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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 28.03.2006
Aktenzeichen: VII R 38/04
Rechtsgebiete: GG, BierStG 1993, Richtlinie 92/83/EWG, Richtlinie 92/84/EWG, EG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
BierStG 1993 § 1 Abs. 1
BierStG 1993 § 1 Abs. 2
BierStG 1993 § 2 Abs. 1
BierStG 1993 § 7 Abs. 2
BierStG 1993 § 5 Abs. 2
Richtlinie 92/83/EWG Art. 3 Abs. 1
Richtlinie 92/83/EWG Art. 5
Richtlinie 92/84/EWG Art. 6
EG Art. 93
EG Art. 28
1. Die Besteuerung von aus Limonade und Bier hergestellten Biermischgetränken (Radler) nach dem Stammwürzegehalt (Grad Plato) des Fertigerzeugnisses verstößt weder gegen Gemeinschaftsrecht noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

2. Auch ein Verstoß des Art. 3 Abs. 1 der Alkoholstrukturrichtlinie, der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, Bier und Biermischgetränke nach dem Alkohohlgehalt oder nach Grad Plato zu besteuern, gegen Art. 93, Art. 28 EG oder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Gemeinschaftsrechts liegt nicht vor.


Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) stellt ein als Radler bezeichnetes Biermischgetränk her, das der Pos. 2206 der Kombinierten Nomenklatur (KN) zuzuordnen ist. Das Mischgetränk besteht zur einen Hälfte aus Bier mit einem Stammwürzegehalt von ca. 13,2 Grad Plato und zur anderen Hälfte aus Limonade mit einem Zuckergehalt von ca. 7,5 %. In den bis August 1999 abgegebenen Steuererklärungen wies die Klägerin das Biermischgetränk mit 6 Grad Plato aus. Nachdem in Proben ein Stammwürzegehalt von 10 Grad Plato festgestellt worden war, forderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) mit acht vorläufigen Änderungsbescheiden Biersteuer nach und setzte mit vier vorläufigen Biersteuerbescheiden für die Monate September bis Dezember 1999 unter Annahme eines Stammwürzegehalts von 10 Grad Plato (Steuerklasse P 10) Biersteuer fest. Die vorläufigen Bescheide wurden zunächst durch einen Biersteuerbescheid für das Kalenderjahr 1999 vom Februar 2000 ersetzt, der wiederum durch einen Änderungsbescheid vom Oktober 2000 ersetzt wurde. Auch in dem für das Kalenderjahr 2000 erlassenen Jahressteuerbescheid, der zahlreiche vorläufige Biersteuerbescheide ersetzte, wurde die Biersteuer unter Zugrundelegung eines Stammwürzegehalts von 10 Grad Plato berechnet und festgesetzt. Die nach erfolglosen Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass das HZA das von der Klägerin hergestellte Biermischgetränk nach § 2 Abs. 1 des Biersteuergesetzes (BierStG 1993) zu Recht der Steuerklasse P 10 zugeordnet habe. Maßgebend für die Bestimmung der anzuwendenden Steuerklasse sei der Stammwürzegehalt des fertigen Biermischgetränkes. Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem 1. Januar 1993 sei der Stammwürzegehalt des zur Herstellung des Biermischgetränkes verwendeten Bieres nicht mehr allein ausschlaggebend. Dies habe zur Folge, dass sich der Stammwürzegrad des fertigen Erzeugnisses durch den Zuckergehalt des Limonadenanteils erhöhe. Da das Mischen von Bier mit Limonade durch den Gastwirt keine Herstellung von Bier darstelle, würden industriell hergestellte Biermischgetränke durch die Berücksichtigung des Zuckergehalts der zugesetzten Limonade einer höheren Besteuerung unterworfen. Die Besteuerung von Biermischgetränken verstoße jedoch nicht gegen das Gemeinschaftsrecht. Denn Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 316/21) --Alkoholstrukturrichtlinie-- und Art. 6 der Richtlinie 92/84/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Annäherung der Verbrauchsteuersätze auf Alkohol und alkoholische Getränke (ABlEG Nr. L 316/29) --Alkoholsatzrichtlinie-- lasse den Mitgliedstaaten die Wahl, Bier nach dem Alkohol- oder nach dem Stammwürzegehalt (Grad Plato) des Fertigerzeugnisses zu besteuern. Von der durch Art. 5 der Alkoholstrukturrichtlinie eröffneten Möglichkeit, auf Bier und damit auch auf Biermischgetränke mit einem vorhandenen Alkoholgehalt von höchstens 2,8 % Vol. ermäßigte Steuersätze anzuwenden, habe Deutschland keinen Gebrauch gemacht.

Die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zur Besteuerung von Bier stünden in Einklang mit Art. 93 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung des Vertrages von Nizza (EG) vom 26. Februar 2001 (konsolidierte Fassung: ABlEG Nr. C 325/1). Denn eine punktgenaue Harmonisierung der Alkoholsteuern in allen Mitgliedstaaten sei nicht beabsichtigt gewesen. Vielmehr habe das Funktionieren des Binnenmarktes nur eine Annäherung dieser Steuern erfordert. Dabei habe es dem Rat freigestanden, einen Bereich nur schrittweise zu harmonisieren oder nationale Rechtsvorschriften nur in Etappen anzugleichen. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass Biermischgetränke in den Mitgliedstaaten unterschiedlich besteuert würden. In diesem Zusammenhang könne sich die Klägerin auch nicht auf vermeintliche Probleme im innergemeinschaftlichen Versandhandel mit Biermischgetränken berufen. Der Versandhandel werde dadurch erleichtert, dass die Versteuerung dieser Getränke im Bestimmungsland vom Versandhändler selbst oder durch einen von ihm Beauftragten durchgeführt werden könne.

Schließlich liege kein Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) normierten Gleichheitssatz vor, weil Biermischgetränke je nach der Verwendung von gezuckerter oder mit Süßstoff hergestellter Limonade in unterschiedlicher Höhe besteuert würden. Bei der Bierbesteuerung nach Grad Plato handle es sich um eine typisierende Regelung, die den Gesetzgeber davon entbinde, jeden Einzelfall zu berücksichtigen. Im Übrigen stehe es der Klägerin frei, mit Süßstoff hergestellte Limonade zu verwenden und dadurch den behaupteten Wettbewerbsnachteil auszugleichen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht. Die im Ergebnis höhere Besteuerung von mit zuckerhaltiger Limonade hergestellten Biermischgetränken im Vergleich zu mit süßstoffhaltiger Limonade hergestellten Biermischgetränken und normalem Bier verstoße gegen den nach Art. 3 Abs. 1 GG und nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) auch im Gemeinschaftsrecht zu beachtenden Gleichheitssatz. Überdies sei sie unverhältnismäßig. Eine gleichheitswidrige Belastung bestehe auch im Vergleich zu Biermischgetränken, die auf Verlangen des Verbrauchers durch den Gastwirt hergestellt würden. Nach § 5 Abs. 1 BierStG 1993 stelle sich das Mischen von Bier mit nichtalkoholischen Getränken durch den Verbraucher oder den Gastwirt als Herstellung von Bier durch Änderung des Stammwürzegehalts dar. Die 1996 erfolgte Aufhebung von § 5 Abs. 4 BierStG 1993, der diesen Vorgang ausdrücklich von der Besteuerung ausgenommen habe, bestätige diese Auslegung. Die Ungleichbehandlung sei durch den Sinn und Zweck der Biersteuer, nämlich den Alkoholanteil des Bieres steuerlich zu belasten, nicht gedeckt und daher systemwidrig und willkürlich. Darüber hinaus erweise sich das vom Gesetzgeber gewählte Besteuerungssystem als untauglich, den mit der Alkoholstrukturrichtlinie verfolgten Besteuerungszweck zu erreichen. Es sei davon auszugehen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die Besteuerungsoption "Grad Plato" nicht eröffnet hätte, wenn ihm die dadurch hervorgerufenen Ungleichbehandlungen bewusst gewesen wären. Der Klägerin könne es auch nicht zugemutet werden, die Radlerproduktion auf mit Süßstoff hergestellte Limonade umzustellen. Obwohl die Zuckersteuer mit Wirkung vom 1. Januar 1993 abgeschafft worden sei, erhebe Deutschland durch die steuerliche Berücksichtigung des Zuckergehalts der zugesetzten Limonade eine Verbrauchsteuer auf Zucker.

Die in der Alkoholstrukturrichtlinie und in der Alkoholsatzrichtlinie getroffenen Regelungen stünden in Widerspruch zu dem von Art. 93 EG vorgegebenen Harmonisierungsziel. Entgegen den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts, nach denen der Steueranspruch in allen Mitgliedstaaten identisch sein müsse, bewirke die Besteuerung nach Grad Plato eine unterschiedliche Belastung des gleichen Steuergegenstandes in den einzelnen Mitgliedstaaten. Entgegen dem Ziel der Alkoholstrukturrichtlinie werde bei Biermischgetränken nicht der Alkoholgehalt, sondern der in der zugesetzten Limonade vorhandene Zucker besteuert. Die Besteuerungsgrundlage sei systemwidrig und führe zu binnenmarktwidrigen Ergebnissen, da sie ein Hindernis für den freien Warenverkehr darstelle. Insbesondere im Versandhandel mit Biermischgetränken würden erhebliche Schwierigkeiten auftreten. Denn der Versandhändler habe zur Versteuerung des gelieferten Bieres dessen Stammwürzegehalt anzugeben, wozu er oftmals nicht in der Lage sein dürfte. Sofern er das Bier im Großhandel beziehe, dürfte ihm auch der Nachweis der Versteuerung schwer fallen. Darüber hinaus entstünden Hemmnisse durch das zu verwendende Begleitdokument. Da Zweifel bestünden, ob die Besteuerung des Fertigerzeugnisses nach Grad Plato mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und mit Art. 93 EG in Einklang stehe, sei eine Vorlage an den EuGH geboten.

Das HZA schließt sich im Wesentlichen der Auffassung des FG an. Die höhere Besteuerung von Biermischgetränken, die mit gezuckerter Limonade hergestellt worden seien, im Vergleich zu Biermischgetränken, zu deren Herstellung süßstoffhaltige Limonade verwendet worden sei, stelle eine systemimmanente Folge des Besteuerungssystems dar. Bei dessen willkürfreier Konzeption habe sich der Steuergesetzgeber in den Grenzen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit gehalten. Durch die Verwendung von süßstoffhaltigen Limonaden könne der Hersteller die vermeintlich gleichheitswidrige Belastung vermeiden. Entgegen der Auffassung der Klägerin führe die Besteuerung nach Grad Plato nicht zu einer unzulässigen Verbrauchsteuer auf Limonade oder Zucker. Denn Bemessungsgrundlage sei ausschließlich der Stammwürzegehalt des fertigen Bieres. Das von Deutschland gewählte Besteuerungssystem verstoße nicht gegen die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts, das eine Wahl zwischen der Besteuerung nach Alkoholgehalt und nach Grad Plato ausdrücklich vorsehe und dabei eine unterschiedliche Besteuerung in den Mitgliedstaaten in Kauf nehme. Trotz dieser Unterschiede sei das Funktionieren des Binnenmarktes nicht in Frage gestellt, so dass kein Verstoß gegen Art. 93 EG vorliege. Daher sei eine Befassung des EuGH im Streitfall nicht veranlasst.

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Biersteuerbescheide rechtmäßig sind. Die Besteuerung von Biermischgetränken nach dem Stammwürzegehalt (Grad Plato) des fertigen Erzeugnisses verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen Art. 93 EG.

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Besteuerung von Biermischgetränken nach dem Stammwürzegehalt nicht gegen sekundäres Gemeinschaftsrecht.

Nach Art. 1 Abs. 1 der Alkoholstrukturrichtlinie erheben die Mitgliedstaaten nach Maßgabe dieser Richtlinie eine Verbrauchsteuer auf Bier. Zur Durchführung der Besteuerung räumt Art. 3 Abs. 1 der Alkoholstrukturrichtlinie den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht ein, Bier nach Anzahl Hektoliter/Grad Plato oder nach Anzahl Hektoliter/Grad vorhandener Alkoholgehalt des Fertigerzeugnisses zu besteuern. Eine Bemessung der Biersteuer für Biermischgetränke nach dem Stammwürzegehalt ist danach möglich und zulässig. Der für Biermischgetränke anzuwendende Steuersatz ist nach Maßgabe von Art. 6 der Alkoholsatzrichtlinie auf 0,748 ECU je hl/Grad Plato festzulegen, wobei Bruchteile eines Grads Plato außer Acht bleiben dürfen (Art. 3 Abs. 2 der Alkoholstrukturrichtlinie). Nach Art. 5 der Alkoholstrukturrichtlinie können Mitgliedstaaten auf Bier mit einem vorhandenen Alkoholgehalt von höchstens 2,8 % Vol. ermäßigte, den Mindeststeuersatz unterschreitende Steuersätze anwenden und diese Ermäßigung auf Biermischgetränke beschränken. Von dieser Möglichkeit hat Deutschland jedoch keinen Gebrauch gemacht. Im Übrigen überstieg der in den Streitjahren geltende nationale Steuersatz von 1,54 DM je Hektoliter/Grad Plato den Mindeststeuersatz, so dass die deutsche Bierbesteuerung mit den Vorgaben der bezeichneten Richtlinien in Einklang steht (so auch Senatsurteil vom 5. August 2002 VII R 105/99, BFHE 200, 57).

2. Die behauptete Unvereinbarkeit von Art. 3 Abs. 1 der Alkoholstrukturrichtlinie mit Art. 93 und Art. 28 EG liegt ebenfalls nicht vor. Zudem verstößt die Besteuerung von Biermischgetränken nach Grad Plato nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

a) Art. 93 EG enthält einen an den Rat gerichteten Auftrag, einstimmig die Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbrauchsabgaben und sonstigen indirekten Steuern zu erlassen, soweit diese Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes --der zum 1. Januar 1993 vollendet wurde-- notwendig gewesen ist. Ziel der Verbrauchsteuerharmonisierung war nicht die punktgenaue Angleichung der Verbrauchsteuern in allen Mitgliedstaaten --die aufgrund der von unterschiedlichen Traditionen geprägten Besteuerungssysteme der Mitgliedstaaten und des Erfordernisses der Einstimmigkeit ohnehin nicht innerhalb des festgelegten Zeitrahmens zu erreichen gewesen wäre--, sondern die Gewährleistung des freien Verkehrs von verbrauchsteuerpflichtigen Waren innerhalb der Gemeinschaft als Voraussetzung für die Abschaffung der Binnengrenzen und Grenzkontrollen. Trotz der zum Teil weitgehenden Freiräume, die den Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung ihrer nationalen Verbrauchsteuersysteme belassen wurden, und der damit verbundenen geringeren Harmonisierungsdichte ist dieses primäre Ziel erreicht worden.

Ein Verstoß der 1992 erzielten Verhandlungsergebnisse gegen den in Art. 93 EG festgelegten Harmonisierungsauftrag lässt sich daher nicht feststellen. Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht der Zweck der Alkoholstrukturrichtlinie auch nicht darin, ausschließlich den Alkoholgehalt der erfassten Getränke zu besteuern, so dass nur eine am Alkoholgehalt ausgerichtete Bemessungsgrundlage den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entsprechen würde und damit systemgerecht wäre. Vielmehr belegen die Regelungen über die Besteuerung von Wein, Schaumwein sowie anderen gegorenen Getränken als Wein und Bier, dass auch eine vom jeweiligen Alkoholgehalt unabhängige und an der jeweiligen Menge des Getränkes ausgerichtete Bemessungsgrundlage dem gemeinschaftsrechtlichen System der Verbrauchsbesteuerung entspricht (EuGH-Urteil vom 24. Februar 2000 Rs. C-434/97, EuGHE 2000, I-1129 Rdnr. 32). Ebenso wenig widerspricht eine auf der Grundlage des Stammwürzegehalts durchgeführte Besteuerung dem in der Alkoholstrukturrichtlinie angelegten Besteuerungssystem. Eine dem Gemeinschaftsrecht entgegenstehende Systemwidrigkeit der Besteuerung nach Grad Plato liegt deshalb nicht vor. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Zuckeranteil der zur Herstellung von Biermischgetränken verwendeten Limonade --ebenso wie ein etwaiger Zuckerzusatz nach Abschluss des Gärungsprozesses-- eine Erhöhung des Extraktgehalts und damit eine Erhöhung der Steuerbelastung bewirkt. Denn hinsichtlich der Besteuerung von Biermischgetränken hat der Gemeinschaftsgesetzgeber einen entsprechenden Regelungsbedarf erkannt und in Art. 5 der Alkoholstrukturrichtlinie für den Hauptanteil dieser Getränke die Möglichkeit vorgesehen, ermäßigte Steuersätze anzuwenden, die sogar unter dem Mindeststeuersatz liegen dürfen. Nach dieser Regelung bleibt den Mitgliedstaaten eine Kompensation etwaiger Nachteile unbenommen, die durch die gewählte Besteuerungsmethode für die Hersteller von Biermischgetränken entstehen könnten.

Selbst der Umstand, dass Bier einer obligatorischen Besteuerung unterliegt, während die Mitgliedstaaten aufgrund des in Art. 5 der Alkoholsatzrichtlinie festgelegten Null-Steuersatzes keine Verbrauchsteuer auf Wein erheben müssen, hat den EuGH nicht dazu veranlasst, einen Verstoß gegen Art. 93 EG anzunehmen. Vielmehr hat er in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass es den Gemeinschaftsorganen freistehe, einen Bereich nur schrittweise zu harmonisieren oder nationale Rechtsvorschriften nur in Etappen anzugleichen. Denn die Durchführung solcher Maßnahmen gestalte sich im Allgemeinen schwierig, da sie voraussetzen würde, dass die zuständigen Gemeinschaftsorgane anhand von unterschiedlichen und komplexen nationalen Bestimmungen gemeinsame Vorschriften ausarbeiten, die den im Vertrag festgelegten Zielen entsprechen und zumindest im Steuerbereich die einstimmige Zustimmung der Mitgliedstaaten finden müssten (EuGH-Urteil vom 17. Juni 1999 Rs. C-166/98, EuGHE 1999, I-3791 Rdnr. 26, m.w.N.). In weiteren Entscheidungen hat der EuGH zwar anerkannt, dass gegenwärtig nur eine partielle Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf Alkohol und Mineralöle besteht, jedoch keine Veranlassung gesehen, dies unter dem Gesichtspunkt eines etwaigen Verstoßes gegen den in Art. 93 EG angelegten Harmonisierungsauftrag zu beanstanden (EuGH-Urteile in EuGHE 2000, I-1129 Rdnr. 17, und vom 29. April 2004 Rs. C-240/01, EuGHE 2004, I-4733 Rdnr. 40).

Schließlich hat der EuGH die den Mitgliedstaaten eröffnete Möglichkeit, Bier wahlweise nach dem Stammwürzegehalt oder nach dem Alkoholgehalt zu besteuern, in seinem Urteil in EuGHE 1999, I-3791 unter dem Gesichtspunkt eines etwaigen Verstoßes gegen die Pflicht zur Begründung von Gemeinschaftsrechtsakten überprüft und einen solchen Verstoß unter Hinweis auf den siebenten Erwägungsgrund der Alkoholsatzrichtlinie ausdrücklich verneint. Wäre der EuGH in dieser Entscheidung von einem Verstoß der Grad-Plato-Besteuerung gegen Art. 93 EG ausgegangen, wäre die bloße Feststellung der ordnungsgemäßen und ausreichenden Begründung ohne eine Aussage zur Unvereinbarkeit der Besteuerungsoption mit Art. 93 EG unverständlich, zumal der EuGH in dieser Entscheidung die differenzierte Besteuerung von Bier und Wein an dieser Vorschrift gemessen und ausdrücklich gebilligt hat.

b) Die den Mitgliedstaaten eröffnete Möglichkeit, Biermischgetränke nach dem Stammwürzegehalt zu besteuern, stellt sich nicht als Verstoß gegen den auch im Gemeinschaftsrecht zu beachtenden Gleichheitssatz dar. Vielmehr ist die unterschiedliche Besteuerung objektiv gerechtfertigt. Denn wie bereits ausgeführt, bestand das Anliegen des Gemeinschaftsgesetzgebers nicht in einer vollständigen Angleichung der Besteuerung aller alkoholischen Getränke (EuGH-Urteil in EuGHE 1999, I-3791 Rz. 25). Vielmehr wurde bei der Ausgestaltung des gemeinschaftsrechtlichen Verbrauchsteuersystems den nationalen Besonderheiten --z.B. Besteuerung der Würze, Besteuerung des Stammwürzegehalts des Fertigerzeugnisses und Besteuerung des Alkoholgehalts-- Rechnung getragen. Die Existenz von unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen ist das Ergebnis eines Kompromisses, der insbesondere der Verwirklichung des Binnenmarktes und der Abschaffung der Binnengrenzen diente. Dabei war der Gemeinschaftsgesetzgeber aus Gleichbehandlungsgrundsätzen nicht gehalten, jedes alkoholische Getränk einer gleichmäßigen Besteuerung zu unterwerfen. Für Wein konnte er daher einen Null-Steuersatz vorsehen. Erst recht war er nicht daran gehindert, innerhalb einer Getränkegruppe auf sachgerechten Erwägungen beruhende Differenzierungen vorzunehmen. Wie bereits dargestellt, ist dies bei der Bierbesteuerung der Fall.

c) Auch der Hinweis auf vermeintliche Schwierigkeiten bei der Abwicklung von innergemeinschaftlichen Versandhandelsgeschäften vermag eine Gemeinschaftswidrigkeit der Besteuerung von Biermischgetränken nach Grad Plato nicht zu belegen. In den auf der Grundlage von Art. 8 der Alkoholsatzrichtlinie zuletzt am 26. Mai 2004 (KOM (2004) 223 endgültig) zur Vorlage an den Rat erstellten Berichten weist die Europäische Kommission vielmehr darauf hin, dass das gemeinschaftliche Verbrauchsteuersystem trotz der großen Unterschiede zwischen den Verbrauchsteuersätzen der Mitgliedstaaten insgesamt recht gut funktionieren würde. Probleme im Zusammenhang mit der Ermittlung des Stammwürzegehalts von Biermischgetränken und der Abwicklung von innergemeinschaftlichen Beförderungsverfahren werden nicht angesprochen. Dies kann zumindest als Indiz dafür gewertet werden, dass den von der Klägerin beispielhaft geschilderten Problemfällen in der Praxis keine gesetzgeberischen Handlungsbedarf indizierende Bedeutung zukommt. Im Übrigen hat der EuGH anerkannt und grundsätzlich unbeanstandet gelassen, dass zurzeit nur eine partielle Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke besteht. Die bei der Abwicklung von innergemeinschaftlichen Beförderungsverfahren auftretenden Schwierigkeiten sind die Folge der unzureichenden Harmonisierung der Steuersätze und insbesondere der Bemessungsgrundlagen.

Zwar ist auch der Gemeinschaftsgesetzgeber verpflichtet, die von Art. 28 und 29 EG gezogenen Grenzen zu beachten, jedoch wird bei Gemeinschaftsrechtsakten, die zu einer diskriminierungsfreien Harmonisierung eines bestimmten Rechtsgebiets geführt haben, zu beachten sein, dass von diesen Regelungen die Wirtschaftsteilnehmer in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen betroffen sind, so dass eine spezifische Behinderung des Marktzugangs grundsätzlich nicht mehr in Betracht kommt. Im Übrigen begründet nicht jedes Hemmnis des freien Warenverkehrs einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Hemmnisse für den Binnenhandel in der Gemeinschaft hinzunehmen, soweit sie notwendig sind, um den Erfordernissen einer wirksamen steuerlichen Kontrolle gerecht zu werden (EuGH-Urteile vom 20. Februar 1979 Rs. 120/78, EuGHE 1979, 649 Rz. 8, und vom 25. Oktober 1979 Rs. 159/78, EuGHE 1979, 3247 Rz. 7). Insbesondere können von den Wirtschaftsbeteiligten Angaben über die von ihnen gehandelten Waren verlangt werden, sofern sie sich als für die Gewinnung vollständiger und richtiger Erkenntnisse über die innergemeinschaftlichen Warenbewegungen unerlässlich erweisen (EuGH-Urteil vom 25. Juni 1997 Rs. C-114/96, EuGHE 1997, I-3629 Rz. 30). Die Angabe des Stammwürzegehalts eines Biermischgetränkes ist unabdingbare Voraussetzung für die zutreffende Besteuerung in den Mitgliedstaaten, die Bier nach Grad Plato besteuern. Von diesem Erfordernis sind sämtliche Versandhändler in der Gemeinschaft betroffen, die Bier in diese Mitgliedstaaten liefern. Bei dieser Ausgangslage vermag der erkennende Senat keine spezifische Maßnahme i.S. von Art. 28 oder 29 EG zu erkennen, die den grenzüberschreitenden Warenverkehr in einer nicht zu rechtfertigenden Weise behindert. Soweit die Klägerin vorträgt, dass der freie Warenverkehr insbesondere dadurch behindert werde, dass der Versandhändler das vereinfachte Begleitdokument zu verwenden habe, trifft dies bereits deshalb nicht zu, weil im Versandhandel nach Art. 10 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABlEG Nr. L 76/1) keine Begleitdokumente vorgesehen sind.

Die Vereinbarkeit der im Streitfall anzuwendenden Richtlinienbestimmungen mit primärem Gemeinschaftsrecht erscheint dem erkennenden Senat so klar und eindeutig, dass eine Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 Abs. 3 EG in Anwendung der Grundsätze des EuGH-Urteils vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 --C.I.L.F.I.T.-- (EuGHE 1982, 3415) nicht geboten ist.

3. Die Besteuerung von Biermischgetränken nach Grad Plato und die Berücksichtigung der extraktbildenden Stoffe der zugesetzten Limonade entspricht somit nicht nur dem Gemeinschaftsrecht, sondern sie verstößt auch nicht gegen den nach Art. 3 Abs. 1 GG zu beachtenden allgemeinen Gleichheitssatz.

a) Nach § 1 Abs. 1 BierStG 1993 in der im Streitfall maßgebenden Fassung von Art. 2 des Verbrauchsteuer-Binnenmarktgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2150, 2158) unterliegt Bier im Steuergebiet der Biersteuer. Bier im Sinne des Gesetzes sind Erzeugnisse der Pos. 2203 KN und Mischungen dieser Erzeugnisse mit nichtalkoholischen Getränken, die der Pos. 2206 KN zuzuordnen sind (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BierStG 1993). Zur Besteuerung wird das Bier nach Grad Plato in Steuerklassen eingeteilt. Grad Plato ist der Stammwürzegehalt, wie er sich nach der großen Ballingschen Formel aus dem im Bier vorhandenen Alkohol- und Extraktgehalt errechnet (§ 2 Abs. 1 Satz 3 BierStG 1993). Mit diesen Regelungen hat der Gesetzgeber die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben folgerichtig umgesetzt.

Bemessungsgrundlage der Biersteuer ist somit der Gehalt an löslichen Substanzen, wie Zucker (z.B. Maltose, Glucose), Proteinen, Vitaminen sowie Mineral-, Farb- und Aromastoffen, in der unvergorenen Würze (Stammwürzegehalt), der mit Hilfe der großen Ballingschen Formel in einer retrograden Berechnung unter Berücksichtigung des im genussfertigen Bier nachzuweisenden Gehalts an Alkohol und u.a. nicht zur Vergärung gelangtem Restextrakt ermittelt wird. Die Berücksichtigung des gesamten Extraktgehalts des als Steuergegenstand "Bier" zu qualifizierenden Biermischgetränkes führt zu einer Einbeziehung des Zuckeranteils der zugesetzten Limonade in die Bemessungsgrundlage der Biersteuer. Im Ergebnis bewirkt der Zuckergehalt des nicht alkoholischen Getränkes eine Erhöhung der Biersteuer (Jarsombeck, Ist die Struktur der Biersteuer in der EU harmonisiert?, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern 2002, 186, 187). Dies stellt eine systemimmanente Folge der in § 2 Abs. 1 BierStG 1993 festgelegten Methode zur Bestimmung der anzuwendenden Steuerklasse dar. Unter Zugrundelegung des in den Streitjahren geltenden Biersteuertarifs von 1,54 DM je Hektoliter/Grad Plato des fertigen Biermischgetränkes weist das von der Klägerin hergestellte Produkt unstreitig einen Stammwürzegehalt von 10 Grad Plato auf, so dass die Biersteuer für einen Hektoliter 15,40 DM beträgt.

b) Die Schlussfolgerung der Klägerin, dass Bier, das sie zur Herstellung von Biermischgetränken verwendet, einer höheren Besteuerung unterliegt, als Bier, das sie unvermischt als normales Bier in den freien Verkehr entnimmt, trifft nicht zu. Nach den Feststellungen des FG weist das von der Klägerin zur Radlerproduktion eingesetzte Bier einen Stammwürzegehalt von 13,2 Grad Plato auf. Nach dem Zusatz der gleichen Menge an Limonade ergibt sich ein Stammwürzegehalt von 10 Grad Plato. Diese Steuerklasse wird auf die gesamte Menge des Getränkes angewandt, so dass sich jedenfalls im Streitfall für den eingesetzten Anteil an Bier keine höhere Steuerklasse als 13 Grad Plato ergeben kann. Das in dem Mischgetränk vorhandene Bier wird demnach nicht in gleichheitswidriger Weise höher besteuert als die gleiche Menge puren Bieres.

c) Eine gleichheitswidrige Belastung des industriell hergestellten Biermischgetränkes im Vergleich zu Biermischungen, die vom Verbraucher oder auf dessen Veranlassung von Gastwirten hergestellt werden, liegt ebenfalls nicht vor. Denn bereits die Annahme, dass die von Verbrauchern oder Gastwirten vorgenommene Mischung von Bier und Limonade eine Herstellungshandlung darstellt, die zur Entstehung der Biersteuer für das Biermischgetränk führt, geht fehl. Ein entsprechender Steuerentstehungstatbestand lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Ohne den Begriff der Bierherstellung näher zu definieren, ordnet § 7 Abs. 2 BierStG 1993 das Entstehen der Biersteuer an, wenn Bier ohne eine Erlaubnis nach § 5 Abs. 2 BierStG 1993 hergestellt wird. Von seinem Sinn und Zweck erfasst das BierStG nur solche Vorgänge als Bierherstellung, die eine steuerrechtliche Relevanz aufweisen. Eine solche besteht jedoch nur dann, wenn Bier in einer dafür eingerichteten Betriebsstätte produziert wird. Deshalb werden in § 5 Abs. 1 BierStG 1993 als Herstellungsbetriebe nur Betriebsstätten angesprochen, in denen Bier unter Steueraussetzung im Brauverfahren (Brauerei) oder auf andere Weise hergestellt sowie gelagert werden darf. Ergänzend weist § 5 Abs. 1 Satz 2 BierStG 1993 darauf hin, dass Herstellung auch die Veränderung der Menge oder des Stammwürzegehalts des Bieres ist, wenn sich dadurch die Besteuerungsgrundlage ändert.

Mit diesen Regelungen sollten nicht nur herkömmliche Brauereien, sondern auch solche Betriebe als Herstellungsbetriebe erfasst werden, die Bier nicht im Sud- und Gärverfahren herstellen, sondern fertiges Bier zur Produktion von Biermischgetränken oder von Bier mit verändertem Stammwürze- und Alkoholgehalt verwenden und zu diesem Zweck von anderen Bierherstellungsbetrieben (Brauereien) beziehen. Indes sollte eine steuerliche Erfassung des privaten Konsumenten, der das Mischen von Bier mit Limonade selbst vornimmt oder durch einen Gastwirt unmittelbar vor dem Verbrauch vornehmen lässt, nicht erfolgen. Nur wenn das Mischen in einer dafür eingerichteten Betriebsstätte erfolgt, liegt nach § 5 Abs. 1 BierStG 1993 ein Bierherstellungsbetrieb vor, der mit einer entsprechenden Erlaubnis nach § 5 Abs. 2 BierStG 1993 als Steuerlager geführt werden kann. Wird Bier ohne eine entsprechende Erlaubnis --d.h. außerhalb eines Steueraussetzungsverfahrens-- hergestellt, entsteht die Steuer nach § 7 Abs. 2 BierStG 1993 mit der Herstellung. In teleologischer Reduktion ist der Entstehungstatbestand dahin gehend auszulegen, dass die Steuer nur dann zur Entstehung gelangt, wenn die Herstellungshandlungen in einer zur Herstellung von Biermischgetränken geeigneten und eingerichteten Betriebsstätte vorgenommen werden, für die eine Erlaubnis nach § 5 Abs. 2 BierStG 1993 überhaupt erteilt werden könnte. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, wenn die Herstellungshandlungen vom Verbraucher selbst oder auf dessen Verlangen vom Gastwirt nur gelegentlich vorgenommen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf diese Weise hergestellten Biermischgetränke nicht zur Lagerung bestimmt sind. Vielmehr erfolgt ihr Genuss unmittelbar nach erfolgter Mischung an Ort und Stelle.

Die 1993 in § 5 Abs. 4 BierStG 1993 auf Anregung des Finanzausschusses (vgl. BTDrucks 12/3893, S. 158) aufgenommene Klarstellung, dass das Mischen von Bier mit nichtalkoholischen Getränken durch den Verbraucher unmittelbar vor dem Verbrauch keine Herstellung von Bier ist, hielt der Gesetzgeber später für überflüssig und hob sie mit dem Änderungsgesetz vom 12. Juli 1996 (BGBl I 1996, 962) mit der Begründung eines nicht vorhandenen Regelungsbedarfs (BTDrucks 13/3845, S. 25) wieder auf. Eine Änderung der zuvor dargestellten Rechtslage war mit dieser Gesetzesänderung nicht verbunden (im Ergebnis auch Schröer-Schallenberg in Peters/Bongartz/Schröer-Schallenberg, Verbrauchsteuerrecht, H 259).

d) Eine gleichheitswidrige Besteuerung von mit zuckerhaltigen Limonaden hergestellten Biermischgetränken liegt auch nicht im Vergleich zu Biermischgetränken vor, die unter Verwendung von süßstoffhaltigen Limonaden hergestellt worden sind.

aa) Zunächst trifft die Behauptung der Klägerin nicht zu, dass im Gegensatz zur heutigen Bierbesteuerung, die auf der Grundlage des Stammwürzegehalts des fertigen Bieres erfolge, der Besteuerung des Bieres traditionsgemäß der Stammwürzegrad der unvergorenen Anstellwürze zugrunde gelegt worden sei. Vielmehr weist die Geschichte der Bierbesteuerung in eine andere Richtung. Dabei erlangte der Stammwürzegrad des Bieres erst 1918 eine entscheidende Bedeutung. Da aufgrund der Verbesserung der Malzausbeute und einer zunehmenden Bierverdünnung die steuerliche Belastung des fertigen Bieres erheblich gesunken war, wurde die Biersteuer durch das BierStG vom 26. Juli 1918 (RGBl I 1918, 863) von der Besteuerung nach dem Gewicht der eingesetzten Braustoffe (insbesondere Malz) auf die Besteuerung des fertigen Bieres umgestellt. Dabei wurden zunächst drei Biergattungen gebildet (Einfach-, Voll- und Starkbier), die im Jahre 1922 durch eine weitere Gattung (Schankbier) ergänzt wurden. Die nach dem jeweiligen Stammwürzegrad definierten Biergattungen unterlagen unterschiedlichen Steuersätzen. Der Stammwürzegrad wurde aus dem tatsächlichen Extraktgehalt des Bieres und dem Extraktgehalt berechnet, der sich aus dem vorhandenen Alkoholgehalt berechnen ließ. Daher deckte sich der der Besteuerung zugrunde gelegte Extraktgehalt nicht mit dem Extraktgehalt der Würze, aus der das Bier ursprünglich hergestellt worden war, denn dieser konnte durch einen nach der Gärung erfolgten Zusatz von Zucker oder Farbebier verändert worden sein (Zapf/Siegert, Das Biersteuergesetz, 2. Aufl., S. 65).

Somit war die Übernahme von zugesetztem Zucker in die Bemessungsgrundlage der Biersteuer bereits 1918 im BierStG angelegt. Dieses System, einschließlich der Einteilung in Biergattungen, behielt der Gesetzgeber bei. In § 8 der Durchführungsbestimmungen zum Biersteuergesetz vom 14. März 1952 (BGBl I 1952, 153) wurde der Stammwürzegehalt als der gewichtsmäßige Gehalt an Extraktstoffen in der unvergorenen Anstellwürze definiert, wie er sich aus dem Restextrakt- und Alkoholgehalt des fertigen Bieres errechnete. Über den Restextrakt des fertigen Bieres flossen auch extraktbildende Stoffe, wie z.B. Zucker, Zuckerkulör, Farbmalz oder Farbebier, in die Berechnung des Stammwürzegehalts mit ein (Peters, Das Verbrauchsteuerrecht, Rdnr. 474). Auch nach der gemäß § 2 Abs. 1 BierStG 1993 anzuwendenden großen Ballingschen Formel wird vom Extrakt- und Alkoholgehalt des fertigen Bieres auf den "fiktiven" Extraktgehalt der unvergorenen Anstellwürze zurückgerechnet. Der Unterschied zur Rechtslage vor 1993 besteht u.a. darin, dass Biergattungen nicht mehr existieren und dass Biermischgetränke nach den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts als Steuergegenstand "Bier" definiert sind, die mit ihrer gesamten Menge der Besteuerung unterliegen.

bb) Die gesetzliche Neuregelung hält sich in dem verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen und verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat der Gesetzgeber bei der Erschließung von Steuerquellen und bei der Ausgestaltung von Steuergesetzen eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Diese Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist und kein einleuchtender Grund mehr für die vorgenommene Differenzierung besteht. Der Gleichheitssatz ist dagegen nicht verletzt, solange z.B. finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen die verschiedene Behandlung motivieren, wobei es ausreicht, wenn einer der genannten Gründe die verschiedene Behandlung trägt (BVerfG-Beschluss vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, 354, m.w.N.). Bewirkt die Ungleichbehandlung von Sachverhalten zugleich die Ungleichbehandlung von Personengruppen, kommt es insbesondere darauf an, ob eine Gruppe von Steuerschuldnern ohne hinreichenden sachlichen Grund stärker belastet wird als eine andere und dadurch in eine empfindlich ungünstigere Wettbewerbslage gerät, so dass die gesetzlichen Auswirkungen weiter greifen, als es der die Verschiedenbehandlung legitimierende Zweck rechtfertigt, und schutzwürdige Belange der Nichtbegünstigten ohne hinreichenden sachlichen Grund vernachlässigt werden (BVerfG-Beschluss vom 11. Februar 1992 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238, 245, m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das FG zu Recht geurteilt, dass das gegenwärtige System der Bierbesteuerung nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Denn der Gesetzgeber ist in seiner Belastungsentscheidung weitgehend frei. Die Besteuerung von alkoholischen Getränken muss er nicht nach dem jeweiligen Alkoholgehalt ausrichten. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt ein solches durchgängiges System weder dem nationalen noch dem gemeinschaftsrechtlich festgelegten Verbrauchsteuerrecht zugrunde (vgl. EuGH-Urteil in EuGHE 2000, I-1129). Allein ein Systemgedanke der Verbrauchsbesteuerung, z.B. die im Streitfall bedeutsame steuerliche Belastung von alkoholischen Getränken, zwingt den Gesetzgeber nicht dazu, alle Verbrauchsteuern nach diesem System auszurichten und inhaltlich identisch auszugestalten, so dass auf sachgerechten Erwägungen beruhende Abweichungen von vornherein ausgeschlossen wären (Senatsentscheidung vom 1. Dezember 1998 VII R 21/97, BFHE 187, 177, 189). Der Gesetzgeber war danach nicht gehalten, sämtliche alkoholischen Getränke ausschließlich nach ihrem vorhandenen Alkoholgehalt zu besteuern. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, verstößt selbst die Anwendung des gemeinschaftsrechtlich legitimierten Null-Steuersatzes auf Wein nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Senatsurteil in BFHE 200, 57). Erst recht durfte der Gesetzgeber die seit 1918 traditionelle Besteuerung des Bieres auf der Grundlage des Stammwürzegehalts beibehalten und dieses Besteuerungssystem nach den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts auch auf Biermischgetränke erstrecken.

Dass die Hersteller von zuckerhaltigen bzw. süßstoffhaltigen Biermischgetränken unterschiedlich steuerlich belastet werden, ist eine systemimmanente Folge der vom Gesetzgeber gewählten Besteuerungsmethode. Infolgedessen bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob überhaupt eine für die Anwendung von Art. 3 Abs. 1 GG zu fordernde Vergleichbarkeit der beiden Gruppen von Steuerschuldnern vorliegt. Im Übrigen trägt die Heranziehung des Extrakt- und Alkoholgehalts des fertigen Bieres zur Bestimmung der Steuerklasse insbesondere steuertechnischen Erwägungen Rechnung. Denn eine belastungsmindernde Berücksichtigung von erst nach Abschluss des Sud- und Gärverfahrens zugesetzten extraktbildenden Stoffen würde die Steuererhebung erheblich verkomplizieren. In diesem Falle ließe sich der anzuwendende Biersteuersatz nicht mehr aufgrund einer Analyse des fertigen Bieres und der Anwendung der Biersteuermengenstaffel bestimmen. Vielmehr müssten Herstellererklärungen herangezogen werden, die präzisen Aufschluss über das Produktionsverfahren und den Zusatz von extraktbildenden Stoffen (z.B. Zuckergehalt von nichtalkoholischen Getränken) geben. In einer Handelskette dürfte ein solches Erfordernis eine effektive Steuererhebung in nicht unerheblicher Weise erschweren.

Die dargestellten steuertechnischen Gründe legitimieren die unterschiedliche Besteuerung von Biermischgetränken und die Anwendung einer Besteuerungsmethode, die in typisierender Weise auch den etwaigen Extraktgehalt des zugesetzten nichtalkoholischen Getränkes erfasst. Der Umstand, dass Hersteller von Biermischgetränken --insbesondere nach der mit Wirkung vom 1. Januar 1993 herbeigeführten Änderung des Steuergegenstandes-- zur Vermeidung einer steuerlichen Mehrbelastung auf süßstoffhaltige Limonade zurückgreifen, kann nicht dazu führen, dass sich die Besteuerung nach Grad Plato nunmehr als gleichheitswidrig erweist. Denn auch der Klägerin stünde es frei, ihre Produktion entsprechend umzustellen, um die vermeintlichen Wettbewerbsnachteile auszugleichen. In diesem Zusammenhang ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen, ob und aus welchen Gründen sie an einer solchen Umstellung gehindert wäre. Der Umstand, dass sie an der Verwendung zuckerhaltiger Limonade festhält, deutet vielmehr darauf hin, dass sie sich z.B. aus Geschmacksgründen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten verspricht, die süßstoffhaltige Biermischgetränke produzieren und die Verwendung von Süßstoff für den Verbraucher nach der Verordnung über die Kennzeichnung von Lebensmitteln (BGBl I 1999, 2464) kenntlich machen müssen. Im Handel sind Biermischgetränke anzutreffen, bei denen die Verwendung von reinem Zucker gegenüber der Verwendung von künstlichem Süßstoff sogar werbend herausgestellt wird. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Besteuerung nach Grad Plato dazu führt, dass Hersteller von zuckerhaltigen Biermischgetränken ohne einen hinreichenden sachlichen Grund einer empfindlich ungünstigeren Wettbewerbslage ausgesetzt werden. Auch einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vermag der Senat nicht zu erkennen.



Ende der Entscheidung

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