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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.11.2006
Aktenzeichen: VII B 81/06
Rechtsgebiete: KraftStG, StVZO, PBefG, Richtlinie 2001/116/EG


Vorschriften:

KraftStG § 8 Nr. 2
KraftStG § 9 Abs. 1 Nr. 3
KraftStG § 2 Abs. 2 Satz 1
KraftStG § 2 Abs. 2 Satz 2
StVZO § 23 Abs. 6a
PBefG § 4 Abs. 4 Nr. 1
StVO § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1
Richtlinie 2001/116/EG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Auf die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) ist ein Kfz der Marke Nissan D 22 zugelassen. Es handelt sich um einen sog. Pick-up mit Doppelkabine, der ein zulässiges Gesamtgewicht von über 2,8 t aufweist und der mit einem Dieselmotor (Hubraum 2 494 ccm) ausgerüstet ist. Der Fahrzeugbrief weist das Fahrzeug als "LKW offener Kasten" aus. Das Fahrzeug wurde vom Antragsgegner und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--) zunächst als "anderes Fahrzeug" i.S. von § 8 Nr. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) eingestuft und nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG der Gewichtsbesteuerung unterworfen. Mit Bescheid vom 25. Juli 2005 hat das FA unter Hinweis auf die Aufhebung der in § 23 Abs. 6a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) getroffenen Sonderregelung für Kombinationsfahrzeuge mit Wirkung zum 1. Mai 2005 eine Einstufung des Fahrzeugs als PKW und eine entsprechende Neufestsetzung der Kraftfahrzeugsteuer vorgenommen.

Gegen den Änderungsbescheid legte die Antragstellerin Einspruch ein. Über den Rechtsbehelf ist noch nicht entschieden worden. Ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des angefochtenen Bescheids lehnte das FA ab. Daraufhin hat die Antragstellerin hinsichtlich des Differenzbetrags zwischen der PKW- und LKW-Steuer einen AdV-Antrag beim Finanzgericht (FG) gestellt. Das FG hat dem Antrag mit der Begründung stattgegeben, dass die Einstufung des Fahrzeugs nach der Richtlinie 2001/116/EG (RL 2001/116/EG) der Kommission vom 20. Dezember 2001 zur Anpassung der Richtlinie 70/156/EWG (RL 70/156/EWG) des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger an den technischen Fortschritt (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2002 Nr. L 18/1) zu erfolgen habe. Nach ersatzloser Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO sei die steuerliche Einstufung des streitgegenständlichen Fahrzeugs nach den "von den Mitgliedstaaten verbindlich anzuwendenden Begriffsbestimmungen für Fahrzeugklassen und Fahrzeugtypen" des europäischen Gemeinschaftsrechts vorzunehmen. Die verkehrsrechtliche Einstufung entfalte auch für die Besteuerung Bindungswirkung. Nach den Vorgaben der RL 70/156/EWG sei das Fahrzeug der Antragstellerin ein Fahrzeug der Klasse N1 (bis zu 3,5 t) mit der Aufbauart BA (LKW). Ein Fahrzeug der Klasse M1 (PKW) könne das Fahrzeug deshalb nicht sein, weil das Gemeinschaftsrecht für diese Fahrzeugart keinen Aufbau mit einer offenen Ladefläche kenne.

Mit seiner vom FG zugelassenen Beschwerde macht das FA geltend, dass das FG die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht beachtet habe, nach der sich die Einstufung eines Kfz als PKW oder LKW ausschließlich nach den objektiven Beschaffenheitskriterien, insbesondere nach Bauart, Einrichtung und dem äußeren Erscheinungsbild des Fahrzeugs, richte. Diese Beschaffenheit sei dabei unter Berücksichtigung aller Merkmale in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Nach den von der BFH-Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen seien sog. Pick-up-Fahrzeuge mit Doppelkabine als PKW zu besteuern. Eine Ausnahme gelte nur dann, wenn die für die Güterbeförderung vorgesehene Ladefläche die für die Personenbeförderung vorgesehene Bodenfläche übersteige. Dies habe die Antragstellerin bisher nicht vorgetragen. An der Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids bestünden daher keine ernstlichen Zweifel.

Unter vollinhaltlicher Bezugnahme auf die Entscheidung des FG ist die Antragstellerin der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage gelangt der beschließende Senat zu der Auffassung, dass das FG seine Entscheidung zu Unrecht auf die Einordnung des Fahrzeugs in die in der RL 70/156/EWG i.d.F. der RL 2001/116/EG festgelegte Klasse N1 gestützt und daher weitere Umstände, wie z.B. die Größe der Ladefläche oder das äußere Erscheinungsbild, von vornherein unberücksichtigt gelassen hat.

1. Das KraftStG enthält keine eigenständigen Definitionen der Kraftfahrzeugarten. Ob ein Fahrzeug als der Hubraumbesteuerung unterliegender PKW anzusehen ist (§ 8 Nr. 1 KraftStG), richtet sich nach Verkehrsrecht. Denn die Bedeutung der im KraftStG verwendeten verkehrsrechtlichen Begriffe bestimmt sich nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG grundsätzlich nach den verkehrsrechtlichen Vorschriften. Zu diesen gehörte bis zu seiner Aufhebung mit Wirkung ab 1. Mai 2005 auch § 23 Abs. 6a StVZO, der Kfz, die nach ihrer Bauart und Einrichtung zur Beförderung von Personen und Gütern geeignet und bestimmt sind (sog. Kombinationskraftwagen), bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 2,8 t den PKW zuordnete. Der Begriff des PKW ist jedoch dem deutschen Recht über diese Vorschrift hinaus geläufig und hat eben die Bedeutung, die ihm die ständige Rechtsprechung des beschließenden Senats im Anschluss an jene Vorschrift beigelegt hat. Der Senat hat eine Bestätigung seiner Rechtsprechung zur Abgrenzung von PKW und LKW in den Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) gefunden (Senatsurteil vom 1. August 2000 VII R 26/99, BFHE 194, 257, BStBl II 2001, 72). Nach § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG sind PKW solche Kfz, die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschließlich Fahrer) geeignet und bestimmt sind. Als LKW sind hingegen die nach ihrer Bauart und Einrichtung zur Beförderung von Gütern bestimmten Kfz anzusehen (§ 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG).

a) Ob ein PKW oder LKW vorliegt, ist nach der ständigen Senatsrechtsprechung anhand von Bauart und Einrichtung des Fahrzeugs zu beurteilen. Dabei obliegt es dem Tatsachengericht, unter Berücksichtigung der Gesamtheit aller Merkmale eine Bewertung der objektiven Beschaffenheit des jeweiligen Fahrzeugs vorzunehmen. Als für die Einstufung relevante Merkmale zu berücksichtigen sind z.B. die Zahl der Sitzplätze, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Seitenfenster, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung und die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit, das äußere Erscheinungsbild und bei Serienfahrzeugen die Konzeption des Herstellers (Senatsurteile vom 26. November 1991 VII R 88/90, BFH/NV 1992, 414; vom 5. Mai 1998 VII R 104/97, BFHE 185, 515, BStBl II 1998, 489; vom 26. Juni 1997 VII R 12/97, BFH/NV 1997, 810, und in BFHE 194, 257, BStBl II 2001, 72). Dabei kann kein Merkmal von Bauart und Einrichtung des Fahrzeugs als von vornherein alleinentscheidend angesehen werden, mag auch einzelnen Merkmalen ein besonderes Gewicht zukommen und eine Zuordnung als PKW oder LKW nahe legen (Senatsurteil in BFHE 185, 515, BStBl II 1998, 489).

b) Die Einstufung eines Fahrzeugs durch die Verkehrsbehörde hat als solche weder kraftfahrzeugsteuerrechtlich bindende Wirkung, wie sich im Umkehrschluss aus § 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG ergibt, noch lässt sie im Allgemeinen deshalb einen zuverlässigen Rückschluss auf die richtige kraftfahrzeugsteuerrechtliche Beurteilung zu, weil die Verkehrsbehörden insofern eine überlegene Sachkunde anwenden könnten (BFH-Urteile vom 30. September 1981 II R 56/78, BFHE 134, 367, BStBl II 1982, 82, und in BFHE 194, 257, BStBl II 2001, 72). Vielmehr hat die Kraftfahrzeugsteuerstelle die Einstufung eigenverantwortlich vorzunehmen. Auch der Fahrzeugklassifikation des Herstellers und der darauf beruhenden verkehrsrechtlich orientierten Beurteilung durch das Kraftfahrtbundesamt kommt keine kraftfahrzeugsteuerrechtliche Bindungswirkung zu (Senatsurteil vom 8. Februar 2001 VII R 73/00, BFHE 194, 264, 269, BStBl II 2001, 368). Entgegen der Auffassung des FG sind die Finanzbehörden an die von der Verkehrsbehörde vorgenommene Einstufung eines Fahrzeugs in die Klasse N1 (Anhang C der RL 2001/116/EG) nicht gebunden.

2. Mit der Aufhebung von § 23 Abs. 6a StVZO durch die Siebenundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 2. November 2004 (BGBl I, 2712) ist die bis dahin nur für Kombinationskraftwagen bestehende Sonderregelung ersatzlos entfallen. Daher kann auch die Rechtsprechung des Senats, nach der Kombinationskraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t ohne Rücksicht auf Typ und Erscheinungsbild des Fahrzeugs nicht als PKW zu besteuern sind (BFH-Urteil vom 31. März 1998 VII R 116/97, BFHE 185, 511, BStBl II 1998, 487), keine Geltung mehr beanspruchen.

Nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage vermag der beschließende Senat der Rechtsansicht des FG, dass nach der Aufhebung von § 23 Abs. 6a StVZO die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einstufung eines Fahrzeugs als PKW oder LKW ausschließlich nach den in der RL 70/156/EWG i.d.F. der RL 2001/116/EG für Fahrzeugklassen und Fahrzeugtypen festgelegten Begriffsbestimmungen in Betracht komme, nicht zu folgen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. August 2006 VII B 333/05, BStBl II 2006, 721, BFH/NV 2006, 2001).

a) Wie bereits ausgeführt, enthält neben der StVZO auch das PBefG Festlegungen zur Abgrenzung von PKW und LKW. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass eine unmittelbare Anwendung der im Gemeinschaftsrecht festgelegten Begriffsbestimmungen auf das Kraftfahrzeugsteuerrecht nicht geboten ist. Vielmehr hat die Kraftfahrzeugsteuerstelle eine eigenständige Einstufung des Kfz vorzunehmen, ohne an die vorgenannten gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben gebunden zu sein. Hinsichtlich der in § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) für andere Kfz als PKW festgelegten Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) entschieden, dass die RL 70/156/EWG einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die ein Fahrzeug den auf LKW anzuwendenden Regelungen unterwirft, obwohl dieses Fahrzeug aufgrund einer anhand der RL 70/156/EWG erteilten EG-Typgenehmigung als PKW zugelassen worden ist (EuGH-Urteil vom 13. Juli 2006 Rs. C-83/05, Neue Juristische Wochenschrift 2006, 2539). Zur Begründung seiner Entscheidung hat der EuGH auf den Sinn und Zweck der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen abgestellt. Die Bestimmungen über die Typgenehmigung dienten dazu, durch eine Harmonisierung der technischen Vorschriften und Merkmale Hemmnisse für den freien Warenverkehr zu beseitigen. In Bezug auf Geschwindigkeitsgebote seien der RL 70/156/EWG keine an die Mitgliedstaaten gerichteten Vorschriften zu entnehmen. Darüber hinaus enthalte die Richtlinie keine Bestimmung über die Einstufung von Kfz in die Klasse der "Personenkraftwagen", sondern lediglich eine internationale Einteilung der Kfz in die im Anhang II definierten Klassen M, N und O.

b) Diese Überlegungen sind auf das Steuerrecht übertragbar. Ebenso wenig wie im Hinblick auf Geschwindigkeitsbeschränkungen sind der RL 70/156/EWG i.d.F. der RL 2001/116/EG für die Mitgliedstaaten verbindliche Festlegungen hinsichtlich der Einteilung von Kfz für die Zwecke der Erhebung von Kraftfahrzeug- oder Zulassungssteuern zu entnehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Gegensatz zur Mehrwertsteuer und zu den besonderen Verbrauchsteuern die Besteuerung von PKW in der Gemeinschaft nicht harmonisiert ist. Bis zur Verabschiedung entsprechender, insbesondere auf Art. 93 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gestützter Gemeinschaftsrechtsakte, sind die Mitgliedstaaten folglich in ihrer Entscheidung frei, ob und in welcher Höhe sie eine Kraftfahrzeug- oder Zulassungssteuer erheben wollen (vgl. Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Besteuerung von Personenkraftwagen KOM (2005) 261 endg.). Unter diesen Umständen liegt die Annahme fern, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber mit den Regelungen über Typgenehmigungen für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger zugleich verbindliche Festlegungen hinsichtlich der Besteuerung von Kfz treffen wollte.

c) Maßgebend für die Einordnung eines Kfz als PKW ist demnach die in § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG festgelegte Definition, die einer richtlinienkonformen Auslegung nicht bedarf. Dagegen kann der in der RL 2001/116/EG vorgenommenen Einteilung der für die Personenbeförderung ausgelegten und gebauten Kfz in die Klassen M1 bis M3 sowie der weiteren Differenzierung und entsprechenden Kodierung nach den jeweiligen Aufbauarten (Limousine, Schrägheck-, Kombi- oder Kabrio-Limousine, Coupé oder Mehrzweckfahrzeug) für die Zulässigkeit von Personenbeförderungen nach dem PBefG ebenso wenig entnommen werden wie für die zutreffende Besteuerung eines Kfz nach dem KraftStG. Zwar nimmt die StVZO an verschiedenen Stellen Bezug auf das einschlägige Gemeinschaftsrecht und die Typgenehmigung (z.B. in § 19 Abs. 1, § 22a Abs. 3, § 23 Abs. 1 und § 30 Abs. 4 StVZO), doch ist die Umsetzung der Richtlinienbestimmungen nicht dadurch erfolgt, dass in die StVZO eine allgemeingültige und die Definition in § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG verdrängende Begriffsbestimmung für PKW aufgenommen worden ist. Dies war bereits deshalb nicht veranlasst, weil die RL 70/156/EWG --worauf der EuGH zutreffend hingewiesen hat-- eine Bestimmung über die Einstufung von Kfz in die Klasse "Personenkraftwagen" nicht enthält.

d) Auch der Begründung für die Aufhebung von § 23 Abs. 6a StVZO (BRDrucks 600/04) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Dort wird lediglich darauf verwiesen, dass der Regelungsgehalt der Vorschrift nicht mit den in der RL 70/156/EWG für Fahrzeuge der Klasse M1 (PKW) vorgegebenen Begriffsbestimmungen für Fahrzeugklassen und Fahrzeugtypen vereinbar sei, die eine Begrenzung der zulässigen Gesamtmasse für Kfz dieser Klasse nicht vorsehen würden; die Vorschrift sei aus verkehrrechtlicher Sicht entbehrlich. Im Ergebnis wurde mit der Rechtsänderung keine neue Begriffsbestimmung für PKW in die StVZO eingeführt, sondern lediglich die nationale Sonderregelung für Kombinationskraftwagen abgeschafft, die aufgrund der Rechtsprechung des BFH zu einer privilegierten Gewichtsbesteuerung von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t geführt hatte und deren Steuerprivileg als ungerechtfertigt empfunden wurde und auch heute noch empfunden wird (vgl. z.B. BTDrucks 16/519). Motiviert war die Rechtsänderung insbesondere durch eine Entschließung des Deutschen Bundestages vom 1. Juli 2004, in der die Bundesregierung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH aufgefordert wurde, durch ersatzlose Streichung des § 23 Abs. 6a StVZO schnellstmöglich die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die als Nutzfahrzeuge zugelassenen schweren Geländewagen nur noch als PKW zugelassen und besteuert werden können (BTDrucks 15/3468). In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten des Deutschen Bundestages zur Abschaffung des Steuerprivilegs für Geländewagen hat die Bundesregierung am 20. Juli 2004 die Aufhebung von § 23 Abs. 6a StVZO in Aussicht genommen, ohne die Rechtsänderung mit der Notwendigkeit einer Anpassung an gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zu begründen (BTDrucks 15/3618). Dies belegt, dass die vom FG zur Entscheidungsfindung herangezogene Gesetzesbegründung den Anlass zur ersatzlosen Aufhebung von § 23 Abs. 6a StVZO und den Willen des Gesetzgebers nur unvollständig wiedergibt.

e) Entgegen der Auffassung des FG bestimmt sich die Besteuerung des streitgegenständlichen Kfz nicht nach den in der RL 2001/116/EG getroffenen Festlegungen, sondern nach einer komplexen Gesamtwürdigung der die Bauart und Einrichtung bestimmenden Merkmale unter Berücksichtigung der hierzu entwickelten BFH-Rechtsprechung. Wie bereits ausgeführt, ist die Gesamtheit der technischen Merkmale einer tatrichterlichen Würdigung zu unterziehen. Im Streitfall sind daher unter Beachtung der vorliegenden BFH-Rechtsprechung auch die Größe der Ladefläche und das äußere Erscheinungsbild von Bedeutung. Da das FG dies außer Acht gelassen hat, war der Beschluss aufzuheben. Obwohl der BFH im Streitfall Tatsacheninstanz ist, erscheint es dem Senat zweckmäßig, die Sache an das FG zurückzugeben. Eine Zurückverweisung ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch im Beschwerdeverfahren möglich (Senatsentscheidungen vom 4. Mai 2004 VII B 318/03, BFH/NV 2004, 1363, und vom 8. August 1995 VII B 61/95, BFH/NV 1996, 105). Bei seiner Entscheidung wird das FG nunmehr die Rechtsprechung des Senats zu beachten haben, nach der ein Kfz nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt ist, wenn seine Ladefläche oder der Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht (BFH-Entscheidungen in BFHE 194, 257, BStBl II 2001, 72, und vom 26. August 1997 VII B 103/97, BFH/NV 1998, 87, sowie Urteil des FG München vom 17. Juli 1996 4 K 2692/94, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1996, 348).



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