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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.08.1998
Aktenzeichen: VII B 80/98
Rechtsgebiete: AO 1977, ZPO


Vorschriften:

AO 1977 § 69 der Abgabenordnung
ZPO § 115 Abs. 3
ZPO § 117 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Mit Haftungsbescheid vom 28. Februar 1994 hat der Beklagte (das Finanzamt --FA--) den Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) wegen rückständiger Lohnsteuerschulden und Nebenleistungen einer GmbH in Anspruch genommen, deren Geschäftsführer er war. Für die gegen den Haftungsbescheid nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage begehrte der Antragsteller die Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH). Er machte geltend, gegen ihn könne der Vorwurf grob fahrlässiger Pflichtverletzung i.S. des § 69 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht erhoben werden. Er habe mit dem zweiten Geschäftsführer der Gesellschaft eine schriftliche Vereinbarung für die zu 100 v.H. an der GmbH beteiligte Muttergesellschaft dahingehend getroffen, daß jener für die kaufmännischen Belange einschließlich der Besorgung der Steuerangelegenheiten und er nur für die "technischen" Fragen zuständig sein solle. Diese Zuständigkeitsverteilung habe auch für die GmbH zu gelten.

Das Finanzgericht (FG) hat den PKH-Antrag abgelehnt, weil der Antragsteller ein nicht mehr gültiges Formblatt für die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verwendet habe und weil ein Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren zum überwiegenden Teil unwahrscheinlich sei. Soweit die Klage bei einem Streitwert von 64 304 DM in Höhe von ca. 50 v.H. der geltend gemachten Säumniszuschläge (= 1 159 DM) Aussicht auf Erfolg habe, stehe der Gewährung von PKH entgegen, daß die insoweit anfallenden Prozeßkosten weniger als vier Monatsraten des einzusetzenden Einkommens ausmachen würden (§ 115 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung --ZPO--).

Inzwischen hat das FG mit Urteil --unter Änderung des Haftungsbescheides und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung-- die Haftungssumme insgesamt um etwa 1/9 herabgesetzt und die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens zu 8/9 dem Kläger und zu 1/9 dem FA auferlegt. Gegen das Urteil hat der Kläger die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision erhoben.

Mit seiner noch vor Ergehen des FG-Urteils eingelegten Beschwerde gegen die Versagung der PKH verfolgt der Antragsteller sein Begehren auf Gewährung von PKH in vollem Umfang weiter.

II. Die Beschwerde ist zwar zulässig, weil sie vor der Entscheidung des FG über die Klage in der Hauptsache eingelegt worden ist (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 7. August 1984 VII B 27/84, BFHE 141, 494, BStBl II 1984, 838 zu 1. b der Gründe). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet.

1. Die Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung steht fest, weil das Urteil in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist. Der Senat hat mit Beschluß vom heutigen Tage die vom Antragsteller erhobene Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision als unzulässig verworfen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig (§ 115 Abs. 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung).

2. In diesem Falle kommt die Bewilligung von PKH grundsätzlich nicht in Betracht. Etwas anderes gilt nur, wenn sich aus dem Vortrag des Antragstellers ergibt, daß die Erfolgsaussichten seiner Klage in der Hauptsache in dem Zeitpunkt der Entscheidung über den PKH-Antrag anders zu beurteilen gewesen wären (vgl. Senatsbeschluß vom 12. Dezember 1996 VII B 146/96, BFH/NV 1997, 607, m.w.N.). Es kann dahinstehen, ob das der Fall gewesen wäre. Zwar hat das FG in dem die Gewährung von PKH ablehnenden Beschluß eine Erfolgsaussicht lediglich in Höhe von 50 v.H. der geltend gemachten Säumniszuschläge (= 1 159 DM) bejaht, während im Urteil die gesamte Haftungssumme um ca. 1/9 herabgesetzt worden ist. Der Senat braucht aber der Frage nicht nachzugehen, ob dem FG bereits bei seiner Entscheidung über die Gewährung von PKH die zu einer umfänglicheren Herabsetzung der Haftungssumme führenden Tatsachen bekannt gewesen sind, so daß es schon zu diesem Zeitpunkt von einer wahrscheinlichen Erfolgsaussicht in Höhe von 1/9 der geltend gemachten Haftungssumme von insgesamt 64 304 DM hätte ausgehen müssen. Denn nach § 115 Abs. 3 ZPO kommt die Gewährung von PKH insoweit nicht in Betracht, als die Kosten der Prozeßführung vier Monatsraten des einzusetzenden Einkommens nicht übersteigen. Die Ermittlung und Berechnung des einzusetzenden Einkommens und der anzusetzenden Monatsrate von 230 DM nach der Tabelle zu § 115 ZPO sowie der voraussichtlichen Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 6 680 DM ist rechtlich und sachlich nicht zu beanstanden. Vier Monatsraten übersteigen mithin auch die Prozeßkosten, die sich bei der Annahme einer Erfolgsaussicht in Höhe von 1/9 der Haftungssumme ergeben hätte.

Danach kann unerörtert bleiben, ob die Gewährung von PKH allein deshalb zu versagen gewesen wäre, weil der durch einen Rechtsanwalt vertretene Kläger die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf einem vor Inkrafttreten des Prozeßkostenhilfe-Änderungsgesetzes vom 10. Oktober 1994 (BGBl I 1994, 2954) verwendeten Vordruck anstatt auf dem nach der Verordnung zu § 117 Abs. 3 ZPO vom 17. Oktober 1994 (BGBl I 1994, 3001) vorgeschriebenen Vordruck abgegeben hat.



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