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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.11.2003
Aktenzeichen: VIII B 70/02
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
AO 1977 § 90 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben keinen Grund für die Zulassung der Revision i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.

1. Die Beschwerdeschrift hat keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) bezeichnet. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Juli 1998 VII B 73/98, BFH/NV 1999, 204, m.w.N.; Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 1. Oktober 2002 XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2003, 65). Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass die Entscheidung des Streitfalles von einer derartigen in Rechtsprechung oder Schrifttum umstrittenen und deshalb klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt.

Die Frage, inwieweit ein Finanzgericht (FG) seine Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht auf die Erkenntnisse in einem strafgerichtlichen Verfahren stützen darf, ist nicht mehr klärungsbedürftig. Sie ist durch die bereits vorliegende Rechtsprechung dahin geklärt, dass sich das FG die tatsächlichen Feststellungen und Beweiswürdigungen eines in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführten Strafurteils zu Eigen machen darf, es sei denn, dass die Beteiligten gegen die strafgerichtlichen Feststellungen substanziierte Einwendungen vortragen und entsprechende Beweisanträge stellen, die das FG nach den allgemeinen für die Beweiserhebung geltenden Grundsätzen nicht unbeachtet lassen kann (vgl. z.B. BFH-Entscheidungen vom 17. Dezember 1991 VII B 163/91, BFH/NV 1992, 612; vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198; vom 1. Februar 2001 VII B 234/00, BFH/NV 2001, 931).

2. In Wirklichkeit beanstanden die Kläger allein die Entscheidung des FG, dass der Kläger faktischer Geschäftsführer einer in München ansässigen GmbH und außerdem beherrschender Gesellschafter einer Gesellschafterin dieser GmbH, einer Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz (im Folgenden: AG), gewesen sei. Diese Entscheidung ist das Ergebnis einer Beweiswürdigung durch das FG. Die Beweiswürdigung des FG ist aber im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht überprüfbar, da sie revisionsrechtlich dem materiellen Recht angehört (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. Juni 1999 X B 25/99, BFH/NV 1999, 1612). Auch nach der Neufassung der Zulassungsgründe in § 115 Abs. 2 FGO durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) soll nicht jede Vorentscheidung schon mit der Begründung revisibel sein, das FG habe falsch entschieden (vgl. BFH-Beschluss vom 15. März 2002 V B 33/01, BFH/NV 2002, 1040). Deshalb eröffnen allgemeine Angriffe gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung die Zulassung der Revision weiterhin nicht.

Soweit eine fehlerhafte Rechtsanwendung in einem Einzelfall dann zur Zulassung der Revision führt, wenn offenkundig ist, dass sich die angefochtene Entscheidung als objektiv willkürlich darstellt und deshalb vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufgehoben werden würde (vgl. dazu BGH-Beschluss in BGHZ 152, 182, NJW 2003, 65), sind diese Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt. Die Kläger stützen ihre Ansicht, die Vorentscheidung sei willkürlich, auf Verfahrensfehler, die dem FG ihrer Meinung nach unterlaufen seien. Verfahrensfehler des FG rechtfertigen die Zulassung der Revision aber nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO schlüssig dargelegt werden (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Daran mangelt es im Streitfall.

3. Für eine schlüssige Rüge, das FG habe seine Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt, hätten die Kläger nach der ständigen Rechtsprechung des BFH darlegen müssen, welche Tatsachen das FG auch ohne besonderen Antrag hätte aufklären oder welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts oder einer Beweiserhebung auch ohne einen entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme ergeben hätten und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 15. September 2000 V B 128/00, BFH/NV 2001, 323, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 120 Rn. 70, m.w.N.). Diesen Erfordernissen ist im Streitfall nicht genügt.

Soweit die Kläger außerdem sinngemäß das Übergehen von Beweisanträgen durch das FG beanstanden, hätten sie die Nichterhebung der Beweise in der mündlichen Verhandlung rügen müssen, da sowohl auf die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 25. November 1992 II B 169/91, BFH/NV 1993, 258) als auch auf Beweisanträge (vgl. BFH-Urteil vom 14. September 1993 VIII R 84/90, BFHE 174, 233, BStBl II 1994, 764) verzichtet werden kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung). Dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung, zu der erkennbar keine Zeugen geladen worden waren, Beweisanträge gestellt haben, haben sie nicht vorgetragen und ist auch nicht aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich.

Im Übrigen hätten die Kläger dann, wenn sie eine Vernehmung von im Ausland lebenden Personen als Zeugen durch das FG für erforderlich gehalten hätten, nicht deren Vernehmung beantragen, sondern diese Personen als Zeugen in der mündlichen Verhandlung stellen müssen. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) begründet im Hinblick auf Auslandssachverhalte eine gesteigerte Mitwirkungspflicht der Beteiligten. Diese müssen im Rahmen ihrer rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten (§ 90 Abs. 2 Satz 2 AO 1977) den Sachverhalt aufklären, Beweismittel beschaffen (§ 90 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) und ggf. Beweisvorsorge treffen (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 3 AO 1977). Daraus ist für das finanzgerichtliche Verfahren in ständiger Rechtsprechung abgeleitet worden, dass bei einem Streit über Auslandssachverhalte im Ausland ansässige Zeugen nicht vom FG geladen, sondern von den Beteiligten zum Termin vor dem FG gestellt werden müssen (BFH-Beschlüsse vom 21. Mai 1992 VIII B 76/91, BFH/NV 1993, 32; vom 26. Oktober 1998 I B 48/97, BFH/NV 1999, 506; vom 30. September 1998 IV B 6/94, BFH/NV 1999, 490; BFH-Urteil vom 27. Juni 2001 I R 46/00, BFH/NV 2002, 1). Im Streitfall betrifft die Frage, ob der Kläger Gesellschafter der AG mit Sitz in der Schweiz war oder ob X tatsächlich und nicht nur pro forma vom Kläger die Aktien dieser AG erworben hat, einen Auslandssachverhalt.

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.



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