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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 21.11.2002
Aktenzeichen: VII R 21/01
Rechtsgebiete: VO EWG Nr. 1224/80


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 1224/80 (ZWVO 1980) Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv
1. Wird im Gesamtprozess einer Kollektionserstellung die letzte Verbesserung der Mustervorgaben, die nicht nur unwesentliches Beiwerk ist, im Ausfuhrland durch Personen durchgeführt, die vom Käufer der unter Verwendung dieser Muster dort hergestellten und dann in die Gemeinschaft eingeführten textilen Fertigerzeugnisse (Serienproduktion) bezahlt werden, so kommen die vom Käufer getragenen Aufwendungen für dieses Personal (hier: Zahlung der Gehälter und Übernahme von Wohnungsmieten), soweit sie nicht bereits im tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis für die eingeführten Waren enthalten sind, als unter dem Aspekt der sog. geistigen Beistellungen in deren Zollwert einzubeziehender Hinzurechnungsposten in Betracht.

2. Solche geistigen Beistellungen (1.) sind jedenfalls dann i.S. des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZWVO 1980 "außerhalb der Gemeinschaft erarbeitet" worden und damit zuschlagpflichtig, wenn hinsichtlich der Tätigkeit der betreffenden ausländischen Mitarbeiter des in der Gemeinschaft ansässigen Käufers eine enge Beziehung zum Zollgebiet und damit zur Wirtschaft der Gemeinschaft nicht besteht. Die bloße Führung auf der Gehaltsliste des Käufers reicht hierfür nicht aus.


Gründe:

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin der E-GmbH (E), die im Rahmen der E-Gruppe in der Textilherstellung durch Fremdunternehmen und im Textilhandel tätig war. Auf Grund einer auf Anordnung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --HZA--) für den Zeitraum vom 1. September 1987 bis 31. Dezember 1990 bei E durchgeführten Prüfung der Eingangsabgaben durch die Betriebsprüfungsstelle Zoll (BpZ) erhob das HZA mit Steueränderungsbescheid vom 24. Juni 1991 u.a. Zoll in Höhe von ... DM nach, weil E Gehälter und Mietkostenübernahmen in Höhe von ... DM, die sie an angeblich im Designbereich Hongkong tätige Mitarbeiter im Zeitraum von September 1987 bis Dezember 1989 gezahlt hatte, nicht zu den Zollwerten der aus Hongkong eingeführten Textilien angemeldet hatte. Mit weiterem Steueränderungsbescheid vom 22. Juli 1992 erhob das HZA ... DM Zoll für die im Jahr 1990 gezahlten Gehälter einschließlich der Mietkosten nach. Beiden Bescheiden, gegen die E jeweils Einspruch erhob, wurde ein für die eingeführten Textilien ermittelter Durchschnittszollsatz von 13,52 v.H. zugrunde gelegt.

Die beiden Bescheide wurden nebst weiteren Bescheiden im Steueränderungsbescheid vom 10. Dezember 1993, der erstmals auch ein Leistungsgebot enthielt, zusammengefasst; dieser Bescheid wurde mit weiterem Steueränderungsbescheid vom 26. Mai 1995 durch eine erhebliche Erstattung zum großen Teil wieder aufgehoben. Hinsichtlich der Nacherhebung wegen der Übernahme von Mitarbeitergehältern einschließlich der Mietzahlungen gab es allerdings keine Änderungen. Dieser Teil des Bescheids ist zwischen den Beteiligten allein streitig. Nach erfolglosem Einspruch erhob E, an deren Stelle im Verlaufe des Klageverfahrens die Klägerin getreten ist, Klage vor dem FG.

Die Klage blieb überwiegend ohne Erfolg. Das FG urteilte, die Zahlungen der E an ihre Mitarbeiter in Hongkong gehörten zwar nicht zum tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis i.S. des Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren --ZWVO 1980-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 134/1), den E für die eingeführten Textilien gezahlt habe; die Zahlungen seien aber über Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZWVO 1980 als sog. geistige Beistellungen in den Zollwert der Waren einzubeziehen. Die in Hongkong von den betreffenden Mitarbeitern, teilweise ausgebildete Designer, durchgeführten Tätigkeiten gehörten noch zum Bereich der Kollektionserstellung und beträfen das konkrete Herstellungsverfahren der Textilien in Hongkong. Zwar seien die in Deutschland gefertigten Entwürfe und Muster dort nicht geändert worden, es sei aber sehr sorgfältig darauf geachtet worden, dass das, was mit den Entwürfen gewollt gewesen sei, auch wirklich produktionstechnisch umgesetzt werde. Durch Verbesserung der Vorgaben sollte den Waren der letzte "Kick" gegeben werden, eine letzte Verbesserung also, die maßgebend für das schließlich gewollte Erscheinungsbild des Musters und der anschließenden Serienproduktion sei. Diese Verbesserungen seien als technische Unterstützung auch über einfache Herstellungsanweisungen ohne Wert hinausgegangen, weil bei den Herstellern das entsprechende Wissen nicht vorhanden gewesen sei, selbst wenn es sich nach hiesigen Verhältnissen nur um Standardwissen gehandelt habe.

Die streitigen Kollektionskosten beträfen auch Entwürfe, die außerhalb der Gemeinschaft, nämlich in Hongkong, erarbeitet worden seien. Unerheblich sei, dass der Hauptanteil der Kollektionskosten in Deutschland angefallen sei und dass die bezahlten Mitarbeiter teilweise auch zu Koordinationsbesprechungen in Deutschland gewesen seien und auch hier an der Kollektionserstellung mitgewirkt hätten, da diese Mitarbeiter hauptsächlich außerhalb der Gemeinschaft tätig gewesen seien. Es komme auch nicht darauf an, dass die von den Mitarbeitern durchgeführten Tätigkeiten auch von einem Einkaufskommissionär hätten erbracht werden können und dann nicht in den Zollwert hätten einbezogen werden dürfen.

Allerdings dürften die Gehalts- und Mietzuschusszahlungen für 1987 und für Januar bis März 1988 nicht in den Zollwert einbezogen werden, weil insoweit Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Das FG hob daher den Nachforderungsbescheid insoweit auf, als die Zahlung von Mitarbeitergehältern einschließlich Mietkostenübernahmen zu einer Nacherhebung von mehr als ... DM Zoll geführt hat.

Gegen dieses Urteil des FG richtet sich die Revision der Klägerin. Die Klägerin rügt die Verletzung von Bundesrecht, namentlich des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZWVO 1980, des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) wegen Verletzung der Denkgesetze und des § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO), weil das FG einen Sachverhalt zugrunde gelegt habe, der nicht festgestellt worden sei. Hierzu trägt sie vor, das FG habe keinerlei Tatsachenfeststellungen getroffen, die die Annahme rechtfertigen würden, die betreffenden in Hongkong tätigen Mitarbeiter hätten überhaupt geistige Beistellungen erbracht. Konkret erbrachte Leistungen habe das FG nicht festgestellt; das FG habe lediglich aus der Arbeitsunterlage eines Betriebsprüfers zitiert, in der aber keinerlei konkrete Feststellung enthalten sei, was für Tätigkeiten der einzelne Mitarbeiter oder alle insgesamt erbracht hätten. Auch die durchgeführte Beweisaufnahme habe insoweit zu keinen Ergebnissen geführt. Ein Erarbeiten von konkreten geistigen Beistellungen in Hongkong habe das FG somit nicht feststellen können. Es liege auch keine zollwertpflichtige technische Unterstützung vor.

Schließlich basiere die Vorentscheidung auf einer Verkennung des in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZWVO 1980 enthaltenen Rechtssatzes. Ziel dieser Vorschrift sei es, der Gemeinschaft zurechenbare geistige Leistungen zu privilegieren. Bei richtigem Verständnis dieser Regelung dürften daher, so wie es in der US-amerikanischen Umsetzung der betreffenden GATT-Zollwertvorschrift explizit ausgedrückt sei, geistige Leistungen selbst dann nicht in den Zollwert einbezogen werden, wenn sie zwar im Ausland erarbeitet worden seien, dies aber durch Mitarbeiter des Einführers geschehen sei. Hiernach komme es allein auf den Geschäftssitz des Importeurs, nicht aber auf den Wohnsitz des betreffenden Mitarbeiters des Importeurs an.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht erkannt, dass die Zahlungen der Klägerin an ihre Mitarbeiter in Hongkong und die Mietkostenübernahmen gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZWVO 1980 in den Zollwert einzubeziehen waren.

1. Für die Ermittlung des Zollwerts der eingeführten Textilien aus Hongkong sind im Streitfall noch die Vorschriften des vor Einführung des Zollkodexrechts geltenden Zollwertrechts der ZWVO 1980 maßgeblich. Die zu beurteilenden Rechtsfragen wären allerdings unter Zugrundelegung des nunmehr in das Zollkodexrecht integrierten Zollwertrechts in gleicher Weise zu entscheiden. Ist der Zollwert der eingeführten Waren, wie im Streitfall, nach Art. 2 Abs. 1, Art. 3 ZWVO 1980 zu ermitteln, so ist unter bestimmten weiteren Voraussetzungen, deren Vorliegen hier allesamt unstreitig ist, der Zollwert der Transaktionswert, d.h. der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, ggf. nach Berichtigung gemäß Art. 8 ZWVO 1980 (Art. 3 Abs. 1 ZWVO 1980).

a) Nach Art. 3 Abs. 3 Buchst. a Satz 1 ZWVO 1980 ist der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer oder zu dessen Gunsten für die eingeführten Waren entrichtet oder zu entrichten hat, und schließt alle Zahlungen ein, die als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer an den Verkäufer oder vom Käufer an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind.

Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass die Zahlungen, die E an ihre Mitarbeiter in Hongkong als Gehälter und Mietkostenübernahmen geleistet hat, nicht Bestandteil des tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises für die von E eingeführten Textilien waren, denn es konnten keine Anhaltspunkte dafür festgestellt werden, dass E diese Zahlungen etwa zugunsten der jeweiligen Verkäufer der Textilien in Hongkong geleistet hätte oder dass diese Zahlungen Bedingung für das Zustandekommen der jeweiligen Kaufverträge gewesen sein könnten. Insoweit hat das FG bindend für das Revisionsgericht (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass die von E mit diesem Personal vorgenommene Warenkontrolle eine aus Sicht der E vor Ort besser als in Deutschland zu leistende freiwillige Maßnahme dargestellt habe, die nicht Gegenstand des jeweiligen Kaufvertrags gewesen sei.

b) Zu den in Art. 8 ZWVO vorgesehenen Berichtigungen, die dem für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis hinzuzurechnen sind, gehört gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b ZWVO 1980 der entsprechend aufgeteilte Wert bestimmter Gegenstände und Leistungen, die unmittelbar oder mittelbar vom Käufer unentgeltlich oder zu ermäßigten Preisen für die Verwendung im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Verkauf zur Ausfuhr der zu bewertenden Waren geliefert bzw. erbracht worden sind (sog. Beistellungen), soweit dieser Wert nicht bereits im tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis enthalten ist. Nach Ziff. iv der in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b ZWVO 1980 enthaltenen Aufzählung der zuschlagspflichtigen Beistellungen gehört dazu auch der Wert der für die Herstellung der eingeführten Waren notwendigen Techniken, Entwicklungen, Entwürfe, Pläne und Skizzen, die außerhalb der Gemeinschaft erarbeitet wurden.

Der Senat teilt die Auffassung des FG und des HZA, dass die Voraussetzungen dieser Hinzurechnungsvorschrift im Streitfall erfüllt sind.

aa) Werden zur Verwendung bei der Herstellung von Textilien in der Serienproduktion in einem Drittland Muster und Entwürfe (engl.: artwork, design work; vgl. Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv des GATT-Zollwert-Kodex, abgedruckt bei Müller-Eiselt, EG-Zollrecht, Fach 3120) vom Käufer der textilen Fertigerzeugnisse in der Gemeinschaft unentgeltlich beigestellt, so ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der gesamte Aufwand, der bei der Erstellung der Muster und Entwürfe auf den einzelnen außerhalb der Gemeinschaft vollzogenen Stufen der Kollektionserstellung anfällt und vom Käufer zu tragen ist (sog. Kollektionskosten), als zuschlagspflichtige geistige Beistellung i.S. des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZWVO 1980 in den Zollwert der später in die Gemeinschaft eingeführten textilen Fertigerzeugnisse einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1998 VII R 147/97, BFHE 187, 362).

Das FG hat angenommen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin solche Beistellungen ihren Lieferanten in Hongkong erbracht hat. Diese Annahme ist, anders als die Klägerin meint, von ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getragen. Das FG hat nämlich nicht nur, wie von der Klägerin vorgetragen, aus der Arbeitsunterlage der Betriebsprüfer zitiert, sondern sich die darin enthaltenen Feststellungen ersichtlich auch zu Eigen gemacht. Das FG hat nämlich ausgeführt, dass die in den Tz. ... dieser Arbeitsunterlage enthaltenen wesentlichen Feststellungen hinsichtlich der streitigen Einbeziehung von Mitarbeitergehältern einschließlich der Mietzahlungen ohne Änderung in den abschließenden Prüfungsbericht eingegangen seien und dass in der Schlussbesprechung E die Tatsachenfeststellungen der Prüfer anerkannt habe. Daher konnte auch das FG, vorbehaltlich des Ergebnisses der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme, von diesen Feststellungen ausgehen, ohne dies näher begründen zu müssen.

Hiernach ist festgestellt, dass Frau X als Designerin für den Strickbereich und Design Coordinator vor Ort tätig war, als Vorgabe nur eine Grundidee (z.B. Farbtöne) erhielt und bei der komplizierten Herstellung der Strickwaren in ständigem Kontakt mit den Strickern stand. Diese Tätigkeit als verantwortliche Designerin vor Ort erfüllt klar die Voraussetzung der Hinzurechnungsvorschrift des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZWVO 1980: Es sind Leistungen des Käufers im Zusammenhang mit den für die Herstellung der eingeführten Waren notwendigen Techniken, Entwürfen und Skizzen erbracht worden, die deshalb aus der Sicht des begünstigten Verkäufers unentgeltlich waren, weil E das Gehalt und auch die Wohnungsmiete dieser Mitarbeiterin in Hongkong übernommen hatte.

Hinsichtlich der übrigen acht betroffenen Mitarbeiter ist ebenfalls eine Tätigkeit im Designbereich in Hongkong festgestellt. E hatte den Prüfern selbst angegeben, dass die wesentliche Aufgabe dieser Mitarbeiter darin bestanden habe, die Weiterleitung von Designunterlagen aus Deutschland an die Hersteller zu überwachen. Ferner sollten sie sicherstellen, dass z.B. Maße und Größe der von den Herstellern gefertigten Kollektionsmuster eingehalten würden, und dies vor Absendung der Muster an E überprüfen. In der Einspruchsbegründung hatte E, was das FG ausdrücklich erwähnt, ergänzend hierzu vorgetragen, dass es einige produktionstechnisch sehr versierte Mitarbeiter in Hongkong gegeben hätte, die darauf geachtet hätten, dass die aus Deutschland kommenden Entwürfe tatsächlich auch genau in der gewünschten Form umgesetzt würden. Dies sei erforderlich gewesen, weil nicht jeder Hersteller in Fernost ständig über die neuesten weltweiten Trends informiert sei, nicht jeden produktionstechnischen Kniff kenne und auch nicht in einer etwas herkömmlichen Technik den "letzten Kick" herausholen könne. Diese von E selbst charakterisierte Tätigkeit ihrer Mitarbeiter geht über die reine Warenkontrolle (Auftragsabwicklung, Produktionsüberwachung, Qualitäts- und Auslieferungskontrolle) hinaus, weil sie Tätigkeiten umfasst, die von einem mit einer solchen Warenkontrolle normalerweise betrauten Einkaufskommissionär deshalb nicht geleistet werden konnten, weil sie spezielle Kenntnisse und Know-how im Mode- und Designbereich voraussetzten.

Tatsächlich waren diese Tätigkeiten auch nicht von den Leistungen der für E als Einkaufskommissionär eingesetzten E Hongkong umfasst; sie sind vielmehr von eigenen Mitarbeitern der E durchgeführt worden, die ausweislich ihrer Funktionsbezeichnung und der vorhandenen Arbeitsverträge alle speziell im Designbereich tätig und teilweise ausgebildete Designer waren. Insoweit geht auch der Einwand der Klägerin fehl, die betreffenden Leistungen seien zollwertrechtlich auch deshalb nicht ansetzbar, weil sie im Falle der Erbringung durch einen Einkaufskommissionär ebenfalls nicht zum Zollwert gehörten. Denn diese Leistungen sind gerade nicht vom Einkaufskommissionär der E erbracht worden und hätten wegen der speziell hierfür erforderlichen Kenntnisse im Mode- und Designbereich auch nicht von einem Einkaufskommissionär erbracht werden können.

Das FG durfte diese Feststellungen und Einlassungen der E zur Grundlage seines Urteils machen, zumal die durchgeführte Beweisaufnahme, wie das FG ausdrücklich ausführte, keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben hatte. Da die Klägerin, abgesehen von der nach alldem nicht begründeten allgemeinen Rüge, das FG habe einen Sachverhalt zugrunde gelegt, der nicht festgestellt worden sei, keine zulässigen und begründeten spezifischen Revisionsgründe vorgebracht hat, hat auch der Senat diese Feststellungen des FG seiner Revisionsentscheidung zugrunde zu legen (§ 118 Abs. 2 FGO). Ein Verstoß des FG gegen die Denkgesetze, wie die Klägerin meint, ist nicht ersichtlich.

Insgesamt ergibt sich aus den Feststellungen des FG das Bild einer letzten Stufe im Prozess der Musterkollektionserstellung, welche im Gegensatz zu den vorangegangenen Stufen nicht im Betrieb der Klägerin in D, sondern, der Eigenart einer letzten Verbesserung der Mustervorgaben --so das FG-- entsprechend, vor Ort in Hongkong stattgefunden hat. Auch diese letzte Stufe ist nicht nur unwesentliches Beiwerk, sondern eine wichtige Stufe im Gesamtprozess der Kollektionserstellung, denn ohne diese letzte Überwachung der Vorgaben wäre der Verkaufserfolg der unter Verwendung der Muster in Fernost hergestellten Textilien in der Gemeinschaft nicht gewährleistet. Damit handelt es sich bei den auf dieser Stufe erbrachten Tätigkeiten der "Designabteilung" der E in Hongkong um geistige Beistellungen i.S. des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZWVO 1980. Dabei ist unbeachtlich, dass die Muster selbst in Hongkong körperlich nicht verändert worden sind, da dies keine notwendige Voraussetzung für diesen Teilbereich der Kollektionserstellung ist. Auch ist unbeachtlich, dass alle vorangehenden Stufen der Mustererstellung in der Gemeinschaft abgelaufen sind, da sich die letzte Stufe klar von den vorangegangenen trennen lässt und im Streitfall auch lediglich der Wert der von den Designern in Hongkong erbrachten Leistungen in den Zollwert einbezogen werden soll (zur Möglichkeit einer Aufteilung vgl. das Senatsurteil vom 24. Januar 1995 VII R 79/94, BFH/NV 1995, 895). Schließlich ist unerheblich, dass das FG den betreffenden acht Mitarbeitern der E nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine genau bestimmten Tätigkeiten im Rahmen dieser letzten Stufe der Kollektionserstellung zuordnen konnte, da feststeht, dass alle diese Mitarbeiter jedenfalls Leistungen im Rahmen der Kollektionserstellung erbracht haben.

bb) Der Senat teilt jedenfalls im Ergebnis auch die Auffassung des FG, dass die streitgegenständlichen geistigen Beistellungen "außerhalb der Gemeinschaft erarbeitet wurden".

Schon der Wortlaut der Vorschrift weist darauf hin, dass es für die Einbeziehung in den Zollwert grundsätzlich ausreicht, wenn die konkrete Tätigkeit, bei der die geistige Leistung erbracht wird, rein örtlich außerhalb der Gemeinschaft durchgeführt wird. Dafür spricht auch die Entscheidung 2.1 des GATT-Zollwert-Ausschusses vom 3. März 1983 (abgedruckt bei Müller-Eiselt, a.a.O., Fach 3210), wonach der englische Begriff "undertaken" (der dem deutschen Begriff "erarbeitet" entspricht) in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv des GATT-Zollwert-Kodex (vgl. Müller-Eiselt, a.a.O., Fach 3120), der gleichlautend in den englischen Text des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZWVO 1980 übernommen worden ist, als "carried out", d.h. "ausgeführt" zu verstehen ist. Nach dieser für die GATT-Vertragsparteien verbindlichen Auslegung ist der Ort der konkreten Ausführung der geistigen Leistung dafür maßgeblich, ob deren Wert bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen in den Zollwert einzubeziehen ist.

Gleichwohl ist der Klägerin einzuräumen, dass Sinn und Zweck der Vorschrift, nämlich die der Wirtschaft des Einfuhrlandes (hier: der Gemeinschaft) zurechenbaren geistigen Leistungen gegenüber den einem Drittland zurechenbaren zu privilegieren (vgl. Müller-Eiselt, a.a.O., Fach 4232 Rz. 167, zur gleichlautenden Nachfolgevorschrift des Art. 32 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv des Zollkodex), es in bestimmten Fällen gebieten könnten, im Wege einer teleologischen Auslegung über den Wortlaut der Vorschrift hinauszugehen. So wäre es kaum verständlich zu machen, weil rein zufällig, wollte man eine geistige Leistung, die ein EU-Bürger während eines vorübergehenden Aufenthalts (z.B. Urlaub, Studienaufenthalt, Geschäftsreise) außerhalb der Gemeinschaft erarbeitet hat, im Falle einer entsprechenden Beistellung als nicht privilegiert, die entsprechende Leistung eines Drittländers während eines ähnlichen Aufenthalts in der Gemeinschaft hingegen als begünstigt ansehen. Das ist nicht nur vom Ergebnis her unbefriedigend, sondern verträgt sich ersichtlich auch nicht mit dem Ziel der Regelung, die der Gemeinschaft, d.h. ihren darin auf Dauer lebenden Bürgern, zurechenbaren geistigen Leistungen zollwertrechtlich zu privilegieren (Müller-Eiselt, a.a.O, Fach 4232 Rz. 168). Daher wird im Schrifttum vertreten, es könne nicht darauf ankommen, an welchem Ort --mehr oder weniger zufällig-- die Erarbeitung stattgefunden hat, sondern allein darauf, wo der "Erarbeiter" seinen Hauptwohn- bzw. Geschäftssitz hat (vgl. Witte/Reiche, Zollkodex, 3. Aufl. 2002, Art. 32 Rz. 40; Müller-Eiselt, a.a.O., Fach 4232 Rz. 169; a.A. Glashoff in Schwarz/Wockenfoth, Zollrecht, Art. 32 ZK Rz. 56). Diese Auffassung wird auch vom Bundesministerium der Finanzen geteilt, wo es in der Dienstvorschrift in der Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung (VSF) Z 53 14 Abs. 8 letzter Unterabs. heißt: "Als im Zollgebiet der Gemeinschaft erarbeitet gelten auch Techniken, Entwicklungen, Pläne usw., die von Personen, die ihren Haupt-Wohn-/Geschäftssitz im Zollgebiet der Gemeinschaft haben, gelegentlich eines Aufenthalts außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft erarbeitet worden sind".

Wollte man dem folgen, stellte sich die Frage, ob auch von Mitarbeitern des in der Gemeinschaft niedergelassenen Einführers außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft erarbeitete Techniken usw. zu privilegieren wären (bejahend wohl Witte/Reiche, a.a.O., Art. 32 ZK Rz. 40). Der Senat möchte dies nicht völlig ausschließen, könnte sich dieses Ergebnis aber nur in solchen Fällen vorstellen, in denen entsprechend den Maßgaben der genannten Dienstvorschrift die enge Beziehung der ausländischen Mitarbeiter zum Zollgebiet und damit zur Wirtschaft der Gemeinschaft gewahrt bleibt, ihr Aufenthalt im Drittland also nur ein vorübergehender ist. Dies setzte in der Tat voraus, dass nicht nur ein Arbeitsverhältnis zum inländischen Käufer besteht, sondern auch der Hauptwohnsitz der Mitarbeiter in der Gemeinschaft während ihres Aufenthalts im Drittland erhalten bleibt.

Nicht anders ist die Frage in den von der Klägerin für ihre Auffassung angeführten US-amerikanischen Durchführungsbestimmungen zum nämlichen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv des GATT-Zollwert-Kodex geregelt. In Titel 19 Kapitel 1 Teil 152 Unterteil E (Valuation of Merchandise) der im Code of Federal Regulations enthaltenen Zollwertbestimmungen (= 19CFR152, Stand 1. April 2002; Internetzugang über http://frwebgate1.access.gpo.gov) heißt es in der Definitionsnorm des § 102 (a) (2): "No service or work to which paragraph (a) (1) (iv) of this section applies will be treated as an assist if the service or work:

(i) Is performed by an individual domiciled within the United States;

(ii) Is performed by that individual while acting as an employee or agent of the buyer of the imported merchandise; and

(iii)..." (Hervorhebungen durch das Gericht).

Hiernach verlangt auch das diese Frage relativ großzügig regelnde US-amerikanische Recht, das auf demselben GATT-Zollwertrecht aufbaut wie das Gemeinschaftsrecht, für eine Nichthinzurechnung der geistigen Leistung jedenfalls, dass der diese Leistung erbringende Arbeitnehmer des Käufers und Einführers der Ware seinen Wohnsitz im Einfuhrland hat. Auch der Senat sieht die Beibehaltung des Wohnsitzes im Einfuhrland durch den Arbeitnehmer des Einführers in solchen Fällen als die äußerste Grenze an, bis zu der eine teleologisch ausgerichtete, den Einführer begünstigende Interpretation des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZWVO 1980 reichen kann, ohne dass das Hinzurechnungsmerkmal "außerhalb der Gemeinschaft erarbeitet" jeglichen Sinn verlöre.

Im Streitfall hat das FG zwar nicht ausdrücklich festgestellt, wo die in Hongkong tätigen Mitarbeiter der E ihren Wohnsitz zur Zeit der Erbringung ihrer Leistungen hatten. Wie die Revision selbst einräumt, geht das FG aber unausgesprochen davon aus, dass die betreffenden Mitarbeiter alle ihren Wohnsitz in Hongkong hatten. Gegenteilige Anhaltspunkte gibt es jedenfalls nicht und werden auch von der Revision nicht behauptet. Der Senat kann indes davon absehen, die Sache zur weiteren Aufklärung dieses Punktes an das FG zurückzuverweisen, weil es noch an einer weiteren Voraussetzung fehlt, was einer der Klägerin günstigen Entscheidung über die Revision im Wege steht.

Fest steht, dass die betreffenden Mitarbeiter auf der "Gehaltsliste" der E standen, also von Deutschland aus bezahlt wurden (Gehälter und ggf. Mietkostenübernahmen). Fest steht auch, dass E jedenfalls mit dreien dieser Mitarbeiter Arbeitsverträge abgeschlossen und der BpZ vorgelegt hatte. Dadurch allein war aber noch keine Eingliederung dieser Mitarbeiter in den Betrieb der E in der Gemeinschaft gewährleistet. E hat nämlich ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils mit der Klage selbst vorgetragen, dass die betreffenden Mitarbeiter "nur aus arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Gründen" nicht bei ihr, sondern bei der E Ltd. in Hongkong beschäftigt gewesen seien. Damit reduziert sich das "Arbeitsverhältnis" der Mitarbeiter zu E im Wesentlichen auf die Entlohnung für die geleisteten Dienste. Von einer echten Betriebszugehörigkeit zu E kann unter den genannten Umständen keine Rede sein. Der Fall ist nicht anders zu behandeln als der Fall, dass der Käufer in der Gemeinschaft Personal im Drittland anheuert und mit der Durchführung bestimmter Aufgaben der Kategorie "geistige Leistungen" im Zusammenhang mit der Herstellung der eingeführten Waren beauftragt, praktisch also eine Art "Modellbüro" im Drittland unterhält und finanziert. Allein die Entlohnung drittländischer Mitarbeiter durch eine im Zollgebiet der Gemeinschaft ansässige Importfirma, die bloße Führung auf ihrer Gehaltsliste, begründet nicht die notwendige enge Beziehung, die zwischen diesen Mitarbeitern und der Gemeinschaft bestehen müsste, um deren Tätigkeiten im Drittland der Gemeinschaftswirtschaft im Sinne eines Ausschlusses der Hinzurechnungsvorschrift des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZWVO 1980 zurechnen zu können. Auch wenn die Entlohnung vom Boden der Gemeinschaft aus erfolgt ist und hin und wieder, wie im Streitfall, sogar Koordinationsbesprechungen beim Käufer in der Gemeinschaft stattgefunden haben, so sind die betreffenden geistigen Beistellungen doch "außerhalb der Gemeinschaft erarbeitet" worden und folglich in den Zollwert einzubeziehen.

cc) Die weiteren Voraussetzungen der Hinzurechnungsvorschrift sind erfüllt. Da die Klägerin die Berechnung des Wertes der erbrachten Leistungen unter Zugrundelegung der von ihr gezahlten Gehälter und Mietkostenübernahmen einschließlich der Heranziehung eines durchschnittlichen Zollsatzes nicht angegriffen hat, sieht der Senat insoweit von einer Begründung ab und verweist auf die Gründe des angefochtenen Urteils.

2. Der Senat hält es entgegen der Anregung der Klägerin nicht für erforderlich, in dieser Sache eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) nach Art. 234 Abs. 3 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 7. Februar 1992 i.d.F. vom 2. Oktober 1997 (BGBl II 1998, 386) einzuholen, weil sich hinsichtlich der Auslegung des anzuwendenden Gemeinschaftsrechts, soweit es für diese Entscheidung erheblich ist, keine vernünftige Zweifelsfrage in dem Sinne stellt, dass mehrere Auslegungsmöglichkeiten denkbar wären (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 --C.I.L.F.I.T.--, EuGHE 1982, 3415, 3430, und Senatsurteil vom 23. Oktober 1985 VII R 107/81, BFHE 145, 266). Die Frage der exakten Auslegung des Begriffs "außerhalb der Gemeinschaft erarbeitet" in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZWVO 1980 bedarf im Streitfall keiner abschließenden Klärung, weil die maßgebliche Fallgestaltung, wie ausgeführt, mit Sicherheit nicht in den Genuss der Privilegierung kommen kann. Der Senat ist davon überzeugt, dass der EuGH und die Gerichte in anderen Mitgliedstaaten im Streitfall wie der Senat entscheiden würden.



Ende der Entscheidung

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