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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.10.2002
Aktenzeichen: VII B 78/02
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 55 Abs. 1 Satz 2
FGO § 55 Abs. 2 Satz 1
FGO § 76 Abs. 1
FGO § 79 Abs. 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 2 Satz 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 120 Abs. 2 Satz 2 a.F.
FGO § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. In einer dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) vorliegenden Abtretung trat der Steuerpflichtige C dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) einen Betrag von 250 DM aus der zu erwartenden Einkommensteuererstattung für das Jahr ... ab.

Die aufgrund der eingereichten Steuererklärung des C durchgeführte Einkommensteuerveranlagung ... ergab einen Erstattungsbetrag in Höhe von 3 835 DM. Diesen überwies das FA in voller Höhe auf das in der Abtretungsanzeige bezeichnete Konto des Klägers.

Nachdem das FA die zu hohe Überweisung an den Kläger bemerkte, forderte es von diesem den Differenzbetrag von 3 585 DM zurück.

Der gegen den Rückforderungsbescheid eingelegte Einspruch mit dem der Kläger einwandte, er habe den Differenzbetrag an C weitergeleitet, hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Das FA habe den Kläger zu Recht als Leistungsempfänger des Differenzbetrages in Anspruch genommen. Die Rückforderung sei auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgeschlossen, denn es sei nicht ersichtlich, dass der Rückforderungsbetrag dem Kläger nach kurzer Zeit zurückerstattet werden müsste. Angesichts der Abweichung der Unterschriften unter der Einkommensteuererklärung und der Abtretungsanzeige von den Unterschriften auf den vom Kläger während des Klageverfahrens vorgelegten Bescheinigungen des C könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem C der Steuererstattungsbetrag eindeutig zustehe. Ebenso wenig sei die Weiterleitung des Erstattungsbetrages an den C aufgrund der Bescheinigungen nachgewiesen. Die von dem Kläger angeregte Zeugeneinvernahme des C werde gemäß § 79 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen Verzögerung des Rechtsstreit zurückgewiesen. Die Präklusion könne nicht dadurch abgewendet werden, dass ein Beteiligter ohne überzeugende Gründe die gerichtlich angeforderten Unterlagen nur teilweise beibringe und ersatzweise Zeugenvernehmung beantrage.

Das Urteil ist dem Klägervertreter am 5. Februar 2002 zugestellt worden. Die dem Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung enthält den Hinweis, dass die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision beim FG einzulegen ist.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 5. März 2002 Nichtzulassungsbeschwerde beim FG eingelegt. Dieses leitete den Beschwerdeschriftsatz unmittelbar an den Bundesfinanzhof (BFH) weiter, wo er am 7. März 2002 einging. Mit der Beschwerde rügt der Kläger, das FG sei dem Beweisangebot auf Vernehmung des C als Zeugen für die Authentizität der Unterschriften des Zeugen unter allen vorgelegten Schriftstücken zu Unrecht mit dem Argument der Prozessverzögerung nicht nachgekommen. Dieses Beweisangebot sei bereits in dem Schriftsatz vom 9. Mai 2001 gemacht worden. Eine Verzögerung des Rechtsstreits sei angesichts der erst am 16. Januar 2002 durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich. Darüber hinaus habe das FG ausweislich einer Aktennotiz die Ausschlussfrist aufgehoben.

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Die Beschwerde ist nicht schon deshalb unzulässig, weil sie nicht innerhalb der nach § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO vorgeschriebenen Monatsfrist beim BFH eingelegt worden ist. Die Rechtsmittelbelehrung enthielt den fehlerhaften Hinweis, dass die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision beim FG einzulegen ist. Die Beschwerde konnte daher --wie geschehen-- gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 FGO innerhalb eines Jahres seit Zustellung des Urteils beim BFH eingelegt werden.

2. Die Beschwerde ist jedoch unzulässig, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO nicht hinreichend dargelegt ist (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Mit der Behauptung der Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG (§ 76 Abs. 1 FGO) macht der Kläger einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend, der bei ordnungsgemäßer Bezeichnung (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) grundsätzlich eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnte. Der Senat braucht nicht zu prüfen, ob sich aus dem Vorbringen des Klägers schlüssig die erforderlichen Angaben zum Beweisantritt und zum Beweisthema, also die den angeblichen Verfahrensverstoß begründenden Tatsachen, ergeben, denn dem Kläger kommt für seine Verfahrensrüge insoweit eine in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannte Begründungserleichterung zugute. Denn soweit das FG --wie im Streitfall-- selbst begründet hat, weshalb von der Erhebung einzelner Beweise (hier: die Einvernahme des C als Zeugen) abgesehen worden ist, ergeben sich die den angeblichen Verfahrensverstoß begründenden Tatsachen aus dem Urteil selbst, so dass die Forderung nach ihrer Angabe zusätzlich auch in der Beschwerdeschrift eine unnötige Förmelei darstellen würde. Es genügt daher insoweit bereits die schlichte Rüge der Nichtvernehmung den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO, die auch bei einer auf § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gestützten Nichtzulassungsbeschwerde maßgeblich sind (Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597, m.w.N., zu § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO a.F.).

Allerdings gehört zur Darlegung des Verfahrensmangels eines übergangenen Beweisantrags i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727; Senatsbeschluss in BFH/NV 2000, 597, m.w.N.). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter --ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge-- verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust zur Folge.

Die eingangs erwähnten Begründungserleichterungen führen im Übrigen nicht etwa dazu, dass in der Beschwerdebegründung auch auf Ausführungen zum Nichteintritt eines Rügeverlustes verzichtet werden könnte. Denn unabhängig davon, ob das angefochtene Urteil Aufschluss über die angebotenen Beweismittel und die Gründe für ihre Nichtbeachtung gibt, kann das Übergehen eines Beweisantrags dann nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen mündlichen Verhandlung anwesende oder fachkundig vertretene Beteiligte, dem die mangelnde Ladung des benannten Zeugen zum Termin erkennbar war, den Verfahrensverstoß nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat (Senatsbeschluss vom 30. Mai 1996 VII B 171/95, BFH/NV 1996, 912). Wird in der Beschwerdeschrift nicht dargelegt, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt worden ist oder weshalb diese Rüge nicht möglich war, ist es auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht als Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes anzusehen, wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen wird (vgl. Beschluss des BVerfG vom 19. Februar 1993 2 BvR 620/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 331).

Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem FG das Unterlassen der Einholung der beantragten Zeugeneinvernahme durch seinen fachkundigen Prozessbevollmächtigten gerügt worden ist. Auch sind keine Gründe dafür erkennbar, dass die rechtzeitige Rüge des behaupteten Verfahrensfehlers aufgrund des Verhaltens des FG nicht möglich gewesen wäre. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung hat das FG nach Stellung der gegenseitigen Anträge den Beschluss verkündet, dass eine Entscheidung den Beteiligten zugestellt wird. Der Kläger hat weder zu diesem Zeitpunkt noch in einem bis zum Ergehen des Urteils nachgereichten Schriftsatz die Aufmerksamkeit des Gerichts auf seinen Beweisantrag gelenkt bzw. das Übergehen gerügt. Auf die Rüge ist damit wirksam verzichtet, so dass die Beschwerde jedenfalls deshalb keinen Erfolg haben kann. Der Senat braucht daher die Frage nicht zu erörtern, ob die vom FG für die Nichteinvernahme des C als Zeugen gegebene Begründung wirklich trägt.

b) Soweit der Kläger des Weiteren ausführt, das FG habe den Kläger zu Unrecht als Leistungsempfänger des Erstattungsbetrages und nicht als Vertreter des Steuerpflichtigen C angesehen, rügt er --nach Art einer Revisionsbegründung-- ausschließlich die Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Urteils; ein die Zulassung der Revision rechtfertigender Grund i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO wird damit nicht dargelegt.

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