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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.08.2001
Aktenzeichen: VII B 54/01
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
AO 1977 § 71
AO 1977 § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) nahm der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für seine Beteiligung an einer Steuerhehlerei durch Haftungsbescheid für Einfuhrabgaben in Höhe von ... DM in Anspruch. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren machte der Kläger im Klageverfahren insbesondere geltend, seine Inanspruchnahme als Haftender sei ermessensfehlerhaft, weil weder seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse noch der Schuldvorwurf oder der ihm --nur in geringer Höhe-- aus der Tat erwachsene Vorteil berücksichtigt worden seien. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dessen Urteil ist die Beschwerde gerichtet.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage in Betracht.

Die vom Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht mehr klärungsbedürftig. Die gestellte Rechtsfrage, ob die Vorprägung der Ermessensentscheidung bei einer vorsätzlichen Steuerverkürzung uneingeschränkt und ausnahmslos gilt oder ob im Rahmen der Haftungsinanspruchnahme nach Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten abzuwägen ist, hat der Bundesfinanzhof (BFH) schon mehrfach entschieden. Auch der Senat hat bereits mit Urteil vom 26. Februar 1991 VII R 3/90 (BFH/NV 1991, 504) mit eingehender Begründung entschieden, dass die Vorprägung der Ermessensentscheidung im Falle einer vorsätzlichen Steuerverkürzung oder einer Beihilfe dazu nicht nur für die Inanspruchnahme dem Grunde nach, sondern auch für die Inanspruchnahme der Höhe nach gegeben ist. § 71 der Abgabenordnung (AO 1977) hat seiner Rechtsnatur nach Schadensersatzcharakter und soll seiner Zielrichtung nach nicht etwa zusätzlich zu den Sanktionen aufgrund der strafrechtlichen Bestimmungen zu einer weiteren Sanktion führen. Diesen für die Einführung des Haftungstatbestandes maßgebenden Überlegungen würde es zuwiderlaufen, wenn die Finanzbehörde bei Vorliegen des Tatbestandes der Haftungsnorm erneut Überlegungen zur Höhe des Anspruchs anstellen müsste. Deshalb --so der Senat-- kann eine den Zweck des § 71 AO 1977 berücksichtigende und an § 5 AO 1977 orientierte Ermessensausübung nur dazu führen, dass die Höhe des Haftungsanspruchs durch die Verwirklichung des Tatbestandes des § 71 AO 1977 vorgegeben ist. Im Rahmen der Betätigung des Auswahl- und Entschließungsermessens besteht danach kein Grund, Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die sich aus der Größenordnung der Haftungsschuld im Vergleich zu den finanziellen Möglichkeiten des Haftungsschuldners ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 4. Mai 1998 I B 116/96, BFH/NV 1998, 1460; Senatsbeschlüsse vom 9. Januar 1996 VII B 189/95, BFH/NV 1996, 589; vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941; Senatsurteil vom 5. September 1989 VII R 61/87, BFHE 158, 13, BStBl II 1989, 979; BFH-Urteil vom 7. Juli 1983 V R 197/81, BFHE 139, 310, BStBl II 1984, 70). Andernfalls würde den Finanzbehörden bei der Inanspruchnahme eines Haftenden die Pflicht auferlegt, im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung besondere --unter Umständen weitreichende-- Ermittlungen darüber anzustellen, wie es um die etwaige Zahlungsfähigkeit des Inanspruchgenommenen steht und ob dessen Verschulden im richtigen Verhältnis zur Haftungssumme steht.

Einer vom BFH bereits entschiedenen Rechtsfrage kommt nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 23. Januar 1992 II B 64/91, BFH/NV 1992, 676, m.w.N.; vom 9. November 1999 VIII B 96/99, BFH/NV 2000, 473) regelmäßig nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn gewichtige neue rechtliche Gesichtspunkte in der Rechtsprechung oder in der Literatur vorgetragen worden sind, die der BFH noch nicht geprüft hat. Daran fehlt es vorliegend. Die Darlegungen des Klägers lassen keine neuen Gesichtspunkte erkennen, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen. Zwar setzt sich der Kläger in der Beschwerdeschrift eingehend mit dem betreffenden Rechtsproblem auseinander und legt auch dar, worin er noch vermeintlich ungeklärte Fragen sieht. Die Rechtsprechung des BFH hat jedoch in den o.g. Urteilen alle wesentlichen Punkte bereits berücksichtigt und für nicht geeignet erachtet, eine anderweitige Entscheidung zu rechtfertigen. Daran ändert auch der Hinweis des Klägers auf das Urteil des FG Düsseldorf vom 3. März 1998 8 K 8367/91 H (U) --Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1038-- nichts. Denn unabhängig davon, ob man dem FG in der in EFG 1998, 1038 beschriebenen besonderen Fallkonstellation bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids im Hinblick auf unterbliebene Erwägungen bei der Ermessensentscheidung überhaupt folgen könnte, enthält die Entscheidung keine neuen Argumente, mit denen sich der BFH nicht bereits auseinander gesetzt hätte.



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