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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.10.2007
Aktenzeichen: VII B 332/06
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 34
AO § 69
AO § 71
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war einer der Gründungsgesellschafter und Mitgeschäftsführer einer GmbH (GmbH 1). Diese hatte ab 1. Dezember 1994 die Räumlichkeiten eines von ihr gepachteten Restaurants an eine andere GmbH (GmbH 2) unterverpachtet. Ab 1. Oktober 1995 übernahm die GmbH 1 als Nachfolgerin der insolventen GmbH 2 diesen Restaurantbetrieb. Mit Haftungsbescheiden vom 2. Dezember 1998, vom 7. November 2001 und vom 3. Dezember 2001 nahm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Kläger für rückständige Umsatzsteuer zuzüglich Nebenleistungen und rückständige Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag der GmbH 1 in Haftung. Die Haftungsinanspruchnahme stützte das FA auf die Stellung des Klägers als im Handelsregister eingetragenen Mitgeschäftsführer in den Haftungszeiträumen (§ 69 i.V.m. § 34 der Abgabenordnung --AO--), den Bescheid vom 3. Dezember 2001 noch zusätzlich auf die Haftung wegen Steuerhinterziehung gemäß § 71 AO.

In den Einspruchsentscheidungen setzte das FA die Haftungssummen der Haftungsbescheide vom 2. Dezember 1998 und 3. Dezember 2001 herab. Der Einspruch gegen den Bescheid vom 7. November 2001 wurde in vollem Umfang zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Das FG urteilte, dass der Kläger den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 69 i.V.m. § 34 AO mehrfach dadurch verwirklicht habe, dass er als Geschäftsführer der GmbH 1 nicht dafür gesorgt habe, dass die GmbH 1 in den Haftungszeiträumen Umsatzsteuer-Voranmeldungen sowie die Umsatzsteuerjahreserklärungen fristgerecht und inhaltlich zutreffend abgegeben habe. Der Inanspruchnahme stehe nicht entgegen, dass der Kläger die Erfüllung der steuerlichen Pflichten auf ihm untergeordnete Mitarbeiter übertragen habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) treffe den Geschäftsführer eine Überwachungspflicht. Dass der Kläger im Strafverfahren vom Vorwurf der Begehung einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung rechtskräftig freigesprochen worden sei, wirke sich auf seine Verantwortlichkeit nach § 69 AO nicht aus, da hierfür kein vorsätzliches Handeln erforderlich sei, sondern grob fahrlässiges Verhalten genüge. Der Kläger habe auch Kenntnisse vom Ablauf des kaufmännischen Tagesgeschäfts in der einzigen Betriebsstätte der GmbH 1, dem zunächst an die GmbH 2 verpachteten Restaurantbetrieb, gehabt. Ihm sei bewusst gewesen, dass in dem Restaurant in nicht unerheblichem Umfang Arbeitnehmer tätig gewesen seien, für die keine Lohnsteuer abgeführt worden sei.

Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die er auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und auf die Verletzung rechtlichen Gehörs stützt.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, denn ihre Begründung entspricht nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Die von der Beschwerde sinngemäß bezeichnete Frage, ob ein Geschäftsführer grob fahrlässig handelt, wenn er die steuerlichen Pflichten einem hochqualifizierten weiteren Geschäftsführer überlässt und "ihm zur Kenntnis gebrachte Zahlen lediglich zusätzlich auf Plausibilität hin überprüft", ist ebenso wie die weitere Frage, ob das FG an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Strafgerichts gebunden sei, durch die Rechtsprechung des beschließenden Senats hinreichend geklärt. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, kann sich der Geschäftsführer einer GmbH in der Krise wegen Nichtentrichtung von Steuern nicht damit exkulpieren, dass er die Wahrnehmung steuerlicher Pflichten einer fachkundigen Person übertragen hat (Senatsbeschluss vom 20. April 2006 VII B 280/05, BFH/NV 2006, 1441, m.w.N.). Außerdem ist entschieden, dass die FG an die tatsächlichen Feststellungen und an die Rechtsauffassung im Urteil eines Strafgerichts grundsätzlich nicht gebunden sind (BFH-Urteile vom 12. Februar 1963 VII 144/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1964, 23, und vom 10. Oktober 1972 VII R 117/69, BFHE 107, 168, BStBl II 1973, 68; vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 70 AO Rz 12). Das FG ist nicht gehindert, die Beweise anders zu würdigen und die Rechtslage anders zu beurteilen als die Strafinstanz.

Da somit die von der Beschwerde bezeichneten Rechtsfragen als durch die Rechtsprechung des Senats geklärt anzusehen sind, hätte die Beschwerde zur Begründung einer gleichwohl vorliegenden grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache eingehend erörtern müssen, warum sie eine erneute Entscheidung des BFH zu den betreffenden Fragen im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung für erforderlich hält, und hätte hierfür substantiiert darlegen müssen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die bereits höchstrichterlich beantworteten Fragen umstritten sind, insbesondere welche neuen gewichtigen, vom BFH bislang nicht geprüften Einwände, in der Literatur und/oder in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Auffassung erhoben werden (vgl. BFH-Beschluss vom 3. April 2000 VIII B 99/99, BFH/NV 2000, 985, m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Es fehlt bereits an der Auseinandersetzung mit der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats.

2. Auch soweit die Beschwerde die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) begehrt, hat sie keinen Erfolg. Denn der Beschwerdeschrift lässt sich die erforderliche Darlegung der gerügten Verfahrensmängel nicht entnehmen.

a) Mit dem Vorbringen, das FG habe bei der Bewertung gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstoßen, wird kein Verfahrensmangel, sondern ein Verstoß gegen materielles Recht bezeichnet (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Juni 1998 XI B 88/97, BFH/NV 1999, 57). Mit der Verfahrensbeschwerde können nur Fehler gerügt werden, die das FG bei der Handhabung seines Verfahrens begeht und die zur Folge haben, dass es an einer ordnungsgemäßen Grundlage für die Entscheidung im Urteil fehlt (BFH-Beschlüsse vom 27. Februar 1986 IV B 6/85, BFHE 146, 204, BStBl II 1986, 492, und vom 10. November 1987 V B 19/85, BFH/NV 1988, 448).

b) Auch soweit der Kläger rügt, dass ihm hinsichtlich der Einbeziehung der "Haftungsübernahme und Freihalteerklärung" in das Verfahren nicht in ausreichender Weise rechtliches Gehör gewährt worden sei, sind Gründe, die diesen Verfahrensmangel ergeben, nicht schlüssig dargelegt. Eine auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützte schlüssige Verfahrensrüge erfordert Darlegungen dazu, welcher Sachvortrag durch das angeblich verfahrensfehlerhafte Verhalten des FG abgeschnitten wurde, was der Beteiligte bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwieweit bei Berücksichtigung des versagten Vorbringens das angefochtene Urteil hätte anders ausfallen können (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juni 2001 VII B 45/01, BFH/NV 2001, 1580; BFH-Beschlüsse vom 16. Dezember 2002 IX B 104/02, BFH/NV 2003, 499, und vom 1. Juli 2003 III B 94/02, BFH/NV 2003, 1591). An solchen Darlegungen fehlt es im Streitfall.

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