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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.02.2003
Aktenzeichen: VII S 40/02
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 62a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der beschließende Senat hat in dem beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Verfahren VII B XY über die Beschwerde des Klägers, Beschwerdeführers und Antragstellers (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) ... zu entscheiden. Mit diesem Urteil hat das FG die Klage des Klägers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 28. November 2002 hat der Kläger den Vorsitzenden Richter am Bundesfinanzhof A sowie die Richter am Bundesfinanzhof B und C wegen Besorgnis der Befangenheit für das Verfahren VII B XY abgelehnt. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, diese hätten im Rahmen des Verfahrens VII B Z Rechtsbeugung zu Lasten des Prozessbevollmächtigten X sowie auch des Klägers begangen, dies auch, um andere Straftaten von Richtern des FG und anderen Amtsträgern zu decken.

Der Antrag ist rechtsmissbräuchlich und daher als unzulässig abzulehnen.

1. Es kann hier dahinstehen, welche Auswirkungen hinsichtlich des gemäß § 62a der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor dem BFH einzuhaltenden Vertretungszwangs für den Kläger die Tatsache hat, dass sein Prozessbevollmächtigter X, der das Richterablehnungsgesuch vom 28. November unterzeichnet hat, zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Steuerberater war, weil der Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater bereits am 27. August 2002 rechtskräftig geworden worden ist, denn an diesem Tag ist ihm der Beschluss des Senats vom 1. August 2002 zugestellt worden, mit dem seine Nichtzulassungsbeschwerde im Verfahren VII B Z über den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater zurückgewiesen worden ist. Gleichermaßen kann dahinstehen, ob X zu einem Zeitpunkt, zu dem er nicht mehr Steuerberater war, der Rechtsanwältin Y, die das Ablehnungsgesuch mitunterzeichnet hat, noch wirksam Untervollmacht im vorliegenden Verfahren erteilen konnte. Denn das Ablehnungsgesuch ist jedenfalls aus einem anderen Grund (2.) unzulässig.

2. Der Kläger hat durch seinen Prozessbevollmächtigten X für das vorliegende Verfahren in einer Vollstreckungssache pauschal alle Richter des VII. Senats des BFH abgelehnt, die in den von ihm genannten Verfahren im Zusammenhang mit dem Widerruf der Bestellung von X als Steuerberater, insbesondere dem Verfahren VII B 35/02, mitgewirkt haben, mithin den gesamten Spruchkörper des Senats in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung für Beschlüsse in Angelegenheiten nach dem Steuerberatungsgesetz (vgl. Nr. 2 vierter Gedankenstrich der Geschäftsverteilungspläne des Senats für die Jahre 2002 vom 18. Dezember 2001 VII ER -A- 1/01 und 2003 vom 28. November 2002 VII ER -A- 1/02 i.V.m. § 4 FGO und § 21g Abs. 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes --GVG--).

Im vorliegenden Verfahren handelt es sich indes um eine Vollstreckungssache, in der der Senat nach Nr. 2 zehnter Gedankenstrich der vorbezeichneten Geschäftsverteilungspläne mit der Richterbank Vorsitzender Richter A, Richter D und E tätig wird. Die abgelehnten Richter B und C sind im Beschlussverfahren für Vollstreckungssachen und damit auch für das vorliegende Verfahren nicht zuständig; sie gehören nicht der zur Entscheidung über die Vollstreckungssache des Klägers berufenen Richterbank an. Ihre Ablehnung durch den Kläger für das vorliegende Verfahren geht mithin ins Leere. Sie ist auch rechtsmissbräuchlich, weil es dem Kläger bzw. seinem Prozessbevollmächtigten ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten des vorliegenden Verfahrens augenscheinlich nur darauf ankam, vorsorglich die komplette Richterbank, die in den von ihm bezeichneten Verfahren in Steuerberatungssachen mitgewirkt hatte, abzulehnen, weil er, ohne dies nachzuprüfen, annahm, sie werde auch in dieser Sache tätig. Die Rechtsmissbräuchlichkeit der pauschalen Richterablehnung erfasst die Ablehnung aller in dem Gesuch bezeichneten Richter, ohne dass es darauf ankäme, dass der Vorsitzende Richter A kraft Amtes allen Spruchkörpern des Senats angehört.

Ein Fall, in dem die Rechtsprechung des BFH ausnahmsweise die pauschale Ablehnung aller Richter eines Spruchkörpers zulässt, weil der Betroffene wegen des Beratungsgeheimnisses nicht wissen kann, welcher Richter die Entscheidung mitgetragen hat (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 29. März 1995 II B 36/94, BFH/NV 1996, 45), kommt im Streitfall ersichtlich nicht in Betracht. Denn durch Einsichtnahme in den Geschäftsverteilungsplan des Senats (vgl. § 21g Abs. 7 i.V.m. § 21e Abs. 9 GVG) hätte der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter erfahren können, dass die abgelehnten Richter B und C in seiner Vollstreckungssache nicht zur Entscheidung berufen sind. Entsprechend hätte er dann sein Ablehnungsgesuch in der vorliegenden Streitsache entweder nicht eingereicht oder es jedenfalls eingrenzen, d.h. konkretisieren und präzisieren können.

Im Übrigen kann aus einem angeblich fehlerhaften Verhalten eines Richters in abgeschlossenen früheren Verfahren, zudem mit anderen Beteiligten, ein Befangenheitsgrund für das anhängige Verfahren nicht hergeleitet werden (Beschluss des Senats vom 27. August 1998 VII B 8/98, BFH/NV 1999, 480).

Da das Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich ist, konnte bei der Entscheidung hierüber auch der abgelehnte Vorsitzende Richter A mitwirken; ebenso wenig bedurfte es der Einholung einer dienstlichen Stellungnahme dieses Richters.

3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen, da es sich bei der Richterablehnung um ein unselbständiges Zwischenverfahren handelt.

Ende der Entscheidung

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