundsätzlich davon ausgeht, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind. Mit dieser Rechtslage lässt sich die Annahme, dass allein das Vorhandensein eines Insolvenzverwalters die Gefährdung der Auftraggeberinteressen ausschließt, schwerlich vereinbaren.

4. Da die Rechtssache keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen aufwirft, ist auch der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) nicht gegeben.

5. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) ist nicht schlüssig dargelegt, da nicht nachvollziehbar ist, inwieweit --wie die Beschwerde behauptet-- das FG-Urteil von dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 7. Dezember 2004 AnwZ (B) 40/04 (Neue Juristische Wochenschrift 2005, 1271) abweicht, denn in jenem Fall war das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts bereits aufgehoben worden und dieser befand sich in der sog. Wohlverhaltensphase zur Erlangung der Restschuldbefreiung. Diese Voraussetzungen liegen indes nach den Feststellungen des FG im Streitfall nicht vor.



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