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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 10.04.2003
Aktenzeichen: VII B 310/02
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) setzte gegen die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) mit Bescheid vom 7. März 1995 ... DM Einfuhrabgaben fest und forderte diese auf, den Abgabenbetrag bis zum 31. März 1995 zu entrichten. Auf den Einspruch der Klägerin setzte das HZA die Einfuhrabgaben mit Steueränderungsbescheid vom 12. September 1997 auf ... DM herab und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom selben Tage zurück. Dabei nahm das HZA auf die Zahlungsaufforderung in dem Steuerbescheid vom 7. März 1995 Bezug.

Nachdem das Finanzgericht (FG) die daraufhin von der Klägerin erhobene Klage abgewiesen hatte, forderte das HZA sie unter dem 18. Dezember 2000 auf, die mit dem Steueränderungsbescheid vom 12. September 1997 festgesetzten Einfuhrabgaben bis zum 2. Januar 2001 zu entrichten. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Das HZA teilte ihr mit Schreiben vom 26. Januar 2001 mit, die Zahlungsaufforderung vom 18. Dezember 2000 sei als Erinnerung anzusehen, gegen die kein Rechtsbehelf gegeben sei.

Das FG wies die alsdann von der Klägerin erhobene Klage ab. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, die auf die Verpflichtung des HZA zum Erlass einer Einspruchsentscheidung gerichtete Klage sei unzulässig. Eine derartige Untätigkeitsklage sehe die Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vor. Selbst wenn man den Klageantrag als Begehren auf Aufhebung der Zahlungsaufforderung vom 18. Dezember 2000 auslegen würde, könne die Klage keinen Erfolg haben. Denn bei dem Schreiben vom 18. Dezember 2000 handele es sich lediglich um eine wiederholende Verfügung, mit der auf den Steuerbescheid vom 7. März 1995 Bezug genommen worden sei, ohne eine erneute Entscheidung zu treffen. Im Übrigen handele es sich bei dem Schreiben des HZA vom 26. Januar 2001 gleichfalls nicht um einen anfechtbaren Verwaltungsakt.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin. Sie macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Es sei die Rechtsfrage zu klären, ob die Zulässigkeit einer Klage nach einzelstaatlichem Recht von dem Vorliegen eines Verwaltungsaktes abhängig gemacht werden dürfe, obgleich nach Gemeinschaftsrecht gegen jede Entscheidung einer Behörde oder eines Gemeinschaftsorgans Klage erhoben werden könne, und die Revision nur stattfinde, wenn sie zugelassen werde. Darüber hinaus sei die Revision zuzulassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordere. Die Auffassung des FG, ihr Klageantrag könne nicht als Begehren auf Aufhebung eines Verwaltungsaktes und Erlass eines abgelehnten Verwaltungsaktes ausgelegt werden, widerspreche dem Senatsurteil vom 28. Oktober 1975 VII R 116/73 (BFHE 117, 210, BStBl II 1976, 116) wonach eine Revision zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Verpflichtung zum Erlass einer Einspruchsentscheidung führen könne. Schließlich liege ein Verfahrensmangel vor, weil das FG die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen habe. Da Gegenstand ihres Klagebegehrens nicht nur die Zahlungsaufforderung, sondern auch die Vollstreckungsankündigung und die Einrede der Verjährung gewesen seien, hätte ein Sachurteil ergehen müssen.

Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil in der Beschwerdeschrift ein Grund, der zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO führen könnte, nicht schlüssig dargelegt ist, wie dies § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert.

1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt in Betracht, wenn der Beschwerdeführer substantiierte und konkrete Angaben darüber macht, dass im Revisionsverfahren über eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage zu entscheiden wäre und dass diese Entscheidung im Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Anwendung und Fortbildung des Rechts wesentlich ist (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Februar 1998 VII B 253/97, BFH/NV 1998, 990). Zur Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage bedarf es der Darlegung, dass es im Revisionsverfahren tatsächlich zur Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage kommen kann (BFH-Beschluss vom 13. März 1998 VIII B 57/97, BFH/NV 1998, 993). Da es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts ist, Rechtsfragen abstrakt zu klären, muss die als klärungsbedürftig bezeichnete Rechtsfrage für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich sein. Daran fehlt es, wenn das FG seine Entscheidung auch auf einen anderen als den vom Beschwerdeführer für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsgrund gestützt hat, der die Entscheidung ebenfalls trägt, jedoch nur zu der nicht allein entscheidungserheblichen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung geltend gemacht wird, während zu der rechtserheblichen Begründung des FG ein Zulassungsgrund für die Revision nicht dargetan ist (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Oktober 1994 I B 76/94, BFH/NV 1996, 42; Senatsbeschluss vom 24. August 1998 VII B 136/98, BFH/NV 1999, 331).

So liegt der Streitfall. Das FG hat seine Entscheidung in erster Linie auf die Erwägung gestützt, eine auf die Verpflichtung der Finanzbehörde zum Erlass einer Einspruchsentscheidung gerichtete Klage sei unzulässig, weil die FGO eine derartige Untätigkeitsklage nicht vorsehe. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage könnte allenfalls für die weitere selbständige Begründung des FG von Bedeutung sein, wonach auch eine Klage mit dem Ziel der Aufhebung der Zahlungsaufforderung vom 18. Dezember 2000 unzulässig sei, weil es sich hierbei nicht um einen anfechtbaren Verwaltungsakt handele.

2. Die Klägerin hat auch den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) nicht schlüssig dargelegt. Um eine Divergenz schlüssig darzulegen, muss die Beschwerdebegründung einen abstrakten Rechtssatz wiedergeben, der in einer zu zitierenden Entscheidung des BFH enthalten ist. Ihm muss ein anderer abstrakter Rechtssatz gegenübergestellt werden, der sich aus der Vorentscheidung ergibt und der von dem erstgenannten abweicht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. Dezember 2000 V B 15/00, BFH/NV 2001, 819; vom 25. April 2002 II B 24/01, BFH/NV 2002, 1311).

Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die von der Klägerin gegenübergestellten "Rechtssätze" widersprechen sich nicht. Die ohnehin nur im Einzelfall zu entscheidende Frage, ob ein Klageantrag dahin gehend ausgelegt werden kann, dass die Aufhebung eines Verwaltungsaktes und der Erlass eines abgelehnten Verwaltungsaktes erstrebt wird, hat unmittelbar nichts mit der dem Senatsurteil in BFHE 117, 210, BStBl II 1976, 116 entnommenen Aussage zu tun, wonach eine Revision zur Aufhebung einer Vorentscheidung und zur Verpflichtung zum Erlass einer Einspruchsentscheidung führen kann.

3. Die Klägerin hat schließlich einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht schlüssig dargelegt. Unabhängig davon, ob es sich um einen Verfahrensmangel handeln kann, wenn das FG zu Unrecht ein Prozess- statt ein Sachurteil erlassen hat, erfordert die schlüssige Darlegung eines Verfahrensmangels die substantiierte Bezeichnung des Fehlers und die Darlegung, dass das Urteil auf ihm beruhen kann (vgl. BFH-Beschluss vom 14. April 1999 IX B 163/98, BFH/NV 1999, 1353).

Die Klägerin macht geltend, Gegenstand ihres Klagebegehrens sei die Anfechtung der Zahlungsaufforderung vom 18. Dezember 2000 gewesen und insoweit sei die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen worden. Das FG hat die Klage jedoch in erster Linie abgewiesen, weil eine auf die Verpflichtung zum Erlass einer Einspruchsentscheidung gerichtete Klage unzulässig sei. Diese Erwägung des FG, die den von der Klägerin ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 4. September 2002 ausdrücklich gestellten Klageantrag betrifft, trägt die Vorentscheidung, unabhängig von der von der Vorinstanz verneinten Frage, ob in der Zahlungsaufforderung vom 18. Dezember 2000 ein anfechtbarer Verwaltungsakt gesehen werden kann.

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