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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.11.2004
Aktenzeichen: VIII B 129/04
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 17 Abs. 1
EStG § 17 Abs. 1 Satz 4
EStG § 17 Abs. 4 Satz 1
EStG § 17 Abs. 4 Satz 2
EStG § 52 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) war seit 1991 am Stammkapital der T-GmbH mit 17 % beteiligt. Die Beteiligung hielt er im Privatvermögen. Über das Vermögen der GmbH wurde am 1. April 1996 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Es wurde mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 10. Februar 2004 eingestellt.

Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) lehnte es ab, den vom Kläger begehrten Verlust i.S. von § 17 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei der Einkommensteuer 1999 zu berücksichtigen.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es vertrat den Standpunkt, der Auflösungsverlust sei in dem Jahr zu erfassen, in dem feststehe, dass kein Vermögen an die Gesellschafter verteilt werde und auch mit keinen weiteren wesentlichen Anschaffungskosten (auf die Beteiligung) oder Auflösungskosten zu rechnen sei. Diese Voraussetzungen hätten im Jahr 1999 vorgelegen. Bereits zum Ende dieses Jahres habe festgestanden, dass der Kläger aus der Masse der GmbH keine Auszahlungen auf das Stammkapital und auf die von ihm persönlich übernommenen Beträge erhalten werde. Die maßgebliche Beteiligungsgrenze des § 17 Abs. 1 EStG bestimme sich daher nach der im Streitjahr 1999 geltenden Gesetzeslage. Mit seiner gegen die Nichtzulassung der Revision erhobenen Beschwerde macht das FA geltend, die Revision sei gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen, weil das Urteil des FG von mehreren Entscheidungen des erkennenden Senats abweiche. Ob eine wesentliche Beteiligung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG vorliege, bestimme sich nach der im Zeitpunkt der Auflösung der Kapitalgesellschaft gegebenen Rechtslage. Nicht maßgeblich sei danach das Jahr, in dem der Auflösungsverlust entstehe. Dies folge aus den Senatsentscheidungen vom 24. April 1997 VIII R 16/94 (BFHE 183, 402, BStBl II 1999, 339), vom 26. Januar 1999 VIII R 32/96 (BFH/NV 1999, 922), vom 13. Juli 1999 VIII R 31/98 (BFHE 189, 390, BStBl II 1999, 724), vom 25. Januar 2000 VIII R 63/98 (BFHE 191, 115, BStBl II 2000, 343) und vom 27. November 2001 VIII R 36/00 (BFHE 197, 394, BStBl II 2002, 731).

Das FA beantragt,

die Revision gegen das Urteil des FG zuzulassen.

Der Kläger beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er bringt vor, für die Besteuerung von Auflösungsverlusten sei die Rechts- und Gesetzeslage des Jahres maßgeblich, in dem dieser Verlust verwirklicht worden sei. Dies entspreche auch der Rechtsauffassung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) im Schreiben vom 31. März 2004 IV A 6 -S 2244- 05/04, Steuererlasse in Karteiform --StEK--, Einkommensteuergesetz, § 17 Nr. 67).

II. 1. Die Beschwerde ist unbegründet.

Eine Divergenz zu den vom FA angesprochenen Senatsurteilen liegt nicht vor. Der erkennende Senat ist in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass ein Auflösungsverlust i.S. von § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG in dem Jahr zu berücksichtigen ist, in dem ein Verlust im Sinne der genannten Vorschrift realisiert wurde. Dies ist das Jahr, in dem sowohl feststeht, dass die Kapitalgesellschaft aufgelöst worden ist (vgl. hierzu Senatsurteil vom 3. Oktober 1989 VIII R 328/84, BFH/NV 1990, 361, unter 1. der Entscheidungsgründe), als auch feststeht, dass der für die Berechnung des Auflösungsgewinns oder -verlusts maßgebliche Sachverhalt verwirklicht ist. Ein Auflösungsverlust entsteht somit zwingend erst in dem Jahr, in dem Gewissheit besteht über die Höhe von Zuteilungen oder Rückzahlungen gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG, etwaigen nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters auf seine Beteiligung und darüber, ob und in welcher Höhe der Gesellschafter persönlich Kosten der Auflösung zu tragen hat (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 25. März 2003 VIII R 24/02, BFH/NV 2003, 1305, und vom 21. Januar 2004 VIII R 2/02, BFHE 205, 117, BStBl II 2004, 551 sowie Senatsbeschluss vom 1. April 2004 VIII B 172/03, juris).

Soweit sich das FA darauf beruft, der Senat habe den Auflösungsverlust in seinen Urteilen in BFHE 183, 402, BStBl II 1999, 339, in BFH/NV 1999, 922 sowie in BFHE 189, 390, BStBl II 1999, 724 bereits in dem Jahr angesetzt, in dem die Kapitalgesellschaft aufgelöst wurde, berücksichtigt es nicht die Besonderheiten der entschiedenen Streitfälle. Diese waren dadurch gekennzeichnet, dass bereits im Auflösungsjahr der für die Berechnung des Auflösungsverlusts maßgebliche Sachverhalt feststand. Demgegenüber hat das FG im vorliegenden Fall festgestellt, erst im Dezember 1999 habe festgestanden, dass aus der Masse der GmbH keine Auszahlungen mehr an die Gesellschafter zu erwarten gewesen seien. Dieser Feststellung hat das FA nicht widersprochen.

Somit ist für die Frage, ob der Kläger i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG 1999 wesentlich an der GmbH beteiligt war, der ab dem Veranlagungszeitraum 1999 geltende Schwellenwert einer Beteiligung von mindestens 10 % maßgebend. § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG 1999 sieht nämlich keine Übergangsregelung für Fälle vor, in denen ein Steuerpflichtiger vor Beginn des zeitlichen Geltungsbereichs des EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) eine nach damaligem Recht nicht wesentliche Beteiligung gehalten hat (zur vergleichbaren Problematik des Entstehens eines Auflösungsverlusts im zeitlichen Geltungsbereich von § 3 Nr. 40 Buchst. c Satz 2 EStG i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung des EStG vom 19. Oktober 2002, BGBl I 2002, 4210, BStBl I 2002, 1209 vgl. Nacke in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftssteuergesetz, Kommentar, § 3 Nr. 40 EStG Anm. 142, und Weber-Grellet in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 17 Rz. 190, 197, 221 sowie Schreiben des BMF vom 31. März 2004 in StEK, Einkommensteuergesetz, § 17 Nr. 67). Über die Höhe des anzusetzenden Verlusts besteht kein Streit.

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