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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 09.10.2001
Aktenzeichen: VII R 69/00
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 126 Abs. 3 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Beklagte und Revisionsbeklagte (die Oberfinanzdirektion --OFD--) erteilte der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) am 9. November 1998 zwei verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA'e) für Aluminiumrohre mit Oberflächenbehandlung (anodisierte Rohre) und wies darin die Ware jeweils der Unterpos. 7608 20 99 der Kombinierten Nomenklatur (KN) zu (bestätigt durch Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 1999). Bei den Rohren handelt es sich um nahtlose, gepresste und gezogene Hohlerzeugnisse, mit über die gesamte Länge gleich bleibendem, nur einen einzigen Hohlraum aufweisenden Querschnitt in Form eines Kreises und gleichmäßiger Wanddicke, zum Teil mit einer gedrehten Passung an beiden Enden, aus einer Aluminium-Legierung mit gewichtsmäßig vorherrschendem Aluminiumgehalt (AA 3003). Auf die Oberfläche der Rohre ist eine Oxidschicht als sog. Blockierschicht aufgebracht. Die nach den Angaben der Klägerin für Laserdrucker vorgesehenen Rohre haben eine Abmessung von 24 x 257,0 mm bzw. 30 x 357,0 mm, die für Kopierer vorgesehenen Rohre haben ein Ausmaß von 65 x 348,0 mm bzw. 78 x 360,0 mm.

Die Klage, mit der die Einreihung der anodisierten Aluminiumrohre für Laserdrucker in die Pos. 8473 KN und für Kopierer in die Pos. 9009 KN begehrt wurde, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Waren seien entsprechend ihrer Beschaffenheit in die Unterpos. 7608 20 99 KN einzureihen.

Die anodisierten Aluminiumrohre für Laserdrucker könnten nicht in die Unterpos. 8473 30 90 KN als "andere" Teile und Zubehör für Maschinen der Position 8471 KN eingereiht werden, weil sie nicht erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Maschinen der Position 8471 KN bestimmt seien, wie dies der Wortlaut der Unterpos. 8473 30 KN erfordere. Nach der Auffassung des FG komme es insoweit ausschließlich auf die visuelle Erkennbarkeit an. Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausginge, dass dies nur unter Hinzuziehung eines Fachmanns geklärt werden könne, erfüllten die anodisierten Aluminiumrohre für Laserdrucker diese Voraussetzung nicht. Der vom FG angehörte Sachverständige habe nämlich angegeben, dass für ihn als Fachmann nicht erkennbar sei, dass die fraglichen Waren für Laserdrucker oder Kopiergeräte bestimmt seien.

Anderes gelte für die anodisierten Aluminiumrohre, die für Fotokopiergeräte verwendet werden sollen. Hier komme eine Einreihung in die Unterpos. 9009 90 KN nicht in Betracht, weil es sich hierbei um unvollständige bzw. unfertige Waren handele, die als solche von der Pos. 9009 KN nicht erfasst würden. Für die Waren bedürfe es nämlich vor einem Einbau in Fotokopierer noch des Aufbringens der sogenannten Transport- und Erzeugerschichten. Diese fotoelektrischen Schichten stellten ein wesentliches Beschaffenheitsmerkmal für die Verwendbarkeit in modernen elektrofotografischen Druckern und Kopiergeräten dar. Aus diesem Grund könnten die anodisierten Aluminiumrohre, und zwar sowohl die für Laserdrucker als auch die für Kopiergeräte vorgesehenen, nicht als unvollständige bzw. unfertige Teile eingereiht werden, weil die anodisierten Aluminiumrohre nicht die charakterbestimmenden Merkmale von vollständigen Teilen für Laserdrucker bzw. Fotokopiergeräte aufwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin. Sie ist der Auffassung, die unfertigen anodisierten Aluminiumrohre wiesen bereits die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der fertigen Ware auf. Dies ergebe sich insbesondere aus ihrer Stellungnahme vom 27. August 1998, die sie den Anträgen auf Erteilung der vZTA'e beigefügt habe.

Außerdem habe das FG für die Frage, ob die anodisierten Aluminiumrohre erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Laserdrucker oder Kopiergeräte bestimmt seien, zu Unrecht allein auf die visuelle Erkennbarkeit abgestellt. Ob eine Ware oder ein Teil davon "erkennbar" zu einer anderen gehöre, wie dies die Anm. 2 Buchst. b zu Abschn. XVI KN verlange, könne auch unter Heranziehung eines Sachverständigen geklärt werden, wobei sich dessen Tätigkeit --anders als das FG meine-- nicht auf die bloße Inaugenscheinnahme beschränke. Ob eine Ware oder ein Teil davon erkennbar für eine andere bestimmt sei, könne hier erst durch nähere Analysen bestimmt werden.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Die OFD beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die als Revision gegen Urteile in Zolltarifsachen (§ 116 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, vgl. Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757, 1760) statthafte Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Die von der Klägerin gegen die Vorentscheidung geltend gemachten Bedenken greifen durch. Das FG ist nicht ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Klägerin angegriffenen vZTA'e rechtmäßig und die Waren in die Unterpos. 7608 20 99 KN einzureihen sind.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) wie auch des erkennenden Senats (vgl. etwa EuGH-Urteil vom 20. Juni 1996 Rs. C-121/95 --Vobis--, EuGHE 1996, I-3047 Rdnr. 13; Senatsurteil vom 7. November 2000 VII R 46/98, BFH/NV 2001, 352) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. Allgemeine Vorschriften --AV-- 1 und 6 für die Auslegung der KN). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den AV 2 bis 5.

a) Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die streitgegenständlichen anodisierten Aluminiumrohre keine unfertigen Teile i.S. der AV 2a Satz 1 sind und damit eine Einreihung in die Unterpos. 8473 30 90 KN bzw. in die Unterpos. 9009 90 10 KN ausscheidet.

aa) Laserdrucker sind Geräte der Position 8471 KN, Teile hiervon gehören zur Position 8473, wenn sie erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Maschinen, Apparate oder Geräte der Positionen 8469 bis 8472 bestimmt sind. Fotokopiergeräte sind in das Kap. 90 KN und dort in die Pos. 9009 KN als "Photokopierapparate mit optischem System oder solche, die nach dem Kontaktverfahren arbeiten sowie Thermokopierapparate" einzureihen. Teile solcher Apparate sind ebenfalls dieser Position zuzuweisen, wenn zu erkennen ist, dass sie ausschließlich oder hauptsächlich für einen bestimmten Apparat oder ein bestimmtes Gerät bestimmt sind (Anm. 2 b zu Kap. 90 KN). Innerhalb der Pos. 9009 KN werden "Teile und Zubehör" von der Unterpos. 9009 90 KN erfasst.

bb) Da die von der Klägerin eingeführten anodisierten Aluminiumrohre unstreitig in einem noch unfertigen Zustand eingeführt werden, weil ihnen die fotoelektrischen Schichten (Transport- und Erzeugerschicht) fehlen, käme eine Einreihung in die Pos. 8473 KN bzw. in die Unterpos. 9009 90 KN dann in Betracht, wenn die Waren als unfertige Teile, die die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der fertigen Waren aufweisen, zu charakterisieren wären.

Nach der AV 2a Satz 1 gilt jede Anführung einer Ware in einer Position auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand (bei der Einfuhr) bereits die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Welches die wesentlichen, d.h. charakterbestimmenden, Beschaffenheitsmerkmale einer Ware sind, ist im Einzelfall regelmäßig aufgrund der objektiven Beschaffenheit und Eigenschaften der Ware unter Heranziehung vornehmlich der tariflichen, ggf. aber auch von außertariflichen Erkenntnisquellen zu bestimmen (vgl. Senatsurteil vom 28. April 1998 VII R 83/96, BFH/NV 1998, 1400). Wie der Senat außerdem bereits ausführlich dargelegt hat (vgl. Urteil vom 3. November 1992 VII K 4/91, BFH/NV 1993, 451), hat das Fehlen einer eigenen Funktionsfähigkeit der vorhandenen Elemente einer Ware für sich allein nicht zwingend zur Folge, dass (noch) nicht vorhandene Elemente notwendig zu den wesentlichen Beschaffenheitsmerkmalen der vollständigen Ware rechnen. Ansonsten könnte z.B. ein Apparat oder eine Maschine ohne Motor keine unvollständige Maschine oder kein unvollständiger Apparat sein, auch wenn der Einbau eines Motors vorgesehen und ein Funktionieren nur mit eingebautem Motor möglich ist (vgl. Erläuterungen zum Harmonisierten System --ErlHS-- zu Abschn. XVI/3 Rz. 54.0). Auch photographische Apparate oder Mikroskope, die jeweils ohne ihre optischen Teile gestellt werden, sind als unvollständige oder unfertige Maschinen oder Apparate wie die vollständigen Waren einzureihen, obwohl sie ohne diese Teile nicht funktionsfähig sind (vgl. ErlHS zu Abschn. XVIII Rz. 14.0). Dem entspricht es, dass nach den ErlHS (Rz. 03.1 zur AV 2a) auch Rohlinge, die ungefähr die Form oder den Umriss des fertigen Teils aufweisen und --von Ausnahmefällen abgesehen-- nur zur Herstellung des fertigen Teils verwendet werden können, zu den "unfertigen" Waren i.S. der AV 2a zählen.

Das FG übersieht bei seiner Auffassung, dass das Fehlen eines bestimmten Elements gerade kennzeichnend für das Wesen eines unfertigen Produkts ist und dieser Umstand zunächst nur den Unterschied zwischen dem unfertigen und dem fertigen Produkt aufzeigt. Ein weiterer zwingender Schluss lässt sich hieraus jedoch nicht ziehen, es bedarf vielmehr der besonderen Prüfung, ob die schon vorhandenen Merkmale bereits die charakterbestimmenden Merkmale aufweisen.

Die streitgegenständlichen anodisierten Aluminiumrohre weisen solche Beschaffenheitsmerkmale auf, die für fertiggestellte Fotoleitertrommeln typisch sind. Wie das FG ausgeführt hat, verfügen die hier in Rede stehenden Aluminiumrohre bereits über eine Blockierschicht, die als Aluminiumoxid direkt auf dem Substrat durch anodische Oxidation hergestellt wird. Die Aufgabe dieser Blockierschicht ist es zu verhindern, dass Ladungsträger aus dem Substrat (Aluminiumrohr) in die Erzeuger- und Transportschicht gelangen und die Ladungen an der Oberfläche des Fotoleiters kompensieren. Dem Substrat selbst kommt die besondere Bedeutung zu, die materialseitige Voraussetzung für den Aufbau der Blockierschicht zu schaffen. Dies wird dadurch bewirkt, dass die eingeführten Rohre bereits bestimmte Außendurchmesser, geeignete Aluminiumlegierungen und eine vorgegebene Rauheit und Dicke der Oxidschicht (wobei nur geringe Schwankungen zulässig sind) aufweisen. Sie haben, was das FG in anderem Zusammenhang ebenfalls betont, nicht nur ungefähr die Form oder den Umriss der fertigen Ware, sondern werden mit besonderer Präzision im Hinblick auf den späteren Verwendungszweck in bestimmten Abmessungen hergestellt, die speziell im Hinblick auf den Einsatz in einem Laserdrucker oder einem Fotokopiergerät ausgerichtet sind. Damit deuten die Feststellungen des FG darauf hin, dass für die Aluminiumrohre --weitergehend als etwa bei Rohlingen-- die Zweckbestimmung bereits festgelegt ist, und sie für einen unmittelbaren Einbau in einen Drucker oder Kopierer vorbereitet sind.

Dies zeigt, dass die Transport- und Erzeugerschicht, die die Klägerin erst nach der Einfuhr in ihrem Betrieb auf die anodisierten Aluminiumrohre anbringt, nicht als Voraussetzung für die Behandlung als unfertiges Teil i.S. der AV 2a Satz 1 anzusehen ist. Fehlen mithin bei einem derart vorbereiteten anodisierten Aluminiumrohr lediglich noch zwei Schichten, so liegt zwar kein fertiges Teil vor, gleichwohl können die vorhandenen übrigen Elemente die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale des fertigen Teils i.S. der AV 2a Satz 1 verkörpern (vgl. das Senatsurteil in BFH/NV 1993, 451 zu unvollständigen Hauptplatinen).

b) Der Senat kann allerdings nicht abschließend entscheiden, ob die anodisierten Aluminiumrohre als unfertige Teile eines Laserdruckers in die Unterpos. 8473 30 90 KN oder solche eines Fotokopiergeräts in die Unterpos. 9009 90 10 KN einzureihen sind, weil das FG bei der Prüfung der Frage, ob die anodisierten Aluminiumrohre ausschließlich oder hauptsächlich für Laserdrucker oder Fotokopiergeräte bestimmt sind, von einem unzutreffenden rechtlichen Ansatzpunkt ausgegangen ist. Das FG hat nämlich zu Unrecht angenommen, dass es für die Frage, ob die anodisierten Aluminiumrohre erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für eine Ware bestimmt sind, allein auf die visuelle Erkennbarkeit ankommt.

aa) Ob etwas als ein Teil einer Hauptware anzusehen ist, lässt sich vielfach lediglich anhand von Umschreibungen feststellen, die entweder positiv (durch Aufführung bestimmter Waren) oder negativ (durch Ausweisungen bestimmter Waren) in den Erläuterungen und --vereinzelt-- im Wortlaut der Positionen zu finden sind. Ungeachtet dieser fehlenden Definition im Zolltarif ist ein Teil einer Ware immer ein unselbständiger Gegenstand, der in besonderer Beziehung zu einer anderen Ware steht (vgl. hierzu bereits Senatsurteil vom 30. November 1960 VII 95/59, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1961, 70). Diese spezielle Zugehörigkeit zu einer anderen Ware wird in der KN bzw. den hierzu ergangenen Erläuterungen durch das Kriterium der Erkennbarkeit festgeschrieben und teilweise dadurch verstärkt, dass die Teile ihrer Beschaffenheit nach ausschließlich oder hauptsächlich für die Hauptware bestimmt sein müssen.

bb) Es kommt dabei nicht auf den Verwendungszweck an, den der Zollbeteiligte seiner Ware beimisst oder für den er sie bestimmt hat. Maßgebend ist für die zolltarifliche Einordnung die objektive Beschaffenheit anhand der an der Ware feststellbaren Merkmale und Eigenschaften. Die Merkmale müssen für die Zweckbestimmung artspezifisch, charakteristisch sein. Aus der Beschaffenheit muss sich die meist bereits durch den Hersteller dem Gegenstand zugedachte Eignung zu einem bestimmten Zweck ergeben. Für die Kennzeichnung kann zum Teil bereits ein Beschaffenheitsmerkmal allein ausreichen, in anderen Fällen müssen mehrere Merkmale zusammentreffen, um die ausschließliche oder hauptsächliche Zweckbestimmung zu begründen (vgl. Senatsurteil vom 23. Mai 2000 VII R 1/99, BFH/NV 2000, 1266).

Dagegen sind die Umstände des Vertriebs, die Beschreibung in Verkaufs- oder Herstellerprospekten, der Umfang der tatsächlichen Verwendung und die Bezeichnung der Ware im Handelsverkehr keine Kriterien, aus denen unmittelbar die Einreihung einer Ware folgt (vgl. Schmölz, Die Einreihung von Waren in den Abschn. XVI der Kombinierten Nomenklatur, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern 1988, 258, 259). Gleichwohl lassen sich hieraus etwa bei Spezialanfertigungen, anders als bei gängigen Handelswaren, bei denen es nur einen Verwendungszweck gibt oder dieser auf der Hand liegt, wertvolle Anhaltspunkte für die Prüfung und Ermittlung der objektiven Beschaffenheitsmerkmale gewinnen. Das FG irrt daher, wenn es meint, dass die von der Klägerin den Anträgen auf Erteilung der vZTA'e beigefügten Zeichnungen und detaillierten Liefervorschriften in diesem Zusammenhang von vornherein nicht zu berücksichtigen sind. Erklärungen des Verwenders oder des Herstellers einer Ware können nämlich Aufschluss darüber geben, ob die Ware im Hinblick auf ihren Verwendungszweck besondere Beschaffenheitsmerkmale aufweist.

cc) Die gegebenen Merkmale und Eigenschaften der Ware, die den Verwendungszweck der Ware erkennen lassen, müssen im Augenblick der Zollabfertigung vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 23. Juli 1998 VII R 91/97, BFH/NV 1999, 234). Es kommt aber nicht darauf an, ob der jeweilige Abfertigungsbeamte bei der Zollstelle aufgrund eigener Kenntnisse bei einer Untersuchung der Ware die Zweckbestimmung erkennt (vgl. Senatsurteil vom 18. Juli 1972 VII R 123/69, BFHE 106, 395); er kann insbesondere vom Einführer u.a. nach Art. 68 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 302/1) weitere Nachweise verlangen oder Sachverständige hinzuziehen, um damit sämtliche Beschaffenheitsmerkmale der entsprechenden Ware im Hinblick auf den Verwendungszweck zu ermitteln. Werden Sachverständige hinzugezogen, ist deren Tätigkeit --anders als das FG meint-- auch nicht auf die bloße Inaugenscheinnahme der zu begutachtenden Ware beschränkt. Bei einigen Produkten kann es schließlich sogar erforderlich werden, die genaue Beschaffenheit der Ware durch chemische oder physikalische Analysen festzustellen.

Anders verhält es sich nur dann, wenn der Zolltarif selbst auf die visuelle Erkennbarkeit abstellt, wie dies z.B. in der Anm. 2 Buchst. a Nr. 3 zu Kap. 59 KN geschehen ist. Danach gehören Erzeugnisse, bei denen das Gewebe entweder ganz in Kunststoff eingebettet ist oder auf beiden Seiten vollständig mit Kunststoff bestrichen oder überzogen ist, zu Kap. 39 KN, vorausgesetzt, dass das Bestreichen oder Überziehen mit bloßem Auge wahrnehmbar ist. Dann muss die erfolgte Behandlung unmittelbar erkennbar sein und darf sich nicht aus anderen Eigenschaften, die das Gewebe auf Grund dieser Behandlung möglicherweise erworben hat, herleiten lassen (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 1999 VII R 78/98, BFH/NV 2000, 898). Das Merkmal "mit bloßem Auge wahrnehmbar" ist mithin dahin zu verstehen, dass das Bestreichen oder Überziehen des Gewebes mit Kunststoff bei einer einfachen visuellen Überprüfung unmittelbar sichtbar sein muss. Es kommt nach der Entscheidung des EuGH (vgl. Urteil vom 30. September 1982 Rs. 317/81, EuGHE 1982, 3257) lediglich auf die Wahrnehmungsfähigkeit der mit der Tarifierung befassten Personen an, ohne dass Sachverständige zur Entscheidung dieser Frage heranzuziehen wären.

dd) Im Streitfall bestand für das FG keine rechtliche Handhabe, die Frage, ob die anodisierten Aluminiumrohre erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für die Laserdrucker oder Fotokopierer bestimmt sind, lediglich durch die eigene Inaugenscheinnahme oder die des hinzugezogenen Sachverständigen zu beantworten. Da das FG mithin zu Unrecht auf eine eingehende Untersuchung der Ware zur Feststellung der Beschaffenheitsmerkmale (etwa durch die vom Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung angebotene eingehende Begutachtung der Ware) verzichtet hat, beruht das Urteil auf einem Mangel in der Urteilsfindung und ist wegen fehlerhafter Anwendung sachlichen Rechts aufzuheben. Die Sache ist gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

2. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das FG zu berücksichtigen haben, dass jede der beiden erteilten vZTA'e zwei unterschiedliche Waren mit voneinander abweichenden Abmessungen und im Voraus festgelegten Materialnummern betrifft, für die jeweils die entsprechenden Beschaffenheitsmerkmale im Hinblick auf die beantragte Einreihung als "Teil" eines Laserdruckers oder als "Teil" eines Fotokopierapparats festzustellen sind.



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