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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.04.1998
Aktenzeichen: VII B 71/98
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 258
FGO § 62 Abs. 3 Satz 1 und 2
FGO § 96 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 120 Abs. 2 Satz 2 und 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die als Prozeßbevollmächtigten aufgetretenen Rechtsanwälte haben sich für die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) --eine GmbH-- gegen die Ablehnung eines Antrages auf einstweilige Einstellung der Vollstreckung gemäß § 258 der Abgabenordnung (AO 1977) gewandt. Sie haben in der Klageschrift angekündigt, eine Prozeßvollmacht und die Klagebegründung nachzureichen. Hierzu sind sie vom Senatsvorsitzenden des Finanzgerichts (FG) in der Eingangsverfügung vom 12. Juni 1997 unter Fristsetzung auch aufgefordert worden. Eine Prozeßvollmacht ist bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung, zu der trotz ordnungsgemäßer Ladung für die Klägerin niemand erschienen ist, nicht vorgelegt worden.

Das FG wies die Klage als unzulässig ab. Die Kosten wurden den ohne Vorlage einer Prozeßvollmacht aufgetretenen Rechtsanwälten auferlegt.

Mit der gegen die Nichtzulassung der Revision namens der Klägerin erhobenen Beschwerde rügen die Prozeßbevollmächtigten einen Verfahrensfehler. Diesen sehen sie darin, daß das FG außer in der Eingangsverfügung nicht nochmals an die Vorlage der Prozeßvollmacht erinnert hat. Sie rügen ferner, daß das Gericht weder in der Verfügung vom 12. Juni 1997, noch in einem späteren Schreiben und auch nicht in der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung einen Hinweis darauf gegeben habe, daß bei Nichtvorlage der Vollmacht ein Prozeßurteil mit der letztlich entschiedenen Kostenfolge erlassen werden würde. Ein solcher Hinweis wäre zur sachlich richtigen Behandlung des Verfahrens notwendig gewesen. Eine Verfügung müsse die Wirkung einer Fristversäumnis unzweideutig mitteilen. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Eingangsverfügung und des Fehlens jeden Hinweises auf die Folgen des vollmachtlosen Auftretens sei die Vollmacht, die den Prozeßbevollmächtigten von der Klägerin Mitte Juli 1997 übersandt worden sei, dem Gericht nicht vorgelegt worden. Außerdem wäre das Gericht verpflichtet gewesen zu prüfen und festzustellen, daß die Klägerin die Klageerhebung veranlaßt habe, und hätte danach seine Kostenentscheidung treffen müssen.

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn einer der in § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe gegeben ist. Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde ein Verfahrensmangel geltend gemacht, so ist dieser genau zu bezeichnen (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. April 1994 VII S 31/93, BFH/NV 1995, 57, m.w.N., und vom 31. Juli 1995 V B 1/95, BFH/NV 1996, 216). Dazu muß der Beschwerdeführer schlüssig Tatsachen vortragen, aus denen sich --ihre Richtigkeit unterstellt-- ein Verfahrensmangel ergibt und ferner dartun, daß das angefochtene Urteil unter Zugrundelegung der insoweit maßgebenden Rechtsauffassung des FG auf ihm beruhen kann (BFH-Beschluß vom 10. August 1994 IX B 148/93, BFH/NV 1995, 218).

Sofern die Klägerin mit ihrem Vortrag den Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs bzw. der ungenügenden Sachaufklärung erheben wollte, sind solche Mängel nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend schlüssig gerügt. Die Klägerin hat nicht nur keinen konkreten Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet (zur Rüge von Verfahrensmängeln s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 25, 26), sie hat auch keine Tatsachen vorgetragen, die geeignet wären, einen solchen zu begründen (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO).

So ist eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht daraus abzuleiten, daß das FG im Anschluß an den Termin zur mündlichen Verhandlung gegenüber der Klägerin ein Prozeßurteil erlassen und den vollmachtlosen Vertretern die Kosten auferlegt hat. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes und § 96 Abs. 2 FGO geben den Beteiligten grundsätzlich einen Rechtsanspruch, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern. Dieses Recht hat das FG u.a. durch die rechtzeitige Ladung der Klägervertreter zum Termin zur mündlichen Verhandlung gewährt. Ein Anspruch auf mehrfache schriftliche Aufforderung zur Vollmachtvorlage und eines ausdrücklichen Hinweises auf die Folgen der Nichtvorlage einer Prozeßvollmacht für die zu treffende gerichtliche Entscheidung läßt sich aus diesen Vorschriften hingegen nicht ableiten.

Die Verpflichtung des Prozeßbevollmächtigten zur Vorlage einer schriftlichen Vollmacht ergibt sich bereits aus dem Gesetz (§ 62 Abs. 3 Satz 1 FGO). Das Gericht hat nach § 62 Abs. 3 Satz 2 FGO den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 62 Abs. 3 Satz 2 FGO). Nach § 62 Abs. 2 Satz 3 FGO kann die Vollmacht nachgereicht werden. Erst die Vorlage der schriftlichen Vollmacht erbringt den Nachweis der Tatsache der Bevollmächtigung. Nach diesen Vorschriften betrifft die rechtzeitige Vorlage einer ordnungsgemäßen Vollmacht die Wirksamkeit der Klage und ist damit positive Sachentscheidungsvoraussetzung. Fehlt es hieran, muß die Klage als unzulässig abgewiesen werden (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 62 Rz. 2). Unerheblich ist dabei, ob eine Ausschlußfrist gesetzt war oder nicht (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Januar 1985 9 C 105.84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1986, 650, und Senatsbeschluß vom 7. Januar 1998 VII B 233/97, nicht veröffentlicht --NV--).

Den Prozeßvertretern war das Begehren des Gerichts nach Vorlage der Vollmacht in der Vorsitzendenverfügung vom 12. Juni 1997, mit dem "die Vorlage der Prozeßvollmacht im Original" erbeten wurde, auch eindeutig mitgeteilt worden. Ob der Vorsitzende für die Vorlage der Vollmacht eine Ausschlußfrist setzt oder --wie geschehen-- es bei der einfachen Fristsetzung beläßt, steht in seinem Ermessen. Einen Anspruch auf die Setzung einer Ausschlußfrist hat der vollmachtlose Vertreter ebensowenig, wie darauf, daß ihm ein ausdrücklicher Hinweis darauf gegeben wird, daß bei Nichtvorlage der Vollmacht ein Prozeßurteil ergehen wird.

Das rechtliche Gehör ist auch nicht in Form einer "Überraschungsentscheidung" verletzt worden. Das Gericht hat die Prozeßvollmacht ausdrücklich angefordert und seine Entscheidung nicht vor Ablauf der in der Eingangsverfügung gesetzten Frist zur Vorlage der Vollmacht getroffen. Der Prozeßvertreter der Klägerin mußte als Rechtsanwalt auch wissen, daß die Klage durch Prozeßurteil abzuweisen ist, wenn die angeforderte Vollmacht nicht spätestens im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegt werden würde (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Januar 1998 VII B 233/97, NV). Die Klägerin bzw. die Prozeßvertreter sind zu diesem Termin ordnungsgemäß geladen worden. Damit war ihnen ausreichend Gelegenheit zur Äußerung und Information gegeben. Ob diese Gelegenheit wahrgenommen wird, ist Sache der Beteiligten, die insoweit eine eigene Prozeßverantwortung trifft (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 96 Rz. 33; vgl. auch BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1996, 216 unter 3. a der Gründe, und vom 5. Juni 1991 II B 180/90, BFH/NV 1992, 397).

Da die Bevollmächtigten der Klägerin die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision nur namens der Klägerin und nicht im eigenen Namen eingelegt haben und diese im übrigen die schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels nicht enthält, war die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen ohne daß der Senat darauf einzugehen hätte, ob die Prozeßbevollmächtigten --etwa im Hinblick auf die gegen sie ergangene Kostenentscheidung des FG-- überhaupt eine eigene Beschwerdebefugnis gehabt hätten (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Januar 1998 VII B 233/97, NV).

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