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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.06.2008
Aktenzeichen: VIII B 184/07
Rechtsgebiete: AO, EStG, FGO


Vorschriften:

AO § 233a
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wenden sich gegen Nachzahlungszinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) bzw. gegen deren Nichtberücksichtigung als einkommensmindernde Besteuerungsgrundlage bei der Festsetzung der Einkommensteuer.

Die Kläger leisteten im Streitjahr (1999) einen Gesamtbetrag an Nachzahlungszinsen aus der Steuerfestsetzung für andere Veranlagungszeiträume gemäß § 233a AO in Höhe von 1 476 DM, während sie andererseits Erstattungszinsen aus der Einkommensteuerveranlagung für ein anderes Steuerjahr in Höhe von 441 DM erhielten, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei der Einkommensteuerfestsetzung den erklärten Einkünften aus Kapitalvermögen hinzurechnete.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Dabei hatten die Kläger im Klageverfahren ausdrücklich erklärt, die im Streitjahr geleisteten Nachzahlungszinsen weder als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch als Sonderausgaben geltend zu machen.

Zur Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde haben sie ausgeführt, dass der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zukomme, ob die Festsetzung von Nachzahlungszinsen auf eine Einkommensteuerabschlusszahlung nach § 233a AO auch dann gerechtfertigt sei, wenn ein Steuerzahler keine Möglichkeit habe, eine rechtzeitige Bearbeitung seines Steuerfalls zu erreichen oder durch den Antrag auf Erhöhung der Einkommensteuervorauszahlungen die Zinsfestsetzung zu vermeiden. Eine höchstrichterliche Klärung könne einer Rechtsentwicklung einen Riegel vorschieben, die den Steuerbürger in einem nicht mehr hinnehmbaren Ausmaße überproportional benachteilige, indem es ihm eine Abgabe abfordere, die der Gesetzgeber sicherlich nicht erkannt und berücksichtigt habe. Dass der Gesetzgeber die Vorteile der Nutzung eines mehr als 15 Monate belassenen Geldbetrages aufheben wollte, sei unstreitig das durchaus verständliche Ziel der Einführung des § 233a AO und des Wegfalls des Sonderausgabenabzugs mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002. Es sei jedoch schlechthin unvorstellbar, dass der Gesetzgeber bei verspäteter Festsetzung Nachzahlungszinsen zu Gunsten des Fiskus für gerechtfertigt halte, die sich auf mehr als das Doppelte des durch den Steuerbürger erzielbaren Vorteils belaufen würden. In Zeiten des Niedrigzinssatzes werde sogar das Dreifache des vom Steuerbürger erzielbaren Einkommens an Einkommensteuer gefordert.

Nach Ablauf der Begründungsfrist des § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO haben die Kläger vorgetragen, dass gerade die Nichtabsetzbarkeit der Nachzahlungszinsen dazu führe, dass ein Betrag von bis etwa zum Dreifachen der erzielbaren Zinseinnahmen als "Steuer" verlangt werde. Eine Steuer auf Einkommen könne höchstens 100 % betragen. Werde dieser Prozentsatz überschritten, liege keine Besteuerung des Einkommens mehr vor, sondern eine zusätzliche Vermögensabgabe. Dies bringe gerade die Nichtabsetzbarkeit der Nachzahlungszinsen mit sich.

Der Senat sieht von einer weiteren Wiedergabe des Tatbestandes ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung, s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23 ff., m.w.N.; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. April 2007 VIII B 250/05, BFH/NV 2007, 1675). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache verlangt demzufolge substantiierte Ausführungen insbesondere zur Klärungsbedürftigkeit der hinreichend bestimmten Rechtsfrage und ihrer voraussichtlichen Klärungsfähigkeit im konkreten Fall.

Daran fehlt es im Streitfall. Die von den Klägern in der Beschwerdebegründung (Schriftsatz vom 28. Juni 2007) aufgeworfene Rechtsfrage wäre in einem Revisionsverfahren gegen das angefochtene Urteil des Finanzgerichts schon deshalb nicht klärungsfähig, weil sie sich auf einen anderen Gegenstand bezieht. In dem angefochtenen Urteil ist über die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr befunden worden. Die Ausführungen im Schriftsatz vom 28. Juni 2007 richten sich hingegen gegen die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Nachzahlungszinsen, die in der verfahrensrechtlich vorgegebenen Weise durch Zinsbescheide festgesetzt worden sind. Auch wenn die Kläger ihre wirtschaftlichen Nachteile aus der Zinsfestsetzung und der Einkommensbesteuerung in einer pauschalen Gesamtrechnung zusammenfassen, handelt es sich bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Streitjahr einerseits und der Festsetzung der Zinsen zu anderen Veranlagungszeiträumen andererseits um verfahrensrechtlich wie auch materiell-rechtlich unterschiedliche, eigenständige Regelungen.

Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Frage nach der "Rechtfertigung" der gesetzlichen Regelung zu den Nachzahlungszinsen angesichts der klaren gesetzlichen Regelung überhaupt um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage handeln könnte.

Soweit sich die Kläger möglicherweise noch gegen die behauptete sachliche Unbilligkeit der Einkommensteuerfestsetzung wenden wollen, müsste auch eine Billigkeitsmaßnahme (nach §§ 163 oder 227 AO) Gegenstand einer eigenständigen Regelung in einem anderen Verfahren sein.

Im Beschwerdeverfahren haben die Kläger erstmals nach Ablauf der am 2. August 2007 endenden Begründungsfrist in einem Schreiben vom 4. September 2007 Einwände vorgetragen, die sich erkennbar gegen die Einkommensteuerfestsetzung selbst richten. Diese unterschiedliche Stoßrichtung der Argumentation in den beiden Schriftsätzen der Kläger schließt es aus, in dem neuen Vorbringen nur noch eine Erläuterung oder Vervollständigung des zuvor geltend gemachten Zulassungsgrundes zu sehen. Vielmehr handelt es sich um eine erst nach Ablauf der Begründungsfrist nachgeschobene andersartige Begründung, die wegen der Fristversäumnis vom BFH nicht zu berücksichtigen ist (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 22, m.w.N.). Im Übrigen haben die Kläger insoweit zwar eine als übermäßig empfundene steuerliche Belastung beklagt, aber weder eine klärungsbedürftige Rechtsfrage herausgearbeitet noch substantiiert etwas zu deren Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit im vorliegenden Verfahren ausgeführt; dazu hätte besonderer Anlass bestanden angesichts einer fehlenden gesetzlichen Rechtsgrundlage für die steuerliche Berücksichtigung von Nachzahlungszinsen als Einkommensminderungsbetrag in der für das Streitjahr geltenden Fassung des Einkommensteuergesetzes.

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