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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 25.02.2003
Aktenzeichen: VII K 1/03
Rechtsgebiete: FGO, ZPO, JBeitrO


Vorschriften:

FGO § 62a
ZPO § 767
ZPO § 767 Abs. 1
JBeitrO § 8 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Klägerin erhob beim Bayerischen Verwaltungsgericht München (VG) "Vollstreckungsabwehrklage" gegen die Justizbeitreibungsstelle des Bundespatentgerichts (Beklagte). Sie begehrt die Einstellung der Vollstreckung aus den im Tenor dieser Entscheidung genannten Kostenrechnungen des Bundesfinanzhofs (BFH), zu deren Vollstreckung gemäß § 2 Abs. 2 Buchst. c i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO) die Beklagte berufen ist. Zur Begründung bringt die Klägerin vor, das ursprüngliche Verfahren gegen die Finanzbehörde sei vom Finanzgericht (FG) wieder aufgenommen worden. In dem Verfahren müsse geklärt werden, wenn es positiv ausgehe, ob die Finanzbehörden für die Kosten aufkommen müssten.

Das VG hat nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss nach § 17a Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs festgestellt und den Rechtsstreit an den BFH verwiesen.

1. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 erster Fall JBeitrO sind Einwendungen gegen Gerichtskostenforderungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 JBeitrO), die den beizutreibenden Anspruch selbst betreffen, vom Schuldner gerichtlich nach den Vorschriften über Erinnerungen gegen den Kostenansatz geltend zu machen. Die Klägerin greift keine konkrete Vollstreckungsmaßnahme an und beanstandet auch nicht die Art und Weise der Vollstreckung, sondern begehrt die Einstellung der Vollstreckung, weil sie, so versteht der Senat ihr Vorbringen, der Auffassung ist, die Vollstreckung erfolge aus offensichtlich unrichtigen Entscheidungen des BFH und/oder der Vorinstanzen. Damit richtet sich ihre Einwendung gegen den beizutreibenden Anspruch selbst. Diese Formulierung in § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO ist nicht eng zu verstehen und betrifft nicht nur die klassischen Erlöschensgründe (wie z.B. Zahlung, Verjährung, Aufrechnung; vgl. etwa BFH-Beschluss vom 10. Juli 1997 VII E 13/97, BFH/NV 1998, 76). Es sollen vielmehr möglichst alle Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Gerichtskostenanspruch von dem Gericht geprüft und beschieden werden, bei dem die zu vollstreckenden Gerichtskosten --im Streitfall beim BFH-- angesetzt worden sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes --GKG--). Damit hat die Zuweisung dieser Einwendungen in das Erinnerungsverfahren die Funktion, die sonst der für diesen Bereich ausgeschlossenen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrO nennt den § 767 der Zivilprozessordnung --ZPO-- nicht) Vollstreckungsabwehrklage zukommt. Daher liegt es nahe, den Ausdruck "Einwendungen, die den beizutreibenden Anspruch selbst,... betreffen" in § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO ebenso zu verstehen wie die Formulierung "Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen" in § 767 Abs. 1 ZPO. Die Einwendung, es werde aus einer offensichtlich unrichtigen Entscheidung vollstreckt, gehört als Einwendung der unzulässigen Rechtsausübung oder des Rechtsmissbrauchs zum Anwendungsbereich des § 767 ZPO (vgl. Zöller/Herget, Zivilprozessordnung, 23. Aufl. 2002, § 767 Rz. 12 "unzulässige Rechtsausübung") und damit auch zu den hier von § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO in das Erinnerungsverfahren verwiesenen Einwendungen.

2. Die hiernach zulässige Erinnerung der Klägerin --Bindung der Erinnerung an eine Frist und Vertretungszwang vor dem BFH bestehen im Erinnerungsverfahren nicht (§ 5 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 5 GKG)-- ist jedoch nicht begründet. Das Vorbringen der Klägerin ist bereits nicht schlüssig. Der Senat kann ihm nicht entnehmen, worin denn die unzulässige oder rechtsmissbräuchliche Rechtsausübung der Beklagten liegen sollte. Diese vollstreckt lediglich, wie es ihrem gesetzlichen Auftrag entspricht, Gerichtskostenforderungen, gegen welche die Klägerin weder nach Grund noch nach Höhe substantiierte Einwendungen vorgebracht hat. Es ist auch nicht dargelegt und nicht ersichtlich, dass die den Gerichtskostenforderungen zugrunde liegenden Erkenntnisse etwa klar und offensichtlich falsch oder erschlichen sind, sodass sich eine Vollstreckung der Gerichtskosten aus diesem Grund als unzulässige Rechtsausübung oder Rechtsmissbrauch darstellen könnte.

3. Sollte das Rechtsschutzbegehren der Klägerin, was aufgrund ihres Schriftsatzes vom 4. Juni 2002 ebenfalls in Frage käme, auf eine förmliche Wiederaufnahme der rechtskräftig abgeschlossenen, den zu vollstreckenden Gerichtskostenforderungen zugrunde liegenden Verfahren vor dem BFH gerichtet sein (§ 134 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. §§ 578 ff. ZPO), so wäre dieses Begehren schon deshalb unzulässig, weil die Klägerin vor dem BFH nicht, wie erforderlich, nach den Vorschriften des Gesetzes durch eine gemäß § 62a FGO zur Vertretung berechtigte Person vertreten ist (vgl. hierzu Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 62a Rz. 14, m.w.N.). Um der Klägerin weitere Kosten zu ersparen, sieht der Senat daher davon ab, das Begehren der Klägerin unter diesem Aspekt weiterzuverfolgen.

4. Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 5 Abs. 6 GKG).

Ende der Entscheidung

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