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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 25.07.2000
Aktenzeichen: VIII R 32/99
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977, GewStG, UStG, BGB, ZPO


Vorschriften:

FGO § 100 Abs. 3 Satz 1
FGO § 82
AO 1977 § 34 Abs. 2 Satz 2
AO 1977 § 45
AO 1977 § 88
AO 1977 § 93 Abs. 1 Satz 3
AO 1977 § 93 Abs. 4
AO 1977 § 93 Abs. 5
AO 1977 § 94
AO 1977 § 364
GewStG § 5 Abs. 1 Satz 3
UStG § 2 Abs. 1
BGB § 714
BGB § 738 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 373 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich ein Einkaufszentrum und ein Imbissstand befanden. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob --wie der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) annimmt-- der Imbissstand und das Einkaufszentrum durch den Kläger und den Beigeladenen im Rahmen einer Mitunternehmerschaft geführt wurden oder ob der Kläger einzelunternehmerisch tätig war. Die Frage, ob sich der Kläger und der Beigeladene zu einer Personengesellschaft zusammengeschlossen hatten, war bereits in mehreren Zivilrechtsstreiten Gegenstand des Verfahrens. Während die Gründung einer Personengesellschaft vom Landgericht (LG) A und --in der Berufungsinstanz-- vom Oberlandesgericht (OLG) B in einem vom Beigeladenen auf Auskunftserteilung zum Zwecke einer Auseinandersetzung betriebenen Verfahren bejaht wurde, verneinte die ... Kammer für Handelssachen des LG A das Bestehen einer Personengesellschaft in einem auf Zahlung von Lieferantenschulden gerichteten Verfahren.

Das FA folgte der vom OLG B vertretenen Auffassung, der Kläger und der Beigeladene hätten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet, die am 31. Oktober 1991 aufgelöst worden sei. Nachdem der Kläger trotz Aufforderung keine Steuererklärungen für die GbR abgegeben hatte, erließ das FA für das Streitjahr Schätzungsbescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sowie für die Umsatzsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag. Die Bescheide, die sowohl an den Kläger als auch an den Beigeladenen verschickt wurden, wiesen im Anschriftenfeld jeweils den Kläger bzw. den Beigeladenen aus und enthielten den Vermerk "für Ges. bürgerlichen Rechts X & Y, Z-Straße, C-Stadt".

Im Laufe des Einspruchsverfahrens reichte der Beigeladene von ihm unterschriebene Steuererklärungen im Namen der GbR ein. Das FA folgte den Erklärungen im Wesentlichen, änderte im Rahmen der Einspruchsentscheidung die Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsfestsetzungen sowie die einheitliche und gesonderte Feststellung über die Einkünfte und wies den von dem Kläger erhobenen Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Hiergegen erhob der Kläger im eigenen Namen Klage. Das Finanzgericht (FG) hob die angefochtenen Bescheide nach § 100 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf. Es begründete die Aufhebung damit, dass das FA die Feststellungen des OLG B nicht ohne weiteres hätte übernehmen dürfen, sondern eigene Sachverhaltsermittlungen hätte durchführen müssen; hierzu gehöre die Vernehmung von achtzehn --im Urteil des FG näher bezeichneten-- Zeugen, die in den bisherigen Zivilgerichts- oder sonstigen Verfahren benannt worden seien. Weiterhin sei zu prüfen, ob neben dem Imbissstand auch eine Gaststätte betrieben worden sei. Schließlich müsse das FA überprüfen, ob die vom Beigeladenen abgegebenen und erstellten Steuererklärungen zutreffend seien, da offensichtlich allein der Kläger im Besitz der Geschäftsunterlagen gewesen sei. Die Aufhebung der Bescheide sei sachdienlich, da der Kläger nunmehr zu den vom Beigeladenen abgegebenen Steuererklärungen Stellung nehmen könne und die Ermittlungen vom FA nach dessen sachlicher und personeller Ausstattung besser durchgeführt werden könnten als vom FG.

Mit der --vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen-- Revision rügt das FA eine Verletzung des § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO.

Das FA beantragt, das Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 29. April 1998 1 K 194/97 aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist zulässig und begründet. Auf die Revision des FA hin wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen, da das FG zu Unrecht die Voraussetzungen des § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO bejaht hat.

1. Die in eigenem Namen erhobene Klage des Klägers ist zulässig.

a) Zwar ist ein Gesellschafter grundsätzlich nicht befugt, in eigenem Namen gegen einen Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheid, der gegen eine Personengesellschaft gerichtet ist, Klage zu erheben; etwas anderes gilt aber dann, wenn der Kläger geltend machen kann, auf Grund des sich aus dem angefochtenen Bescheid ergebenden Rechtsscheins als vermeintlicher Gesamtrechtsnachfolger für die Schulden der vom FA behaupteten Gesellschaft einstehen zu müssen.

aa) Die angefochtenen Bescheide über Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbetrag wurden jeweils dem Kläger sowie dem Beigeladenen nach § 122 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 34 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung 1977 (AO 1977) bekannt gegeben und wiesen dementsprechend im Anschriftenfeld den Kläger bzw. den Beigeladenen aus. Inhaltlich gerichtet waren die Bescheide aber nicht gegen den Kläger bzw. Beigeladenen, sondern gegen die GbR, wie sich aus dem jeweiligen Zusatz "für die Ges. Bürgerlichen Rechts X & Y ..." ergibt (zur Differenzierung zwischen Bekanntgabe- und Inhaltsadressaten vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 122 AO Tz. 15, 20). Diese inhaltliche Adressierung entspricht der Eigenschaft einer GbR als Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und der Umsatzsteuer gemäß § 13 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).

bb) Richtet sich ein Umsatzsteuer- oder Gewerbesteuermessbetragsbescheid gegen eine GbR als Steuerschuldnerin, so kann grundsätzlich auch nur diese --und nicht ein Gesellschafter-- klagebefugt sein. Diesem Grundsatz entsprechend muss die Klage im Namen der Gesellschaft nach § 709 Abs. 1, § 714 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) durch alle Gesellschafter gemeinschaftlich erhoben werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. Mai 1994 IV B 54/93, BFH/NV 1995, 86; vom 5. März 1996 XI B 154/95, BFH/NV 1996, 690). Dies gilt auch dann, wenn die Personengesellschaft zivilrechtlich vollbeendet wird, da dies auf die steuerrechtliche Existenz der Gesellschaft keinen Einfluss hat; denn die Personengesellschaft ist steuerrechtlich so lange als materiell-rechtlich existent anzusehen, wie gegen sie noch Umsatz- und Gewerbesteueransprüche geltend gemacht werden (vgl. BFH-Urteile vom 24. März 1987 X R 28/80, BFHE 150, 293, BStBl II 1988, 316; vom 13. Oktober 1998 VIII R 35/95, BFH/NV 1999, 445; BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 86).

cc) Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht, wenn ein Gesellschafter vereinbarungsgemäß das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft ohne Liquidation im Wege der Anwachsung entsprechend § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB übernimmt (vgl. hierzu Ulmer in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch --MünchKomm--, 3. Aufl., § 730 Rz. 50 ff., 62 f.) und hierdurch Gesamtrechtsnachfolger der Gesellschaft wird (vgl. BFH-Urteil vom 18. September 1980 V R 175/74, BFHE 132, 348, BStBl II 1981, 293). In diesem Fall ist der Umsatzsteuer- bzw. Gewerbesteuermessbetragsbescheid nicht an die Personengesellschaft zu richten, die durch Vollbeendigung sofort erloschen ist, sondern dem Gesamtrechtsnachfolger bekanntzugeben. Geschieht dies nicht, sondern richtet sich der Bescheid an die --vollbeendete-- Personengesellschaft, ist die Bekanntgabe zwar unwirksam (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 1997 V R 56/95, BFH/NV 1998, 232); gleichwohl besteht für den Gesamtrechtsnachfolger, der für die Steuerschulden der Gesellschaft einzustehen hat, wegen des von dem unwirksamen Bescheid ausgehenden Rechtsscheins ein ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung einer Klage, so dass er klagebefugt ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 132, 348, BStBl II 1981, 293).

dd) Der vorstehend genannte Rechtsschein kann auch dann bestehen, wenn der in eigenem Namen klagende Kläger das Zustandekommen einer Personengesellschaft --und damit auch eine Gesamtrechtsnachfolge-- bestreitet. Voraussetzung hierfür ist jedoch ein schlüssiger Vortrag, aus dem sich ergibt, dass für den Fall der Annahme eines Zustandekommens der Gesellschaft der Kläger jedenfalls als Gesamtrechtsnachfolger angesehen werden könnte und damit als vermeintlicher Gesamtrechtsnachfolger gem. § 45 AO 1977 für die Steuerschulden der --von ihm bestrittenen-- Personengesellschaft eintreten müsste. Dies ist im Streitfall zu bejahen.

Wenngleich das Zustandekommen einer Personengesellschaft, die sich auf den Betrieb eines Einkaufszentrums und eines Imbissstands bezieht, streitig ist, erscheint es nach den vom Kläger angeführten zivilrechtlichen Entscheidungen des LG A und OLG B sowie nach dem hierin wiedergegebenen Vortrag des Klägers als Beklagter in dem Zivilrechtsstreit möglich, dass der Kläger und der Beigeladene jedenfalls den Imbissstand gemeinschaftlich betrieben haben (vgl. Urteil des OLG B), hinsichtlich des Imbissstands eine Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen im Streitjahr erfolgt ist und der Kläger den Imbiss nach der Auseinandersetzung allein weiterbetrieben hat (Urteil des OLG B). Damit ist jedenfalls bezüglich des Imbissstands als Teil des streitigen Unternehmens eine Gesamtrechtsnachfolge des Klägers schlüssig vorgetragen, so dass sich ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers daraus ergibt, dass der --bei Gesamtrechtsnachfolge gegenüber der GbR zwar unwirksam bekanntgegebene-- Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheid auf Grund seines Rechtsscheins gegenüber dem Kläger als Gesamtrechtsnachfolger i.S. von § 45 AO 1977 wirken könnte.

b) Die vom Kläger in eigenem Namen erhobene Klage gegen den Feststellungsbescheid war ebenfalls zulässig. Denn der Kläger macht geltend, nicht Gesellschafter der vom FA behaupteten Gesellschaft gewesen zu sein (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 48 FGO Rz. 29; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 48 Tz. 9).

2. Die Revision ist begründet, da das FG zu Unrecht die Voraussetzungen des § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO bejaht hat. Da die Sache insoweit nicht spruchreif ist, hebt der Senat die Entscheidung des FG auf und verweist die Sache an das FG zurück (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

a) Ob die Voraussetzungen des § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO vorliegen, ist eine im Revisionsverfahren nachprüfbare Entscheidung. Hierzu gehört insbesondere die Überprüfung, ob die Aufhebung des Bescheids und der Einspruchsentscheidung ohne Sachentscheidung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich war (vgl. BFH-Urteil vom 17. September 1997 II R 44/95, BFH/NV 1998, 590). Nach dieser Überprüfung ist die Sachdienlichkeit der Aufhebung der angefochtenen Bescheide und der Einspruchsentscheidung durch das FG zu verneinen.

b) Grundsätzlich ist eine Aufhebung der behördlichen Entscheidungen durch das Gericht ohne Sachentscheidung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten nicht sachdienlich, weil den Beteiligten eine abschließende Sachentscheidung versagt wird. Allerdings kann die Sachdienlichkeit zu bejahen sein, wenn die vom Gericht nach seiner materiellen Rechtsauffassung für erheblich und erforderlich gehaltenen Ermittlungen von der Finanzbehörde nach ihrer sachlichen und personellen Ausstattung besser durchgeführt werden können als vom Gericht (vgl. BTDrucks 12/1061, S. 18 f.). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO der Prozessökonomie dient, somit die nach § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO der Finanzbehörde auferlegte Sachverhaltsermittlung nicht zu einer Verzögerung des Verfahrens führen soll.

c) Wenngleich die Ermittlung des Sachverhalts nach § 365 Abs. 1 i.V.m. § 88 AO 1977 der Finanzbehörde auch im Einspruchsverfahren obliegt, kann nicht jede unterbliebene oder unzureichende Sachverhaltsermittlung die Aufhebung des Steuerbescheids und der Einspruchsentscheidung nach § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO rechtfertigen. Insbesondere wenn die Entscheidung nach § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO auf eine unterbliebene Zeugenvernehmung gestützt wird, ist zu berücksichtigen, dass zum einen die in der AO 1977 vorgesehene Befugnis der Finanzbehörde zur Zeugenvernehmung gegenüber den Regelungen in der FGO eingeschränkt ist und zum anderen trotz einer im finanzbehördlichen Verfahren erfolgten Zeugenvernehmung eine erneute Vernehmung im Finanzgerichtsverfahren erforderlich werden kann.

Nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 sollen andere Personen als die Beteiligten von der Finanzbehörde erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziele führt oder keinen Erfolg verspricht. Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft nach § 93 Abs. 4 AO 1977 nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich oder telefonisch erteilen; nur unter den Voraussetzungen des § 93 Abs. 5 AO 1977 --wenn trotz Aufforderung eine schriftliche Auskunft nicht erteilt worden ist oder sie nicht zu einer Klärung des Sachverhalts geführt hat-- kann die Finanzbehörde gegenüber dem Auskunftspflichtigen eine mündliche Auskunft an Amtsstelle anordnen. Eine eidliche Vernehmung kann nur auf Ersuchen des FA durch ein Finanz- oder Amtsgericht nach § 94 AO 1977 vorgenommen werden. Demgegenüber bestehen vergleichbare Einschränkungen des Vernehmungsrechts für das FG nach § 82 FGO i.V.m. § 373 ff. der Zivilprozeßordnung (ZPO) nicht (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1998, 590; vom 29. März 1995 II R 13/94, BFHE 177, 217, BStBl II 1995, 542; a.A. Tipke/Kruse, a.a.O., § 100 FGO Tz. 43, der die eingeschränkten Möglichkeiten des FA zur Zeugenvernehmung nicht für ausreichend hält, um die Sachdienlichkeit i.S. von § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO zu verneinen).

Des Weiteren ist bei einer vom FG für erforderlich gehaltenen Zeugenvernehmung zu berücksichtigen, dass nach dem im FG-Verfahren geltenden Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweiserhebung (§§ 76, 96 FGO) auch nach erneuter Sachverhaltsermittlung des FA im Einspruchsverfahren eine eigene Zeugenvernehmung durch das FG erforderlich werden würde (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1998, 590; in BFHE 177, 217, BStBl II 1995, 542). Ob insoweit etwas anderes gelten kann, wenn zu erwarten ist, dass der vom FA ermittelte Sachverhalt von den Beteiligten akzeptiert wird und ein erneutes Klageverfahren nicht anzunehmen ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn angesichts der vom FG genannten Zahl von achtzehn zu vernehmenden Zeugen, die in den Zivilgerichts- und sonstigen Verfahren widersprüchlich ausgesagt haben, erscheint eine Einigung im Einspruchsverfahren nicht wahrscheinlich.

d) Die Sachdienlichkeit der Aufhebung des Bescheides und der Einspruchsentscheidung ergibt sich auch nicht aus der vom FG noch für erforderlich gehaltenen Überprüfung der vom Beigeladenen eingereichten Steuererklärungen. Denn die Frage der Richtigkeit der für die GbR eingereichten Steuererklärung ist nachrangig zu beantworten, da sie sich erst stellt, wenn das Bestehen einer Gesellschaft im Streitjahr bejaht werden kann. Die Sachdienlichkeit kann aber nicht allein wegen der Aufklärung eines Sachverhalts bejaht werden, dessen Entscheidungserheblichkeit noch nicht feststeht. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger rügt, ihm sei im Einspruchsverfahren die vom Beigeladenen im Namen der GbR eingereichte Steuererklärung nicht zur Kenntnis gegeben und damit kein rechtliches Gehör gewährt worden. Ein etwaiger Verstoß gegen das auch im Einspruchsverfahren bestehende Recht auf Gehör (§ 91 AO 1977 i.V.m. § 365, § 364 AO 1977) vermag allenfalls zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung, nicht aber zu einer Aufhebung (auch) des Erstbescheides führen.

e) Die Entscheidung des FG nach § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO ist schließlich auch nicht wegen der vom FG für erforderlich gehaltenen weiteren Sachverhaltsaufklärung bezüglich eines möglichen Betriebs einer Gaststätte in der Z-Straße gerechtfertigt. Dies folgt bereits daraus, dass sich der Entscheidung des FG nicht entnehmen lässt, inwieweit eine weitere Sachverhaltsermittlung bezüglich eines Gaststättenbetriebs im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen einer aus dem Kläger und dem Beigeladenen bestehenden Personengesellschaft erforderlich sein soll. Auch ist aus den Gründen des FG-Urteils nicht ersichtlich, inwieweit die diesbezüglichen Ermittlungen erheblich sein könnten.

3. Der Senat verweist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG wird im zweiten Rechtsgang die im Urteil des OLG B aufgeführten Zeugen zu der Frage vernehmen müssen, ob der Kläger und der Beigeladene im Jahr 1991 eine Personengesellschaft gegründet haben, die sich auf den Betrieb eines Imbissstands und eines Einkaufszentrums erstreckte. Bestand eine Personengesellschaft, so wird das Gericht weiterhin überprüfen müssen, ob der Kläger Gesamtrechtsnachfolger dieser Personengesellschaft geworden ist und die an die Personengesellschaft adressierten Bescheide über Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbetrag bereits deshalb aufgehoben werden müssen, weil diese Bescheide der Gesellschaft nicht mehr wirksam bekannt gegeben werden konnten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 132, 348, BStBl II 1981, 293).



Ende der Entscheidung

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