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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.11.2007
Aktenzeichen: VII B 52/07
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 34 Abs. 1
AO § 69
AO § 226 Abs. 3
AO § 240 Abs. 3
FGO § 76 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war alleinige Geschäftsführerin einer am 5. Februar 2003 gegründeten GmbH. Am 11. April 2003 erteilte die GmbH dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) eine Einzugsermächtigung. Für die Monate Februar bis Juni 2003 wurden fristgerecht monatliche Lohnsteueranmeldungen abgegeben. Den ihr vom FA übersandten Fragebogen "Gründung einer Kapitalgesellschaft" reichte die Klägerin erst nach mehrmaliger Aufforderung und Zwangsgeldandrohung am 25. Juni 2003 ein. Daraufhin errichtete das FA für die GmbH am 1. Juli 2003 ein Steuerkonto und erfasste am 22. August 2003 die Lohnsteueranmeldungen für die vorausgegangenen Monate. Mit Aufzeichnung im Steuerkonto am 25. August 2003 und Wertstellung am 26. August 2003 buchte das FA einen Betrag von 27 161,69 € vom Konto der GmbH ab. Am 27. August 2003 widersprach die Klägerin der Abbuchung und ließ eine Rücklastschrift durchführen. Mit Kontoauszug vom 1. September 2003 informierte das FA die GmbH über den Stand zum 25. August 2003 und über offene Lohnsteuern in Höhe von 2 557,68 €. Mit Aufzeichnung im Steuerkonto am 8. September 2003 und Wertstellung am 9. September 2003 buchte das FA den Betrag von 27 161,69 € erneut vom Konto der GmbH ab. Den vom FA abgebuchten Betrag ließ die Klägerin am 20. Oktober 2003 erneut zurückbuchen. Am 13. Oktober 2003 ging bei der Klägerin zudem noch eine Abbuchungsmitteilung des FA über die offenen Lohnsteuern für Februar und August 2003 in Höhe von 8 330,98 € ein.

Schließlich beantragte die GmbH am 21. November 2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom 6. April 2004 lehnte das Amtsgericht den Antrag mangels Masse ab. Mit Haftungsbescheid vom 27. April 2004 nahm das FA die Klägerin gemäß § 69 i.V.m. § 34 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) wegen der rückständigen Lohnsteuern der GmbH nebst steuerlicher Nebenforderungen und Säumniszuschlägen für die Monate März bis Juni 2003 als Haftungsschuldnerin in Anspruch. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) bestätigte die Rechtmäßigkeit der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme der Klägerin. Deren zumindest grob fahrlässige Pflichtverletzung habe in der persönlichen Veranlassung der Rücklastschriften bestanden, die bewirkten, dass die für die Monate März bis Juni 2003 geschuldeten und zunächst abgebuchten Lohnsteuern nicht entrichtet worden seien. Als Geschäftsführerin hätte die Klägerin an Hand der Kontoauszüge erkennen können, ob die Lohnsteuerbeträge tatsächlich abgebucht worden seien; den Abfluss dieser Beträge nachzuvollziehen sei durchaus möglich und zumutbar gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass aufgrund der verspäteten Einreichung des Fragebogens "Gründung einer Kapitalgesellschaft" und der Einrichtung des GmbH-Steuerkontos am 1. Juli 2003 die erste Abbuchung erst im August 2003 möglich geworden sei. Bei nur grober Überprüfung der offenen Verbindlichkeiten hätte die Klägerin erkennen können, dass die Kontobelastung die bisher noch nicht entrichteten Lohnsteuern betraf. Von einem gewissenhaften Geschäftsführer könne verlangt werden, die Begleichung von Verbindlichkeiten zu überprüfen und sicherzustellen. Bis zum Zeitpunkt der zweiten Rücklastschrift habe die GmbH Lohnsteuern in Höhe von über 48 000 € angemeldet. Abgebucht habe das FA bis zu diesem Zeitpunkt ca. 11 000 €, so dass unschwer zu erkennen gewesen sei, dass die Abbuchung eines Betrages in Höhe von 27 161,69 € zu Recht hätte erfolgt sein können. Eine Aufrechnung mit den von der Klägerin behaupteten Umsatzsteuer-Erstattungsansprüchen sei nicht möglich, weil das FA ein entsprechendes Steuerguthaben bestritten habe. Im Übrigen seien Ermessensfehler nicht festzustellen. Insbesondere trage das FA kein Mitverschulden an dem Steuerausfall, weil es die Lohnsteuerbeträge erst Monate nach deren Fälligkeit abgebucht habe. Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) und wegen Vorliegens von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob die Nichtzahlung von Lohnsteuerbeträgen auch dann als vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung von Geschäftsführerpflichten zu werten sei, wenn der Geschäftsführer die Lohnsteuer ordnungsgemäß angemeldet und eine Lastschriftermächtigung erteilt habe, das Konto des Steuerschuldners im Zeitpunkt der Lohnsteueranmeldung und im Folgemonat eine ausreichende Deckung aufweise, das FA die Lohnsteuerbeträge per Lastschrift erst Monate nach der Anmeldung einziehe und dabei auf eine besondere Mitteilung verweise, die jedoch trotz mehrmaliger Nachfrage nicht erteilt werde, der Geschäftsführer daraufhin die Lastschrift widerrufe, der Steuerschuldner erst Monate später unvorhergesehen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerate und die GmbH die geschuldete Lohnsteuer endgültig nicht mehr zahle. Die Klärung dieser Rechtsfrage, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang noch nicht beantwortet worden sei, sei für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle bedeutsam. Im Streitfall sei die von der Klägerin vertretene GmbH aufgrund einer vertragswidrigen Arbeitsverweigerung von Mitarbeitern unerwartet in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Rechtmäßigkeit der Abbuchungen nicht habe überprüfen können, denn das FA habe ihr die angekündigte Mitteilung nicht zukommen lassen.

Zur Rechtsfortbildung sei die Zulassung der Revision deshalb erforderlich, weil das FG einem GmbH-Geschäftsführer entgegen der bestehenden Rechtslage die Pflicht auferlege, das FA zu kontrollieren. Eine Divergenz bestehe hinsichtlich der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. Dezember 1990 VII R 85/88 (BFHE 163, 119, BStBl II 1991, 282) mit der der BFH entschieden habe, dass eine Haftung im Falle des unerwarteten Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Steuerschuldners nicht bestehe, und hinsichtlich des BFH-Urteils vom 11. August 1978 VI R 169/75 (BFHE 125, 508, BStBl II 1978, 683). In Abweichung von diesem Urteil habe das FG seine Entscheidung auf den abstrakten Rechtssatz gestützt, dass die Haftung des Geschäftsführers keine positive Kenntnis hinsichtlich der Lohnsteuerschuld voraussetze.

Entgegen seiner Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) habe das FG verfahrensfehlerhaft nicht ermittelt, ob der GmbH ein Umsatzsteuererstattungsanspruch zugestanden habe, der im Rahmen der Ermessensausübung anspruchsmindernd hätte berücksichtigt werden müssen. Schließlich habe sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung darauf berufen, dass die GmbH über gute Aufträge verfügt habe und dass sie unvorhergesehen in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei. Verfahrensfehlerhaft habe das FG diese Behauptung nicht weiter aufgeklärt und entsprechende Beweise nicht erhoben.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten. Es weist darauf hin, dass die Klägerin weder die grundsätzliche Bedeutung der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage noch die behauptete Divergenz hinreichend dargelegt habe. Eine Verrechnung mit einem bestehenden Umsatzsteuerguthaben sei erst nach Erlass der Einspruchsentscheidung erfolgt, sie könne deshalb auf die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides keine Auswirkungen haben.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der von der Klägerin aufgeworfenen Frage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die behauptete Abweichung des erstinstanzlichen Urteils von den angeführten BFH-Entscheidungen sowie die behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

1. Für die nach § 116 Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO zu fordernde Darlegung der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) muss der Beschwerdeführer konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen. Erforderlich ist darüber hinaus ein konkreter und substantiierter Vortrag aus dem ersichtlich wird, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.).

Unter Berücksichtigung der von der BFH-Rechtsprechung entwickelten Grundsätze kommt der von der Klägerin aufgeworfenen Frage deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil ihre Beantwortung von den konkreten Umständen des Streitfalles abhängt und sich insoweit ein Allgemeininteresse an einer Klärung nicht erkennen lässt. Unter Benennung von insgesamt zehn Merkmalen, wie z.B. Erteilung einer Einzugsermächtigung im Lastschriftverfahren, Verweis des FA auf eine gesonderte Mitteilung über Steuerbeträge, Widerruf einer Kontobelastung und Arbeitsverweigerung von Arbeitnehmern der GmbH, möchte die Beschwerde die Frage geklärt wissen, ob der Klägerin unter den genau beschriebenen Voraussetzungen der Vorwurf einer schuldhaften Verletzung steuerlicher Pflichten gemacht werden kann. Dabei wird die Fragestellung auf sämtliche Einzelheiten des Streitfalles zugeschnitten. Eine substantiierte und Überzeugende Darlegung der Bedeutung der komplexen Frage für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle lässt sich dem Vorbringen nicht entnehmen. Im Kern richtet sich das in eine Frage gekleidete Vorbringen der Klägerin gegen die vermeintlich rechtsfehlerhafte Würdigung des Streitfalles durch das FG und gegen die vermeintlich unzutreffende Annahme einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung. Dies kann jedoch nicht zu einer Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO führen.

2. Auch eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO kommt nicht in Betracht. Sofern die Beschwerde rügt, dass das FG der Klägerin in Widerspruch zur bestehenden Rechtslage die Pflicht auferlegt habe, das FA zu kontrollieren, nämlich die Steuerschuld durch Kontrolle der Kontoauszüge und Überwachung der Lohnsteuerabbuchung zu überprüfen, bezieht sich das Vorbringen ebenfalls auf die Besonderheiten des Streitfalles, so dass das --auch für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zu fordernde-- Allgemeininteresse an der Klärung der Rechtsfrage (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 41) nicht erkennbar ist. Im Übrigen begegnet die Feststellung des FG keinen rechtlichen Bedenken, dass zu den Pflichten eines Geschäftsführers einer "überschaubaren" GmbH auch die Überwachung und Sicherstellung von Verbindlichkeiten gehört.

3. Die von der Klägerin behauptete Divergenz zur BFH-Entscheidung in BFHE 163, 119, BStBl II 1991, 282 liegt schon deshalb nicht vor, weil der BFH in dieser Entscheidung den von der Klägerin angeführten Rechtssatz, dass der Geschäftsführer einer GmbH im Falle einer unerwarteten Zahlungsunfähigkeit nicht für eine Nichtzahlung einer Steuer haftet, nicht aufgestellt hat. Wie dem Leitsatz dieser Entscheidung zu entnehmen ist, hat der Senat entschieden, dass der Geschäftsführer einer GmbH für die nicht an das FA abgeführte Lohnsteuer auch dann haftet, wenn nach dem Fälligkeitszeitpunkt, aber innerhalb der Fünf-Tage-Frist (jetzt: Drei-Tage-Frist) gemäß § 240 Abs. 3 AO unerwartet die Zahlungsunfähigkeit der GmbH eingetreten ist. In dem vom Senat entschiedenen Fall war die Kündigung einer Kreditzusage erst nach dem Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens und nach der Verwirklichung des Haftungstatbestandes des § 69 AO erfolgt, so dass die möglicherweise unerwartet eingetretene Zahlungsunfähigkeit der GmbH im Rahmen der Feststellung des Verschuldens des GmbH-Geschäftsführers nicht berücksichtigt werden konnte.

Darüber hinaus ist dem erstinstanzlichen Urteil der von der Beschwerde angeführte Rechtssatz nicht zu entnehmen, "dass der Geschäftsführer einer GmbH auch dann für eine Nichtzahlung einer Steuer haftet, wenn eine Zahlungsunfähigkeit unerwartet eintritt und dies der Grund für die Nichtzahlung geschuldeter Lohnsteuer ist". Vielmehr hat das FG unter Bezugnahme auf das Senatsurteil in BFHE 163, 119, BStBl II 1991, 282, zutreffend darauf hingewiesen, dass die Geschäftsführerin das Risiko einer später unerwartet eintretenden Zahlungsunfähigkeit trägt, wenn sie zum Fälligkeitszeitpunkt nicht für die Zahlung der geschuldeten Steuer sorgt.

4. Auch die behauptete Abweichung des FG-Urteils von der BFH-Entscheidung in BFHE 125, 508, BStBl II 1978, 683, liegt nicht vor. Dort hatte der BFH die Feststellung des FG unbeanstandet gelassen, dass dem in Anspruch genommenen GmbH-Geschäftsführer die Lohnsteuerrückstände in voller Höhe bekannt waren. Dem Urteil ist indes der von der Klägerin angeführte Rechtssatz nicht zu entnehmen, dass ein GmbH-Geschäftsführer nur dann haftet, wenn er positive Kenntnis von den Rückständen hat. Vielmehr ist es für die Annahme einer zumindest grob fahrlässigen Pflichtverletzung als ausreichend zu erachten, dass der gesetzliche Vertreter einer GmbH die Möglichkeit hat, sich von den Steuerrückständen Kenntnis zu verschaffen, dies jedoch aus vorwerfbarer Unachtsamkeit unterlässt und die Steuer infolgedessen nicht entrichtet. Es bedarf keiner Erläuterung, dass eine Haftung für Steuerschulden ausscheidet, von deren Fälligkeit der GmbH-Geschäftsführer auch bei gewissenhafter Pflichterfüllung keine Kenntnis haben konnte. So liegt der Streitfall jedoch nicht. Denn das FG hat festgestellt, dass der Klägerin auch bei nur grober Überprüfung der offenen Verbindlichkeiten das Bestehen von Steuerrückständen nicht hätte verborgen bleiben dürfen und dass sie das außer Acht gelassen hat, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer zu tun im Stande gewesen wäre.

5. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat das FG nicht gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 76 Abs. 1 FGO verstoßen, weil es keine weiteren Ermittlungen über das vermeintliche Bestehen eines Umsatzsteuerguthabens angestellt hat.

Ausweislich der Urteilsbegründung hat das FG die Berufung der Klägerin auf das Bestehen eines Umsatzsteuerguthabens zur Kenntnis genommen, jedoch das tatsächliche Bestehen eines solchen nicht für entscheidungserheblich erachtet. Denn es hat darauf hingewiesen, dass das FA das Bestehen eines entsprechenden Guthabens bestritten habe, so dass eine Aufrechnung gemäß § 226 Abs. 3 AO im Streitfall unzulässig sei. Aus der maßgeblichen Sicht des FG musste sich damit das Erfordernis einer weiteren Sachverhaltsermittlung nicht aufdrängen. Darüber hinaus geht aus der erstinstanzlichen Entscheidung und aus der Beschwerdeschrift nicht hervor, ob die Klägerin vor dem Erlass der Einspruchsentscheidung hinsichtlich des behaupteten Umsatzsteuerguthabens ausdrücklich einen Verrechnungsantrag gestellt hatte (vgl. hierzu Senatsurteil vom 2. August 1988 VII R 60/85, BFH/NV 1989, 150, und vom 24. März 2004 VII B 317/03, BFH/NV 2004, 1069). Die Klägerin weist selbst darauf hin, dass ein Umsatzsteuerguthaben erst mit Bescheid vom 14. Dezember 2005, d.h. über ein Jahr nach Erlass der Einspruchsentscheidung, festgestellt worden sei. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Erlöschen der Erstschuld nach Abschluss des Einspruchsverfahrens --z.B. durch Aufrechnung mit Steuerguthaben-- nicht zur Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheides führt (Senatsentscheidungen vom 16. Juni 2005 VII B 295/04, BFH/NV 2005, 1748, und vom 7. November 1995 VII R 26/95, BFH/NV 1996, 379).

6. Soweit die Klägerin rügt, dass das FG verfahrensfehlerhaft keinen Beweis darüber erhoben habe, dass die GmbH über gute Aufträge verfügt habe und infolge einer Arbeitsverweigerung von Arbeitnehmern unvorhergesehen in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei, genügt dieses Vorbringen nicht den Anforderungen, die an die Darlegung eines Verfahrensmangels zu stellen sind (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Denn die Klägerin hat nach ihrem Vorbringen lediglich unter Beweis gestellt, dass die GmbH erst Monate nach der Lohnsteueranmeldung und nach Ablauf des Anmeldezeitraums in Zahlungsschwierigkeiten geraten ist und deshalb im Nachhinein die Lohnsteuer nicht hat bezahlen können. Indes hat das FG die haftungsbegründende Pflichtverletzung bereits in der Nichtabführung der Lohnsteuer im jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt bzw. in der unzureichenden Überprüfung der Verbindlichkeiten gesehen, und nicht erst zu einem Zeitpunkt, zu dem der jeweilige Lohnsteuer-Anmeldezeitraum bereits mehrere Monate verstrichen war. Inwieweit das FG bei erfolgter Beweiserhebung zu einem von seiner Entscheidung abweichenden Ergebnis hätte kommen können, vermag die Beschwerde nicht substantiiert darzulegen. Die bloße Behauptung, das FG hätte bei Annahme der Richtigkeit des Vortrages der Klägerin kein Verschulden festgestellt, reicht nicht aus.

Ende der Entscheidung

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