Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 11.08.1998
Aktenzeichen: VII B 3/98
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 129
FGO § 142 Abs. 1
ZPO § 114
ZPO § 117 Abs. 2 u. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Das beklagte Hauptzollamt (HZA) nahm den Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) mit inzwischen rechtskräftigem Steueränderungsbescheid wegen Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von ... DM in Anspruch. Der Antragsteller zahlte diesen Betrag vollständig. Mit Bescheid vom ... forderte das HZA beim Antragsteller den entstandenen Säumniszuschlag von ... DM und die Vollstreckungskosten von ... DM an. Der Antragsteller beantragte, ihm diese Beträge aus Billigkeitsgründen zu erlassen. Er führte finanzielle Schwierigkeiten an. Der Antrag hatte auch im Einspruchsverfahren keinen Erfolg. Mit seiner Klage begehrt der Antragsteller die Aufhebung der seinen Antrag auf Erlaß von Säumniszuschlägen aus Billigkeitsgründen ablehnenden Verwaltungsentscheidungen.

Zur Durchführung des Klageverfahrens hat der Antragsteller die Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) beantragt. Das Finanzgericht (FG) forderte den Kläger auf, den ihm übersandten, vorgeschriebenen Vordruck über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausgefüllt zurückzusenden. Vorgelegt hat der Kläger statt dessen einen ausgefüllten Vordruck des HZA betreffend "Angaben des Antragstellers auf Erlaß aus Billigkeitsgründen über seine wirtschaftlichen Verhältnisse".

Das FG hat den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt, weil der Rechtsstreit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Nach den vorliegenden Akten und Angaben des Antragstellers könne das Gericht nicht die Feststellung treffen, daß die Erhebung der Säumniszuschläge zu erheblichen wirtschaftlichen oder sozialen Schwierigkeiten beim Antragsteller führen würde.

Außerdem reichten seine Angaben nicht dazu aus, zu begründen, daß er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen könne.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren auf Bewilligung von PKH weiter und hat, nunmehr anwaltlich vertreten, seine Angaben zur Begründung des Billigkeitsantrages im einzelnen substantiiert und die vorgeschriebene Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt.

II. Die innerhalb der Beschwerdefrist (§ 129 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) gegen den die Gewährung von PKH ablehnenden Beschluß des FG eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Gewährung von PKH setzt gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) voraus, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und der Beteiligte nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse muß der Antragsteller eine Erklärung auf dem vorgeschriebenen amtlichen Vordruck abgeben (§ 117 Abs. 2 und 4 ZPO).

2. Das FG hat seine Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH zwar nicht vorrangig darauf gestützt, daß der Antragsteller die erforderliche Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht auf dem vorgeschriebenen Vordruck abgegeben hat, sondern seine Entscheidung im wesentlichen mit der fehlenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung begründet. Das ändert jedoch nichts daran, daß die Nichtabgabe der erforderlichen Erklärung auf dem vorgeschriebenen Vordruck im Beschwerdeverfahren zu Lasten des Antragstellers zu berücksichtigen ist. Der durch die Prozeßkostenhilfevordruckverordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl I 1994, 3001) vorgeschriebene Vordruck ist gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 4 ZPO zwingend für die Abgabe der Erklärung zu verwenden. Durch ihn werden Inhalt und Umfang der dem Antragsteller obliegenden Mitwirkungs- und Erklärungspflicht konkretisiert. Die Verwendung des Vordrucks soll es dem Gericht ermöglichen, sich eine ausreichende Gewißheit über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu verschaffen. Auf die Verwendung dieses Vordrucks kann daher nicht verzichtet werden; er kann auch nicht durch einen anderen Vordruck ersetzt werden. Die Nichtverwendung des Vordrucks ist wegen seines zwingenden Charakters in jedem Stadium des Verfahrens beachtlich.

3. Die erst im Beschwerdeverfahren vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers vom 5. Februar 1998, die nunmehr auf dem vorgeschriebenen Vordruck abgegeben wurde, kann in diesem Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden.

Zwar ist der Bundesfinanzhof (BFH) im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der PKH durch das FG nicht darauf beschränkt, auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vorbringens zu entscheiden; grundsätzlich ist auch neues Vorbringen zu berücksichtigen. Das gilt jedoch nicht, soweit im Beschwerdeverfahren erstmals die erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt wird; denn die Bewilligung von PKH wirkt grundsätzlich nur für die Zukunft (BFH-Beschluß vom 23. November 1993 VII B 175/93, BFH/NV 1994, 734). Eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung wird ausnahmsweise dann zugelassen, wenn der Antragsteller einen formgerechten Antrag auf Bewilligung von PKH gestellt hat. Im Streitfall hat der Antragsteller die zwingend erforderliche Erklärung erst im Beschwerdeverfahren --also nach der Entscheidung des FG-- vorgelegt. Die PKH könnte somit frühestens ab diesem Zeitpunkt bewilligt werden. Dieser Zeitpunkt war aber nicht Gegenstand des angefochtenen finanzgerichtlichen Beschlusses und kann somit auch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sein (BFH-Beschluß vom 5. März 1997 X B 216/96, BFH/NV 1997, 436).

Es bleibt dem Antragsteller jedoch unbenommen, unter Vorlage der erforderlichen Erklärung und unter Darlegung neuer Tatsachen hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Rechtsstreits beim FG erneut PKH für das Klageverfahren zu beantragen.

Ende der Entscheidung

Zurück