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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 31.08.1999
Aktenzeichen: VIII R 23/98
Rechtsgebiete: EStG, EStG 1990, FGO, BGB, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 2 Abs. 1 Satz 1
EStG 1990 § 36 Abs. 2 Nr. 2
EStG 1990 § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 lit. f
EStG 1990 § 52 Abs. 25 Satz 2
FGO § 126 Abs. 2
FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
FGO § 118 Abs. 2
BGB §§ 2252-2256
BGB § 2258
BGB § 1937
BGB § 1939
AO 1977 § 218 Abs. 2
AO 1977 § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten, die in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielten. Am 27. Mai 1991 erwarb der Kläger 1 500 Aktien der A-Bank AG, davon 1000 Stück zum Preis von 277 DM pro Aktie sowie 500 Stück zum Preis von 276,50 DM pro Aktie. Am 30. September 1991 erwarb der Kläger Optionsgenußscheine der A-Bank AG zum Preis von 25 000 DM.

Zur Finanzierung des Aktienkaufs nahm der Kläger einen Effekten-Lombard-Kredit bis zum Höchstbetrag von 500 000 DM auf. Der variable effektive Jahreszins betrug anfänglich 10,93 %. Die Kreditzinsen beliefen sich im Jahr 1991 auf 27 690,21 DM und im Jahr 1992 auf 55 614 DM.

Die A-Bank AG schüttete in den Streitjahren jeweils eine Dividende von 10 DM pro Aktie aus; zuzüglich der anrechenbaren Körperschaftsteuer belief sich die zu versteuernde Einnahme pro Aktie auf 15,62 DM; jährlich ergaben sich hieraus zu versteuernde Einnahmen in Höhe von jeweils 23 437,50 DM. Des weiteren flossen dem Kläger im Jahr 1992 Einnahmen aus den Optionsgenußscheinen in Höhe von 593,75 DM zu.

Nachdem die Kläger erstmalig im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid für 1991 die Schuldzinsen in Höhe von 27 690,21 DM aus dem Effekten-Lombard-Kredit geltend gemacht hatten, veräußerte der Kläger während des Einspruchsverfahrens im Dezember 1993 1 064 Aktien --71 % des Aktienbestands-- der A-Bank AG mit Gewinn. Mit dem Erlös führte er den aufgenommenen Kredit weitgehend zurück.

In der beide Streitjahre betreffenden Einspruchsentscheidung lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) unter Hinweis auf die fehlende Überschußerzielungsabsicht sowohl einen Ansatz der von den Klägern erklärten Einnahmen aus den Ausschüttungen der A-Bank AG als auch eine Berücksichtigung der geltend gemachten Schuldzinsen aus dem Effekten-Lombard-Kredit ab; die einbehaltene Körperschaft- und Kapitalertragsteuer rechnete das FA nicht an. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1998, 742).

Mit ihrer --vom FG zugelassenen-- Revision rügen die Kläger sinngemäß eine Verletzung der § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 1991 vom ... und für 1992 vom ..., jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ..., dahin zu ändern, daß für das Jahr 1991 zusätzliche Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 23 437 DM und zusätzliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 27 690 DM sowie für das Jahr 1992 zusätzliche Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 24 031 DM und zusätzliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 55 512 DM berücksichtigt werden, sowie zusätzliche Kapitalertragsteuer von 3 750 DM und Körperschaftsteuer von 8 437,50 DM für 1991 und zusätzliche Kapitalertragsteuer von 3 897,94 DM und Körperschaftsteuer von 8 436,91 DM für 1992 anzurechnen,

hilfsweise, 29 % der genannten Beträge zu berücksichtigen.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II. Die zulässige Revision ist unbegründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Die Feststellung des FG, der Kläger habe hinsichtlich der von ihm erworbenen A-Bank-Aktien und A-Bank-Optionsgenußscheine keine Überschußerzielungsabsicht gehabt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die vom FG nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO vorgenommene Gesamtwürdigung ist verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen, weder durch Denkfehler noch durch die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflußt worden und daher für das Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend (zum revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab insoweit vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Juli 1981 VIII R 200/78, BFHE 134, 121, BStBl II 1982, 40, unter 5. der Gründe; vom 23. März 1982 VIII R 132/80, BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463, unter 1. a der Gründe).

a) Bei den Überschußeinkünften (§ 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis 7 EStG) ist eine Betätigung oder Vermögensnutzung nur dann einkommensteuerlich relevant, wenn die Absicht besteht, einen Überschuß der Einnahmen (§ 8 EStG) über die Werbungskosten (§ 9 EStG) zu erzielen (vgl. BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 435 f., BStBl II 1984, 751, 766). Bei fehlender Überschußerzielungsabsicht unterfallen die Einnahmen ebensowenig wie die Werbungskosten einer Einkunftsart i.S. des § 2 Abs. 1 EStG (vgl. --für Einnahmen-- BFH-Urteil vom 27. März 1996 I R 87/95, BFHE 180, 332, BStBl II 1996, 473, unter 2. der Gründe; --für Werbungskosten-- BFH-Urteile vom 14. Juli 1992 VIII R 49/90, BFH/NV 1993, 16, unter 2. a der Gründe; vom 10. November 1992 VIII R 98/90, BFH/NV 1993, 468, unter 1. e der Gründe).

Im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist eine Überschußerzielungsabsicht gegeben, wenn auf die Gesamtdauer der Kapitalanlage gesehen mit einem Überschuß der Einnahmen (§ 8 EStG) über die Werbungskosten (§ 9 EStG) zu rechnen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluß in BFHE 141, 405, 435 f., BStBl II 1984, 751; BFH-Urteile vom 8. Oktober 1985 VIII R 234/84, BFHE 145, 335, BStBl II 1986, 596; vom 4. Mai 1993 VIII R 89/90, BFH/NV 1994, 225). Dabei müssen hinreichende Anhaltspunkte dafür ersichtlich sein, daß sich in absehbarer Zeit ein Totalüberschuß ergeben könnte (vgl. BFH-Urteil vom 24. März 1992 VIII R 12/89, BFHE 168, 415, BStBl II 1993, 18).

Die Rechtsprechung hat insoweit Beweisanzeichen herausgearbeitet, die für die Absicht des Steuerpflichtigen sprechen, einen Gesamtüberschuß zu erzielen. Liegen keine erkennbaren objektiven Anhaltspunkte dafür vor, daß bei einer ertragbringenden Kapitalanlage auf Dauer gesehen eine --wenn auch nur bescheidene-- Rendite nicht erwartet wird oder aber nicht erwartet werden kann, so ist die Überschußerzielungsabsicht regelmäßig gegeben (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juli 1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37, unter 4. der Gründe).

Hingegen spricht die Veräußerung der Kapitalanlage mit Gewinn, ohne daß die Schuldzinsen durch die laufenden Erträge gedeckt werden konnten, für die Absicht der Erzielung steuerfreier Wertsteigerungen unter bloßer Mitnahme laufender Erträge (vgl. BFH-Urteile in BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37, unter 4. der Gründe; in BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463). Entsprechendes gilt, wenn die Kapitalanlage lange gehalten wird und die Finanzierungskosten die laufenden Erträge ständig übersteigen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37, unter 4. der Gründe; in BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463).

b) Die Feststellungen des FG rechtfertigen seine Annahme, der Kläger habe in den Streitjahren keine Überschußerzielungsabsicht gehabt. Denn nach den bei Erwerb der Aktien und der Optionsgenußscheine geltenden Finanzierungskonditionen und Renditeaussichten ist der vom FG gezogene Schluß, für den Kläger sei ein Überschuß in absehbarer Zeit nicht zu erwarten gewesen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Wie das FG festgestellt hat, belief sich der variable Zinssatz für den vom Kläger aufgenommenen Effekten-Lombard-Kredit im Zeitpunkt des Aktienerwerbs auf 10,93 % und stieg in der Folgezeit auf bis zu 12 % an. Demgegenüber war hinsichtlich der Aktien nur eine Rendite in Höhe von 5,64 % --Verhältnis der Bruttodividende einschließlich Körperschaftsteuerguthaben zum Aktienkaufpreis-- zu erwarten. Die danach zu Lasten des Klägers bestehende erhebliche Differenz zwischen der Zinsbelastung und der Renditeerwartung von 5,29 Prozentpunkten bei den Aktien ist ein objektiv erkennbarer Anhaltspunkt, der gegen einen in absehbarer Zeit erzielbaren Überschuß spricht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37, unter 4. der Gründe). Dieser Anhaltspunkt wird hinsichtlich der erworbenen Aktien nicht durch den Umstand widerlegt, daß der Aktienerwerb nur wenige Tage vor der Dividendenausschüttung im Jahr 1991 --statt eines Erwerbs nach dem Ausschüttungstermin zu einem möglicherweise günstigeren Kurs-- erfolgt ist. Denn der insoweit verfolgte Dividendenzufluß war infolge der absehbar höheren Zinsen nicht geeignet, zu einem Überschuß beizutragen, sondern konnte lediglich den durch die Schuldzinsen entstehenden Verlust mindern.

Auch hinsichtlich der Optionsgenußscheine war ein Überschuß auf Dauer gesehen nicht zu erwarten. Der Kläger hat insoweit keine objektiven Umstände vorgetragen, die erwarten ließen, daß die voraussichtliche Rendite aus den Optionsgenußscheinen die Sollzinsen in absehbarer Zeit übersteigen würde.

c) Entgegen der Auffassung der Kläger hat das FG nicht gegen den Grundsatz verstoßen, daß für die Beurteilung der Überschußerzielungsabsicht auf die Gesamtdauer der Kapitalanlage abzustellen ist. Denn nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß trotz der zu Lasten des Klägers bestehenden Differenz auf Dauer gesehen ein Gesamtüberschuß erzielt werden konnte.

aa) Soweit der Kläger nach seinem Vorbringen bei Erwerb der Aktien und der Optionsgenußscheine die Erwartung hegte, daß sich die Sollzinssätze sowie die Renditeaussichten im Laufe beider Kapitalanlagen zu seinen Gunsten verändern würden, fehlt es an konkreten, wirtschaftlich nachvollziehbaren Anhaltspunkten, die die Erwartung des Klägers hätten rechtfertigen können. Die vom Kläger wiedergegebene Ankündigung der A-Bank AG, die Aktiendividende werde zukünftig erhöht werden, begründet schon wegen des nicht erkennbaren Umfangs der angekündigten Erhöhung im Hinblick auf die beträchtliche Spanne von 5,29 Prozentpunkten zwischen der Aktienrendite und den Sollzinsen keine konkrete Aussicht auf eine Erzielung eines Gesamtüberschusses in absehbarer Zeit. Der Kläger hatte nach den vom FG getroffenen Feststellungen auch keine sonstigen hinreichend begründeten Informationen --etwa von sog. Insidern-- über absehbare deutliche Dividendenerhöhungen oder Sollzinssenkungen.

bb) Auch das Vorbringen des Klägers, er habe bei Erwerb der Aktien und der Optionsgenußscheine ein Vermächtnis seiner damals 79jährigen Tante in Höhe von 500 000 DM erwartet und mit diesen Mitteln den Kredit später ablösen wollen, rechtfertigt es nicht, eine Überschußerzielungsabsicht anzunehmen. Ob und ggf. wann bzw. in welcher Höhe der Kläger eine Zuwendung aus einem von seiner Tante testamentarisch zugesicherten Vermächtnis erhalten würde, war in den Streitjahren nämlich sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiß. Denn zum einen war das Testament gemäß §§ 2252-2256, § 2258 i.V.m. § 1937, § 1939 des Bürgerlichen Gesetzbuchs frei widerrufbar; daß es sich hierbei nicht nur um ein völlig unwahrscheinliches Risiko handelt, zeigt der Umstand, daß dem Kläger nach dem Tod seiner Tante tatsächlich jedenfalls nur 200 000 DM aufgrund des Vermächtnisses zuflossen. Zum anderen waren --trotz des fortgeschrittenen Alters der Tante und des deutlich jüngeren Alters des Klägers-- der Eintritt eines Erbfalls zugunsten des Klägers sowie der Zeitpunkt ungewiß.

Erwirbt der Steuerpflichtige in einer solchen Lage gleichwohl fremdfinanzierte Kapitalanlagen in einer Weise, daß die Schuldzinsen die voraussichtliche Rendite erheblich übersteigen, so nimmt er damit für eine unbestimmte Zeit Verluste in Kauf. In einem solchen Fall ist --wie das FG zutreffend erkannt hat-- im besonderen Maße zu prüfen, ob bis zur geplanten, aber ungewissen Ablösung des Kredits eine Überschußerzielungsabsicht bestand. Liegt der Grund für den vorgezogenen Kauf der Wertpapiere unter vorübergehender Inkaufnahme von Verlusten darin, daß sich der Steuerpflichtige eine hohe Rendite sichern will, die er bei einem späteren Erwerb nicht mehr erzielen könnte, weil er eine baldige Senkung der Rendite befürchtet, so spricht dies dafür, daß er in erster Linie Überschüsse erzielen will (vgl. BFH-Urteil in BFHE 134, 121, BStBl II 1982, 40). Kann der Steuerpflichtige hingegen eine Senkung der Rendite nicht erwarten, schiebt er aber gleichwohl den Erwerb der Kapitalanlage nicht hinaus, sondern nimmt er bis auf weiteres Verluste in Kauf, so ist dies jedenfalls bei Wertpapieren, die --wie Aktien oder Optionsgenußscheine-- leicht veräußerbar sind und Kursschwankungen unterliegen können, ein Beweisanzeichen für die bis auf weiteres bestehende Absicht, steuerfreie Wertsteigerungen zu erzielen.

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß sich der Kläger beim Erwerb der Aktien sowie der Optionsgenußscheine eine hohe Rendite hatte sichern wollen, die er bei einem späteren Erwerb nicht mehr hätte erzielen können. Vielmehr hat der Kläger vorgetragen, daß er auf eine baldige Dividendenerhöhung gehofft habe und im Zeitpunkt des Erwerbs der Aktien von ihrem günstigen Kurs habe profitieren wollen. Soweit das FG diese Aussagen dahingehend gewürdigt hat, daß der Kläger in den Streitjahren die Erzielung steuerfreier Wertsteigerungen beabsichtigt und keine Überschußerzielungsabsicht gehabt habe, ist diese Würdigung möglich und revisionsrechtlich daher nicht zu beanstanden.

cc) Schließlich mußte das FG auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, er habe nach der Veräußerung von 1 064 A-Bank-Aktien im Dezember 1993 bereits am 7. Februar 1994 44 A-Bank-Aktien sowie --nach Zufluß der Zuwendung aus dem Vermächtnis seiner Tante in Höhe von 200 000 DM-- am 1. März 1994 weitere 500 A-Bank-Aktien erworben, auf eine Überschußerzielungsabsicht bezüglich der A-Bank-Aktien schließen.

Legt ein Steuerpflichtiger den Erlös, den er aus einer gewinnbringenden Veräußerung einer Kapitalanlage erzielt hat, unmittelbar nach der Veräußerung in einer gleichartigen Kapitalanlage an, so kann dies ein zusätzliches Beweisanzeichen für eine von vornherein bestehende Überschußerzielungsabsicht darstellen, wenn bereits bezüglich der veräußerten Kapitalanlage eine Überschußerzielungsabsicht bestanden hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 134, 121, BStBl II 1982, 40). Ist hingegen bezüglich der veräußerten Kapitalanlage eine Überschußerzielungsabsicht zu verneinen, so vermag eine Wiederanlage des Erlöses nach Veräußerung der Kapitalanlage eine Überschußerzielungsabsicht nicht zu begründen. Das FG brauchte daher, nachdem es aufgrund seiner Würdigung bezüglich der veräußerten A-Bank-Aktien einen Gesamtüberschuß für in absehbarer Zeit nicht für erzielbar hielt, den erneuten Erwerb von A-Bank-Aktien, der erst zwei bzw. drei Monate nach der Veräußerung erfolgte und zudem im Umfang hinter der veräußerten Stückzahl zurückblieb, nicht als Beweisanzeichen für eine Überschußerzielungsabsicht zu berücksichtigen.

2. Soweit die Kläger mit der Revision die Anrechnung inländischer Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer verfolgen, ist die Revision unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Klage insoweit unzulässig ist.

a) Die Anrechnung von Kapitalertragsteuer und von Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 EStG 1990 ist nicht Teil des Steuerfestsetzungsverfahrens, sondern des Steuererhebungsverfahrens. Denn die Anrechnung erfolgt durch einen von der Steuerfestsetzung getrennten besonderen Verwaltungsakt, der sog. Anrechnungsverfügung (vgl. --zur Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer-- BFH-Urteile vom 14. November 1984 I R 232/80, BFHE 142, 408, BStBl II 1985, 216, m.w.N.; vom 31. Juli 1991 I R 4/89, BFHE 165, 387, BStBl II 1992, 98, unter 2. der Gründe; vgl. --zur Anrechnung von Körperschaftsteuer-- BFH-Urteil vom 28. April 1993 I R 123/91, BFHE 170, 573, BStBl II 1994, 147, m.w.N.). Wendet sich der Steuerpflichtige gegen eine vom FA unterlassene Anrechnung von Körperschaft- oder Kapitalertragsteuer, so besteht danach kein Streit über die Festsetzung der Steuer, sondern über die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis und damit über die Erhebung der Steuer. Über eine derartige Streitigkeit hat das FA durch Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO 1977-- zu entscheiden. Gegen diesen Abrechnungsbescheid kann der Steuerpflichtige Einspruch (§ 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977) einlegen und ggf. Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1, 1. Variante FGO) erheben.

b) Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, daß die Kläger die Anrechnung der Körperschaft- und Kapitalertragsteuer nicht in einem gegen die Steuerfestsetzung gerichteten Klageverfahren erreichen können, sondern ein gegen einen Abrechnungsbescheid gerichtetes Verwaltungs- und Klageverfahren hätten betreiben müssen.

c) Soweit die Kläger nunmehr ein derartiges Verfahren gegen einen --noch zu erlassenden-- Abrechnungsbescheid anstreben, weist der Senat aus prozeßökonomischen Gründen darauf hin, daß die Anrechnung von Körperschaft- und Kapitalertragsteuer ausgeschlossen ist, wenn die entsprechenden Kapitalerträge mangels Überschußerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht erfaßt werden. Dies folgt für die Anrechnung der Kapitalertragsteuer aus § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG 1990 und für die Anrechnung der Körperschaftsteuer ab dem Veranlagungszeitraum 1990 aus § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 lit. f i.V.m. § 52 Abs. 25 Satz 2 EStG 1990; für die Anrechnung der Körperschaftsteuer vor dem Veranlagungszeitraum 1990 ergab sich dies aus dem System des Anrechnungsverfahrens (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteile vom 19. Juli 1994 VIII R 58/92, BFHE 176, 317, BStBl II 1995, 362; in BFHE 180, 332, BStBl II 1996, 473, m.w.N.; vom 26. November 1997 I R 110/97, BFH/NV 1998, 581). Unterfallen --wie im Streitfall-- die Einnahmen mangels Überschußerzielungsabsicht keiner Einkunftsart, fehlt es an einer "Erfassung" im Sinne der genannten Vorschriften mit der Folge, daß eine Anrechnung von Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer ausgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 180, 332, BStBl II 1996, 473). Der Senat weist die Kläger jedoch darauf hin, daß bezüglich der einbehaltenen Kapitalertragsteuer, die --anders als die Körperschaftsteuer-- auf Rechnung des Klägers als Gläubiger der Kapitalerträge einbehalten worden ist, eine Erstattung gemäß § 37 Abs. 2 AO 1977 in Betracht kommt (vgl. Geiger, Finanz-Rundschau 1992, 286).

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