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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.05.2002
Aktenzeichen: VII B 5/01
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 a.F.
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 a.F.
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 a.F.
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist als Geschäftsführer wegen rückständiger Lohnsteuer der von ihm vertretenen GmbH für September und Oktober 1997 zuzüglich Säumniszuschlägen durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen worden. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) mit der Begründung abgewiesen, den Kläger treffe an der Nichtabführung der Lohnsteuer ein grobes Verschulden auch dann, wenn er der Auffassung gewesen sei, er habe nicht damit rechnen müssen, dass die kreditierende Bank plötzlich die fällige Lohnsteuer nicht mehr an den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) überweisen werde. Der Kläger hätte sich zumindest um eine gleichrangige Befriedigung der Arbeitnehmer hinsichtlich der Löhne und des FA wegen der abzuführenden Lohnsteuer bemühen müssen. Ausführlicher Ermessenserwägungen hätte es im Haftungsbescheid und der Einspruchsentscheidung nicht bedurft, weil die Ermessensentscheidung im Falle der Nichtabführung von Lohnsteuern in gewisser Weise vorgeprägt gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision, mit der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensfehler geltend gemacht werden.

II. Die Beschwerde, deren Zulässigkeit noch nach den Vorschriften der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung --FGO a.F.-- (siehe Art. 4 des Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757) zu beurteilen ist, ist unzulässig. Der Kläger hat weder eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.) noch einen Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F.) in der nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. erforderlichen Weise dargelegt.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F., wenn eine für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage zu beantworten ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil eine Klärung das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die grundsätzliche Bedeutung muss dargelegt werden. Hat der Bundesfinanzhof (BFH) zu einer für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsfrage bereits mehrfach Stellung genommen, hat der Beschwerdeführer auch darzulegen, dass und aus welchem Grunde die Rechtsprechung des BFH umstritten sei und sich mit den in der Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage geäußerten Meinungen auseinander zu setzen, um die Notwendigkeit einer weiteren Klärung im Interesse der Rechtseinheit und Rechtsfortbildung zu begründen (ständige Rechtsprechung, so z.B. BFH-Beschluss vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625; zu den Darlegungserfordernissen siehe auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 8, m.w.N.; 5. Aufl., § 116 Rz. 31 ff.).

Darlegungen im vorgenannten Sinne enthält die Beschwerdeschrift nicht. Der Kläger formuliert auch keine konkrete Rechtsfrage, sondern hält allgemein den Begriff der "groben Fahrlässigkeit" für in hohem Maße von Interesse und versucht im Übrigen ausführlich darzulegen, dass das FG das Verhalten des Klägers bei der Einschätzung der Liquidität der GmbH, die letztlich zur Nichtabführung der Lohnsteuer geführt hat, zu Unrecht als grob fahrlässige Pflichtverletzung gewürdigt hat. Die Behauptung, es fehle für einen Fall wie den vorliegenden an einer höchstrichterlichen Klärung des Begriffs der groben Fahrlässigkeit, macht deutlich, dass der Kläger nicht die allgemein gültige abstrakte Klärung einer Rechtsfrage, sondern für einen Einzelfall eine andere Beurteilung des klägerischen Verhaltens erstrebt. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist damit nicht zu begründen (vgl. BFH-Beschluss vom 22. November 1995 VIII B 13/95, BFH/NV 1996, 348).

2. Ebenso reicht das Beschwerdevorbringen nicht aus, um das Vorliegen eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F. schlüssig zu begründen. Es fehlt bereits an konkreten Darlegungen dazu, gegen welche Verfahrensvorschrift das FG verstoßen haben soll. Soweit den Ausführungen des Klägers zu entnehmen ist, dass er einen Verstoß gegen die Pflicht des FG zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) rügen will, weil das FG zur Frage der Liquidität der GmbH im Haftungszeitraum nicht Beweis durch Zeugeneinvernahme der Buchhalterin der GmbH und des späteren Konkursverwalters erhoben habe, hätte er u.a. darlegen müssen, dass die Entscheidung --ausgehend vom Rechtsstandpunkt des FG-- auf diesem Verfahrensmangel beruht. Da es sich bei der unterlassenen Beweiserhebung um eine Verfahrenshandlung handelt, auf die verzichtet werden kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; BFH-Beschluss vom 7. April 2000 V B 176/99, BFH/NV 2000, 1370), gehört nach ständiger Rechtsprechung zur ordnungsgemäßen Rüge dieses Verfahrensmangels auch der Vortrag, dass die Unterlassung der Beweiserhebung in der Vorinstanz --d.h. hier in der vom FG durchgeführten mündlichen Verhandlung-- ordnungsgemäß gerügt worden ist (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2000 VII B 25/99, BFH/NV 2000, 1366).

Entsprechende Ausführungen fehlen im Beschwerdeschriftsatz. Auch der Niederschrift über die mündliche Verhandlung lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger die Zeugeneinvernahme in der mündlichen Verhandlung nochmals angeboten oder angemahnt hätte.

Soweit der Kläger rügt, das FG habe den Akteninhalt und den Sachvortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend berücksichtigt und unzutreffend gewürdigt, hat er jedenfalls den Verfahrensmangel nicht korrekter Erfassung des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht schlüssig dargetan. Der Kläger trägt insoweit vor, das Gericht hätte seinen Sachvortrag in den Akten und in der mündlichen Verhandlung zu seiner höchstens kurzfristigen Kenntnis davon, dass die kreditierende Bank die Lohnsteuer nicht (mehr) an das FA überweisen werde, nicht mit der formelhaften Wendung in den Urteilsgründen zurückweisen dürfen, dass diesem keine Bedeutung beigemessen werden könne, weil er im Widerspruch zum bisherigen Vorbringen der Klägerseite stehen würde; vielmehr hätte es den --nicht bestrittenen-- Vortrag des Klägers als wahr unterstellen und daraus den Schluss fehlenden Verschuldens ziehen müssen. Damit wird aber kein Verfahrensfehler gerügt, sondern die Beweiswürdigung durch das FG angegriffen. Mit der Rüge, die Beweiswürdigung des FG sei fehlerhaft, kann ein Verfahrensmangel nicht begründet werden; denn die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 3. Februar 2000 I B 40/99, BFH/NV 2000, 874).

Schließlich ist mit der Behauptung, das FG habe bestimmte Rechtsgrundsätze auf den konkreten Sachverhalt fehlerhaft angewendet und die Frage, ob ein Ermessensfehlgebrauch seitens des FA vorliegt, unrichtig entschieden, weder ein Verfahrensfehler noch sonst ein Revisionszulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO a.F. schlüssig dargetan.

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