Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.01.2006
Aktenzeichen: VII B 308/04
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat im Juli 1998 Schmelzkäse zur Ausfuhr nach Russland angemeldet und die Vorfinanzierung der Ausfuhrerstattung für diese Ware beantragt. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) hat die Ausfuhrerstattung festgesetzt und die hierfür gewährte Sicherheit freigegeben. Spätere Ermittlungen ergaben, dass die bei der Herstellung des Schmelzkäses verwendete Butter, die der Klägerin von einer anderen Firma zugeliefert worden war, aus Drittländern stammte und von dort eingeschmuggelt worden war. Deshalb hat das HZA den auf diese Butter entfallenden Teil der festgesetzten Ausfuhrerstattung, nämlich rd. 5 000 DM von insgesamt rd. 19 000 DM, zurückgefordert, auf den Rückforderungsbetrag einen Zuschlag von 15 % erhoben und ferner für den Rückforderungsbetrag einschließlich vorgenannten Zuschlages eine Sanktion festgesetzt. Die dagegen erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Finanzgerichts (FG) richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht wird.

Die Klägerin möchte erstens die Frage geklärt wissen, ob ein gutgläubiger Ausführer sich gegenüber der Rückforderung einer rechtswidrig gewährten Ausfuhrerstattung auf Vertrauensschutz berufen kann, wenn sich nach Freigabe der Vorschusssicherheit herausstellt, dass die vom Ausführer abgegebene Ursprungserklärung objektiv falsch ist. Sie meint dazu, hinsichtlich der Nachprüfung der Ursprungserklärung des Ausführers bestehe nach Art. 49 Abs. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (VO Nr. 3665/87) der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 351/1) eine dreimonatige Entscheidungsfrist; mache die Erstattungsstelle innerhalb dieser Frist von ihrer Befugnis zur Nachprüfung der Ursprungserklärung keinen Gebrauch, trage sie die Verantwortung dafür, dass sich die Angaben zum Ursprung nachträglich als falsch herausstellen. Ein Vorbehalt der Nachprüfung nach endgültiger Gewährung der Erstattung bestehe insofern nicht und hätte nach deutschem Verwaltungsrecht erfordert, dass dem Freigabebescheid eine entsprechende Nebenbestimmung beigefügt wird, was jedoch nicht geschehen sei und nach europäischem Recht auch unzulässig gewesen wäre.

Ferner trägt die Klägerin in diesem Zusammenhang vor, das HZA trage die Beweislast für die Voraussetzungen einer Rückforderung der gewährten Ausfuhrerstattung; eine Beweislastumkehr setze Bösgläubigkeit des Ausführers voraus, die nicht gegeben sei. Im Übrigen greife zugunsten der Klägerin die Fiktion des Art. 71 Abs. 2 des Zollkodex ein.

Als zweites möchte die Klägerin geklärt wissen, ob die in der Ausfuhranmeldung abgegebene Erklärung des Gemeinschaftsursprungs des Erstattungserzeugnisses zu den sanktionsbewehrten Angaben gemäß Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 gehört. Diese Frage sehe das FG inzwischen selbst als zweifelhaft an und habe sie mit Beschluss vom 5. Januar 2005 IV 4/05 (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2005, 126) dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt (Aktenzeichen des EuGH: C-27/05). Die Frage sei zweifelhaft, weil die durch vorgenannte Vorschrift begründete Garantiehaftung des Ausführers diesem nur zugemutet werden könne, wenn es um die objektive Beschaffenheit der Ware gehe; die Ermittlung des Ursprungs einer Ware setze jedoch immer auch eine rechtliche Wertung voraus.

Die Klägerin hält drittens die Rechtssache für grundsätzlich bedeutsam im Hinblick auf die Frage, ob Art. 17 Abs. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 (VO Nr. 804/68) des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 3290/94 (ABlEG Nr. 349/105) voraussetze, dass alle Einfuhrzölle für die gegen Erstattung ausgeführten Erzeugnisse zeitlich vor Erfüllung der erstattungsrechtlichen Ausfuhrformalitäten entrichtet worden sind. Die Klägerin wendet sich in diesem Zusammenhang gegen die Auffassung des FG, die --nachträgliche-- Entrichtung der Eingangsabgaben für die Butter hätte dieser auch erst nachträglich den Status einer Gemeinschaftsware gegeben, und es komme darauf an, ob die für die Herstellung der Ausfuhrware verwendeten Erzeugnisse im Zeitpunkt der Abgabe der Ausfuhranmeldung Gemeinschaftsursprung hatten.

Die Klägerin hält schließlich die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob der infolge unzutreffender Angaben des Ausführers zu kürzende Betrag auch von einem Erstattungsbetrag in Abzug zu bringen ist, der zwar Gegenstand der von der Kürzung betroffenen Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke ist, aber nicht auf unzutreffenden Angaben beruht. Sie trägt dazu vor, der Sanktionsbetrag könne nur auf den Teil der Erstattung Anwendung finden, der sich auf die für Butter mit Drittlandsursprung gewährte Erstattung beziehe, nicht aber auf diejenigen Erstattungsbeträge, die zu Recht für die Ausfuhr von Butter mit Gemeinschaftsursprung gewährt worden sind, welche für einen Teil der Ausfuhrware tatsächlich eingesetzt worden ist. Die Ansicht des FG, dass der Sanktionsbetrag vom HZA nicht auf einen Negativbetrag i.S. des Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 4 VO Nr. 3665/87 erhoben worden sei, treffe nicht zu.

II. Die zulässige Beschwerde (§ 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) bleibt ohne Erfolg. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

1. Die von der Beschwerde zunächst aufgeworfenen Fragen betreffend den Vertrauensschutz und die Beweislast für den Gemeinschaftsursprung der für die Herstellung der Ausfuhrware verwendeten Erzeugnisse bedürfen nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren; denn sie lassen sich, soweit sie sich anders als die Beweislastfrage überhaupt stellen, anhand des Gemeinschaftsrechts ohne weiteres --und zwar so, wie dies das FG sinngemäß getan hat-- beantworten. Die dazu von der Beschwerde vorgetragenen Überlegungen sind nicht überzeugend. Der Senat sieht gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO davon ab, dies in den Einzelheiten auszuführen, zumal die Klägerin ihre in diesem Zusammenhang aufgestellten Rechtsbehauptungen nicht in nachvollziehbarer Weise begründet hat. Insbesondere ist Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 3665/87, anders als die Beschwerde meint, kein ernst zu nehmender Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, die Ursprungsvoraussetzungen müssten vom HZA grundsätzlich vor Gewährung der Ausfuhrerstattung abschließend geprüft werden, die spätere Feststellung der Unrichtigkeit der dazu vom Ausführer abgegebenen Erklärung rechtfertige die Rückforderung der Erstattung nur im Falle des Subventionsbetrugs.

2. Die Frage, ob eine Sanktion zu erheben ist, wenn ein Ausführer eine Ausfuhranmeldung für Waren abgegeben hat, für die mangels Gemeinschaftsursprungs keine Ausfuhrerstattung gewährt werden kann, ist inzwischen durch das Urteil des EuGH vom 1. Dezember 2005 Rs. C-309/04 geklärt; das Urteil des FG entspricht der in diesem Urteil des EuGH dargelegten Rechtserkenntnis. Unbeschadet des Vorabentscheidungsersuchens des FG, auf das die Beschwerde hingewiesen hat, bedarf es daher keiner Zulassung der Revision, um die in diesem Zusammenhang von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage zu klären.

Nach dem vorgenannten Urteil des EuGH gibt ein Ausführer mit der Abgabe der Anmeldung eines Erzeugnisses im Rahmen des Ausfuhrerstattungsverfahrens zu verstehen, dass dieses Erzeugnis alle für die Erstattung geltenden Voraussetzungen erfüllt. Auch wenn er nicht verpflichtet sei, ausdrücklich zu erklären, dass eine gesunde und handelsübliche Qualität vorliegt, bedeute sein Erstattungsantrag selbst dann, wenn der Ausführer keine solche Erklärung abgebe, stets die stillschweigende Versicherung, dass diese Voraussetzung gegeben ist (vgl. Rdnr. 32).

Der beschließende Senat hält es für klar und eindeutig, dass dies in gleicher Weise für andere objektive Erstattungsvoraussetzungen wie den im Streitfall fehlenden Gemeinschaftsursprung der für die Herstellung der Erstattungsware verwendeten Erzeugnisse gelten muss. Dass die Beurteilung des Gemeinschaftsursprungs derselben mitunter rechtliche Erwägungen erfordert, über die man unterschiedlicher Meinung sein kann, vermag daran schwerlich etwas zu ändern, zumal dies für zahlreiche Erstattungsvoraussetzungen, insbesondere z.B. auch für die der gesunden und handelsüblichen Qualität der Ausfuhrware gilt.

3. Ebenso wenig ist in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig, dass Ausfuhrerstattung nicht für eine Ware bzw. die zu ihrer Herstellung verwendeten Erzeugnisse gewährt werden kann, die in die Gemeinschaft eingeschmuggelt worden sind, selbst wenn die betreffenden Einfuhrabgaben nach Aufdeckung des Schmuggels entrichtet worden sein mögen (was das FG im Hinblick auf die aus Drittländern stammende Butter nicht festgestellt hat, aber auch nicht festzustellen brauchte). Dass anderes schwerlich dem Sinn und Zweck des Systems der Ausfuhrerstattungen entsprechen würde, liegt auf der Hand und bedarf keiner Ausführung. Es entspräche offensichtlich auch nicht dem schlichten Wortlaut des Art. 17 Abs. 11 VO Nr. 804/68, der Ausfuhrerstattung nur für Erzeugnisse zulässt, für welche alle Einfuhrzölle "bei der Einfuhr" erhoben worden sind, und dem in Art. 3 Abs. 4 VO Nr. 3665/87 zum Ausdruck gekommenen Grundsatz des gemeinschaftlichen Gesetzgebers, für die Ausfuhrerstattung auf den Tag der Annahme der Ausfuhranmeldung abzustellen.

4. Die Frage, ob eine Sanktion auch auf die Erhöhung des von den Beteiligten bei zu Unrecht in Anspruch genommener Vorfinanzierung der Ausfuhrerstattung zurückzuzahlenden Differenzbetrages zu erheben ist, wenn in dem für die Ausfuhrware gewährten Vorfinanzierungsbetrag ein Teilbetrag enthalten ist, der zur Gänze zu Unrecht mit angesetzt worden ist (weil die Ausfuhrware tatsächlich die insoweit angesetzte Menge erstattungsfähiger Erzeugnisse nicht enthielt), ist durch das Urteil des Senats vom 26. Februar 2004 VII R 32/03 (BFHE 204, 527, ZfZ 2004, 234) sinngemäß geklärt. Der beschließende Senat hat in diesem Urteil darauf abgestellt, dass nach Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 die "für die betreffende Ausfuhr" geschuldete Erstattung der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung, vermindert um einen bestimmten Betrag, entspreche, die Sanktion also in einer Verminderung des Erstattungsanspruches für die betreffende Ausfuhr bestehe. Nur wenn der dem Ausführer tatsächlich zustehende Erstattungsbetrag durch die Anwendung der Sanktionsregelung ins Minus gerate, der Ausführer also nicht nur das ihm Gewährte zurückzuzahlen, sondern gemäß Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 4 VO Nr. 3665/87 zusätzlich etwas an die Behörde zahlen müsse, könne fraglich sein, ob auf den in einem solchen Zahlbetrag enthaltenen Zuschlag für eine zu Unrecht in Anspruch genommene Vorfinanzierung der Ausfuhrerstattung bzw. einen diesbezüglichen Zuschuss eine Sanktion zu berechnen sei, die nämlich einen Vermögensvorteil abschöpfen würde, den der Ausführer gar nicht erhalten hat (denn er muss den entsprechenden Zuschlag an die Behörde zahlen, ohne ihn zuvor von dieser erhalten zu haben).

Aus diesen Ausführungen ergibt sich klar und eindeutig, dass Bezugspunkt der bei der Sanktionsberechnung anzustellenden Betrachtung nicht einzelne Rechnungspositionen der für die Ausfuhrware zu gewährenden Erstattung, sondern die für die Ausfuhrsendung als solche gewährte Erstattung ist. Das gilt sowohl in dem Fall, dass sich die Ausfuhrerstattung für die Ware aus der für die einzelnen Erzeugnisse, aus denen sie hergestellt ist, festgesetzten Erstattung zusammensetzt und eines dieser Erzeugnisse als solches entweder tatsächlich nicht verwendet worden oder nicht erstattungsfähig ist, als auch für den hier gegebenen Fall, dass Teilmengen eines für die Herstellung verwendeten Erzeugnisses nicht erstattungsfähig sind.

Ende der Entscheidung

Zurück