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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.08.1999
Aktenzeichen: VII B 83/98
Rechtsgebiete: FGO, StBerO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 76
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 76 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 115 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bestand im Juni 1978 die Abschlußprüfung als Fachgehilfin in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen. Sie war dann vom 1. Oktober 1978 bis 28. Februar 1987 bei verschiedenen Steuerberatern als Fachgehilfin tätig. Seit dem 1. November 1987 betrieb sie selbständig ein Unternehmen für Büroorganisation, war aber nach ihren Angaben dennoch weiterhin steuerberatend tätig. Im November 1987 bestand sie ferner die Prüfung als Bilanzbuchhalterin. Mit einem an das Bezirksverwaltungsamt A z.Hd. Herrn X gerichteten Schreiben vom Juli 1990 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf das im Juni 1990 geführte Gespräch ihre "Zulassung zur Prüfung zum Helfer in Steuersachen". Beigefügt waren eine polizeiliche Anmeldung und eine Bescheinigung, wonach die Klägerin im Juli 1990 einen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) gestellt hat. Später hat die Klägerin die ihr im Oktober 1990 ausgehändigte Urkunde über die Verleihung der Staatsbürgerschaft der DDR im August 1990 vorgelegt.

Nach Angaben der Klägerin sei in dem mit ihr im Juni 1990 bei der Bezirksverwaltungsbehörde geführten Gespräch anhand der Anordnung über die Zulassung zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Helfer in Steuersachen und die Registrierung von Stundenbuchhaltern (MdF-AnO) vom 7. Februar 1990 (Gesetzblatt DDR --GBl DDR-- Teil I Nr. 12 S. 92) besprochen worden, welche Voraussetzungen sie noch für die Zulassung erfüllen müsse. Im Juli 1990 habe ein weiteres Gespräch mit Herrn X von der Bezirksverwaltungsbehörde stattgefunden, in das auch fachliche Fragen eingebunden gewesen seien, ihr sei allerdings nicht klar gewesen, ob sie geprüft wurde oder ob Herr X von ihr Kenntnisse habe erwerben wollen. Am Schluß des Gesprächs habe Herr X keinen Zweifel daran gelassen, daß sie als Helferin in Steuersachen zugelassen werde. Er habe ihr gesagt, sie könne und solle sofort anfangen. Im August 1990 habe sie die Urkunde im August 1990 erhalten, mit der sie "gemäß der Steuerberatungsordnung vom 27.06.1990 als Steuerbevollmächtigte zum ... bestellt" worden sei.

Mit Bescheid vom ... Dezember 1991 nahm die Beklagte und Beschwerdegegnerin (die Oberfinanzdirektion) die Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte zurück, weil sie zum Zeitpunkt ihrer Bestellung nicht Staatsbürgerin der DDR gewesen sei, keine Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR besessen und die vorgeschriebene Eignungsprüfung nicht abgelegt habe. Die Klägerin habe die Rechtswidrigkeit ihrer Bestellung auch gekannt. Die Klage hatte ebenso wie zuvor die Beschwerde keinen Erfolg.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision. Sie stützt ihre Beschwerde auf den wiederholten Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) einer unzureichenden Sachaufklärung (Verstoß gegen § 76 FGO) und auf die Abweichung der angefochtenen Entscheidung von bestimmten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH-- (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist --soweit sie rechtzeitig begründet wurde-- jedenfalls unbegründet. Das Finanzgericht (FG) hat seine Verpflichtung zur Aufklärung der Sache (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht verletzt und die behauptete Divergenz liegt nicht vor.

1. Die Ausführungen der Klägerin, mit denen sie im einzelnen rügt, daß das FG keine eigenen Feststellungen hinsichtlich der Praxis des Verwaltungshandelns in der DDR getroffen habe, vermögen den Vorwurf verfahrensfehlerhafter, mangelnder Sachverhaltsaufklärung (§ 76 FGO) nicht zu begründen. In diesem Zusammenhang beanstandet die Klägerin zusammengefaßt, daß das FG pflichtwidrig nicht aufgeklärt habe, ob es im Hinblick auf die Bestellung von Steuerbevollmächtigten eine von den Rechtsvorschriften abweichende Verwaltungspraxis mit der Folge gegeben habe, daß Bestellungen, die in Übereinstimmung mit dieser Verwaltungspraxis vorgenommen worden seien, nicht rechtswidrig gewesen sein könnten. Für die Entscheidung kam es indes auf solche Feststellungen nicht an, weil sich nach Auffassung des FG die Prüfung, ob die Bestellung als Steuerbevollmächtigte rechtswidrig war, gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes allein nach dem bundesdeutschen Rechtsverständnis zu richten hatte. Angesichts der Bindung der Verwaltung an das Gesetz ist danach ein Verwaltungsakt rechtswidrig, wenn er mit dem Gesetz nicht vereinbar ist. Eine dem Gesetz widersprechende Verwaltungspraxis ist demgemäß, wie der Senat schon mehrfach ausgeführt hat, auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes unbeachtlich, selbst wenn sie auf ministerielle Anweisungen zurückgehen sollte (vgl. BFH-Urteile vom 7. März 1995 VII R 4/94, BFHE 177, 180, BStBl II 1995, 421; vom 9. Januar 1996 VII R 16/95, BFH/NV 1996, 512). Soweit der Beschwerde zu entnehmen ist, daß die Klägerin diese Rechtsauffassung nicht teilt, betrifft dies eine Frage des materiellen Rechts, die mit der Verfahrensrüge nicht geltend gemacht werden kann.

Die Klägerin rügt ebenfalls zu Unrecht, daß das FG keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob eine Eignungsprüfung durchgeführt wurde oder die Klägerin davon befreit worden sei. Denn das Gericht hat ausführlich begründet (S. 12 f. des Urteils), weshalb das Gespräch zwischen der Klägerin und Herrn X von der Bezirksverwaltungsbehörde, das am 31. Juli 1990 stattgefunden haben soll, weder als Eignungsprüfung angesehen werden, noch Grundlage für eine Befreiung von derselben gewesen sein konnte. Auch die Klägerin erkennt an, daß nach Aktenlage keine Prüfung stattgefunden habe. Soweit die Klägerin aber rügt, das Gericht hätte prüfen müssen, ob die Klägerin nicht doch von der Prüfung befreit worden sei, hat sie keine Gründe vorgetragen, aus denen sich ergibt, daß aus der Sicht des Gerichts trotz seiner Ausführungen, wonach schon aufgrund des zeitlichen Ablaufs keine Entscheidung der Prüfungskommission über eine Befreiung der Klägerin von der Eignungsprüfung ergangen sein kann, eine weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich gewesen wäre.

2. Schließlich besteht die behauptete Abweichung der angefochtenen Entscheidung von den Urteilen des BFH vom 25. Februar 1997 VII R 94/96 (BFH/NV 1997, 532) und vom 26. November 1996 VII R 11/96 (BFH/NV 1998, 90) nicht, selbst wenn die Klägerin sie ausreichend bezeichnet hätte (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

In den genannten Entscheidungen wurde die Frage untersucht, ob ein zunächst als Helfer in Steuersachen zugelassener Begünstigter hätte erkennen müssen, daß seine Zulassung rechtswidrig war, weil er nicht Staatsbürger der DDR war und/oder nicht über Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR verfügte. Auf das Fehlen dieser Voraussetzungen hat das FG indes seine Entscheidung im Streitfall nicht gestützt. Hier wird die angegriffene Entscheidung vielmehr sowohl hinsichtlich der Alternative --zunächst Zulassung als Helferin in Steuersachen und dann Bestellung als Steuerbevollmächtigte gemäß § 19 Abs. 2 der Verordnung über die Hilfeleistung in Steuersachen (StBerO) vom 27. Juni 1990 (GBl DDR Sonderdruck Nr. 1455)-- als auch hinsichtlich der Alternative --unmittelbare Bestellung als Steuerbevollmächtigte gemäß § 70 Abs. 1 StBerO i.V.m. MdF-AnO-- allein von der Feststellung des FG getragen, daß die Klägerin weder die Eignungsprüfung abgelegt hat noch davon befreit worden ist.

3. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. Juli 1999 ergänzend vorgetragen hat, daß die StBerO aus formalen und inhaltlichen Gründen rechtsunwirksam sei, kann dieses Vorbringen nicht mehr berücksichtigt werden, weil es nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) vorgetragen worden ist. Im übrigen fehlt es, soweit die Klägerin darin einen Verfahrensfehler sieht, daß das FG nicht aufgeklärt hat, ob die StBerO im maßgebenden Zeitpunkt überhaupt galt, auch an Ausführungen dazu, inwieweit die angeführte Entscheidung darauf beruhen kann. Solche wären aber gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO zur schlüssigen Begründung eines Verfahrensfehlers erforderlich gewesen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 65, § 120 Rz. 37, m.w.N.).

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