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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.11.2005
Aktenzeichen: VIII B 279/04
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 96 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
EStG § 17
EStG § 17 Abs. 2
EStG § 17 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht den Anforderungen von § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist nicht ausreichend begründet. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache muss --abgesehen von dem Ausnahmefall ihrer Offenkundigkeit-- schlüssig dargelegt werden. Dies erfordert ein konkretes und substantiiertes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit eine von ihm aufgeworfene abstrakte Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist. Daran fehlt es hier. Zum einen legt der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) lediglich seine Rechtsauffassung dar, dass das Finanzgericht (FG) an die Feststellungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) gebunden sei. Damit macht er einen aus seiner Sicht bestehenden materiellen Fehler der finanzgerichtlichen Entscheidung geltend. Die Rüge einer fehlerhaften Rechtsanwendung im Einzelfall und allgemeine Angriffe gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung rechtfertigen aber die Zulassung der Revision nicht (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. März 2002 V B 33/01, BFH/NV 2002, 1040). Zum anderen wird auch die Klärungsbedürftigkeit der Frage, ob zweifelhafte Zahlungen dazu führen könnten, dass auch zweifelsfrei nachgewiesene Anschaffungs- bzw. Veräußerungskosten keine Anerkennung finden könnten, nicht dargelegt. Vielmehr wendet sich der Kläger damit gegen die Beweiswürdigung des FG. Diese ist jedoch revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht überprüfbar (vgl. BFH-Beschluss vom 23. Juli 1999 XI B 170/97, BFH/NV 2000, 7). Gleiches gilt insoweit, als der Kläger die als klärungsbedürftig angesehene Frage dahin gehend präzisiert, ob automatisch dann, wenn das Nicht-Vorliegen eines Auflösungsgewinns bejaht wird, auch durch das Gericht unterstellt werden darf, dass kein Auflösungsverlust angefallen ist.

2. Auch die Verletzung der richterlichen Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) ist nicht schlüssig dargetan (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe eine weitere Beweiserhebung hinsichtlich des Gesellschafter-Darlehens nicht vorgenommen, fehlt es sowohl an einem Vortrag, dass ein entsprechender Beweisantrag gestellt worden sei (vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. Dezember 1998 VIII B 54/97, BFH/NV 1999, 802, m.w.N., sowie vom 20. März 1997 XI B 182/95, BFH/NV 1997, 777, m.w.N.) als auch dazu, dass sich dem FG eine entsprechende weitere Sachaufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 5. Aufl., § 120 Rz. 70, m.w.N.).

3. Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe im Rahmen der Prüfung eines Auflösungsverlusts i.S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) außer Acht gelassen, dass Anschaffungs- und Veräußerungskosten in Höhe von 39 235,54 DM durch entsprechende Belege zweifelsfrei nachgewiesen und durch das FA im Rahmen einer Betriebsprüfung anerkannt worden seien, ist dieser Vortrag als Rüge der Verletzung von § 96 Abs. 1 FGO zu verstehen. Auch diese kann der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg verhelfen, da sich das finanzgerichtliche Urteil auf S. 13 explizit mit diesem Einwand des Klägers auseinander setzt. Nach der Rechtsauffassung des FG ist ein Auflösungsgewinn bzw. Auflösungsverlust angesichts der tatsächlichen Unklarheiten nicht feststellbar, da er sich nicht allein aus den beiden Komponenten der Anschaffungs- und Veräußerungskosten bestimmt. Das FG geht davon aus, dass sich die tatsächlichen Unklarheiten hinsichtlich des Entstehens eines Auflösungsgewinns oder Auflösungsverlusts insgesamt unter Aspekten der Feststellungslast nicht in vollem Umfang zugunsten des Klägers auswirken könnten. Soweit sich der Kläger gegen diese Aspekte der Feststellungslast wenden wollte, könnte dies, da dem materiellen Recht zuzuordnen, eine Verfahrensrüge nicht begründen.

4. Auch soweit der Kläger eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO), legt er nicht hinreichend dar, dass das Gericht eine unzulässige sog. Überraschungsentscheidung getroffen hat. Eine solche liegt vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 29. Mai 1991 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188; BFH-Beschlüsse vom 3. September 2002 I B 107/01, BFH/NV 2003, 68; vom 11. Februar 2003 XI B 4/02, BFH/NV 2003, 802, m.w.N.; BFH-Urteil vom 7. August 2002 I R 45/01, BFH/NV 2003, 173). Jedoch erfordert eine schlüssige Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn sie --wie vorliegend-- auf einzelne Feststellungen oder rechtliche Gesichtspunkte des vorinstanzlichen Urteils bezogen wird (vgl. dazu Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. September 2001 GrS 3/98, BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802), dass der Kläger im Einzelnen substantiiert nicht nur darlegt, wozu er sich nicht hat äußern können, sondern auch, was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte (BFH-Beschlüsse vom 18. April 2000 VII B 21/99, BFH/NV 2000, 1335; vom 20. Januar 2000 III B 57/99, BFH/NV 2000, 861) und dass bei Berücksichtigung dieses zusätzlichen Vortrags --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (vgl. BFH-Beschlüsse vom 7. Oktober 2003 X B 46/03, BFH/NV 2004, 80; vom 28. Juli 2003 IV B 214/01, BFH/NV 2004, 56). Daran fehlt es hier.

Im Übrigen käme eine Verletzung des rechtlichen Gehörs lediglich insoweit in Betracht, als sich der Kläger ggf. nicht zur Beurteilung der Feststellungslast hinsichtlich des Vorliegens eines Auflösungsverlusts i.S. von § 17 EStG durch das FG äußern konnte. Das Vorliegen eines Auflösungsgewinns bzw. Auflösungsverlusts insgesamt war jedoch stets streitig. Anders als vom Kläger behauptet, hat das FG die Feststellungen des FA zum Vorliegen von Anschaffungs- und Veräußerungskosten nicht in Zweifel gezogen. Vielmehr geht es davon aus, dass nachweislich und unstreitig Anschaffungs- und Veräußerungskosten von zumindest 39 235,54 DM entstanden seien. Im Hinblick auf die streitige Darlehensgewährung verneint es jedoch einen Auflösungsgewinn bzw. Auflösungsverlust insgesamt und setzt hierfür 0 DM an. Das bedeutet keine im dargelegten Sinn überraschende Entscheidung. Zu der vom FG zugrunde gelegten nicht unerheblichen Wahrscheinlichkeit für eine Darlehensgewährung konnte sich der Kläger äußern und hat es auch getan --so etwa im Schriftsatz vom 20. September 1999 sowie im Schriftsatz vom 15. November 1999--. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs zielt vielmehr auf den rechtlichen Zusammenhang zweier Komponenten im Rahmen der Berechnung des streitigen Auflösungsgewinns. Nach der Systematik von § 17 Abs. 2 und 4 EStG stellt ein Auflösungsverlust lediglich die negative Größe des Auflösungsgewinns dar. Dieser ist im Rahmen von § 17 EStG einheitlich für die Auflösung einer Gesellschaft zu beurteilen, nicht aber führen etwaige Anschaffungs- und Veräußerungskosten zu einem selbständig ansetzbaren Auflösungsverlust. Insoweit liegt auch der Beweislastentscheidung des FG eine vertretbare Rechtsauffassung zu Grunde, mit der der Kläger rechnen musste, auch wenn er sich nicht explizit zu dieser hätte äußern können. Dass aber auch das Nicht-Vorliegen eines Auflösungsverlusts in der mündlichen Verhandlung nicht angesprochen wurde, hat das FA bestritten. Dem Protokoll über die mündliche Verhandlung ist zu entnehmen, dass der Verhandlungsleiter die Streitsache mit den Beteiligten erörtert hat. Dass diese Erörterung nicht auch die zumindest partielle Feststellungslast des Klägers betraf, ist nicht glaubhaft gemacht.

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