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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.03.2004
Aktenzeichen: VIII B 134/03
Rechtsgebiete: ZPO, FGO


Vorschriften:

ZPO § 321a Abs. 2 Satz 2
FGO § 155
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein türkischer Staatsangehöriger, begehrte im finanzgerichtlichen Verfahren die Zahlung von Kindergeld für die Monate August 2001 bis Januar 2002. Sein für das Klageverfahren gestellter Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) wurde mangels Erfolgsaussicht der Klage abgewiesen. Während des Klageverfahrens entsprach der Beklagte und Beschwerdegegner (Beklagter) im Hinblick auf eine geänderte Weisungslage hinsichtlich der Gewährung von Kindergeld für türkische Staatsangehörige dem Klagebegehren. Die Beteiligten erklärten sodann den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt.

Das Finanzgericht (FG) legte durch Beschluss vom 15. Mai 2003 dem Kläger die Kosten des Verfahrens auf. Es begründete dies damit, dass der Beklagte dem Klagebegehren lediglich aufgrund einer geänderten Weisungslage, mit der einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 4. Mai 1999 Rs. C-262/96 (EuGHE I 1999, 2685) Rechnung getragen werden sollte, entsprochen habe. Die Kostenverteilung sei daher nach dem voraussichtlichen Ausgang des Prozesses ohne das erledigende Ereignis auszurichten. Danach habe der Kläger die Kosten zu tragen, denn ohne die Abhilfeentscheidung des Beklagten wäre die Klage abgewiesen worden.

Der Kläger erhob zunächst mit seinem an den Bundesfinanzhof (BFH) gerichteten Schriftsatz vom 4. Juni 2003 außerordentliche Beschwerde gegen den Beschluss des FG. Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2003 bat der Kläger darum, die außerordentliche Beschwerde in eine Gegenvorstellung umzudeuten, und beantragte, das Verfahren zur Entscheidung über die Gegenvorstellung an das FG Münster zurückzugeben.

Der Beklagte beantragt, die Gegenvorstellung als unbegründet zurückzuweisen.

II. Der BFH ist für die Entscheidung der Sache nicht zuständig. Das Verfahren ist daher an das zuständige FG zurückzugeben.

1. Die außerordentliche Beschwerde zum BFH ist nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung seit In-Kraft-Treten des Zivilprozess-Reformgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl I 2001, 1887) mit der Einfügung eines § 321a in die Zivilprozessordnung (ZPO) zum 1. Januar 2002 nicht mehr statthaft (BFH-Beschlüsse vom 5. Dezember 2002 IV B 190/02, BFHE 200, 42, BStBl II 2003, 269; vom 12. Dezember 2002 V B 185/02, BFHE 200, 46, BStBl II 2003, 270; vom 29. Januar 2003 I B 114/02, BFHE 201, 11, BStBl II 2003, 317; vom 30. Juli 2003 VIII B 210/02, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2004, 55). Der von dem Kläger eingelegte Rechtsbehelf war daher als Gegenvorstellung anzusehen, wie der Kläger selbst dies in seinem Schriftsatz vom 16. Juni 2003 auch angeregt hat.

2. Eine Umdeutung des eingelegten Rechtsbehelfs in eine Gegenvorstellung ist möglich. Der Kläger hat durch seinen Schriftsatz vom 16. Juni 2003 selbst deutlich gemacht, dass er seinen als außerordentliche Beschwerde eingelegten Rechtsbehelf als Gegenvorstellung verstanden wissen wolle und eine Überprüfung der Kostenentscheidung durch das FG erstrebe. Die Behandlung des Rechtsbehelfs als Gegenvorstellung entspricht somit sowohl dem Willen des Klägers als auch seiner recht verstandenen Interessenlage, denn nur auf diese Weise ist eine Überprüfung der Kostenentscheidung des FG zu erreichen.

Über die Gegenvorstellung entscheidet das Gericht, das die angegriffene Entscheidung erlassen hat (BFH-Beschluss vom 10. April 2002 VIII B 122/01, BFH/NV 2002, 1309). Das Verfahren ist daher an das FG zurückzugeben. Dies geschieht durch Senatsbeschluss (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 200, 42, BStBl II 2003, 269; in DStRE 2004, 55). Das FG wird zu entscheiden haben, ob die gemäß § 321a Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. § 155 FGO einzuhaltende Frist zur Erhebung der Gegenvorstellung gewahrt ist und ob die --hier allein in Betracht kommende-- Voraussetzung der greifbaren Gesetzeswidrigkeit (zu dieser Voraussetzung vgl. BFH-Beschluss vom 21. Januar 2000 VIII B 134/99, BFH/NV 2000, 866) erfüllt ist.

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