Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.10.2001
Aktenzeichen: VIII B 22/01
Rechtsgebiete: FGO, EStG, EStG 1985, EStG 1981


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 a.F.
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 n.F.
EStG § 15a
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2
EStG 1985 § 50 Abs. 20b Satz 3
EStG 1985 § 52 Abs. 20b
EStG 1985 § 52 Abs. 21 Satz 2 Nr. 3
EStG 1981 § 52 Abs. 21b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Da das erstinstanzlichhe Urteil am 1. Dezember 2000 --und damit vor dem 1. Januar 2001-- verkündet wurde, richtet sich die Zulässigkeit der hiergegen erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde nach § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757, vgl. Art. 4 dieses Gesetzes) --FGO a.F.--.

2. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) --eine GmbH & Co. KG-- rügt, das Finanzgericht (FG) sei von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 26. Mai 2000 2 BvR 2189/99 (nicht veröffentlicht --NV--) abgewichen, genügt die Beschwerdeschrift nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.; sie lässt insbesondere nicht erkennen, dass das erstinstanzliche Urteil auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von einem --gleichfalls abstrakten-- Rechtssatz in der genannten Entscheidung des BVerfG abweicht (vgl. hierzu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 63).

3. Der Senat lässt offen, ob die ausführlich begründete Behauptung der Klägerin, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, den Darlegungserfordernissen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. genügt. Die Beschwerde ist insoweit jedenfalls unbegründet, da die aufgeworfene (verfassungsrechtliche) Frage nach der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht mehr klärungsbedürftig und offenkundig in den vom FG vertretenen Sinne zu entscheiden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Mai 1995 VIII B 144/94, BFH/NV 1995, 1054). Dies schließt nicht nur die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F./n.F.), sondern auch die Annahme aus, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sei nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO n.F. eine Revisionsentscheidung des erkennenden Senats erforderlich.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Regelung des § 52 Abs. 20b des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1985 (i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 --StBereinG 1986-- vom 19. Dezember 1985, BGBl I 1985, 2436) zur rückwirkenden Wiedereinführung der Geprägegrundsätze (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) bereits deshalb mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar und verstößt insbesondere nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip, weil der Steuerpflichtige vor Ergehen des Beschlusses vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 --Aufgabe der bisherigen Beurteilung--) von diesen von der Rechtsprechung entwickelten Besteuerungsgrundsätzen ausgehen musste und der Gesetzgeber in § 50 Abs. 20b Satz 3 EStG 1985 (i.d.F. des StBereinG 1986) eine Sonderregelung für Veräußerungs- und Entnahmegewinne aufgrund von Maßnahmen vorsieht, die der Steuerpflichtige zwischen dem Bekanntwerden des Beschlusses in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 und dem Bekanntwerden der Gesetzgebungspläne der Bundesregierung in der Zeit vom 31. Oktober 1984 bis 10. April 1985 getroffen hat (vgl. u.a. BFH-Entscheidungen vom 10. Juli 1986 IV R 12/81, BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 811; vom 12. Januar 1989 IV R 67/87, BFHE 155, 484, BStBl II 1990, 259; vom 14. September 1989 IV S 2/89, BFH/NV 1990, 311; vom 15. Oktober 1991 VIII B 168/90, juris; in BFH/NV 1995, 1054; vom 22. November 1994 VIII R 63/93, BFHE 177, 28, BStBl II 1996, 93; vom 23. Mai 1996 IV R 87/93, BFHE 180, 396, BStBl II 1996, 523; vom 4. September 1997 IV R 27/96, BFHE 184, 393, BStBl II 1998, 286; vom 8. Juni 2000 IV R 37/99, BFHE 193, 85, BStBl II 2001, 162). Die gegen die BFH-Entscheidungen vom 15. Oktober 1991 VIII B 168/90 (juris) und in BFHE 180, 396, BStBl II 1996, 523 erhobenen Verfassungsbeschwerden blieben ohne Erfolg (BVerfG-Beschlüsse vom 2. November 1995 2 BvR 1568/90, Steuer-Eildienst --StEd-- 1996, 115; vom 23. Dezember 1996 2 BvR 1824/96, StEd 1997, 170; vgl. auch vom 20. November 1995 2 BvR 2036/94, NV).

b) Darüber hinaus ist geklärt, dass die auf Anregung des Gesetzgebers (BTDrucks 10/4513, S. 24) ergangene weitergehende --einzelfallbezogene-- Übergangsregelung (betreffend Veräußerungs- und Entnahmegewinne vor dem 31. Oktober 1984) des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 17. März 1986 (BStBl I 1986, 129) jedenfalls insoweit auf zutreffenden Ermessenserwägungen beruht, als ein § 50 Abs. 20b Satz 3 EStG 1985 (i.d.F des StBereinG 1986) überschreitender Vertrauensschutz dann ausgeschlossen ist, wenn die Personengesellschaft entweder steuerliche Vorteile, zu denen auch Investitionszulagen für gewerbliche Betriebe gehören, aufgrund der Geprägerechtsprechung in Anspruch genommen (BFH-Urteil in BFHE 155, 484, BStBl II 1990, 259) oder sich vor Ergehen des Beschlusses in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 gegen die Behandlung ihrer Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb nicht zur Wehr gesetzt hat (Senatsbeschluss vom 15. Oktober 1991 VIII B 89/90, juris). Auch die gegen den Beschluss VIII B 89/90 (a.a.O.) eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde --ohne Begründung-- nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschluss vom 2. November 1995 2 BvR 463/94, StEd 1996, 114).

c) Zutreffend hat das FG aus diesen Rechtsprechungsgrundsätzen abgeleitet, dass im Streitfall (betreffend Gewinnfeststellung 1983) keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen bestehen, die Klägerin als i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (i.V.m. § 52 Abs. 20b EStG 1985 i.d.F. des StBereinG 1986) gewerblich geprägte Personengesellschaft zu qualifizieren. Es hat sich hierbei darauf gestützt, dass die Klägerin in der Vergangenheit Steuervergünstigungen aufgrund der früheren Rechtsprechung zur gewerblichen geprägten Personengesellschaft ("negatives Kapitalkonto, Investitionszulage, Sonderabschreibungen") in Anspruch genommen habe.

d) Zu folgen ist der Vorinstanz ferner darin, dass der rückwirkenden Anwendung der Geprägegrundsätze des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG die Regelungen des § 52 Abs. 21 Sätze 7 bis 10 i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1985 --StBereinG 1985-- vom 14. Dezember 1984 (BGBl I 1984, 1493, BStBl I 1984, 659) nicht entgegenstehen.

aa) Die Vorschriften gewährten bestimmten Wohnungsbauunternehmen in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, deren Tätigkeit sich auf die Errichtung und Verwaltung von Gebäuden in Berlin beschränkte, ein Wahlrecht zur Behandlung als gewerblich tätige Gesellschaft mit dem Ziel, die für diese Gesellschaften geltende und an das Vorliegen eines Gewerbebetriebs geknüpfte Übergangsbestimmung in § 52 Abs. 21 Satz 2 Nr. 3 EStG 1985 betreffend die Verlustverwertungsbeschränkung des § 15a EStG auch für solche vermögensverwaltenden Gesellschaften aufrecht zu erhalten, die nach der durch den Beschluss in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 aufgegebenen Gepräge-Rechtsprechung keine gewerblichen Einkünfte erzielten (vgl. hierzu --sowie zu § 52 Abs. 21b EStG 1981 betreffend § 21 Abs. 1 Satz 2-- ausführlich Bordewin, Betriebs-Berater --BB-- 1985, 386; zur sinngemäßen Anwendung von § 15a EStG vgl. auch BFH-Urteil vom 8. September 1992 IX R 335/87, BFHE 169, 418, BStBl II 1993, 281; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 21 EStG Anm. 120 ff.; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 20. Aufl., § 21 Rz. 120 ff.).

bb) Hierdurch sind --jedenfalls für den Streitfall-- die Geltung der Grundsätze zu Abschn. 3 a dieses Beschlusses nicht in Frage gestellt worden. Dies ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass die Rechtslage und damit die Dispositionsgrundlage, von der die Klägerin im Zusammenhang mit ihrem wirtschaftlichen Verhalten im Jahre 1983 (Streitjahr) ausgehen musste (vgl. BFH-Urteil in BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 811), erkennbar nicht durch das mit dem StBereinG 1985 eröffnete Wahlrecht i.S. von § 52 Abs. 21 Sätze 7 bis 10 EStG 1985 beeinflusst sein konnten. Zum anderen kommt hinzu, dass der Gesetzgeber mit dieser (Wahlrechts-)Regelung --wie in der Begründung des StBereinG 1985 ausdrücklich ausgeführt (BTDrucks 10/2370, S. 14)-- "weitere gesetzgeberische Konsequenzen auf Grund des Beschlusses des Großen Senats weder positiv noch negativ präjudizieren wollte (Vertrauensschutz)". Demgemäß wurden im Anschluss an die allgemeine Übergangsbestimmung des § 52 Abs. 20b EStG 1985 (betreffend § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) die genannten Sätze 7 bis 10 in § 52 Abs. 21 EStG 1985 als entbehrlich gestrichen (BTDrucks 10/3663, S. 8). Auch dieser erkennbar nur vorläufige Charakter des Wahlrechts nach § 52 Abs. 21 Sätze 7 bis 10 EStG 1985 schließt die Annahme aus, der Gesetzgeber habe mit Rücksicht auf die Dispositionsgrundlagen des Streitjahres (1983) einen Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin schaffen wollen (u.U. --auch insoweit-- anderer Ansicht Knobbe-Keuk, BB 1985, 1903, 1905; vgl. hierzu jedoch BFH-Urteil in BFHE 184, 393, BStBl II 1998, 286, 290 betreffend nach dem 10. April 1985 erzielte Veräußerungs- und Entnahmegewinne).

Ende der Entscheidung

Zurück