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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.03.2000
Aktenzeichen: VII B 39/99
Rechtsgebiete: BranntwMonG, AO 1977


Vorschriften:

BranntwMonG § 144 Abs. 1 Satz 1
BranntwMonG § 141 Abs. 1 Nr. 1
BranntwMonG § 141 Abs. 2
BranntwMonG § 141 Abs. 3
BranntwMonG § 143 Abs. 1 Satz 1
BranntwMonG § 143 Abs. 1 Satz 3
BranntwMonG § 143 Abs. 4 Satz 2
BranntwMonG § 144 Abs. 3
BranntwMonG § 144 Abs. 4 Satz 1
BranntwMonG § 143 Abs. 4 Satz 3
AO 1977 § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
AO 1977 § 170 Abs. 1
AO 1977 § 169 Abs. 2 Satz 2
AO 1977 § 378 Abs. 1 Satz 1
AO 1977 § 370 Abs. 1 Nr. 2
AO 1977 § 370 Abs. 4 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Mit Steuerbescheid vom 9. Oktober 1996 setzte der Beklagte (das Hauptzollamt --HZA--) gegen den Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger), einen in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) lebenden griechischen Staatsbürger, wegen des Bezugs von Ouzo (40 v.H. Vol. Alkohol) in zwei Fällen von einer in Griechenland ansässigen Firma Branntweinsteuer in Höhe von insgesamt ... DM fest. Der erste Bezug (50 Kartons mit jeweils 12 Flaschen á 0,7 Liter und 300 Kartons mit jeweils 48 Flaschen á 0,05 Liter; Branntweinsteuer ... DM) erfolgte am 18. Mai 1994 und der zweite Bezug am 18. August 1994 (200 Kartons mit jeweils 12 Flaschen á 0,7 Liter; Branntweinsteuer ... DM). In beiden Fällen wurde der Ouzo mit einem von der griechischen Firma auf den Kläger als Empfänger ausgestellten begleitenden Verwaltungsdokument nach der Verordnung (EWG) Nr. 2719/92 (VO Nr. 2719/92) der Kommission vom 11. September 1992 zum begleitenden Verwaltungsdokument bei der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 276/1) befördert, obwohl dem Kläger weder eine Erlaubnis zum Betrieb eines Branntweinlagers noch eine Zulassung als berechtigter Empfänger im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren erteilt war. Der Kläger führte den zum Weiterverkauf bestimmten Branntwein in beiden Fällen unter Vorlage des begleitenden Verwaltungsdokuments einer Zollstelle (Zollamt --ZA-- D) des HZA vor. Dort wurden die Dokumente von dem damaligen Abfertigungsbeamten K auf der Rückseite in Feld C mit einem Stempelabdruck des HZA und der Unterschrift versehen. K, so stellte sich später bei seiner Vernehmung durch die Zollfahndung heraus, war nicht bekannt, was diese Dokumente aussagten; er wusste auch nicht, dass für verbrauchsteuerpflichtige Waren aus anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in der Bundesrepublik Verbrauchsteuer zu erheben sei. Er ging vielmehr davon aus, dass die griechischen Behörden eine Empfangsbescheinigung hätten erhalten wollen, um zu erfahren, ob die Waren in der Bundesrepublik angekommen seien. Über Branntweinsteuer habe er folglich mit dem Kläger auch nicht gesprochen.

Nach erfolglosem Einspruch gegen den Steuerbescheid (Einspruchsentscheidung vom 13. August 1997) erhob der Kläger Klage beim Finanzgericht (FG). Die parallel hierzu beim Landgericht (LG) erhobene Klage, mit der der Kläger einen Amtshaftungsanspruch gegen die Bundesrepublik in Höhe von ... DM, dem festgesetzten Steuerbetrag, geltend macht, hat das LG bis zum rechtskräftigen Abschluss des finanzgerichtlichen Klageverfahrens ausgesetzt.

Den beim FG gestellten Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das anhängige Klageverfahren gegen den Steuerbescheid hat das FG mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt. Das FG kam aufgrund summarischer Prüfung zu dem Ergebnis, dass die festgesetzte Branntweinsteuer nach § 144 Abs. 1 Satz 1 des Branntweinmonopolgesetzes (BranntwMonG) in der Person des Klägers als Steuerschuldner (Satz 2) entstanden sei, weil dieser den Ouzo aus dem freien Verkehr Griechenlands zu gewerblichen Zwecken bezogen habe, indem er ihn im ersten Fall im Steuergebiet in Empfang genommen (Satz 1 Nr. 1) und im zweiten Fall selbst aus Griechenland in das Steuergebiet verbracht habe (Satz 1 Nr. 2). Dabei ging das FG davon aus, dass das Verfahren der Beförderung des Branntweins unter Steueraussetzung im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren mit dem begleitenden Verwaltungsdokument nach der VO Nr. 2719/92 gemäß § 141 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG nicht wirksam durchgeführt werden konnte, weil der Kläger weder Inhaber eines Steuerlagers noch berechtigter Empfänger gemäß § 141 Abs. 2 und 3 BranntwMonG und daher zum Bezug von unter Steueraussetzung befördertem Branntwein nicht berechtigt gewesen sei. Mithin sei in der Beförderung des Branntweins mit dem begleitenden Verwaltungsdokument bereits in Griechenland eine unrechtmäßige Entnahme der Ware aus dem Verfahren der Steueraussetzung in den steuerrechtlich freien Verkehr nach Art. 6 Abs. 1 zweiter Unterabs. Buchst. a der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABlEG Nr. L 76/1) zu sehen. Daher stamme der Ouzo, wie in § 144 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG gefordert, aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaften. Selbst wenn man dieser Ableitung im Hinblick auf die Verwendung des begleitenden Verwaltungsdokuments nicht folge, wäre die Branntweinsteuer in gleicher Weise nach § 143 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BranntwMonG durch Entziehen aus dem Steueraussetzungsverfahren während der Beförderung im Steuergebiet in der Person des Klägers als Steuerschuldner (§ 143 Abs. 4 Satz 2 BranntwMonG) entstanden.

Der Besteuerung stehe im Gegensatz zur Auffassung des Klägers auch keine verbindliche Zusage durch das HZA entgegen. Auch Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten, weil im Streitfall nicht die reguläre Festsetzungsfrist für Verbrauchsteuern von einem Jahr (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 170 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO 1977--), sondern nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 eine Festsetzungsfrist von zumindest fünf Jahren zum Zuge komme, weil der Kläger hinsichtlich der Bezüge des Branntweins jedenfalls eine leichtfertige Steuerverkürzung i.S. von § 378 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 begangen habe. Objektiv sei der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 erfüllt, weil der Kläger den beabsichtigten Bezug des Branntweins dem HZA nicht vorher, wozu er verpflichtet gewesen wäre (§ 144 Abs. 3 BranntwMonG), schriftlich angezeigt und nach dem Bezug des Branntweins auch nicht unverzüglich eine Steueranmeldung abgegeben habe (§ 144 Abs. 4 Satz 1 bzw. § 143 Abs. 4 Satz 3 BranntwMonG). Durch diese Unterlassungen habe der Kläger das HZA pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977). Dadurch sei die Branntweinsteuer, weil sie nicht rechtzeitig habe festgesetzt werden können, auch verkürzt worden (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO 1977). Der Kläger habe bei alldem leichtfertig i.S. von § 378 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 gehandelt, weil er die Sorgfalt, die sich ihm nach den Umständen des Falles und seinen persönlichen Fähigkeiten hätte aufdrängen müssen, außer Acht gelassen habe. Als gewerbsmäßig mit dem Im- und Export von Branntwein befasster Gewerbetreibender hätte es sich ihm aufdrängen müssen, dass bei einem Bezug erheblicher Mengen hochprozentigen Alkohols aus einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft Branntweinsteuer zu zahlen gewesen sei. Unter den gegebenen Umständen hätte er eine verbindliche Auskunft des zuständigen HZA einholen müssen und sich nicht mit den mündlichen Auskünften des offensichtlich unzuständigen Finanzamts (FA) D und eines einfachen Abfertigungsbeamten beim ZA D begnügen dürfen.

Mit der vorliegenden Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung der PKH durch das FG verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hält seine Klage für hinreichend aussichtsreich. Im Gegensatz zur Auffassung des FG ist er insbesondere der Ansicht, die Steuerforderungen seien wegen Ablaufs der regulären Festsetzungsfrist verjährt. Er habe keineswegs leichtfertig gehandelt, wie das FG meine. Er habe sein Gewerbe des "Im- und Exports" u.a. von alkoholischen Getränken und Wein erst zum 1. März 1994 angemeldet, wie sich klar aus einem in den Akten befindlichen Vermerk der Steuerfahndungsbehörden ergebe. Die streitgegenständlichen Import-Geschäfte aus dem EU-Ausland seien mithin die ersten nach Aufnahme des Gewerbes gewesen. Er habe sich sowohl beim FA als auch beim ZA in D zuvor erkundigt, was zugegebenermaßen jetzt nicht mehr nachweisbar sei, welche steuer- und zollrechtlichen Formalitäten zu erledigen seien. Auch habe er sich nach dem Verbringen der Ware unverzüglich zum ZA D begeben und die Waren angemeldet. Dort sei er nicht über die Unzuständigkeit dieses ZA aufgeklärt und nicht darauf hingewiesen worden, dass die Geschäfte über das HZA in A abzuwickeln seien. Bei korrekter Behandlung durch das ZA D wäre zumindest die zweite und dritte Lieferung ordnungsgemäß angemeldet worden. Hätte er ein Steuervergehen beabsichtigt, hätte er die entsprechenden Lieferungen nicht jeweils beim ZA D vorgestellt.

Das HZA hat sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dem Kläger kann, wie von der Vorinstanz zutreffend entschieden, PKH nicht gewährt werden, weil es bei der auch im PKH-Beschwerdeverfahren gebotenen summarischen Prüfung an dem Bewilligungserfordernis der hinreichenden Erfolgsaussicht für das Klageverfahren fehlt (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung).

1. Zutreffend hat das FG den Steuerentstehungstatbestand, den der Kläger durch sein Verhalten im Zusammenhang mit dem Bezug des Ouzo aus Griechenland verwirklicht hat, sowie die Steuerschuldnerschaft des Klägers herausgearbeitet. Da der Kläger hiergegen im vorliegenden Beschwerdeverfahren auch keine Einwände mehr erhoben hat, verweist der Senat insoweit auf die eingehende Begründung des FG in dem angefochtenen Beschluss (zum Meinungsstand hinsichtlich der vom FG erörterten alternativen Möglichkeiten beim Steuerentstehungstatbestand vgl. Soyk, Die Steuerentstehung beim Entziehen verbrauchsteuerpflichtiger Waren aus dem Steueraussetzungsverfahren, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern --ZfZ-- 1998, 2).

Gleiches gilt hinsichtlich der Begründung, mit der das FG es dem Kläger verwehrt hat, sich gegenüber der Durchsetzung des Steueranspruchs auf das Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes zu berufen. Zutreffend hat das FG hierzu ausgeführt, dass eine verbindliche Auskunft oder Zusage des für die Branntweinbesteuerung zuständigen HZA über eine etwaige Nichtbesteuerung des streitgegenständlichen Ouzo nach Aktenlage nicht festgestellt werden kann. Nicht einmal der Zollbeamte K hat ausweislich seiner Vernehmung vor der Zollfahndung eine solche Auskunft gegeben, da er mit dem Kläger über Branntweinsteuer überhaupt nicht gesprochen habe. Dies erscheint auch glaubhaft, weil K mit den vorgelegten begleitenden Verwaltungsdokumenten nach der VO Nr. 2719/92 offensichtlich nichts anzufangen wusste. Er kannte diese Papiere nicht und wusste nicht einmal, dass für hochprozentigen Alkohol aus anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in der Bundesrepublik Branntweinsteuer zu erheben ist. Soweit der Kläger sich auf vor den beabsichtigten Bezügen eingeholte mündliche Auskünfte beim ZA D beruft, wonach für den Ouzo aus Griechenland lediglich Umsatzsteuer anfalle, muss er selbst einräumen, dass dies nicht mehr nachweisbar sei. Rechtliche Bedeutung im Hinblick auf eine Nichtbesteuerung hätten solche Auskünfte, die nicht vom abschließend Zeichnungsberechtigten, also regelmäßig dem zuständigen Sachgebietsleiter oder dem Vorsteher des HZA, stammten, ohnehin nicht gehabt, wie das FG unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. das BFH-Urteil vom 14. Juli 1992 IX R 116/88, BFH/NV 1993, 99, m.w.N.) zutreffend dargelegt hat.

Rechtlich einwandfrei hat das FG ferner ausgeführt, dass die vom Kläger erklärte Aufrechnung mit seinem geltend gemachten angeblichen Amtshaftungsanspruch für das Klageverfahren gegen den Steuerbescheid vor dem FG unerheblich ist. Der Senat nimmt auch insoweit Bezug auf die überzeugende Begründung des FG.

2. Weiterer Klärungsbedarf besteht allenfalls hinsichtlich der Frage einer möglichen Festsetzungsverjährung. Hier ist das FG davon ausgegangen, dass dem Kläger zumindest eine leichtfertige Steuerverkürzung i.S. von § 378 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 Satz 1 AO 1977 vorzuhalten ist, weil er das HZA entgegen seiner Verpflichtung aus § 144 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 BranntwMonG den beabsichtigten Bezug des Ouzo nicht vorher angezeigt und für die Steuer Sicherheit geleistet hat und entgegen seiner Verpflichtung aus § 144 Abs. 4 Satz 1 BranntwMonG für die Erzeugnisse, für die die Steuer entstanden ist, nicht unverzüglich eine Steueranmeldung abgegeben hat. Damit hat er das HZA nach Auffassung des FG pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch die Steuer verkürzt, weil diese infolge dieser Unterlassungen nicht rechtzeitig festgesetzt werden konnte. Hinsichtlich der Erfüllung des objektiven Tatbestandes einer Steuerhinterziehung hat der Kläger im vorliegenden Beschwerdeverfahren keine Einwendungen mehr geltend gemacht. Der Senat hat nach der Aktenlage auch keine Veranlassung, dies in Frage zu stellen.

Der Kläger bestreitet allerdings, die beiden ihm vorgehaltenen Steuerverkürzungen leichtfertig begangen zu haben. Nicht zu beanstanden ist der Maßstab, den das FG zur Beurteilung der Leichtfertigkeit i.S. des § 378 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 angelegt hat. Leichtfertigkeit bedeutet nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Juni 1997 VIII B 35/96, BFH/NV 1998, 8, m.w.N.) einen erheblichen Grad an Fahrlässigkeit, der etwa der groben Fahrlässigkeit des bürgerlichen Rechts entspricht, aber im Gegensatz hierzu auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters abstellt. Ein derartiges Verschulden liegt danach vor, wenn ein Steuerpflichtiger nach den Gegebenheiten des Einzelfalles und seinen individuellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wäre, den aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen sich im konkreten Fall ergebenden Sorgfaltspflichten zu genügen. Hierzu ist eine Gesamtwertung seines Verhaltens erforderlich. Ob ein Steuerpflichtiger leichtfertig gehandelt hat, ist zwar im Wesentlichen Tatfrage, unterliegt aber im summarischen PKH-Beschwerdeverfahren, in dem der BFH auch Tatsachengericht ist, der vollen Nachprüfung und Beurteilung durch den BFH.

Im Streitfall sprechen zwar einige Umstände zugunsten des Klägers. So hat der Kläger, indem er den Ouzo dem ZA D vorführte und dort die begleitenden Verwaltungsdokumente vorlegte und indem er sich an das FA D um Auskunft wandte, immerhin einige Bemühungen erkennen lassen, die von ihm verursachte Situation zu bereinigen. Er muss sich jedoch entgegenhalten lassen, dass diese Bemühungen sehr oberflächlich waren, weil sie zum einen bei einer unzuständigen Stelle (FA) und zum anderen in der Zollverwaltung als der für die Branntweinbesteuerung zuständigen Verwaltung nur an unterster Stelle der Hierarchie bei einem einfachen Beamten des Abfertigungsdienstes, der zudem noch weniger als der Kläger über die Besteuerung verbrauchsteuerpflichtiger Waren im harmonisierten Verbrauchsteuerbinnenmarkt wusste, durchgeführt worden sind. Auch wenn mit dem Kläger davon auszugehen ist, dass er sein Gewerbe des "Im- und Exports" u.a. von alkoholischen Getränken erst am 1. März 1994 mithin erst zweieinhalb Monate vor dem ersten streitgegenständlichen Bezug des Ouzo, angemeldet und aufgenommen hat, so darf und muss man doch von einem Gewerbetreibenden, der beträchtliche Mengen hochprozentigen Alkohols aus einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft beziehen möchte, verlangen, dass er sich in ausreichendem Maße über die geltenden Verbrauchsteuerbestimmungen informiert. Dies gilt erst recht dann, wenn es sich bei dem Bezug vom 18. Mai 1994, wie der Kläger vorträgt, um die erste einschlägige Tätigkeit auf diesem Gebiet gehandelt haben sollte. Zur sorgfältigen Vorbereitung dieses und auch des nachfolgenden Bezugs vom 18. August 1994 hätte jedenfalls gehört, dass sich der Kläger an höherer Stelle, zumindest also im einschlägigen Sachgebiet des zuständigen HZA, über die geltenden Bestimmungen kundig gemacht oder dort eine verbindliche schriftliche Auskunft über die Vorgehensweise beim Bezug und vor allem hinsichtlich der Besteuerung eingeholt hätte. Der Kläger hat sich auch nicht bei einem Steuerberater oder anderen Experten, wie z.B. bei einschlägigen Verbänden oder Handelskammern, informiert. Insgesamt hat der Kläger leichtfertig jegliche geeigneten und tauglichen Bemühungen, sich über die Steuerpflichtigkeit seines Tuns zu informieren, unterlassen, obwohl ihm dies ohne Weiteres und ohne größere Mühe möglich gewesen wäre.

Indizien für die Leichtfertigkeit des Handelns des Klägers sieht der Senat auch darin, dass bei einer Durchsuchung des Büros in seiner Wohnung durch die Steuerfahndung ein Lieferschein mit an den Kläger ausgestellter Rechnung des Deutschen Industrie- und Handelstags vom 25. Februar 1994 über die Bücher "Wegweiser zum EG-Binnenmarkt", "EG-Binnenmarkt, Warenverkehr ab 1993" und "EG-Binnenmarkt, Umsatzsteuer ab 1993" aufgefunden wurden. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger mehr über die seit 1. Januar 1993 geltende neue Verbrauchsbesteuerung im EG-Binnenmarkt wusste, als er im vorliegenden Verfahren eingeräumt hat. Schließlich spricht für die Leichtfertigkeit des Klägers eindeutig noch folgender, vom FG nicht berücksichtigter Umstand: Zwischen den beiden streitgegenständlichen Bezügen hat der Kläger am 16. Juni 1994 eine weitere Sendung Ouzo aus Griechenland auf dieselbe Art und Weise bezogen. In diesem Fall wurde das begleitende Verwaltungsdokument jedoch von der Vorsteherin des ZA D einbehalten und zur weiteren Abwicklung formlos an das HZA weitergeleitet. Hierfür ist am 10. Oktober 1994 ein Steuerbescheid des HZA über ... DM Branntweinsteuer ergangen, der nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist. Die Steuer ist am 1. Dezember 1994 entrichtet worden. Hiernach ist davon auszugehen, dass der Kläger zumindest ab Mitte Oktober 1994 positiv wusste, dass seine Bezüge branntweinsteuerpflichtig sind. Gleichwohl hat er auch weiterhin keine Steueranmeldungen für die streitgegenständlichen Bezüge beim HZA abgegeben und nichts zur weiteren Klärung der Sachlage beigetragen. Die beiden Bezüge wurden erst durch das im März 1996 eingeleitete Ermittlungsverfahren der Steuerfahndung aufgedeckt.

Hiernach ist auch nach Auffassung des Senats die Steuerverkürzung durch den Kläger zumindest als leichtfertig begangen anzusehen. Daher ist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2, § 170 Abs. 1 AO 1977 die auf fünf Jahre verlängerte Festsetzungsfrist maßgeblich. Bei Erlass des angefochtenen Steuerbescheids vom 9. Oktober 1996 war mithin noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.

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