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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.01.1999
Aktenzeichen: VII R 53/97
Rechtsgebiete: StBerO-DDR, StBerG DV, MdF-AnO, FGO, AO 1977


Vorschriften:

StBerO-DDR § 15
StBerO-DDR § 14 Abs. 1 Satz 1
StBerO-DDR § 14 Abs. 2
StBerO-DDR § 14
StBerO-DDR § 15
StBerO-DDR § 19
StBerG DV § 40 a
StBerG DV § 6 Abs. 1
StBerG DV § 6 Abs. 3
StBerG DV § 40 a Abs. 1 Satz 4
StBerG DV § 40 a Abs. 1 Satz 5
MdF-AnO § 2 Abs. 2
FGO § 76
AO 1977 § 130 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhielt seine berufliche Ausbildung (Diplom-Kaufmann) in den alten Bundesländern. Mit Urkunde des Ministeriums der Finanzen der DDR, Leiter der Abteilung Besitz- und Verkehrssteuern, vom ... August 1990 wurde er prüfungsfrei als Steuerberater bestellt. In seinem Antrag vom ... Juni 1990 an das Ministerium der Finanzen hatte er die Zulassung als Steuerberater "nach dem Recht der DDR" und gleichzeitig auch die Befreiung von der Prüfung begehrt. Er führte u.a. aus, die sachlichen Voraussetzungen hierzu lägen bei ihm vor. Er sei über 18 Jahre in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung in den alten Bundesländern tätig gewesen. In einem zweiten Antrag ebenfalls vom ... Juni 1990, der einen etwas anderen Wortlaut als der erste hatte, nahm er auf "§ 15 StBerO-DDR" Bezug. Am ... Juli 1990 reichte er zu dem Antrag ein Schreiben nach, in dem er auf seinen vorläufigen Personalausweis der DDR hinwies und meinte, damit lägen die Voraussetzungen gemäß "§ 14 Abs. 1 Satz 1 sowie § 14 Abs. 2 StBerO-DDR" vor. Eine formelle Staatsangehörigkeit der DDR hat er nicht verliehen bekommen, obwohl er am ... Juni 1990 einen entsprechenden Antrag gestellt hatte.

Der Kläger hatte auch die Zulassung als Helfer in Steuersachen beim Rat des Kreises beantragt und war schon zur mündlichen Prüfung geladen worden, die er aber nicht ablegte, weil er inzwischen schon als Steuerberater bestellt worden war.

Die mündliche Prüfung gemäß § 6 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 40 a des Steuerberatungsgesetzes (DV § 40 a StBerG) vom 25. September 1992 (BGBl I, 1667) zur endgültigen Bestellung als Steuerbevollmächtigter hat der Kläger im Juli 1993 bestanden. Die schriftliche Prüfung gemäß § 6 Abs. 3 DV § 40 a StBerG bestand er nicht. Die beigeladene Steuerberaterkammer teilte dem Finanzministerium (FinMin) des Freistaats Thüringen im Rahmen des Anhörungsverfahrens am ... Dezember 1993 mit, daß der Kläger in A eine ordnungsgemäße Niederlassung mit einem Mitarbeiterstab von 6 festen Angestellten und 2 Umschülern habe.

Nach Anhörung des Klägers durch das Bundesministerium der Finanzen, Außenstelle Berlin, vom ... August 1991 und das FinMin vom ... Juni 1993 sowie der Beigeladenen nahm das FinMin am ... Dezember 1993 die Bestellung des Klägers als Steuerberater zurück.

Die gegen den Rücknahmebescheid gerichtete Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) hielt die Rücknahme der rechtswidrigen Bestellung des Klägers als Steuerberater für rechtmäßig, weil der Kläger die Umstände, die die Rechtswidrigkeit begründen, zumindest hätte kennen müssen. Die dagegen gerichtete Revision des Klägers ist beim Senat anhängig. Gegen den in jener Sache ergangenen Gerichtsbescheid hat der Kläger Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt, die bisher noch nicht stattgefunden hat.

In der vorliegenden Sache begehrt der Kläger von der Beklagten und Revisionsbeklagten (Oberfinanzdirektion --OFD--) die Bestellung als Steuerbevollmächtigter. Er beruft sich insbesondere auf einen Erlaß des FinMin vom 3. November 1993 S-0856 A-1/93-201.2, der aus einem Schreiben und einer Anlage "Fallgruppeneinteilung" besteht und besagt, daß von einer Rücknahme der vorläufigen Bestellung nach § 40 a des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) als Steuerbevollmächtigter in Fällen abzusehen sei, in denen die Eignungsprüfung nach § 2 Abs. 2 b der Anordnung über die Zulassung zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Helfer in Steuersachen und die Registrierung von Stundenbuchhaltern vom 7. Februar 1990 (MdF-AnO) abgelegt wurde und der Betreffende in Thüringen eine berufliche Niederlassung begründet und ausgeübt hat. Die OFD hat den Antrag des Klägers abgelehnt. Die dagegen gerichtete Sprungklage hatte keinen Erfolg.

Das FG hat ausgeführt, daß der Kläger keinen Anspruch auf endgültige Bestellung als Steuerbevollmächtigter habe (§ 40 a Abs. 1 Satz 4 StBerG), weil Gründe für die Rücknahme der vorläufigen Bestellung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StBerG vorlägen (§ 40 a Abs. 1 Satz 5 StBerG). Die vorläufige Bestellung des Klägers als Steuerberater sei rechtswidrig gewesen, weil er nicht Bürger der DDR gewesen sei und er keine berufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR ausgeübt habe (§§ 14, 15 der Steuerberatungsordnung der DDR --StBerO--). Dem Kläger sei die Rechtswidrigkeit seiner Bestellung auch bekannt gewesen, weil er seinerzeit von der Behörde der DDR darauf hingewiesen worden sei, daß lediglich ein Wohnsitz in der DDR für die Zulassung zum Steuerberater als "Bürger der DDR" nicht ausreiche.

Ein Recht auf endgültige Bestellung als Steuerbevollmächtigter lasse sich auch nicht aus dem genannten Erlaß des FinMin ableiten, den das FG als norminterpretierende Regelung in bezug auf die nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG für die Rücknahme der vorläufigen Bestellung geforderte Kenntnis oder das Kennenmüssen (der Rechtswidrigkeit der Bestellung) ansieht. Seinem Wortlaut nach sei der Erlaß auf den Kläger nicht anzuwenden, weil er keine Eignungsprüfung abgelegt habe. Jedoch sei jemand, der von der Eignungsprüfung befreit worden sei, demjenigen gleichzustellen, der sie abgelegt habe. Im Streitfall gehe es jedoch nicht um die Auslegung der Vorschriften der MdF-AnO, in bezug auf die sich die nicht wörtlich aufgeführten Zulassungsvoraussetzungen (u.a. Bürger der DDR) erst durch die spätere Rechtsprechung ergeben hätten, sondern um die der StBerO, nämlich § 14. Darin sei ausdrücklich das Merkmal "Bürger der DDR" als Voraussetzung für die Bestellung als Steuerberater genannt. Da der Kläger in seinem Antrag ausdrücklich auf § 15 StBerO Bezug genommen habe, habe er die Rechtswidrigkeit seiner Bestellung gekannt oder hätte sie zumindest kennen müssen. Die Bestellung sei damit unabhängig davon zurückzunehmen, ob der Kläger eine Prüfung abgelegt habe oder von ihr befreit worden sei, und unabhängig davon, ob der Erlaß auch auf die Prüfung nach der StBerO anzuwenden sei. Der Kläger könne damit unter Berufung auf den Erlaß nicht erreichen, daß die Rücknahme seiner Bestellung als rechtswidrig angesehen werde. Sollte die OFD in vergleichbaren Fällen dennoch eine endgültige Bestellung als Steuerbevollmächtigter vorgenommen haben oder von einer Rücknahme der Bestellung abgesehen haben, könne sich der Kläger hierauf nicht berufen, weil eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht in Betracht komme. Gleiches gelte für das Land Sachsen, so daß die Einholung einer Auskunft (über die dort vorgenommenen Bestellungen) im Streitfall unerheblich sei. Dies gelte für beide diesbezüglich gestellten Beweisanträge.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die ungenügende Erfüllung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), unrichtige Auslegung des § 46 Abs. 1 StBerG, unrichtige Betrachtung und Auslegung der DDR-Vorschriften zum Bestellungsrecht (MdF-AnO, StBerO) sowie Nichtbeachtung der Verfassungsgebote bezüglich Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung (Art. 2 Abs. 1, Art. 3, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --GG--).

Zusammengefaßt führt der Kläger aus, das FG habe den Erlaß zu Unrecht als Auslegungsregel angesehen, statt ihn als Vertrauens- und Billigkeitsregelung zu verstehen. Der Erlaß sei aus dem Rechtsempfinden entstanden, daß es ungerecht sei, einen Berufsangehörigen aus dem Beruf zu entfernen, der sich vollständig im neuen Bundesland beruflich wie persönlich integriert habe. Es sei inkonsequent, trotz Anwendung des Erlasses auf den Kläger dennoch eine Einzelfalluntersuchung anzustellen. Lasse man nach dem Erlaß eine Eigenpraxis in Thüringen und die Ablegung der Eignungsprüfung bzw. die Befreiung davon genügen, könnten individuelle Umstände, die damals bekanntlich nur auf Behördenanregungen zurückgegangen seien, weil die Gesetzestexte nicht zu haben gewesen seien, keine Rolle spielen. Es gehe nicht an, aus dem Anwendungsfeld des Erlasses einen einzelnen Fall herauszulösen, aber bei den übrigen ebenso vom Erlaß Tangierten die Einzelfallbetrachtung zu unterlassen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz könne durchaus auch dort Platz greifen, wo andere Bürger in vergleichbarer Lage zu Unrecht begünstigt würden. Das FG hätte zu diesem Gesichtspunkt aufklären und den gestellten Beweisanträgen nachgehen müssen. Nach der Rechtsprechung des Senats sei Gutgläubigkeit vor allem bei einem Antrag auf Bestellung vor dem 27. Juli 1990 anzuerkennen. Der Kläger habe im Juni 1990 den Antrag sowohl zum Steuerberater als auch zum Helfer in Steuersachen gestellt. Er habe zugleich den Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft der DDR gestellt, warum dieser Antrag nicht zum Erfolg geführt habe, sei unklar. Die überraschend erfolgte Bestellung des Klägers als Steuerberater sei ein Zufallsprodukt, das sich heute zu Lasten des Klägers auswirke. Der Geschehensablauf auf der Basis des ursprünglichen Antrags zur Anwendung der MdF-AnO (Zulassung als Helfer in Steuersachen) rechtfertige es, den Kläger mit denjenigen gleichzustellen, die bei frühzeitigem Antrag erst später nach dem 27. Juli 1990 die Bestellung als Helfer in Steuersachen/ Steuerbevollmächtigte erhalten hätten, d.h. von der Gutgläubigkeit sei auszugehen. Außerdem genieße der Kläger, der eine umfängliche Eigenpraxis in Thüringen aufgebaut und seine persönlichen "West"-Beziehungen aufgehoben habe, über die Regelung des § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG hinaus Vertrauensschutz. Der Vertrauensschutz sei nicht mit den subjektiven Tatbestandsmerkmalen des Kennens oder Kennenmüssens der Rechtswidrigkeit als bereits geregelt und erledigt anzusehen. Die Behörde dürfe keine Rücknahme mehr aussprechen, wenn der Betroffene an den Übergangsseminaren (§ 40 a Abs. 1 Satz 3 StBerG) teilgenommen habe.

Der Kläger beantragt, die OFD unter Aufhebung der Vorentscheidungen zu verpflichten, den Kläger endgültig zum Steuerbevollmächtigten zu bestellen.

Die OFD beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Meinung, daß das Senatsurteil vom 5. November 1996 VII R 36/96 (BFH/NV 1997, 266) nicht auf den Streitfall zu übertragen sei, und weist darauf hin, daß dem Kläger die Staatsbürgerschaft der DDR nicht verliehen worden sei.

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das FG hat zutreffend erkannt, daß der Kläger keinen Anspruch auf endgültige Bestellung als Steuerbevollmächtigter hat. Die Einwendungen der Revision gegen die Vorentscheidung sind unbegründet.

1. Als Rechtsgrundlage für die endgültige Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter, der vorläufig als Steuerberater bestellt worden ist, kommt nur § 40 a Abs. 1 Satz 4 StBerG in Betracht. Nach § 40 a Abs. 1 Satz 5 StBerG setzt die endgültige Bestellung des Klägers, der erfolgreich am Grundlagenteil des vorgeschriebenen Seminars teilgenommen hat, ferner voraus, daß Gründe für eine Rücknahme der vorläufigen Bestellung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG nicht vorliegen. Da solche Gründe, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, vorliegen, hat der Kläger keinen Anspruch auf endgültige Bestellung als Steuerbevollmächtigter. Die Verpflichtungsklage, mit der der Kläger seine endgültige Bestellung begehrt, ist deshalb mit Recht abgewiesen worden.

a) Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG ist eine vorläufige Bestellung (§ 40 a StBerG) zurückzunehmen, wenn sie rechtswidrig war und der Begünstigte die Umstände kannte oder kennen mußte, die die Rechtswidrigkeit begründen. Als vorläufig bestellt i.S. des § 40 a Abs. 1 Satz 1 StBerG gelten Steuerberater aus dem Beitrittsgebiet, die --wie der Kläger-- nach dem 6. Februar 1990 aufgrund des Steuerberatungsrechts der DDR bestellt worden sind.

aa) Die Bestellung des Klägers als Steuerberater durch das Ministerium der Finanzen der DDR mit Urkunde vom ... August 1990 ist rechtswidrig.

Nach § 17 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1, § 14 Abs. 1 StBerO durften --von anderen hier nicht streitigen Voraussetzungen abgesehen-- nur Personen, die Bürger der DDR waren und mehrere Jahre hauptberuflich auf dem Gebiete des Steuerwesens tätig waren, prüfungsfrei als Steuerberater bestellt werden. Was als hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens anzusehen ist, war in § 15 Abs. 2 StBerO abschließend geregelt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. März 1995 VII R 4/94, BFHE 177, 180, BStBl II 1995, 421; Beschluß vom 20. Dezember 1990 VII B 255/90, BFHE 163, 397, BStBl II 1991, 267). Hiernach übten eine hauptberufliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 2 StBerO nur aus: praktizierende Helfer in Steuersachen, ehemalige verantwortliche und leitende Mitarbeiter der VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsberatung sowie der Finanzorgane und Steuerbevollmächtigte gemäß § 19 StBerO.

Abgesehen davon, daß der Kläger die genannten berufspraktischen Voraussetzungen, ohne daß das FG hierzu in diesem Verfahren nähere Ausführungen gemacht hat, nicht erfüllt haben dürfte, war er aber auch nicht Staatsbürger der DDR. Auf das Fehlen dieser Voraussetzung hat das FG seine Entscheidung mit Recht gestützt, weil der Kläger zwar den Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft der DDR gestellt hat, diese ihm aber unstreitig nicht verliehen worden ist. Weder die Stellung des Antrags auf Verleihung der Staatsbürgerschaft noch die Ausstellung eines Personalausweises und die Wohnsitznahme in der damaligen DDR erfüllen die in § 14 StBerO vorgeschriebene Voraussetzung der bestehenden Staatsbürgerschaft der DDR.

bb) Richtig ist auch, daß der Kläger die Rechtswidrigkeit seiner prüfungsfreien Bestellung als Steuerberater zumindest hätte kennen müssen.

Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 15 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 StBerO ist ohne weiteres die bestehende Staatsbürgerschaft der DDR als eine Voraussetzung für die Bestellung als Steuerberater zu entnehmen. Der Kläger wurde außerdem mit Schreiben des DDR Finanzministeriums vom ... August 1990 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Wohnsitznahme in der DDR als Voraussetzung für die Zulassung zum Steuerberater nicht ausreiche.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger den Wortlaut der entscheidenden Vorschriften der StBerO, auf die er sich übrigens in seinem zweiten Antrag ausdrücklich bezogen hat, tatsächlich kannte. Von einem Bewerber für eine Bestellung als Steuerberater ist zu erwarten, daß er sich die notwendigen Vorschriften über die Voraussetzungen für seine Bestellung beschafft oder sie doch zumindest selbst einsieht. Hätte er dies getan, dann hätte er ohne weiteres erkannt, daß er jedenfalls die Voraussetzung der bestehenden Staatsbürgerschaft der DDR nicht erfüllte.

Daß die Bestellungspraxis des damals für die Bestellung zuständigen Leiters der Steuerabteilung im Finanzministerium der DDR von der objektiven Rechtslage abwich, kann wegen der klaren und eindeutigen Regelung in § 15 StBerO und darüber hinaus auch deshalb nicht als Indiz für Schwierigkeiten bei der Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit der Bestellung des Klägers als Steuerberater gewertet werden, weil eine andere Auffassung zur Folge haben würde, daß nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StBerG rechtswidrige Bestellungen zu einem steuerberatenden Beruf niemals zurückgenommen werden könnten. Denn die Rücknahme nach dieser Vorschrift setzt gerade eine Abweichung von der bestehenden Rechtslage durch die zuständige Behörde voraus.

Auf sonstige Umstände, insbesondere auf die persönlichen Fähigkeiten des Klägers zur Erkenntnis der Rechtswidrigkeit, hat das FG im Streitfall zu Recht nicht abgestellt. Für das Tatbestandsmerkmal Kennenmüssen der Rechtswidrigkeit sind nur die eindeutige Fassung der in Betracht kommenden Rechtsvorschriften und die objektiven Anforderungen entscheidend, die an einen Bewerber um die Bestellung als Steuerberater zu stellen sind. Die vom Kläger möglicherweise angestellte Überlegung, daß er als Antragsteller auf das rechtmäßige Handeln der Behörde vertrauen dürfe, vermag demgemäß das vom Kläger zu fordernde Bemühen um die Erkenntnis der Rechtslage nicht zu ersetzen.

Es mag sein, daß die vorstehenden Ausführungen auf viele Bewerber aus den alten Bundesländern zutreffen, die unter den gleichen Umständen wie der Kläger in der DDR bzw. im Beitrittsgebiet prüfungsfrei als Steuerberater bestellt worden sind. Die vom Gesetzgeber in § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StBerG vorgeschriebenen subjektiven Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die vorläufige Bestellung als Steuerberater zurückzunehmen ist, lassen aber im Falle der prüfungsfreien Bestellung als Steuerberater eine weitere Abwägung unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht zu.

b) Der Rücknahme der Bestellung des Klägers als Steuerberater steht auch nicht entgegen, daß sie erst mit Schreiben des FinMin vom ... Dezember 1993 erfolgt ist. Für die Rücknahme der Bestellung hat der Gesetzgeber keine Frist vorgeschrieben. Die in § 130 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) vorgeschriebene Jahresfrist ab Kenntnis der Behörde von den die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen gilt für die Rücknahme der Bestellung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG nicht (Senatsurteile in BFHE 177, 180, BStBl II 1995, 421; und vom 26. September 1995 VII R 19/94, BFH/NV 1996, 369).

Da der Gesetzgeber keine Frist für die Rücknahme vorgeschrieben hat, läßt sich eine solche Frist allenfalls aus dem Gesichtspunkt der Verwirkung als Ausfluß des allgemein geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben herleiten. Die Verwirkung des Rechts auf Rücknahme der Bestellung könnte vorliegen, wenn der Kläger aus dem Verhalten der zuständigen Behörde hätte entnehmen müssen, daß diese ihr Recht nicht mehr ausüben wolle. Die Teilnahme des Klägers an dem in § 40 a Abs. 1 Satz 3 StBerG vorgesehenen Seminar für vorläufig bestellte Steuerberater und der erfolgreiche Abschluß des Grundlagenteils des Seminars hat aber --anders als der Kläger meint-- keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, der der Rücknahme der Bestellung des Klägers entgegensteht. Denn § 40 a Abs. 1 Satz 5 StBerG schreibt ausdrücklich vor, daß die endgültige Bestellung als Steuerberater, die u.a. von der erfolgreichen Teilnahme an dem Seminar abhängt, nur möglich ist, wenn keine Gründe für die Rücknahme der Bestellung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 vorliegen. Danach geht der Gesetzgeber davon aus, daß die Gründe für die Rücknahme der (vorläufigen) Bestellung selbst noch nach erfolgreicher Teilnahme an dem Übergangsseminar geltend gemacht werden können.

c) Der vom Kläger genannte Erlaß des FinMin vom 3. November 1993 steht --anders als der Kläger meint-- einer Rücknahme der vorläufigen Bestellung des Klägers als Steuerberater nicht entgegen. Es kann dahinstehen, welche Bedeutung der Erlaß für die Fälle hat, auf die er angewendet werden soll. Denn er ist jedenfalls im Streitfall seinem eindeutigen Wortlaut nach nicht anwendbar, weil er nur die Rücknahme und den Widerruf der vorläufigen Bestellung als Steuerbevollmächtigter betrifft. Er ist auch nicht entsprechend anzuwenden, weil er speziell auf die Verhältnisse abstellt, die sich bei Anwendung der MdF-AnO, die nach § 70 StBerO noch für die Prüfung und Bestellung von Steuerbevollmächtigten bis zum 31. Dezember 1990 galt, wegen der bestehenden Auslegungsschwierigkeiten hinsichtlich des Bestehens bestimmter Voraussetzungen für die Prüfungszulassung und die Bestellung ergaben. Im Streitfall --Steuerberater-- richtete sich aber die Prüfung und Bestellung nach §§ 13 ff. StBerO, die hinsichtlich der insoweit zu erfüllenden Voraussetzungen keine Auslegungsschwierigkeiten boten.

d) Der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) steht einer Rücknahme der Bestellung als Steuerberater ebenfalls nicht entgegen. Selbst wenn das FinMin in bestimmten angeblich gleichgelagerten Einzelfällen von einer Rücknahme der (vorläufigen) Bestellung abgesehen oder gar eine endgültige Bestellung als Steuerberater ausgesprochen hätte, könnte sich der Kläger hierauf nicht berufen, weil ihm die in Art. 3 Abs. 1 GG gewährleistete Gleichbehandlung vor dem Gesetz keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gewährt (vgl. Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 6. Aufl., § 4 Anm. 5 f, m.w.N.). Der Kläger hat zwar auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom 8. Februar 1971 IV 846/70 (Neue Juristische Wochenschrift 1971, 954) verwiesen, wonach der Grundsatz "keine Gleichheit im Unrecht" nicht eingreife, wenn die Exekutive eine Eingriffsnorm bewußt nur auf eine Minderheit von Normbetroffenen anwende und der Nichtanwendung der Norm zugunsten aller Betroffenen keine überwiegenden, mit der Norm verfolgten öffentlichen Belange entgegenstünden. Dafür, daß die Norm des § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG nur auf eine Minderheit von Betroffenen angewendet werde, hat der Kläger aber nichts Substantielles vorgetragen, sondern nur behauptet, daß im Ländervergleich eine bewußt unterschiedliche Handhabung der endgültigen Bestellung erfolge. Im Hinblick darauf, daß der Kläger der Verwaltung insoweit ein gesetzwidriges Verhalten vorwirft, hätte er diesen Vorwurf auf Grund seiner Mitwirkungspflicht näher präzisieren müssen. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit Standesrecht dem entgegenstehen sollte. Ohne eine solche Präzisierung war das FG nicht verpflichtet, ins Blaue hinein Beweis durch Einholung entsprechender Auskünfte der Verwaltung der Länder Thüringen und Sachsen zu erheben (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 76 FGO Rz. 7c). Der insoweit gerügte Verfahrensfehler mangelnder Sachverhaltsaufklärung (§ 76 FGO) wegen Nichtbefolgung entsprechender Beweisanträge durch das FG liegt nicht vor, weil nach der insoweit maßgebenden Rechtsauffassung des FG die Beweiserhebung für die Entscheidung des Streitfalls unerheblich war.

e) Aus den Ausführungen des Senats in dem vom Kläger angeführten Urteil in BFH/NV 1997, 266 läßt sich im Streitfall nichts zu Gunsten des Klägers entnehmen. Der Senat hat in diesem Urteil wie schon im Urteil vom 7. März 1996 VII R 61, 62/95 (BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334) ausgeführt, daß die Rücknahme der rechtswidrigen (vorläufigen) Bestellung als Steuerbevollmächtigter nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG nicht ohne weiteres darauf gestützt werden könne, daß der Betroffene im Zeitpunkt seiner Zulassung als Helfer in Steuersachen die in den maßgeblichen Vorschriften (MdF-AnO) nicht wörtlich aufgeführten Zulassungsvoraussetzungen (u.a. Bürger der DDR zu sein) gekannt habe oder habe kennen müssen. Diese Rechtsprechung gilt aber ausdrücklich nur für den Fall der vorläufigen Bestellung als Steuerbevollmächtigter nach vorheriger Zulassung als Helfer in Steuersachen, sie läßt sich nicht auf die vorläufige Bestellung als Steuerberater übertragen, weil sich insoweit die Voraussetzungen für die Bestellung eindeutig aus dem Wortlaut der StBerO ergaben. Der Umstand, daß der Kläger auch einen Antrag auf Zulassung als Helfer in Steuersachen gestellt hat, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, weil der Kläger nicht als solcher zugelassen, sondern als Steuerberater bestellt worden ist und es nur darum geht, ob Gründe für die Rücknahme dieser Bestellung vorliegen.

2. Der Senat hat bereits mehrfach dargelegt, daß er die Rücknahmeregelung des § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG für verfassungsgemäß hält (Senatsurteile vom 27. Juni 1994 VII R 110/93, BFHE 176, 181, BStBl II 1995, 341; in BFHE 177, 180, BStBl II 1995, 421; in BFH/NV 1996, 369, und vom 9. Januar 1996 VII R 16/95, BFH/NV 1996, 512). Er sieht im Streitfall keine Veranlassung dazu, diese Auffassung zu überprüfen, zumal sie vom Bundesverfassungsgericht wiederholt (z.B. Beschluß vom 5. Februar 1997 1 BvR 127/97, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1997, 336) bestätigt wurde.

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