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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.04.2009
Aktenzeichen: VIII B 131/08
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 96 Abs. 1 S. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG).

Die Begründung des finanzgerichtlichen Urteils leidet an einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Sie verstößt in einem Punkt gegen den klaren Inhalt der Akten und damit gegen das bei der Überzeugungsbildung zugrunde zu legende Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Entscheidung kann auf diesem Verfahrensmangel beruhen.

Das FG hat seine Überzeugung vom Zugang des Einkommensteuerbescheides für das Streitjahr (1999) vom 5. April 2002 aus der "Würdigung aller Indizien" gewonnen. Dabei hat es unter anderem ausgeführt, dass für die Kenntnis der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vom Bescheid insbesondere ein Schreiben ihres seinerzeitigen Verfahrensbevollmächtigten von der XY Steuerberatungsgesellschaft an den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) spreche, mit der dieser unter Vorlage einer Vollmacht gebeten habe, ihm eine Kopie des Steuerbescheides 1999 zukommen zu lassen, um die steuerlichen Angelegenheiten seines Mandanten fortführen zu können. Es entspreche nicht der Lebenserfahrung, dass ein Bevollmächtigter gewissermaßen "ins Blaue hinein" eine solche Bitte an das maßgebliche FA richte. Darüber hinaus fänden sich auf dem genannten Schreiben zwei vom Sachbearbeiter angebrachte Haken, betreffend einmal den Satz, in dem die Vollmacht erwähnt werde, zum anderen den Abschnitt, in dem um eine Kopie des Steuerbescheides gebeten werde, Letzteres mit Erledigungsvermerk, Paraphe des Sachbearbeiters und aufgedrucktem Datumsstempel. "Schließlich" hätten die Kläger die aus dem Einkommensteuerbescheid vom 5. April 2002 resultierende Steuerschuld im Jahr 2002 beglichen.

Offenkundig sieht das FG in der Begleichung der Steuerschuld in zeitlicher Nähe zum Ergehen des Steuerbescheides ein Indiz dafür, dass die Kläger --direkt oder über ihren damaligen Verfahrensbevollmächtigten-- "sichere Kenntnis" vom Inhalt des Bescheides erlangt haben. Auch wenn in dem angefochtenen Urteil nur die Vorlage der "Einkommensteuer- und Rechtsbehelfsakten des Beklagten" erwähnt wird, ist der Streitakte des FG zu entnehmen, dass diesem auch ein Hefter "Rückstandsanzeige" vorlag, der (unter anderem) Gegenstand der vom Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten nach Ergehen des Urteils genommenen Akteneinsicht war (FG-Akte Bl. 83). Daraus ergibt sich, dass noch im Dezember 2005 die Einkommensteuerschuld für 1999 --entgegen der Einlassung der für den Kläger auftretenden Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung-- nicht beglichen war. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das FG bei Berücksichtigung dieses Umstandes zu einer anderen Überzeugung vom tatsächlichen Geschehensablauf gelangt wäre, seine Entscheidung also auf dem Mangel beruhen kann.

Für die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde ist es unbeachtlich, ob die vom FG im Übrigen angeführten tatsächlichen Umstände alleine schon geeignet wären, den Zugang des streitbefangenen Bescheides zu indizieren. Denn dies entspräche einer --hypothetischen-- Abweichung von den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils. Eine eigene Tatsachenwürdigung durch den Bundesfinanzhof (BFH) oder gar eine Ergänzung des vom FG festgestellten Sachverhaltes kommt nicht in Betracht (s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 41, m.w.N.).

Der Senat sieht von einer weiteren Begründung gemäß der Vorschrift des § 116 Abs. 5 Satz 2 1. Halbsatz FGO ab, die auch für das Verfahren nach § 116 Abs. 6 FGO Anwendung findet (BFH-Beschlüsse vom 28. Dezember 2007 V B 166/06, BFH/NV 2008, 806; vom 6. Juni 2007 VIII B 154/06, BFH/NV 2007, 1910, m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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