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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.04.2008
Aktenzeichen: VII S 3/08 (PKH)
Rechtsgebiete: AO, BGB, FGO, ZPO


Vorschriften:

AO § 46 Abs. 2
AO § 226 Abs. 1
BGB § 406
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 155
ZPO § 227 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Laut einer beim Beklagten (Finanzamt --FA--) 2005 eingegangenen Abtretungsanzeige waren dem Antragsteller Umsatzsteuererstattungsansprüche seiner Mutter für die Jahre 1999 bis 2003 abgetreten worden. Gegen diese sich für die Jahre 1999 bis 2002 ergebenden Ansprüche rechnete das FA u.a. mit gegen die Mutter des Antragstellers bestehenden Ansprüchen der Landesjustizkasse A auf. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die entsprechenden Abrechnungsbescheide erhobene Klage wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen.

In der Nacht vor der mündlichen Verhandlung hatte der Antragsteller per Telefax unter Vorlage (u.a.) einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit der Diagnose "F48.0 G", welche nach einer beigefügten Erläuterung "depressives Erschöpfungssyndrom" bedeutet, die Verlegung des Verhandlungstermins mit der Begründung beantragt, dass er krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, einen Anwalt zu beauftragen, der den Vorgang weiter bearbeite, und dass ihm die Reise zum FG gesundheitlich nicht zuzumuten sei. Das FG sah hingegen keinen Anlass für eine Terminsänderung und entschied aufgrund mündlicher Verhandlung, zu der der Antragsteller nicht erschien. In den Entscheidungsgründen des Urteils führte das FG insoweit (u.a.) aus, dass es trotz Berücksichtigung des grundsätzlich beeinträchtigten Gesundheitszustandes des Antragstellers nicht erkennen könne, wie sich das Erschöpfungssyndrom im Einzelnen äußere, welche akuten Beeinträchtigungen es hervorrufe und ob die im Attest aufgeführte Diagnose zur Reise- und Verhandlungsunfähigkeit des Antragstellers führe. Auch der beigefügte ärztliche Bericht des Universitätsklinikums ... lasse keine Rückschlüsse zu, ob es dem Antragsteller zuzumuten sei, eine Bahnreise zur Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung auf sich zu nehmen.

Die angefochtenen Abrechnungsbescheide seien rechtmäßig, weil nach § 226 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 406 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ein Schuldner eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen könne. Die in § 406 BGB genannten Ausnahmetatbestände lägen nicht vor. Insbesondere habe sich nicht feststellen lassen, dass dem FA bereits im Januar 2001 eine formwirksame Abtretungsanzeige zugegangen sei. Diese angeblich im Januar 2001 abgegebene Abtretungsanzeige habe jedenfalls nicht die Umsatzsteuerguthaben des Jahres 2001 und späterer Jahre erfassen können. Die aus diesen Jahren resultierenden Umsatzsteuerguthaben reichten aber für die Aufrechnung mit den Gegenforderungen der Landesjustizkasse aus.

Der Antragsteller beantragt, ihm für eine gegen dieses Urteil noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen.

II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung, die noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des FG keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung --ZPO--).

1. Die vom Antragsteller gerügte Ablehnung der von ihm beantragten Terminsverlegung durch das FG stellt keinen Verfahrensmangel dar, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte. Zwar kann in einer sachlich unzutreffenden Behandlung eines Antrags auf Verlegung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs gesehen werden (ständige Rechtsprechung, Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. Februar 1992 V R 38/85, BFH/NV 1993, 102; BFH-Beschluss vom 15. Juni 2001 IV B 25/00, BFH/NV 2001, 1579; Senatsbeschluss vom 3. Februar 2003 VII B 13/02, BFH/NV 2003, 797, jeweils m.w.N.). Jedoch lag im Streitfall ein erheblicher Grund für eine Terminsänderung, der das FG gemäß § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO hätte veranlassen müssen, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen, nicht vor.

Wird ein Terminsänderungsantrag erst kurz vor dem anberaumten Termin gestellt und mit einer plötzlichen Erkrankung begründet, ist der Beteiligte verpflichtet, die Gründe für die Verhinderung so anzugeben und zu untermauern, dass das Gericht die Frage, ob der Beteiligte verhandlungsfähig ist oder nicht, selbst beurteilen kann. Ein zu diesem Zweck vorgelegtes privatärztliches Attest muss deshalb die Verhandlungsunfähigkeit eindeutig und nachvollziehbar ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 1996 VII B 237/95, BFH/NV 1996, 902; BFH-Beschluss vom 17. Mai 2000 IV B 86/99, BFH/NV 2000, 1353). Die vom Antragsteller vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügte diesen Anforderungen nicht, da sich ihr Angaben zur Reise- und Verhandlungsfähigkeit des Antragstellers sowie zur Schwere seiner Erkrankung, insbesondere zu den konkret durch das Erschöpfungssyndrom hervorgerufenen Beeinträchtigungen, nicht entnehmen ließen. Anders als vom Antragsteller angegeben, ließ sich auch dem beigefügten Bericht des Universitätsklinikums ... nicht entnehmen, dass dem Antragsteller die Reise zum Verhandlungsort nicht zuzumuten war. Die in diesem Bericht angegebenen Symptome chronische Müdigkeit, Nachtschweiß und Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit ermöglichten eine Beurteilung der Reisefähigkeit nicht. Dass die des Weiteren angegebenen wiederkehrenden Fieberschübe bzw. Schüttelfrost gerade am Tag der mündlichen Verhandlung aufgetreten waren, hatte der Antragsteller gegenüber dem FG nicht geltend gemacht.

2. Weitere Gründe für die Zulassung der Revision sind weder vom Antragsteller dargelegt noch ersichtlich. Das Vorbringen des Antragstellers, dass es in keinem anderen Bundesland solch eine Verrechnung gegeben hätte, rechtfertigt auch unter Berücksichtigung, dass es sich um ein laienhaftes Vorbringen des anwaltlich nicht vertretenen Antragstellers handelt, die Zulassung der Revision nicht. Das FG hat die Klage abgewiesen, weil zum einen sich der Zugang einer Abtretungsanzeige bereits im Januar 2001 nicht hatte nachweisen lassen und weil diese Abtretungsanzeige nach § 46 Abs. 2 AO noch nicht entstandene Ansprüche auf Umsatzsteuererstattung des Jahres 2001 und späterer Jahre jedenfalls nicht hätte erfassen können. Klärungsbedürftige Rechtsfragen, welche die Zulassung der Revision gemäß § 115 Absatz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 FGO rechtfertigen könnten, ergeben sich hieraus nicht.

Ende der Entscheidung

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