Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.02.2002
Aktenzeichen: VII B 99/01
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Rechtsgrundsätzliche Bedeutung misst die Beschwerde der Rechtssache zu Unrecht sinngemäß deshalb bei, weil geklärt werden müsse, ob eine Rechtsvorschrift, die für in einem bestimmten Zeitraum erfolgte Ausfuhren eine Anpassung eines im Voraus festgesetzten Erstattungssatzes vorschreibt (hier: Verordnung (EG) Nr. 2007/94 --VO Nr. 2007/94-- der Kommission vom 3. August 1994 zur Änderung der bei der Erstattung für Getreide anzuwendenden Berichtigung, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 201/22), gemäß Art. 26 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen --VO Nr. 3665/87-- (ABlEG Nr. L 351/1; vgl. jetzt Art. 27 Abs. 2 Buchst. c der gleichnamigen Verordnung (EG) Nr. 800/1999 vom 15. April 1999, ABlEG Nr. L 102/11) auf Ausfuhren anzuwenden ist, wenn die Zahlungserklärung deshalb am ersten Tag jenes Zeitraums abgegeben und von der zuständigen Zollbehörde angenommen worden ist, weil sie an dem letzten diesem Zeitraum vorangegangenen Tag wegen eines Feiertages, an dem die zuständige Zollbehörde geschlossen blieb, nicht abgegeben werden konnte. Die richtige Beantwortung dieser Frage hält die Beschwerde für zweifelhaft, obgleich nach dem Wortlaut der vorgenannten Vorschrift für eine Anpassung des Erstattungssatzes, wenn dieser im Voraus festgesetzt worden ist, der Tag der Annahme der Zahlungserklärung maßgebend ist (dieser fiel im Streitfall unzweifelhaft in den Geltungsbereich der VO Nr. 2007/94). Es sei, so meint die Beschwerde, zu berücksichtigen, dass nach Art. 3 Abs. 4 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 (VO Nr. 1182/71) des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine (ABlEG Nr. L 124/1) eine Frist erst mit Ablauf der letzten Stunde des folgenden Arbeitstages endet, wenn ihr letzter Tag auf einen Feiertag fällt. Diese Vorschrift sei einschlägig für Handlungen des Bürgers, wie z.B. die Abgabe der Zahlungserklärung. Nach Art. 5 VO Nr. 1182/71 sei hingegen für eine Handlung der Behörde, wie z.B. die Annahme der Zahlungserklärung, Art. 3 Abs. 4 VO Nr. 1182/71 nicht anzuwenden. In der Konsequenz des Zusammenspiels dieser beiden Vorschriften werde dem Bürger der Vorteil des Art. 3 Abs. 4 VO Nr. 1182/71 entzogen. Dies führe vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Feiertage in der Gemeinschaft zu einer unzumutbaren Ungleichbehandlung. Es sei zu klären, wie der "Widerspruch" zwischen den beiden Vorschriften aufzulösen ist.

Diese Ausführungen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Denn die angebliche Grundsatzfrage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie offenkundig und zweifelsfrei nur so beantwortet werden kann, wie sie das Finanzgericht (FG) beantwortet hat. Es geht vorliegend nicht darum, dass die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) innerhalb einer mit einem bestimmten Ereignis oder Datum beginnenden "Frist" eine bestimmte Rechtshandlung vornehmen konnte und dass ihr, weil der Ablauf dieser Frist auf einen Feiertag fiel, die Vornahme dieser Rechtshandlung auch noch an dem folgenden Tag nach Ablauf der Frist nach Art. 3 Abs. 4 VO Nr. 1182/71 gestattet werden müsste. Entscheidend ist allenfalls der Zeitpunkt, an dem die Klägerin ihre Zahlungserklärung abgegeben hat. Dass dieser Zeitpunkt fiktiv zurückzuverlegen wäre, wenn eine Rechtshandlung wegen eines Feiertages an einem früheren Tag als tatsächlich geschehen nicht vorgenommen werden konnte, ist der VO Nr. 1181/71 nicht zu entnehmen. Ebenso wenig gibt es einen Rechtssatz, der eine Regelung verböte, die darauf hinausläuft, dass die Marktteilnehmer in Folge eines in der Gemeinschaft nicht einheitlich geregelten Feiertages nicht völlig gleiche Möglichkeiten haben, die vom Gemeinschaftsrecht gebotenen Rechtsvorteile ausnutzen zu können.

Im Übrigen ist für die Entscheidung des Streitfalles aber auch nicht der Zeitpunkt der Abgabe der Zahlungserklärung, sondern der Zeitpunkt maßgeblich, an dem die Zahlungserklärung der Klägerin von der Zollbehörde angenommen worden ist; denn dieser Tag ist nach Art. 26 Abs. 2 Buchst. b VO Nr. 3665/87 maßgeblich, wenn es darum geht, ob der für die Klägerin im Voraus festgesetzte Erstattungssatz nach Maßgabe der VO Nr. 2007/94 anzupassen ist. Dass diese behördliche Handlung vor In-Kraft-Treten der VO Nr. 2007/94 vorgenommen worden wäre, wenn die Klägerin an dem schon bezeichneten letzten Tag vor deren In-Kraft-Treten ihre Zahlungserklärung hätte abgeben können und daran nicht dadurch gehindert gewesen wäre, dass dieser Tag ein Feiertag war, ist für die Anwendung des Art. 26 Abs. 2 Buchst. b VO Nr. 3665/87 ebenso offenkundig ohne Bedeutung wie für die Anwendung der VO Nr. 1182/71. Das ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass, wie das FG bereits mit Recht hervorgehoben hat, anderenfalls das sinnwidrige Ergebnis eintreten würde, dass als Tag der Annahme der Zahlungserklärung ein Zeitpunkt gelten müsste, zu dem die Ware, welche die Klägerin ausführen wollte, noch nicht unter Zollkontrolle stand und damit den Voraussetzungen des Art. 26 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 nicht genügt war und wegen des Feiertages auch nicht genügt werden konnte.

Es besteht nach alledem, jedenfalls soweit es den Streitfall betrifft, kein "Widerspruch" zwischen Art. 3 Abs. 4 und Art. 5 VO Nr. 1182/71, dessentwegen die Entscheidung des FG in einem Revisionsverfahren überprüft werden müsste.

2. Die Revision ist auch nicht deshalb wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil, wie die Revision meint, geklärt werden müsste, ob der Grundsatz des Vertrauensschutzes eingreift, wenn eine rückwirkende Annahme einer Zahlungserklärung von der Zollbehörde zugesagt worden ist, weil diese an einem Feiertag abgegeben werden sollte, aber nicht abgegeben werden konnte. Denn auch hierzu hat das FG bereits richtig darauf hingewiesen, dass die Zollbehörden das Gemeinschaftsrecht nicht dadurch im Einzelfall außer Kraft setzen können, dass sie einem Wirtschaftsbeteiligten eine Handhabung des Gemeinschaftsrechts zusagen, die dem Gemeinschaftsrecht offenkundig widerspricht. So liegt es aber hier. Maßgebend ist, wie ausgeführt, der Tag der Annahme der Zahlungserklärung, nicht irgend ein anderer Tag, an dem die Klägerin die Zahlungserklärung hätte abgeben wollen, an dem sie diese jedoch wegen einer entsprechenden Feiertagsregelung nicht abgeben konnte. Dass daran die VO Nr. 1182/71 nichts ändert, ist, wie ebenfalls ausgeführt, offenkundig, so dass schon deshalb die angebliche Zusage der Zollbehörde an der Maßgeblichkeit des Tages der Annahme der Zahlungserklärung im Streitfall nichts zu ändern vermag.

Ende der Entscheidung

Zurück