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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.07.2003
Aktenzeichen: VII R 61/02
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 3665/87, Ausfuhrerstattungsverordnung


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 3665/87 Art. 3
VO (EWG) Nr. 3665/87 Art. 11 Abs. 1
VO (EWG) Nr. 3665/87 Art. 47 Abs. 1
Ausfuhrerstattungsverordnung § 15
"Ist Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 der VO Nr. 3665/87 i.d.F. der VO Nr. 2945/94 --auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit-- dahin auszulegen, dass allein falsche Angaben in Bezug auf einzelne Warenpositionen in der Ausfuhranmeldung, die zu einer höheren Ausfuhrerstattung als der dem Ausführer zustehenden führen können, zur Verminderung der Ausfuhrerstattung um den dort definierten Sanktionsbetrag führen, obwohl im Zusammenhang mit dem nach nationalem Recht abzugebenden besonderen Zahlungsantrag ausdrücklich erklärt wird, dass für die betreffenden Warenpositionen der Anmeldung die Zahlung der Ausfuhrerstattung nicht beantragt wird?"
Gründe:

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird gemäß Art. 234 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: "Ist Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2945/94 --auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit-- dahin auszulegen, dass allein falsche Angaben in Bezug auf einzelne Warenpositionen in der Ausfuhranmeldung, die zu einer höheren Ausfuhrerstattung als der dem Ausführer zustehenden führen können, zur Verminderung der Ausfuhrerstattung um den dort definierten Sanktionsbetrag führen, obwohl im Zusammenhang mit dem nach nationalem Recht abzugebenden besonderen Zahlungsantrag ausdrücklich erklärt wird, dass für die betreffenden Warenpositionen der Anmeldung die Zahlung der Ausfuhrerstattung nicht beantragt wird?"

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ließ am 29. Juli 1996 eine Sendung mit Käse verschiedener Marktordnungs-Warenlistennummern zur Ausfuhr abfertigen. Die Sendung enthielt u.a. Schmelzkäse der Marktordnungs-Warenlistennummer 0406 3039 9500. Mit nationalem Zahlungsantrag vom ... beantragte die Klägerin beim Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt --HZA--) für diese Sendung die Gewährung von Ausfuhrerstattung als Vorschuss. In dem Antrag waren die den Schmelzkäse betreffenden Positionen 4 und 5 durchgestrichen und mit dem handschriftlichen Vermerk versehen "gestrichen" dem ein Namenskürzel beigefügt war. Der Zahlungsantrag war außerdem von einem Kurzbrief begleitet, in dem die Klägerin dem HZA mitteilte, dass sie die beiden letzten Positionen (4 und 5) des Antrags gestrichen habe und hierfür keine Erstattung beantrage.

Das HZA gewährte der Klägerin für die (nicht gestrichenen) Positionen antragsgemäß Ausfuhrerstattung als Vorschuss. Mit dem weiteren, hier angefochtenen Bescheid setzte es gegenüber der Klägerin eine Sanktion in Höhe von insgesamt ... DM fest. Das HZA begründete den Bescheid damit, der in den Positionen 4 und 5 genannte Schmelzkäse sei nach dem Ergebnis der Probenuntersuchung im Hinblick auf den festgestellten Zusatz von Pflanzenfett nicht erstattungsfähig, weil die Klägerin nicht die zur Herstellung der Ware tatsächlich verwendeten Grunderzeugnisse angegeben habe. Die Klägerin habe folglich mit der Ausfuhranmeldung eine höhere als die ihr zustehende Erstattung beantragt und sei deshalb zur Zahlung einer Sanktion verpflichtet. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos. Die Klage hatte dagegen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) erkannte, dass die Klägerin hinsichtlich der Positionen 4 und 5 keinen Zahlungsantrag gestellt habe, weil die Abgabe der Ausfuhranmeldung noch nicht als ein solcher angesehen werden könne und deshalb die Sanktionsregelung nicht eingreife.

Mit der Revision macht das HZA zusammengefasst geltend, die Auffassung des FG, wonach die Sanktion nur verhängt werden könne, wenn der Ausführer den vom nationalen Gesetzgeber auf Grund der gemeinschaftsrechtlichen Ermächtigung zusätzlich zu der Ausfuhranmeldung vorgeschriebenen Zahlungsantrag gestellt habe, würde die abschreckende Wirkung der Sanktionsbestimmung weitgehend zunichte machen. Sie weiche zudem von der bindenden Auslegung der einschlägigen Normen durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) ab. In seiner Meinung fühlt sich das HZA durch das Schreiben der Europäischen Kommission, Generaldirektion VI, Landwirtschaft vom 20. August 1999 Aktenzeichen VI.BI.4 D(99) D 210700 - VI/5285/99 an das Bundesministerium der Finanzen bestätigt, das das HZA vorgelegt hat.

Die Klägerin führt im Einzelnen aus, dass die Festsetzung einer Sanktion im Streitfall nicht gerechtfertigt sei, weil die Klägerin hinsichtlich der gestrichenen Positionen 4 und 5 keinen Zahlungsantrag gestellt habe, in der Abgabe der Ausfuhranmeldung sei ein solcher nicht zu sehen.

II.

Der Senat setzt das bei ihm anhängige Revisionsverfahren aus (§ 74 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und legt dem EuGH die im Tenor genannte Frage zur Vorabentscheidung vor.

III.

Nach Auffassung des Senats sind für die Lösung des Streitfalles die folgenden gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Rechtsvorschriften maßgebend:

Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (VO Nr. 3665/87) der Kommission vom 27. November 1987 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 351/1):

Artikel 3 VO Nr. 3665/87:

(1) Als Tag der Ausfuhr gilt der Zeitpunkt, an dem die Zollbehörden die Ausfuhranmeldung, aus der hervorgeht, dass eine Erstattung beantragt wird, annehmen.

(2) Der Tag der Annahme der Ausfuhranmeldung ist maßgebend für

a)den anzuwendenden Erstattungssatz, wenn die Erstattung nicht im voraus festgesetzt wurde,

b)die gegebenenfalls vorzunehmenden Berichtigungen des Erstattungssatzes, wenn die Erstattung im voraus festgesetzt wurde.

(3) Der Annahme der Ausfuhranmeldung ist jede andere Handlung gleichgestellt, die die gleiche Rechtswirkung wie diese Annahme hat.

(4) Der Tag der Ausfuhr ist maßgebend für die Feststellung von Menge, Art und Eigenschaften des ausgeführten Erzeugnisses.

(5) Das bei der Ausfuhr für die Inanspruchnahme einer Ausfuhrerstattung verwendete Dokument muss alle für die Berechnung des Ausfuhrerstattungsbetrags erforderlichen Angaben enthalten und insbesondere:

a) die Bezeichnung der Erzeugnisse nach der für die Ausfuhrerstattungen verwendeten Nomenklatur,

b) die Eigenmasse der Erzeugnisse oder gegebenenfalls die zur Berechnung der Ausfuhrerstattung zu berücksichtigende und in den entsprechenden Mengeneinheiten ausgedrückte Menge,

c) die Zusammensetzung der betreffenden Erzeugnisse oder einen Hinweis auf diese Zusammensetzung, sofern dies zur Berechnung der Ausfuhrerstattung erforderlich ist.

Handelt es sich bei dem in diesem Absatz bezeichneten Dokument um die Ausfuhranmeldung, so muss diese ebenfalls alle Angaben und den Vermerk "Erstattungscode" enthalten.

(6) Im Zeitpunkt dieser Annahme oder der Vornahme dieser Handlung werden die Erzeugnisse bis zum Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft unter Zollkontrolle gestellt.

Artikel 11 VO Nr. 3665/87 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 (VO Nr. 2945/94) der Kommission vom 2. Dezember 1994 (ABlEG Nr. L 310/57, berichtigt: ABlEG 1995 Nr. L 132/22):

(1) Wird festgestellt, dass ein Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat, so entspricht die für die betreffende Ausfuhr geschuldete Erstattung der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung, vermindert um einen Betrag in Höhe

a) des halben Unterschieds zwischen der beantragten Erstattung und der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung,

b) des doppelten Unterschieds zwischen der beantragten und der geltenden Erstattung, wenn der Ausführer vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat.

Als beantragte Erstattung gilt der Betrag, der anhand der Angaben gemäß Artikel 3 bzw. Artikel 25 Absatz 2 berechnet wird. Richtet sich die Höhe des Erstattungssatzes nach der jeweiligen Bestimmung, so ist der differenzierte Teil der Erstattung anhand der Angaben gemäß Art. 47 zu berechnen.

....

....

Haben die zuständigen Behörden festgestellt, dass die beantragte Erstattung nicht zutrifft und dass die betreffende Ausfuhr nicht erfolgt ist, dass also eine Kürzung der Erstattung nicht möglich ist, so zahlt der Ausführer den der Sanktion gemäß Buchstabe a) bzw. b) entsprechenden Betrag. ....

...

Art. 47 Abs. 1 VO Nr. 3665/87:

(1) Die Ausfuhrerstattung wird nur auf schriftlichen Antrag des Ausführers von dem Mitgliedstaat gezahlt, auf dessen Hoheitsgebiet die Ausfuhranmeldung angenommen wurde.

Die Mitgliedstaaten können hierfür ein besonderes Formblatt vorsehen.

...

Ausfuhrerstattungsverordnung vom 24. Mai 1996 (Bundesgesetzblatt I 1996, 766):

§ 15 - Antragsteller und Antrag

Den Antrag auf Erstattung nach vorgeschriebenem Muster kann nur stellen, wer

1. in Fällen der §§ 3 und 5 im Feld 2 der Ausfuhranmeldung für Erstattungszwecke genannt ist oder

2. die Zahlungserklärung nach § 8 Abs. 1 oder § 11 Abs. 2 Satz 1 oder 2 abgegeben hat.

IV.

1. Die rechtliche Würdigung des Streitfalles ist gemeinschaftsrechtlich zweifelhaft. Die Entscheidung der Revision hängt davon ab, ob bereits die Abgabe der Ausfuhranmeldung nach Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 den Zahlungsantrag i.S. von Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 darstellt oder dies erst der nach Art. 47 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 geforderte schriftliche Antrag ist, für den in Deutschland auf Grund der in Art. 47 Abs. 1 Unterabs. 2 VO Nr. 3665/87 enthaltenen Ermächtigung ein besonderes Formular vorgesehen ist (§ 15 Ausfuhrerstattungsverordnung). Ist nämlich ein solcher besonderer Antrag Voraussetzung für die Anwendung der Sanktionsregelung in Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87, so ist die Sanktion im Streitfall --wie vom FG ausgeführt-- zu Unrecht festgesetzt worden. Ist dagegen bereits die Abgabe der Ausfuhranmeldung, die keinen ausdrücklichen Zahlungsantrag enthält, als Antrag i.S. von Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 anzusehen, wäre die festgesetzte Sanktion jedenfalls nicht wegen eines fehlenden entsprechenden Zahlungsantrages rechtswidrig.

2. Für die Auffassung der Klägerin und des FG spricht der Wortlaut der Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 und Art. 47 Abs. 1 VO Nr. 3665/87. Nach Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 3665/87 ist die Festsetzung der Sanktion davon abhängig, dass die Zahlung einer höheren als die zustehende Erstattung beantragt worden ist. In Art. 47 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 3665/87 ist bestimmt, dass die Ausfuhrerstattung nur auf einen schriftlichen Antrag des Ausführers hin gezahlt wird. Dafür können die Mitgliedstaaten gemäß Art. 47 Abs. 1 Unterabs. 2 VO Nr. 3665/87 ein besonderes Formular vorsehen. In Deutschland schreibt § 15 Ausfuhrerstattungsverordnung vor, dass der Antrag auf Erstattung nach vorgeschriebenem Muster zu stellen ist. Dieses Muster ist seit dem 1. Oktober 1995 der in der Vorschriftensammlung Bundes-Finanzverwaltung unter der Kennung M 35 69 abgedruckte Vordruck "Antrag auf Zahlung von Ausfuhrerstattung (Antrag AE)". In diesem Vordruck wird der Antragsteller in einem weiß markierten Feld ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er die Zahlung der Ausfuhrerstattung für alle in diesem Antrag aufgeführten Waren beantragt. Danach wird in Deutschland deutlich zwischen der Ausfuhranmeldung und dem Zahlungsantrag unterschieden.

Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 3665/87 geht zwar auf diese Unterscheidung nicht näher ein, sondern setzt voraus, dass der Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat. Streng nach dem Wortlaut dieser Vorschrift kommt es dabei aber nicht auf die Ausfuhranmeldung, sondern auf den Erstattungsantrag an, der sich nach der deutschen Regelung nicht aus der Ausfuhranmeldung, sondern erst aus der Abgabe des Zahlungsantrags auf einem besonderem Formular ergibt.

Nicht ganz unbeachtlich erscheint auch der Gesichtspunkt, dass es unverhältnismäßig sein könnte, (vgl. dazu EuGH-Urteil vom 11. Juli 2002 Rs. C-210/00, EuGHE 2002, I-6453, Rdnr. 53 ff.), die Klägerin mit einer Sanktion zu belegen, obwohl sie den Antrag auf Zahlung der Ausfuhrerstattung für die gestrichenen Positionen ausdrücklich nicht gestellt und folglich auch keine Erstattungsleistung diesbezüglich erhalten hat.

3. Demgegenüber meint das HZA, dass der in Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 3665/87 vorausgesetzte Erstattungsantrag bereits in der Ausfuhranmeldung enthalten sei, weil der Ausführer darin bereits erklären müsse, dass er für die angemeldeten Waren eine Erstattung beantragen werde. Bei dem Zahlungsantrag, der auf Grund der Ermächtigung in Art. 47 Abs. 1 Unterabs. 2 VO Nr. 3665/87 nach nationalem Recht auf einem besonderen Formblatt abzugeben sei, handele es sich nur um einen für die Anwendung des Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 unerheblichen zahlungstechnischen Vorgang. Außerdem spreche auch der sich aus den Erwägungsgründen (Erwägungsgrund 3 und 5) der VO Nr. 2945/94, mit der die Sanktionsregelung in Art. 11 VO Nr. 3665/87 eingeführt worden sei, ergebende präventive Zweck der Regelung dafür, dass bereits die falschen Angaben in der Ausfuhranmeldung die Anwendung der Sanktionsbestimmung auslösen. Wenn die Ausfuhranmeldung unrichtige Informationen enthalte, die zur Überzahlung führen könnten, müsse die Sanktion angewendet werden. Würde der Auslegung des FG gefolgt, habe es der Begünstigte in der Hand, bei Entdeckung einer falschen Anmeldung durch eine stichprobenweise Kontrolle die Festsetzung einer Sanktion zu vermeiden, indem er für das betreffende Erzeugnis keinen Zahlungsantrag stelle. Außerdem könne es nicht angehen, dass in der Gemeinschaft hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem die Sanktion eingreife, unterschiedliches Recht bestehe. Werde nämlich der Zahlungsantrag, wie in anderen Mitgliedstaaten vorgeschrieben, bereits in der Ausfuhranmeldung gestellt, während nach der Regelung in Deutschland erst der später gestellte besondere Zahlungsantrag erheblich sei, komme der Ausfuhranmeldung in beiden Fällen eine unterschiedliche Bedeutung zu. Außerdem greife die Sanktionsregelung zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten ein.

4. Angesichts der dargestellten Gesichtspunkte hat der Senat erhebliche Zweifel an der Auslegung des Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 3665/87. Diese Zweifel werden nicht durch den Hinweis des HZA auf das Urteil des EuGH vom 22. Januar 1975 Rs. 55/74 (EuGHE 1975, 9) behoben. Darin hat der EuGH zwar entschieden, dass die Einreichung des Kontrollexemplars i.S. von Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2315/69 der Kommission vom 19. November 1969 (ABlEG Nr. L 295/14) und des Art. 5 der Verordnung Nr. 1041/67/EWG (VO Nr. 1041/67/EWG) der Kommission vom 21. Dezember 1967 (ABlEG Nr. 314/9) bei der für die Erstattungsgewährung zuständigen innerstaatlichen Stelle als Erstattungsantrag gelte, wenn das Kontrollexemplar Angaben enthalte, die erkennen lassen, dass er erstattungsfähige Waren betreffe (vgl. auch für Währungsausgleichsbeträge EuGH-Urteil vom 9. November 1983 Rs. 46/82, EuGHE 1983, 3549). Ob die Gedanken dieses Urteils ohne weiteres auch auf den Streitfall übertragen werden können, erscheint aber bedenklich, weil die der VO Nr. 3665/87 entsprechende VO Nr. 1041/67/EWG keine dem Art. 47 Abs. 1 Unterabs. 2 VO Nr. 3665/87 gleiche Bestimmung enthielt, die es den Mitgliedstaaten ausdrücklich überließ, die Abgabe des Zahlungsantrags auf besonderem Vordruck vorzusehen und damit insoweit eine klare Trennung zwischen Ausfuhranmeldung i.S. von Art. 3 VO Nr. 3665/87 und Zahlungsantrag i.S. von Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 möglich erscheinen lässt.

Dass Art. 11 Unterabs. 5 VO Nr. 3665/87 für die Auffassung des HZA spricht, ist, wie auch das FG im Einzelnen dargestellt hat, nicht ohne Zweifel. Aus dieser Bestimmung ergibt sich nicht zwingend, dass falsche Angaben in der Ausfuhranmeldung schon allein deshalb zur Sanktion führen müssen, weil die Vorschrift sonst mangels eines bei nicht erfolgter Ausfuhr gestellten Zahlungsantrages leer liefe. Denn auch für den in dieser Bestimmung geregelten Fall, dass eine Ausfuhr nicht stattgefunden hat, ist es denkbar, dass neben der Ausfuhranmeldung noch ein besonderer Zahlungsantrag gestellt worden ist, wenn nämlich die vorschussweise Zahlung der Ausfuhrerstattung nach Art. 22 VO Nr. 3665/87 beantragt wird. Dieser Antrag kann schon unmittelbar nach Abgabe der Ausfuhranmeldung gestellt werden, ohne dass die Ware bereits ausgeführt worden ist.

Von größerem Gewicht zu Gunsten der Auffassung des HZA erscheint indes die Bestimmung des Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 2 VO Nr. 3665/87. Dort ist nämlich definiert, was unter dem Begriff der "beantragten Erstattung" zu verstehen ist. Danach ist dies grundsätzlich der Betrag, der anhand der in der Ausfuhranmeldung gemachten Angaben zu berechnen ist. Auf einen besonderen Zahlungsantrag neben der Ausfuhranmeldung wird in dieser Vorschrift nicht abgestellt. Es liegt deshalb nahe, dass allein, wie das HZA und die Kommission meinen, falsche Angaben in der Ausfuhranmeldung, die eine höhere als die zustehende Erstattung gerechtfertigt erscheinen lassen, zur Festsetzung der Sanktion nach Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 führen, weil diese Angaben nach Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 2 VO Nr. 3665/87 als die "beantragte Erstattung" i.S. des Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 3665/87 gelten.

Aus der Klarstellung, die nach Meinung des FG Art. 49 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom 15. April 1999 (ABlEG Nr. L 102/11) bezüglich Art. 47 VO Nr. 3665/87 bringen soll, lässt sich entgegen der Meinung des FG wohl nichts zu Gunsten der einen oder anderen Auffassung entnehmen. Denn dort ist lediglich ausdrücklich geregelt, dass die Erstattung nur auf Grund eines spezifischen Antrags des Ausführers gezahlt wird. Für den Fall, dass er schriftlich gestellt wird, können die Mitgliedstaaten, dafür ein besonderes Formblatt vorsehen. Soll er unter Einsatz von Informatikverfahren gestellt werden, legen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten dafür die Modalitäten fest. Dass die Zahlung der Ausfuhrerstattung auch schon nach der Regelung in Art. 47 VO Nr. 3665/87 einen Antrag erfordert, ist aber nicht strittig. Streitig ist nur, ob dieser Antrag Voraussetzung dafür ist, dass falsche Angaben in der Ausfuhranmeldung zur Festsetzung einer Sanktion führen.

4. Wegen der bestehenden Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 hält es der Senat daher für erforderlich, den EuGH um die Vorabentscheidung der im Tenor des Beschlusses gestellten Frage zu ersuchen.

Ende der Entscheidung

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