Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.11.2007
Aktenzeichen: VII B 68/07
Rechtsgebiete: FGO, StBerG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes --StBerG--) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) als unbegründet abgewiesen. Das FG hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater als gegeben angesehen, da der Kläger mit Haftbefehlen sowie wegen Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in das Schuldnerverzeichnis eingetragen und die daraus folgende Vermutung des Vermögensverfalls vom Kläger nicht widerlegt worden sei; vielmehr habe er selbst eingeräumt, dass er seine erheblichen Schulden in absehbarer Zeit nicht zurückführen könne und dass seine Gläubiger in sein freies Einkommen vollstreckten. Der Kläger habe auch nicht den Nachweis erbracht, dass in seinem Fall ausnahmsweise eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall ausgeschlossen sei. Sein Vorbringen, lediglich angestellter Steuerberater zu sein, reiche insoweit nicht, zumal er die Steuerberatungsgesellschaft, bei der er tätig sei, als Alleinvorstand nach außen vertrete und daher ihre Geschäftsausübung bestimmen könne. Es sei nicht erkennbar, auf welche Weise der Aufsichtsrat die mögliche Gefährdung von Mandanteninteressen durch Kontrollmaßnahmen ausschließen könne; der Kläger habe insoweit nur angegeben, dass der Aufsichtsrat seine Kontrollpflichten durch "ständiges Nachfragen" ausübe. Im Übrigen zeige der Umstand, dass der Kläger seine Dienstleistungen als selbstständiger Steuerberater im Internet angeboten habe, dass die Aufnahme einer selbstständig ausgeübten Tätigkeit jederzeit möglich sei.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil Gründe für die Zulassung der Revision z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

Der mit der Beschwerde gerügte Verfahrensmangel ist nicht schlüssig dargelegt. Mit dem Vorbringen, dass die "materielle Würdigung des Sachverhalts" durch das FG "an erheblichen Fehlern" leide, bezeichnet die Beschwerde keinen Verfahrensfehler, sondern wendet sich gegen die materielle Richtigkeit des Urteils, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.).

Darüber hinaus lässt sich dem Beschwerdevorbringen ein anderer (nicht ausdrücklich bezeichneter) Grund für die Zulassung der Revision auch nicht sinngemäß entnehmen.

Die Beschwerde hält die Ansicht des FG, dass der Kläger den sog. Entlastungsbeweis nicht erbracht habe, für unzutreffend und meint, dass das FG insoweit § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG falsch ausgelegt und zu strenge Anforderungen gestellt habe. In einem Revisionsverfahren zu klärende Rechtsfragen, die eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache bzw. zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO) rechtfertigen könnten, ergeben sich aus diesem Vorbringen indes nicht.

Die im Zusammenhang mit dem sog. Entlastungsbeweis stehenden Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des beschließenden Senats geklärt. Bei einem Vermögensverfall des Steuerberaters sieht § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG den Widerruf der Bestellung zwingend vor, es sei denn, die Interessen der Auftraggeber sind dadurch nicht gefährdet. Das Gesetz geht damit beim Vorliegen des Vermögensverfalls des Steuerberaters grundsätzlich davon aus, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind und gestattet nur in Ausnahmefällen ("es sei denn") ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung; aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt zugleich, dass die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand dem betroffenen Steuerberater obliegt (Senatsurteil vom 22. September 1992 VII R 43/92, BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203; Senatsbeschluss vom 8. Februar 2000 VII B 245/99, BFH/NV 2000, 992). Erforderlich ist ein substantiierter und glaubhafter Vortrag, aufgrund dessen mit hinreichender Gewissheit die grundsätzlich beim Vermögensverfall zu unterstellende Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird (Senatsurteil vom 6. Juni 2000 VII R 68/99, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2000, 741; Senatsbeschluss vom 4. März 2004 VII R 21/02, BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016). Die Beantwortung der Frage, ob dieser Entlastungsbeweis gelungen ist, erfordert eine dem Tatrichter vorbehaltene zusammenfassende Beurteilung der komplexen Verhältnisse des Einzelfalls, bei der eine Reihe gesetzlich nicht abschließend festgelegter Kriterien zu berücksichtigen ist, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Möglichkeit einer Gefährdung von Auftraggeberinteressen sprechen können; diese Tatsachenwürdigung kann revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden, ob das FG von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen, seine Entscheidung insoweit nachvollziehbar begründet und nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist (ständige Rechtsprechung, Senatsurteile in BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203, und in HFR 2000, 741; Senatsbeschlüsse vom 28. August 2003 VII B 79/02, BFH/NV 2004, 90, und in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016).

Im Streitfall hat das FG einen solchen substantiierten und glaubhaften Vortrag des Klägers zum Entlastungsbeweis vermisst und es hat ausführlich und nachvollziehbar begründet, weshalb es eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber des Klägers für nicht ausgeschlossen hält. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerde hat das FG die Voraussetzungen für den Entlastungsbeweis auch nicht mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers und seinen Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis unzulässigerweise vermengt. Vielmehr ist das FG lediglich dem Vorbringen des Klägers nicht gefolgt, dass die Interessen der Auftraggeber allein durch seine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis hinreichend geschützt seien, und hat insoweit --zu Recht-- ausgeführt, dass die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis, welche die gesetzliche Vermutung für den Vermögensverfall sowie für die Gefährdung von Auftraggeberinteressen auslöse, nicht zugleich ihrer Widerlegung dienen könne.

Anders als die Beschwerde meint, hätte das FG unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des beschließenden Senats auch nicht prüfen müssen, ob eine "konkrete Gefährdung von Mandanten" vorliegt. Nach den von der Beschwerde angeführten Urteilen des Senats in BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203 und in HFR 2000, 741 ist im Rahmen des sog. Entlastungsbeweises vom Steuerberater nachzuweisen, dass die vom Gesetz bei einem Vermögensverfall grundsätzlich vermutete potentielle Gefährdung der Auftraggeberinteressen in seinem konkreten Fall nicht gegeben ist; es kommt hingegen nicht auf eine positive Feststellung einer konkreten Gefahr an. Diese rechtlichen Voraussetzungen hat das FG im Streitfall beachtet, indem es davon ausgegangen ist, dass der betroffene Steuerberater im Einzelnen genau und überprüfbar darzulegen hat, aus welchen Gründen in seinem konkreten Fall die Interessen seiner Auftraggeber durch den Vermögensverfall nicht gefährdet sind.

Wenn die Beschwerde im Gegensatz zum FG-Urteil (u.a.) meint, dass die steuerberatende Tätigkeit des Klägers in der Steuerberatungsgesellschaft derart ausgestaltet sei, dass eine konkrete Gefährdung von Mandanteninteressen ausgeschlossen sei, weil der Kläger die Gesellschaft nicht wie ein Einzelunternehmen führen könne, sondern die gesellschaftsrechtlichen Strukturen der Aktiengesellschaft einhalten müsse, und dass mögliche überhöhte Abrechnungen gegenüber den Mandanten (von denen das FG-Urteil im Übrigen nicht ausgeht) nur der Gesellschaft, nicht aber dem Kläger zugute kämen, so würdigt sie die Tatsachen anders, als es das FG getan hat, zeigt jedoch keine in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf. Das gleiche gilt, soweit die Beschwerde vorträgt, dass der Kläger seine desolate Vermögenslage geordnet habe und diese beherrsche und er trotz der teilweisen Pfändung seiner Bezüge durch die Gläubiger in der Ausübung seines Berufs als Steuerberater nicht beeinträchtigt sei.

Ende der Entscheidung

Zurück