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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.10.2001
Aktenzeichen: VIII R 25/01
Rechtsgebiete: BGB, EStG, FGO


Vorschriften:

BGB § 428
EStG § 16
EStG § 34
EStG § 16 Abs. 3
FGO § 60 Abs. 3 Satz 1
FGO § 60 Abs. 3 Satz 2
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 5
FGO § 60 Abs. 3
FGO § 123 Abs. 1 Satz 2
FGO § 123 Abs. 2 Satz 2 n.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Ihre beiden miteinander verheirateten Gesellschafter (im Folgenden auch: Eheleute oder Beigeladene) waren je zur Hälfte Eigentümer eines bebauten Grundstücks. Dieses Grundstück war ganz überwiegend an eine GmbH für deren betriebliche Zwecke vermietet. Die Eheleute waren auch die alleinigen Gesellschafter der GmbH. Die Klägerin und der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sind sich darüber einig, dass die Vermietung die Voraussetzungen einer unechten Betriebsaufspaltung erfüllte und die Klägerin aus der Vermietung des Grundstücks gewerbliche Einkünfte erzielte.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27. Dezember 1995 schenkten die Eheleute das Grundstück ihren drei Kindern; dabei behielten sie sich als Gesamtberechtigte gemäß § 428 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) einen lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch vor.

In der Bilanz zum 31. Dezember 1995 wies die Klägerin aus der Grundstücksentnahme einen Gewinn von insgesamt 480 019 DM aus, den sie als tarifbegünstigt gemäß §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ansah.

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, der Entnahmegewinn betrage 396 797 DM und sei ein laufender und kein tarifbegünstigter Aufgabegewinn. Es erließ einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 1995.

Dagegen wandte die Klägerin ein, dass mit der Schenkung das bisherige Besitzunternehmen aufgegeben worden sei, so dass ein tarifbegünstigter Aufgabegewinn vorliege. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, dass eine Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 EStG deshalb nicht vorliege, weil die Klägerin weiterhin aus der Vermietung eigene Einkünfte erziele, so dass die Betriebsaufspaltung fortgeführt werde. Mit ihrer --vom FG zugelassenen-- Revision hält die Klägerin an ihrem bisherigen Begehren fest.

1. Die Gesellschafter A und B sind notwendig zum Verfahren beizuladen. Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat eine Beiladung dann zu erfolgen, wenn an einem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (notwendige Beiladung). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt.

Das entnommene Grundstück gehörte zum jeweiligen notwendigen Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter. Denn es stand je zur Hälfte im Eigentum der Eheleute, so dass zwischen der Miteigentümergemeinschaft und der Klägerin, der GbR, zu unterscheiden ist (vgl. z.B. Westermann in Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 10. Aufl., § 718 Rz. 2). Die Frage, ob ein Gewinn aus der Entnahme von Sonderbetriebsvermögen nach dem Tarif zu versteuern oder tarifbegünstigt ist, kann gegenüber der Klägerin und ihren Gesellschaftern im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO 1977) nur einheitlich entschieden werden.

Die Beiladung ist auch nicht gemäß § 60 Abs. 3 Satz 2 FGO ausgeschlossen; denn die Gesellschafter waren gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO klagebefugt. Die Frage, ob ein festgestellter Gewinnanteil beim Gesellschafter nach dem Tarif oder begünstigt nach den §§ 16, 34 EStG zu versteuern ist, geht den Gesellschafter persönlich an (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. August 1994 IV R 124/92, BFHE 176, 15, BStBl II 1995, 253).

2. Das FG, das davon ausgegangen ist, dass die Klage ausschließlich von der GbR erhoben worden ist, hätte die Gesellschafter gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beiladen müssen. Das Unterlassen der Beiladung war verfahrensfehlerhaft. Dieser Verfahrensfehler kann jedoch geheilt werden, weil gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ab dem 1. Januar 2001 (vgl. Art. 6 Satz 1 2.FGOÄndG) eine vom FG unterlassene notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachgeholt werden kann. Aus Gründen der Verfahrensökonomie und der Verfahrensbeschleunigung soll damit eine Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz vermieden werden.

3. Durch den vorliegenden Beiladungsbeschluss erhalten die Gesellschafter als Beigeladene die Stellung von Beteiligten (vgl. § 57 Nr. 3 FGO; zur Stellung des Beigeladenen: vgl. Gräber/ Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 60 Rz. 102 ff.). Die Rechtskraft einer in dieser Sache ergehenden Entscheidung wirkt in jedem Fall für und gegen die Beigeladenen (vgl. § 110 Abs. 1 FGO).

4. Der Senat weist darauf hin, dass die Beigeladenen Verfahrensmängel nur innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses rügen können (§ 123 Abs. 2 Satz 1 FGO n.F.). Die Frist kann nach Maßgabe des § 123 Abs. 2 Satz 2 FGO n.F. verlängert werden. Jeder Beteiligte, also auch die Beigeladenen, muss sich vor dem BFH durch eine Person i.S. des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes vertreten lassen (§ 62a Abs. 1 FGO n.F.; vgl. auch Gräber/Koch, a.a.O., § 62 Rz. 90). Zur Vertretung der Beteiligten vor dem BFH berechtigt sind Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer; ferner Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Halbsatz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden.

Ende der Entscheidung

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