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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 01.10.2004
Aktenzeichen: VII B 42/04
Rechtsgebiete: KStG, FGO


Vorschriften:

KStG § 47 Abs. 1
FGO § 56 Abs. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Nachdem die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) trotz Aufforderung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) keine Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen sowie keine Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes abgegeben hatte, drohte das FA mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2000 die Festsetzung eines Zwangsgeldes an, wenn die Abgabe nicht bis zum 11. Januar 2001 erfolgte. Daraufhin kam es zu einem Telefonat zwischen der Klägerin und dem FA, in dem das FA eine Fristverlängerung einräumte, deren Dauer streitig ist. Nachdem die Klägerin die entsprechenden Erklärungen --auch unter Berücksichtigung des für sie günstigsten Fristendes-- nicht vorgelegt hatte, setzte das FA Zwangsgelder fest. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Auch der daraufhin erhobenen Klage, mit der die Klägerin die Aufhebung der festgesetzten Zwangsgelder begehrte, blieb der Erfolg versagt. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass die der Klägerin gewährte Fristverlängerung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zur Aufhebung der Androhung geführt habe. Die Fristverlängerung habe lediglich dazu geführt, dass das FA zur Zwangsgeldfestsetzung erst nach Ablauf der verlängerten Frist befugt gewesen sei. Demzufolge würden im Streitfall die Voraussetzungen für die Zwangsgeldfestsetzung selbst dann vorliegen, wenn man von dem für die Klägerin günstigsten Termin zur Abgabe der Erklärungen ausgehe.

Mit ihrer Beschwerdebegründung, die ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Faxprotokolls per Telefax am 31. März 2004 beim Bundesfinanzhof (BFH) einging, wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision durch das FG. Mit Schreiben vom 5. April 2004 wies die Geschäftsstelle des erkennenden Senats die Klägerin darauf hin, dass die Beschwerde erst am 1. April 2004 und damit verspätet beim BFH eingegangen sei. Daraufhin beantragte die Klägerin unter Vorlage des vorgenannten Faxprotokolls die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Eine Überprüfung des Empfangsgerätes beim BFH ergab, dass nach Ende der Sommerzeit die im Faxgerät integrierte Uhr irrtümlicherweise um zwei Stunden statt um eine Stunde vorgestellt worden war.

Ihre Nichtzulassungsbeschwerde stützt die Klägerin im Wesentlichen auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung. Bisher nicht höchstrichterlich geklärt sei die Frage, welche Auswirkung die Gewährung einer Fristverlängerung auf die davor maschinell erstellte Androhung von Zwangsgeld und welchen Charakter die maschinell auf die Anforderungs- und Androhungsschreiben eingedruckte Frist habe. Im Streitfall sei davon auszugehen, dass das FA mit der gewährten Fristverlängerung konkludent die Androhung der Zwangsgelder zurückgenommen habe. Ansonsten wäre der Widerspruch nicht zu lösen, dass das FA einerseits Zwangsgeld festsetzen könne, andererseits aber an der Erhebung eines Verspätungszuschlages gehindert sei, wenn die Abgabe der Erklärungen innerhalb der vorgegebenen Frist erfolgt sei. Im Übrigen habe das FG es rechtsfehlerhaft unterlassen, Beweis darüber zu erheben, bis wann die Fristverlängerung tatsächlich gewährt worden sei.

Das FA tritt der Beschwerde entgegen. Es ist der Ansicht, dass die Beschwerde unzulässig sei, da die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung nicht in der erforderlichen Weise dargelegt habe. Mit ihrer Rüge der mangelnden Sachaufklärung könne sie nicht gehört werden, da sie die angeblich unterlassene Beweiserhebung in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt habe.

Über den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) war nicht zu entscheiden, da ein Fall der Fristversäumung tatsächlich nicht vorliegt. Damit sind auch keine nachteiligen Folgen für die Klägerin eingetreten, die durch eine Bescheidung des nach § 56 Abs. 1 FGO gestellten Antrages zu beseitigen wären. Insoweit besteht kein Rechtsschutzinteresse an einer Entscheidung des BFH. Vielmehr ist nach dem tatsächlichen Geschehensablauf davon auszugehen, dass der Hinweis der Geschäftsstelle auf die vermeintliche Fristversäumung unzutreffend gewesen ist, so dass es eines Wiedereinsetzungsantrages nicht bedurft hätte.

Die im Streitfall fristgerecht eingelegte Beschwerde hat dennoch keinen Erfolg. Denn die Klägerin hat einen Grund, der zur Zulassung der Revision führen könnte (§ 115 Abs. 2 FGO), nicht in der erforderlichen Weise gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO zu fordernde Darlegung der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) muss der Beschwerdeführer konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Erforderlich ist darüber hinaus ein konkreter und substantiierter Vortrag aus dem ersichtlich wird, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.).

Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht. Vielmehr behauptet die Klägerin einen Bedarf für eine höchstrichterliche Klärung der von ihr aufgeworfenen Fragen, ohne diesen in der erforderlichen Weise näher darzulegen. Nicht ersichtlich wird die Bedeutung der im Zusammenhang mit der --im Streitfall unter besonderen Umständen erfolgten-- Fristverlängerung stehenden Rechtsfragen für die Allgemeinheit. Im Kern ihres Vorbringens rügt die Klägerin, dass das FG die vom FA gewährte Fristverlängerung rechtsfehlerhaft nicht als konkludente Aufhebung der Zwangsgeldandrohung gedeutet habe und somit zu einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung gekommen sei. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen jedoch für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2003 VII B 130/03, BFH/NV 2004, 215; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 24 und § 116 Rz. 34, jeweils m.w.N.).

Soweit die Klägerin rügt, das FG habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, Beweis darüber zu erheben, bis wann die vom FA ursprünglich gesetzte Frist tatsächlich verlängert worden ist, genügt auch dieser Vortrag nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Darlegungspflicht (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Wird geltend gemacht, das FG hätte den Sachverhalt auch ohne entsprechenden Antrag des im Termin zur mündlichen Verhandlung anwesenden Prozessvertreters der Klägerin von Amts wegen umfassender aufklären müssen, ist u.a. darzulegen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei der weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern bei der Beweiserhebung eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes auf der Grundlage des materiellen Rechtsstandpunktes des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Senatsbeschluss vom 28. August 2003 VII B 71/03, BFH/NV 2004, 493, 494, m.w.N.). Schließlich gehört zur ordnungsgemäßen Darlegung des Verfahrensfehlers mangelhafter Sachaufklärung auch der Vortrag, dass die nicht zureichende Aufklärung des Sachverhaltes und die Nichterhebung weiterer (angebotener) Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2003 VII B 10/03, BFH/NV 2004, 529). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die Unterlassung der rechtzeitigen Rüge den endgültigen Rügeverlust --z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde-- zur Folge.

Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Klägerin nicht gerecht. Denn weder aus ihm --noch aus dem Sitzungsprotokoll-- lässt sich entnehmen, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem FG entsprechende Beweisanträge gestellt oder die aus ihrer Sicht unzureichende Sachaufklärung gerügt hat. Auch fehlen Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit des behaupteten Verfahrensmangels. Denn ausweislich der Urteilsbegründung kam es aus der Sicht des FG auf eine Klärung dieser Frage gar nicht an. Vielmehr hat das FG ausgeführt, dass die Voraussetzungen der Zwangsgeldandrohung auch dann vorliegen würden, wenn hinsichtlich der Dauer der Fristverlängerung dem Vortrag der Klägerin zu folgen wäre.

Ende der Entscheidung

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